Übersichtsarbeiten - OUP 01/2021

Steife nach Radiuskopfprothese
Welche Fehlerquellen gibt es?

Kim et al. untersuchten ebenfalls im ap-Röntgen, wie sich eine korrekt eingebrachte Radiuskopfprothese relativ zur lateralen Coronoidkante darstellt. Sie konnten zeigen, dass die Synthes-Radiuskopfprothese bei korrekter Implantation ca. 2 mm proximal des subchondralen Knochens des lateralen Coronoides sitzt [14]. Für andere Prothesentypen ist jedoch bisher nicht untersucht, wie sie sich im Röntgenbild relativ zur Coronoidhöhe abbilden müssen, damit man die Implantationshöhe korrekt einschätzen kann.

Die Rolle des CTs beim Overlengthening wurde bisher nicht wissenschaftlich untersucht. Aus eigener Erfahrung kann das CT helfen, die Höhe am Coronoid abzuschätzen. Eine eindeutige Klärung erlaubt es jedoch gerade bei grenzwertigen Fällen auch nicht.

Eine korrekte Implantation ist unerlässlich für ein gutes kurz- und langfristiges Ergebnis. Intraoperativ muss die Prothesenhöhe korrekt am Coronoid ausgerichtet werden. Besser wird die Prothese etwas zu niedrig als zu hoch implantiert.

Als Referenz muss die laterale Coronoidkante genutzt werden. Diese wurde von van Riet et al. als verlässliche Landmarke evaluiert. Die Resektion sollte möglichst sparsam ausgeführt werden, um möglichst viel nativen Knochen zu erhalten [19]. Das Ausmaß der Resektion sollte die geringstmögliche Resektion sein, die nach Prothesenimplantation nicht zu einem Overlengthening führt. Der Kocherzugang bei posterolateral rotationsinstabilem Ellenbogen ermöglicht einen guten Blick auf das PRUG. In der Traumasituation liegt meist schon eine entsprechende Instabilität aufgrund der begleitenden Bandverletzungen vor. Bei einer sekundären Implantation einer Radiuskopfprothese sollte das LCL humeral abgelöst werden, um über die PLRI einen guten Einblick in das PRUG zu erreichen, sofern dies nicht ohnehin möglich ist. Die Prothesenhöhe kann nun am Coronoid ausgerichtet werden. Aufgrund interindividueller Unterschiede ist die alleinige Ausrichtung an der lateralen Coronoidkante nicht ausreichend. Diese wird zwar als erste Landmarke genutzt, die definitive Festlegung der korrekten Prothesenhöhe wird jedoch über die Reposition bestimmt. Durch Pronation des Unterarmes wird der Ellenbogen reponiert. Wenn sich das Humeroulnargelenk komplett schließt, während die Prothese gerade ebenso Kontakt zum Capitulum hat, ist die Länge korrekt (Abb.2). Lässt sich das Gelenk nicht schließen, d.h. es verbleibt ein Spalt zwischen Trochlea und Olecranon, liegt ein Overlengthening vor [1]. Schließt sich das Humeroulnargelenk zwar, aber die Prothese bekommt keinen Kontakt zum Capitulum, liegt ein Underlengthening vor.

Dieses Vorgehen beruht auf der Studie von Frank et al., die in ihrer Studie zwar zeigen konnten, dass eine radiologische Diagnostik des Overlengthening erst ab 6 mm möglich ist, eine visuelle Kontrolle des humeroulnaren Gelenkspaltes jedoch schon ein geringstes Overlengthening erkennen lassen kann, da dieses durch die Verlängerung des Radius relativ zur Ulna zu einem lateralen Gapping zwischen Coronoid und Trochlea führt.

Wegmann et al. entwickelten eine Klassifikation zur Einteilung des Overlenghthening [25]. Es erfolgt die Einteilung in 4 Typen (Tab. 1). Eine Überprüfung der Klassifikation anhand einer klinischen Studie ist noch ausstehend.

