Übersichtsarbeiten - OUP 05/2018

Syndesmosen-Verletzungen am Sprunggelenk
Ätiologie, Diagnostik, OP-Technik und LiteraturübersichtEtiology, clinical diagnostics, surgical techniques and overview of current literature

Zu Verletzungen des Syndesmosebandkomplexs kommt es vor allem bei der kraftvollen Innenrotation des Beins kombiniert mit einer Außenrotationsbewegung im Talus, beispielsweise bei einem Sturz nach vorne [1, 18, 23]. Zusätzliche Dorsiflexion verstärkt die einwirkenden Kräfte auf die Syndesmose auf den dorsal breiteren Talus zusätzlich.

Das vordere Syndesmosenband wird allerdings auch in Plantarflexion angespannt [29], sodass es auch bei einer Plantarflexion-Supinationsverletzung zusätzlich beschädigt werden kann.

Symptomatik und Diagnose

Klassischerweise weisen die verminderte Kraft beim Abstoßen des Fußes im Gangbild oder eine eingeschränkte Belastbarkeit der betroffenen Extremität, lokalisierte Schmerzen im Bereich des AITFL, welches zusätzlich Druckschmerz-empfindlich ist, und Schmerzen bei der Außenrotation-Dorsiflexion des Fußes auf eine mögliche Syndesmosenverletzung hin [16, 27]. Tabelle 2 zeigt eine Übersicht über die häufigsten klinisch verwendeten Tests, denen jedoch allen eine eingeschränkte Sensitivität und Spezifität gemein ist.

Auch eine innerhalb von 24 Stunden nach Trauma auftretende Schwellung oberhalb der Gelenklinie des oberen Sprunggelenks zwischen Tibia und Fibula kann auf eine Syndesmosenverletzung hinweisen [7].

Da Syndesmosenverletzungen häufig in Kombination mit ligamentären und/oder knöchernen Verletzungen einhergehen, sollte das schmerzhafte, geschwollene Sprunggelenk obligat genau untersucht werden und bei Vorliegen einer Kapsel-Bandverletzung und/oder einer Fraktur immer an eine Beteiligung der Syndesmose gedacht werden.

Sicherheit hinsichtlich des Vorliegens einer Syndesmosenverletzung kann letztendlich nur die radiologische Bildgebung geben. Standard-Röntgenaufnahmen wie die anteriore-posteriore („true ap“), die sogenannte Mortise-view- (in 15–20° Innenrotation) oder die laterale Projektion können erste Hinweise auf eine Syndesmosenverletzung geben (Tab. 3, Abb. 2).

Latente Diastasen der Syndesmose können in Stressaufnahmen (z.B. Außenrotationsstress) teils unter Regionalanästhesie nachgewiesen werden [18, 28].

Gerade bei Diastasen von < 3 mm zeigt sich die Computertomografie konventionellen Röntgenaufnahmen überlegen [28, 29]. Die Methode mit der höchsten Spezifität und Sensitivität, eine Syndesmosenverletzung zu diagnostizieren, stellt jedoch das MRT dar [18]. Clanton et al. konnten zeigen, dass mittels 3,0 Tesla-MRT die Syndesmose nahezu sicher beurteilt werden kann [4, 13].

Ergänzend können in einer Ultraschalluntersuchung – allerdings sehr Untersucher-abhängig – die einzelnen Syndesmosebestandteile kostengünstig beurteilt werden, ausgenommen das IOL, [27].

Bei chronischen Syndesmosenverletzungen oder Unsicherheiten in der Bildgebung empfiehlt sich auch die Durchführung einer diagnostischen Arthroskopie (Abb. 3). Laut Wagener et al. liegt eine chronische Instabilität vor, wenn ein 3 mm langes Ende des Tasthäkchens in den tibiofibularen Spalt eingeführt und um die eigene Achse gedreht werden kann [37] (Abb. 2). Für Takao et al. liegt diese vor, sobald sich beim Rotationstest der Syndesmosenspalt um mehr als 2 mm erweitert [32]. Ein zusätzlicher Vorteil der Arthroskopie bei chronischen Syndesmosenverletzungen liegt in der Möglichkeit zur Entfernung von einklemmenden Narbenanteilen, welche eine anatomische und korrekte Reposition der Fibula in die Incisura tibiae behindern können.

