Übersichtsarbeiten - OUP 05/2018

Syndesmosen-Verletzungen am Sprunggelenk
Ätiologie, Diagnostik, OP-Technik und LiteraturübersichtEtiology, clinical diagnostics, surgical techniques and overview of current literature

Johannes Weber1, 2, Tomas Buchhorn2

Zusammenfassung: Verletzungen der tibiofibularen Syndesmose treten vor allem beim jungen Patienten zwischen 18 und 34 als Komorbidität einer ligamentären Verletzung oder einer Fraktur des Außenknöchels auf. Vor
allem Traumata mit kraftvoller Innenrotation des Beins kombiniert mit einer Außenrotationsbewegung im Talus sind für eine Verletzung der Syndesmose prädisponiert. Die klinische Untersuchung kann erste Hinweise auf eine Verletzung der Syndesmose geben, zur Diagnosesicherung sollte hierbei aber die radiologische Bildgebung herangezogen werden. Während in manchen Fällen bereits die konventionellen
radiologischen Aufnahmen zur Diagnosesicherung reichen, ist bei unklarem Röntgenbefund die MRT als Goldstandard hinzuzuziehen. Die Behandlung einer Syndesmosenverletzung kann, abhängig vom Schweregrad und vorliegenden Begleitverletzungen, bei unter Belastung stabilem Intermalleolarspalt konservativ erfolgen, bei Diastase von Fibula und Tibia sollte jedoch eine Operation empfohlen werden. Hierzu stehen sowohl die Transfixierung von Tibia und Fibula mittels Schraube als auch die dynamische Fixierung mittels Suture-button-Systemen zur Verfügung.

Schlüsselwörter: Syndesmose, Sprunggelenk, AITFL, stabil,
konservativ, Operation, Fixationsschraube, Suture-button

Zitierweise
Weber J, Buchhorn T: Syndesmosen-Verletzungen am Sprunggelenk. Ätiologie, Diagnostik, OP-Technik und Literaturübersicht.
OUP 2018; 7: 265–270 DOI 10.3238/oup.2018.0265–0270

Summary: Injuries of the tibiofibular syndesmosis mainly occur in younger patients between age 18 and 34 years as a comorbidity in the context of a ligamentous injury or a distal fibular fracture. Especially traumata with a forced inner rotation of the leg combined with an outer rotational movement of the talus are predisposed. The clinical examination can give first hints to an involvement of the syndesmotic ligament, but for diagnoses ensuring, radiographical imaging should be performed. In some cases, an at least partial weight-bearing X-ray is sufficient, in unclear cases MRI scans should be consulted as gold standard. Treatment of syndesmotic injury is dependent on grading and co-pathologies, and can be initiated conservatively when the intermalleolar gap remains stable under weight load. In cases of a diastasis of the fibula and the tibia, a surgery is recommended. Surgery is mostly done by transfixation via a screw or a dynamic fixation via a suture-button system.

Keywords: syndesmosis, ankle joint, AITFL, stable, conservative, surgery, fixation screw, suture-button

Citation
Weber J, Buchhorn T: Syndesmotic injuries at the ankle joint. Etiology, clinical diagnostics, surgical techniques and overview of current literature. OUP 2018; 7: 265–270 DOI 10.3238/oup.2018.0265–0270

1 Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Regensburg

2 Sporthopädicum Straubing-Regensburg-Berlin

Einleitung

Das obere Sprunggelenk wird durch die distale Tibia und Fibula, welche zusammen die Malleolengabel bilden, und den Talus gebildet. Das Auseinanderweichen der Malleolengabel bei Belastung wird durch den Bandkomplex der tibiofibularen Syndesmose verhindert (Abb. 1). Dieser besteht aus dem anterior-inferioren tibiofibularen Ligament (AITFL), dem posterior-inferioren tibiofiularem Ligament (PITFL), dem distal des PITFL gelegenen, fibrocartilaginösem Ligamentum tibiofibulare transversum (TTL) und dem interossären tibiofibularen Ligament (IOL) [1, 28], welches sich nach kranial in die Membrana interossea fortsetzt. Zusätzliche Stabilität verleiht zudem das Ligamentum fibulotalare posterius (LFTP). Die Verletzungsinzidenz des tibiofibularen Syndesmosebands im Rahmen von Frakturen der distalen Fibula und ligamentären Bandverletzungen am Sprunggelenk variiert und wird mit bis zu 23 bzw. 18 % angegeben [1, 10, 27, 28], bei Kontaktsportarten oftmals höher [27].

Für akute Syndesmosenverletzungen, isoliert oder auch in Kombination mit Band- oder knöchernen Verletzungen, existieren mehrere Klassifikationssysteme, welche die Syndesmosenverletzungen üblicherweise in 3 Schweregrade gliedern (Tab. 1). 2015 veröffentlichte das Gremium der ESSKA-AFAS (European Society of Sports Traumatology, Knee Surgery and Arthroscopy, Ankle & Foot Associates) Konsensusrichtlinien zum Umgang mit der akuten isolierten Syndesmosenverletzung, besondere Vigilanz wird hierbei auf die Unterteilung in stabile und instabile Läsionen gelegt [35].

Bei instabilen Verletzungen mit Diastase kann auch das Deltaband mitbeteiligt sein [9]. Klassischerweise ist die Syndesmose bei OSG-Luxationsfrakturen vom Typ Weber B, C und Maisonneuve zumindest teilweise mitbetroffen [27].

Verletzungen der Syndesmose, die innerhalb von 6 Wochen nach Trauma festgestellt werden, werden als akut bezeichnet. Bei einer Diagnosestellung 6 Wochen bis 6 Monate nach Trauma werden sie als subakut bezeichnet, die nach 6 Monaten festgestellten als chronisch.

Biomechanische Grundlagen

Aufgrund der leicht schiefen Achse des oberen Sprunggelenks (8 % ansteigend in der Frontalebene, 6 % ansteigend in der Transversalebene) und der trapezförmigen Talusstruktur, welche nach dorsal schmaler ausläuft, vollzieht die distale Fibula bei Dorsi- und Plantarflexion in der Incisura tibiae eine dreidimensionale Bewegung, welche durch den tibiofibularen Bandkomplex begrenzt wird [2, 5, 26, 28, 31]. Dies wirkt sich auch auf den Intermalleolarspalt aus, der bei Dorsiflexion um 1,0–1,25 mm weiter wird [5, 26, 28]. Das Deltaband wirkt mit seinen tiefen Anteilen als zusätzlicher Stabilisator der Syndesmose, indem es einen Lateral-Shift des Talus verhindert [28, 39].

Die einzelnen Bänder der tibiofibularen Syndesmose wurden zudem in Sektionsstudien auf ihren Anteil an der mechanischen Stabilität im Gesamtkomplex untersucht. Hierbei zeigten sich für das TTL und das AITFL ähnliche Anteile von 33 bzw. 36 % an der Gesamtstabilität, gefolgt vom IOL mit 22 % und dem PITFL mit 9 % [22, 28]. Bei der isolierten Durchtrennung der Bänder erzeugte die künstliche Ruptur des AITFL die größte Weitenzunahme im Intermalleolarspalt [27]. Insgesamt betrachtet konnte für Rupturen von 2 oder mehr ligamentären Bestandteilen der Syndesmose eine relevante Instabilität gezeigt werden.

Ätiologie

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