Übersichtsarbeiten - OUP 11/2014

Rehabilitation im TraumaNetzwerk DGU

Die im Weißbuch genannten Kriterien und Ausstattungsmerkmale sind in ihrer jetzigen Form lediglich als Empfehlungen zu sehen. Aktuell hat der Prozess der Integration der Rehabilitationskliniken in das TNW-DGU noch nicht begonnen. Dementsprechend finden noch keine Auditierung und Zertifizierung von Rehabilitationskliniken statt. Das Weißbuch Schwerverletztenversorgung bietet für Rehabilitationskliniken jedoch eine gute Grundlage, sich mit den Ideen des TNW-DGU auseinanderzusetzen und die Vorhaltung der empfohlenen Kriterien zu überprüfen.

Anzahl und Standorte von
Rehabilitationskliniken

Um die Integration von Rehabilitationskliniken in das TNW-DGU voranzutreiben, ist es unerlässlich eine erste Bestandsaufnahme von deutschen Rehabilitationskliniken durchzuführen, welche für die Rehabilitation von Schwerverletzten infrage kommen. Bislang lag solch eine Übersicht nicht vor, sodass es im unfallchirurgischen Alltag häufig schwierig ist, jedem Schwerverletzten eine zeitnahe und zielgerichtete Rehabilitation zu ermöglichen. Um die Integration zu verwirklichen, muss bedacht werden, dass, anders als in der Akutversorgung von Schwerverletzten, keine flächendeckende Versorgung innerhalb kürzester Zeit zur Verfügung gestellt werden muss. Für die Organisation der Phase der Rehabilitation erscheint die sinnvolle Bereitstellung von adäquat ausgestatteten Kliniken als wichtigstes Ziel.

In einer systematischen Erfassung von Struktur- und Ausstattungsmerkmalen sowie der erstmaligen Darstellung der geographischen Verteilung konnte die Arbeitsgruppe um Kühne et al. [12] wichtige Fragen zur Integration der Rehabilitationskliniken in das TNW-DGU beantworten. Insgesamt konnten 551 Rehabilitationskliniken mit 45.444 orthopädischen und/oder unfallchirurgischen Betten identifiziert werden. So konnte gezeigt werden, dass in der Bundesrepublik Deutschland eine inhomogene Verteilung von geeigneten Rehabilitationskliniken vorliegt. Die Anzahl von Rehabilitationskliniken bzw. -betten schwankte zwischen den einzelnen Bundesländern zwischen 1 und 136 (Kliniken) bzw. 70 und 18.040 (Betten). Auch andere beobachtete Parameter, wie beispielsweise Einzugsgebiet (in km²)/Rehabilitationsklinik und Akutklinik/Rehabilitationsklinik, zeigten eine inhomogene Verteilung. Die günstigsten Relationen in allen Kategorien fanden sich in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Saarland und Mecklenburg-Vorpommern.

Aus diesen Daten schlussfolgerten die Autoren, dass eine ausreichende Anzahl von Rehabilitationskliniken in der Bundesrepublik zur Verfügung steht. Das Potenzial dieser Kliniken müsse nun in weiteren Schritten in die vorhandenen Strukturen des TNW-DGU eingebunden werden.

Kooperation zwischen Akut- und Rehabilitationskliniken

Nachdem die Frage beantwortet wurde, welche Rehabilitationskliniken in das TNW-DGU integriert werden können, muss überlegt werden, in welcher Form eine Zusammenarbeit zwischen Akut- und Rehabilitationskliniken möglich ist. Prinzipiell ist die Kooperation in beide Richtungen möglich und nötig. Während der Behandlung in der Akutklinik sind die frühzeitige Präsenz und die Kompetenz von Rehabilitationsmedizinern notwendig. Andererseits muss die Erfahrung der unfallchirurgischen Kollegen bei der Weiterbehandlung in der Rehabilitationsklinik genutzt werden. Viele Modelle einer gezielten Kooperation sind dementsprechend möglich.

In der Literatur sind 3 sog. Rehabilitationslöcher bekannt [13]. Als erstes Rehabilitationsloch gilt die fehlende frühzeitige Rehabilitation im Akutkrankenhaus. Das 2. Rehabilitationsloch ist als zeitliche Verzögerung zwischen dem Ende der Akut- und dem Beginn der Rehabilitationsbehandlung zu sehen. Als 3. Rehabilitationsloch wird die mangelnde Vernetzung zwischen medizinischer und beruflicher Rehabilitation genannt.

Betrachtet man die Phase der Behandlung in der Akutklinik (erstes Rehabilitationsloch), so konnte gezeigt werden, dass die Kooperation und die Integration der Rehabilitation unzureichend sind. Die im TraumaNetzwerk DGU teilnehmende Kliniken verfügen nur in Ausnahmefällen über die Möglichkeit zur Rehabilitation der schwerverletzten Patienten im eigenen Haus. Naturgemäß sind solche Möglichkeiten, wenn überhaupt, nur den Kliniken der Maximalversorgung vorbehalten. Eine Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, ist die frühzeitige und gezielte Betreuung der schwerverletzten Patientin durch Rehabilitationsteams. Diese bestehen optimaler Weise aus einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, einem Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin, einem Case-Manager, Physiotherapeuten und Psychologen. Je nach Bedarf und Verletzungsmuster können die Rehabilitationsteams entsprechend erweitert werden. Eine Arbeit von Debus et al. konnte zeigen, dass solche Rehabilitationsteams nur in 17 % der Akutkliniken im TNW-DGU vorhanden sind [14]. Es wurden verschiedenste Modelle mit dem Vorhandensein von internen und externen Fachärzten für physikalische und rehabilitative Medizin aufgezeigt. Weitere Arbeiten konnten zeigen, dass eine frühe und intensive Therapie in der Phase der Akutklinik die Liegezeiten der Patienten verkürzen und somit zudem zu besseren funktionellen Ergebnissen führen kann [15, 16]. Auf Grundlage dieses Wissens muss die Integration und die frühzeitige Mitbetreuung von Schwerverletzten in der Akutklinik verbessert werden.

Das 2. Rehabilitationsloch, die zeitliche Verzögerung zwischen der Behandlung in Akut- und Rehabilitationskliniken, stellt für die Kollegen in den unfallchirurgischen Abteilungen häufig das größte Problem dar. Ein wichtiger Faktor, welcher häufig einen sehr großen Einfluss auf die Weiterverlegung nimmt, ist der Kostenträger. So ist es häufig nur schwer möglich, einen Patienten gezielt in eine anvisierte Rehabilitationsklinik weiterzuverlegen, wenn hier keine Verträge mit den entsprechenden Kostenträgern vorliegen. Vorbild für eine gezielte und organisierte Weiterverlegung von schwerverletzten Patienten ist beispielsweise das aktive Reha-Management der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG). Hier konnte durch mehrere Publikationen belegt werden, dass sich dieses gezielte Verfahren positiv auf das Outcome der Patienten auswirkt [17]. Zum jetzigen Zeitpunkt verfügen jedoch lediglich 32,1 % aller Kliniken im TNW-DGU über ein spezielles Case-Management, welches sich um die Weiterverlegung der Patienten kümmert.

In der Zusammenschau des dargestellten Istzustandes bleibt festzuhalten, dass die Kooperation zwischen Akut- und Rehabilitationskliniken unzureichend ist. Nach dieser ausführlichen Analyse muss in einem nächsten Schritt überlegt werden, wie die Integration und somit auch die Kooperation im TNW-DGU vorangetrieben werden kann.

Ausblick

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4