Typ I Overlengthening kann zunächst konservativ behandelt werden. Zeigt sich hierunter keine Beschwerdelinderung, sollte eine operative Revision erfolgen (Abb. 3). Im eigenen Vorgehen erfolgt meist zunächst eine Arthroskopie zur Evaluation des Gelenkes. Zeigt sich hier kein signifikanter Knorpelschaden und das Overlengthening wird bestätigt, erfolgt eine Revision der Radiuskopfprothese mit korrekter Höhenplatzierung (Abb. 4). Eine Arthroskopie bei Radiuskopfprothese kann schwierig sein und sollte dem erfahrenen Ellenbogenarthroskopeur vorbehalten bleiben. Bei modularen Prothesen ist ggf. ein Wechsel auf einen kürzeren Kopf ausreichend. Ist dies nicht ausreichend, ist eine tiefere Re-Implantation des Prothesenschaftes notwendig. Bei Stadium II–III erfolgt im eigenen Vorgehen eine operative Revision zur Behebung des Overlengthening. In diesen Fällen ist häufig eine zusätzliche Stabilisierung des lateralen Bandapparates notwendig (Abb. 5). In allen Stadien stellt eine signifikante Knorpelschädigung des Capitulums die größte Problematik dar. Bei der Revision wird dies im eigenen Vorgehen meist mit einem geringen Underlengthening der Radiuskopfprothese adressiert. Hierdurch wird die Valgusstabilität nicht kompromittiert und eine signifikante Druckentlastung des Capitulums erzielt [10]. Somit stellt es eine gute Alternative zur Explantation mit oder ohne Anconeusinterposition oder Implantation eines radiocapitellaren Ersatzes dar, die im eigenen Vorgehen nur bei fortgeschrittener Deformierung des Capitulums angewandt werden.

Es ist wichtig, ein Overlengthening möglichst schnell zu erkennen und zu korrigieren, um irreparable Knorpelschäden des Capitulum humeri zu vermeiden (Abb. 6). Bereits nach wenigen Wochen bis Monaten sind diese Knorpelschäden eingetreten. Daher muss im Falle eines vermuteten Overlengthening die Revision und ggf. Korrektur der Prothesenhöhe zeitnah diskutiert werden. Die Langzeitprognose der Radiuskopfprothese steht und fällt mit der Knorpelsituation des Capitulums, der korrekten Implantation und der Wiederherstellung der Gelenkstabilität.

Arthrofibrose

Bei der Arthrofibrose handelt es sich pathogenetisch um eine artikuläre und/oder periartikuläre Vermehrung des Bindegewebes als Folge von Traumen, chirurgischen Gelenkoperationen, Endoprotheseimplantation oder bakteriellen Infektionen. Die Ursachen können in intrinsische und extrinsische Faktoren aufgeteilt werden. Intrinsische Faktoren sind zum Beispiel Knorpelschäden, freie Gelenkkörper und Gelenkstufen. Die extrinsischen Faktoren beschreiben Veränderungen des Weichgewebes und Knochens (Kapselkontraktur, heterotope Ossifikation, Narbenbildung etc.). Die Arthrofibrose entsteht durch die übermäßige Ablagerung von Matrixproteinen wie Kollagen Typ I, II und V sowie die Proliferation von Fibroblasten. Eine übermäßige Ausschüttung von TGF-? kann zu einer überschießenden Gewebefibrosierung führen. Des Weiteren werden genetische Dispositionen diskutiert. Es konnte eine Korrelation zwischen verschiedene HLA Typen und der Entstehung einer Arthrofibrose nach Ersatzplastik des vorderen Kreuzbandes gesehen werden [2, 6, 15, 22]. Weitere Studien diesbezüglich sind ausstehend. Zusammenfassend ist die Arthrofibrose ein multifaktorielles Geschehen, dessen Ursache nicht abschließend geklärt ist. Klinisch zeigt sich eine Bewegungseinschränkung des Gelenkes mit unterschiedlicher Schmerzintensität.

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