Übersichtsarbeiten - OUP 02/2018

Skelettmetastasen – was sollte der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie wissen?

Ziele der ossären Metastasentherapie sind:

Reduktion von Schmerzen

Gewährleistung einer adäquaten Mobilisierung

Vermeidung pathologischer Frakturen

Stabilisierung pathologischer Frakturen

Vermeidung/Reduktion neurologischer Symptomatik

Lokale Kontrolle entsprechend der zu erwartenden Prognose.

Die Art der Therapie hängt neben der individuell, schwierig einzuschätzenden Prognose von der Art des Primärtumors sowie von der Größe, Lokalisation und Symptomatik der Metastasen ab. Die Therapie der Knochenmetastasen ist medikamentös, strahlentherapeutisch, nuklearmedizinisch und chirurgisch möglich [4, 7]. Grundsätzlich sollte außerhalb der Notfallsituation die Behandlung ossärer Metastasen interdisziplinär abgestimmt werden, um ein individuell angepasstes Therapiekonzept für den Patienten zu erstellen. Die Strahlentherapie besitzt eine große Bedeutung in der Behandlung von Skelettmetastasen [7]. Sie kann alleine oder in Kombination mit anderen Therapien eingesetzt werden. Eine effektive Analgesie und Rekalzifizierung kann in Abhängigkeit vom Fraktionierungsschema in 60–80 % der Fälle erreicht werden. Die Strahlensensibilität des Primärtumors ist jedoch unterschiedlich (Tab. 1). Adjuvant werden bei Knochenmetastasen heute in der Regel Bisphosphonate (z.B. Zoledronsäure) oder RANK-Liganden (z.B. Denosumab) verabreicht [4]. Über die Verabreichung einer klassischen Chemotherapie oder anderer Substanzen (Tyrosinkinasehemmer, Immuntherapie etc.) kann nur ein Onkologe entscheiden. Speziell bei fehlenden viszeralen Metastasen muss hier abgewogen werden.

In den letzten Jahren hat die lokale Kontrolle von ossären Metastasen an Bedeutung gewonnen, da die Lebenserwartung im metastasierten Stadium unter medikamentöser Therapie gestiegen ist. Mit der längeren Lebenserwartung steigt das Risiko eines SRE bei entsprechender Metastasenkonfiguration.

Diagnostik

Anamnese

Unklare Knochenschmerzen bzw. chronische Schmerzen am Bewegungsapparat sollten bei Patienten mit positiver Malignomanamnese immer auch an eine ossäre Metastasierung denken lassen. So stellen Rückenschmerzen bei bekanntem Malignom eine sogenannte Red-Flag dar, die eine erweiterte Diagnostik nach sich zieht [5]. Die Anamnese ist fester Bestandteil in der Einleitung weiterer Diagnostik und Therapie. Folgende Informationen bzgl. des Allgemeinstatus sind wichtig: Bekannter Primärtumor, Zeitpunkt der Primärdiagnose, bekannte viszerale Metastasen, bekannte ossäre Metastasen, letzte Tumornachsorge, medikamentöse Therapie, Zeichen der Tumorprogression mit Nachtschweiß und Gewichtsverlust. Die Schmerzanamnese kann wichtige Informationen bzgl. der Stabilität liefern. Bei spinalen Befunden ist ein neurologischer Status zu fordern. Krebsmedikamente sowie eine lokale Radiatio können erhebliche Auswirkungen auf chirurgische Komplikationen wie Wundheilungsstörung und Infektionen haben. Dies ist in die Therapieentscheidung miteinzubeziehen und im Zweifelsfall interdisziplinär zu klären.

Konventionelles Röntgen

Eine Osteolyse stellt sich in der Projektionsradiografie erst ab einer Abnahme des Kalksalzgehalts von 50 % dar [15] (Abb. 2a). Kortikale Metastasen bilden sich schärfer ab als spongiöse Metastasen, sodass sie bereits bei kleiner Größe zur Darstellung kommen können. Die Skelettradiografie besitzt lediglich eine Sensitivität von ca. 50 % [8], sodass ein Ganzkörperröntgen nicht mehr zum Staging eingesetzt werden sollte.