Therapie

Je nach vorliegender Art der Syndesmosenverletzung ist entweder ein primär konservatives oder ein operatives Vorgehen indiziert. Bei einer frischen, stabilen Verletzung ohne Diastase kann ein konservatives Vorgehen eingeschlagen werden, vorausgesetzt die knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen erlauben dies. Im Falle einer instabilen tibiofibularen Syndesmose bzw. konservativ ausbleibendem Therapieerfolg (> 6 Monate) bzw. lange zurückliegender Verletzung ist hingegen eine operative Versorgung unter Berücksichtigung der Ko-Pathologien mittels Fixationsschraube zur temporären oder mittels Suture-button-System zur dynamischen Fixierung indiziert [35].

Konservative Therapie

Isolierte Syndesmosenrupturen ohne offensichtliche Instabilität und Diastase können konservativ behandelt werden. Von besonderer Wichtigkeit ist dabei die Klärung der Frage der Instabilität der Syndesmose [35, 37]. Die Problematik liegt in der schwierigen Beurteilung der korrekten Einpassung der Fibula in die Tibia, da aus anatomischer Sicht etwa ein Viertel der Incisurae tibiae flach oder konvex geformt sind [11, 23]. Auch die korrekte Beurteilung des tibiofibularen Abstands, der tibiofibularen Überschneidung und des Taluswand-Malleolus-medialis-Abstands ist teils im Seitenvergleich schwierig, da diese sehr stark von der Qualität der zugrundeliegenden Röntgenuntersuchung beeinflusst wird. Im Falle einer latenten Diastase wird daher eine weiterführende Diagnostik zusätzlich zu o.g. klassischen Röntgenaufnahmen in Form von radiologischen Stressaufnahmen, einer CT, einer MRT oder einer arthroskopischen Evaluation zur Klärung der Instabilität empfohlen [35, 37].

Isolierte Distorsionen der Syndesmose oder Teilläsionen des anterior-inferioren tibiofibularen Ligaments (AITFL) können mit etwa 3 Wochen Entlastung in einem Brace oder Walker und anschließendem vorsichtigen Belastungsaufbau behandelt werden. Die Rehabilitationszeit dabei kann bis zu dreimal länger als bei isolierter Außenknöchelbandruptur dauern [23]. Bei korrekter Indikation und fehlender tibiofibularer Diastase ist mit einer 86–100%igen Wiederherstellung zu rechnen [9, 33, 35].

Ist die vordere Syndesmose (AITFL) komplett gerissen, aber die Gabel geschlossen (Grad-2-Läsion), ist eine länger entlastende Immobilisation empfehlenswert. Aufgrund o.g. dreidimensionaler Bewegung der Fibula in der Incisura tibiae bei Bewegung des Fußes sollte bei diesen Verletzungen auch die physiotherapeutische Mobilisation verzögert beginnen und die (Teil-)Belastung erst nach 6 Wochen erfolgen [23], teils sind aber auch kürzere Entlastungszeiten beschrieben [35].

Begleitend zur Entlastung empfiehlt sich Kryotherapie, Hochlagern der betroffenen Extremität und ggf. Kompressionsbehandlung und antiinflammatorische Medikation. Physiotherapeutische Übungen im Falle von Grad-1-Verletzungen sind zudem möglich. Auf Patientenwunsch können außerdem Elektrostimulation und Massagen verordnet werden [37]. Hinsichtlich PRP- oder Corticoid-Injektionen in den Bereich des AITFL kann aufgrund mangelnder Datenlage noch keine Empfehlung geäußert werden, erste Ergebnisse zu PRP zeigen aber möglicherweise positive Effekte [15].

Operative Therapie

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