Übersichtsarbeiten - OUP 01/2021

Steife nach Radiuskopfprothese
Welche Fehlerquellen gibt es?

Die Therapie sollte zunächst konservativ mit adäquater Schmerztherapie und Physiotherapie erfolgen. Unterstützend können elektrisch betriebene Motorschienen (CPM) oder Quengelschienen zur Funktionsverbesserung eingesetzt werden. Der genaue Zeitpunkt einer operativen Intervention bei fehlgeschlagener konservativer Therapie wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Bei ausgeprägter Steife ohne sichtbare Verbesserung, länger als 3 Monate postoperativ wird eine arthroskopische oder offene Arthrolyse empfohlen. Bei sichtbaren Erfolgen unter der konservativen Therapie wird eine weitere operative Intervention vermieden, da der natürliche Heilungsverlauf mit Aussicht auf eine spontane Verbesserung der Bewegungseinschränkung bis zu 12 Monate dauern kann [2, 6, 15, 21, 22].

Knorpelschäden

Knorpelschäden können durch das Trauma entstehen oder durch eine falsch implantierte Radiuskopfprothese wie oben beschrieben bedingt sein. Im Weiteren wird auf die traumatisch bedingten Knorpelschäden eingegangen.

Itamura et al. konnten 2005 zeigen, dass in 29,1 % ihrer Studienpopulation eine osteochondrale Läsion am Capitulum im MRT nachweisbar war nach Mason II und III Frakturen [12]. Michels et al. fanden in 14 % ihrer Patienten mit arthroskopisch versorgter Mason II Fraktur osteochondrale Läsionen. Diese Patienten wiesen im weiteren Follow up ein schlechteres Outcome auf [16]. Nelbantoglu et al. sahen bei 10 von 51 Patienten mit Mason II oder III Fraktur im Rahmen der operativen Versorgung eine Knorpelläsion des Capitulums [17]. Eine Metaanalyse von Vavken et al. zeigte bei insgesamt 1323 Patienten ebenfalls einen hohen Anteil an osteochondralen Begleitverletzungen mit 26 % bei Mason II Frakturen und 44 % bei Mason III Verletzung [24].

Diese Zahlen zeigen, dass traumatisch bedingte Knorpelschäden häufig sind. Übersehene freie Gelenkkörper können zu Blockaden und konsekutiver Steife führen. Eine posttraumatische Arthrose zeigt sich klinisch im Verlauf meist durch eine zunehmende Bewegungseinschränkung und -schmerzhaftigkeit. Die arthroskopische Arthrolyse ist in den meisten Fällen der posttraumatischen Arthrose die Therapie der Wahl. Ggf. sollte die Radiuskopfprothese bei schweren Knorpelschäden explantiert werden. Bei stabilem Ellenbogen ist eine alleinige Explantation mit oder ohne Anconeus-Interposition möglich. Bei instabilem Ellenbogen kann die Explantation auch mit einer Bandplastik kombiniert werden. Aufgrund der kompromittierenden radialen Säule ist jedoch mit höheren Versagensraten zu rechnen. Daher sollte die Radiuskopfprothese in diesen Fällen idealerweise erhalten bzw. mit einem Capitulumersatz kombiniert werden. Bei sehr ausgeprägter posttraumatischer Arthrose ist die Implantation einer Ellenbogenprothese zu diskutieren, was bei den meist jungen Patienten aber möglichst vermieden werden sollte.

Heterotope Ossifikation

Heterotope Ossifikation (HTO) bezeichnet die Bildung von ektopen Knochen im Weichgewebe. Die Hauptursache für eine HTO am Ellenbogen ist ein direktes Trauma [13, 18]. Das Ausmaß der heterotopen Ossifikation korreliert meist mit dem Schweregrad der Verletzung. Das Risiko einer HTO ist 5-fach erhöht bei Ellenbogenluxation, zusammen mit einer Radiuskopffraktur (Abb. 7) [5, 23]. Die Therapie richtet sich nach den Beschwerden der Patienten. Bei gutem Bewegungsausmaß und moderaten Beschwerden ist keine operative Intervention notwendig. Bei ausgeprägter starker Einschränkung der Ellenbogenbeweglichkeit und Schmerzen ist eine chirurgische Resektion im Rahmen einer Arthrolyse indiziert. Je nach Ausmaß der HTO kann diese arthroskopisch oder offen erfolgen. Über den optimalen Zeitpunkt zur chirurgischen Intervention existieren keine validen Daten. Garland empfahl eine chirurgische Resektion einer posttraumatischen HTO nicht früher als 6 Monate nach Auftreten [8]. Zudem sollte die radiologische Progression der HTO nur noch gering sein. Savoie et al. hingegen empfiehlt eine frühzeitige chirurgische Intervention bei signifikanten HTO [21].

Zusammenfassung

Die Ursachenforschung bei Steife nach Implantation einer Radiuskopfprothese ist essentiell. In einem Großteil der Fälle maskiert sie eine Instabilität oder Overlengthening. Hierbei handelt es sich um reversible Ursachen, die eine chirurgische Revision notwendig machen. Eine Instabilität ist häufig schwierig zu diagnostizieren, so dass zunächst eine Arthrolyse mit anschließend erneuter Stabilitätstestung notwendig ist. Die Implantation einer Radiuskopfprothese ist eine technisch anspruchsvolle Operation. Hierbei sind vor allem das Management der ligamentären Stabilität sowie die Vermeidung eines Overlengthening wichtig, um ein gutes Outcome zu erreichen.

Liegt die Ursache der Steife nicht in einer suboptimalen operativen Versorgung, ist zunächst eine konservative Therapie der Steife indiziert. Führt diese zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis, ist eine operative Intervention zu diskutieren. Findet sich hingegen ein offensichtlicher oder sehr wahrscheinlicher Grund für die Steife, wie z.B. ein Overlengthening, ist eine frühzeitige Revision indiziert.

Interessenkonflikte:

Jules-Nikolaus Rippke, Natalie Mengis, Lars Müller: keine angegeben

Kilian Wegmann: Forschungsförderung Tornier
Klaus Burkhart: Referententätigkeit Arthrex, ZimmerBiomet, medi

Das Literaturverzeichnis zu
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www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Jules-Nikolaus Rippke

ARCUS Kliniken

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