Computertomografie

Die Computertomografie weist eine hohe Spezifität bei jedoch mäßiger Sensitivität auf (Abb. 2b). Die Sensitivität kann jedoch durch Kombination mit anderen Verfahren (s.u.) deutlich erhöht werden.

Die Computertomografie wird zum Staging im Bereich des Thorax und/oder Abdomens eingesetzt. Häufig werden im Rahmen dieser Untersuchung Metastasen im Bereich der mitabgebildeten Skelettsysteme gefunden.

Die CT ist das beste Diagnostikum zur Einschätzung der Stabilität. Dies gilt sowohl für das Stammskelett als auch die Extremitäten.

Magnetresonanztomografie (MRT)

Die MRT besitzt eine hohe Sensitivität. Sie eignet sich jedoch nur bedingt für die Einschätzung der Stabilität. Eine extraossäre Ausdehnung lässt sich im MRT präzise darstellen. Zur morphologischen Beurteilung einer spinalen Enge ist die MRT das Verfahren der Wahl. Zur Planung einer weiten Resektion ist die MRT hilfreich.

Die MRT ist heute auch zur Ganzkörperuntersuchung einsetzbar. Sie besitzt eine Sensitivität und Spezifität von über 90 % und ist speziell bei Tumoren, die eine geringe Knochenstoffwechselaktivität zeigen, der Szintigrafie überlegen. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit besteht jedoch keine generelle Empfehlung.

Szintigrafie/SPECT

Die Skelettszintigrafie (Abb. 3a) wird im Rahmen des Stagings eingesetzt. Sie zeigt eine sehr hohe Sensivität bei jedoch niedriger Spezifität. Durch Kombination aus SPECT (Single-photon emission computed tomography) und CT kann die Spezifität und Sensitivität auf Werte über 90 % erhöhen [6]. Die SPECT ermöglicht auch eine dreidimensionale Darstellung. Metastasen einiger weniger Primarii, wie z.B. des Nierenzellkarzinoms, können jedoch dem Nachweis entgehen.

PET/PET-CT

Die Positronen-Emissions-Tomografie (Abb. 1e) ist heute Standard bei der Diagnostik des Bronchialkarzinoms und des Melanoms. Sie kann auch im Rahmen eines CUP (Cancer of unknown primary) hilfreich sein. Für viele Tumore, wie z.B. das Mammakarzinom, fehlt jedoch bisher die Evidenz für einen Vorteil durch die PET-CT [19].

Biopsie

Der histopathologische Nachweis ist beweisend für eine Metastase. Im Rahmen eines chirurgischen Eingriffs sollte Tumorgewebe entnommen werden, um Subspezifizierungen durchzuführen, aber auch ein Zweitkarzinom definitiv auszuschließen. Eine alleinige Biopsie sollte jedoch unter folgenden Umständen in Erwägung gezogen werden:

Radiologischer Verdacht eines primären Knochentumors

Unbekannter Primarius bei sonst unauffälligem Staging

Bei größerem Intervall zwischen Primärdiagnose mit metastasenfreiem Verlauf und neu/erneut aufgetretener Metastasierung.

Diese Biopsie ist streng nach den Anforderungen für muskuloskelettale Tumore durchzuführen. Dies gilt auch für den Fall einer pathologischen Fraktur. Im Zweifelsfall sollte eine temporäre Stabilisierung durch Schienen, Extension oder einen Fixateur externe erfolgen. Der Fixateur externe muss vor der eigentlichen Biopsie angelegt und verbunden sein, um Impfmetastasen aus dem Tumor zu vermeiden. Die Pins sollten so tumorfern wie möglich in den Knochen eingebracht werden. Bei fehlender Erfahrung in der Diagnostik von muskuloskelettalen Tumoren kann zunächst auch nur eine temporäre Stabilisierung erfolgen, und der Patient in ein Zentrum mit entsprechender Erfahrung weiterverlegt werden.

Chirurgische
Therapieverfahren

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