Übersichtsarbeiten - OUP 01/2019

Thermoablation der Facettengelenke
Behandlung von chronischen Schmerzen der Chronifizierungsstadien II und III

Im Rahmen des stationären Aufenthalts erfolgte die bildwandlergestützte Thermoablation der zuvor getesteten Gelenke. Hierzu wurde ein radiofrequenzbasierter Generator des Herstellers Bayliss genutzt, in der Einstellung 80 °C über 75 sec. Die Sonde wurde hierbei über eine 20-G-Spezialnadel platziert.

Instrumente

Zum Einsatz kamen schriftliche Patientenbefragungen auf der Basis wissenschaftlich etablierter Fragebögen:

  • Schmerzstärke: Erfassung mittels gängiger 11-stufiger numerischer Ratingskalen (NRS) [z.B. 18] mit den Endpunkten 0 (keine Schmerzen) und 10 (stärkster vorstellbarer Schmerz). Erfragt wurde der momentane sowie der größte, geringste und durchschnittliche Schmerz [10, 18, 23] während der letzten 7 Tage. Die individuelle Schmerzstärke wurde als Mittelwert aus diesen 4 Angaben berechnet.
  • Funktionskapazität: körperliche Funktionskapazität, gemäß dem Funktionsfragebogen Hannover Rücken (FFbH-R) [14], dessen Werte von 0–100 (maximale Funktionskapazität) reichen können.
  • Beeinträchtigung: Die Beeinträchtigung durch die Schmerzen beinhaltet die Dimensionen alltägliche Aktivitäten (3 Items) sowie Psychosoziales (4 Items) und wurde ebenfalls mit 11-stufigen numerischen Ratingskalen mit den Endpunkten 0 (keine Beeinträchtigung) und 10 (stärkste Beeinträchtigung) erfasst [23].

Darüber hinaus wurden der globale Behandlungserfolg, der Erwerbsstatus, die Arbeitsfähigkeit und die Inanspruchnahme weiterer stationärer Versorgungsleistungen standardisiert erfragt.

Auswertung

Die Auswertungen erfolgten mit dem statistischen Programmpaket SPSS 21. Zunächst wurde mittels Histogramm mit Normalverteilungskurve auf Normalverteilung geprüft. Im Zentrum der statistischen Auswertung standen deskriptive Statistiken und Unterschiedstests für abhängige Stichproben. Aufgrund weitgehend fehlender Normalverteilung der Zielvariablen basiert die deskriptive Statistik auf Median sowie Interquartilsabstand (IQR). Als Testverfahren wurde hierbei der Wilcoxon-Test für abhängige Stichproben verwendet. Zur Vermeidung falsch positiver Ergebnisse aufgrund multiplen Testens wurde das Gesamtsignifikanzniveau von ? = 0,05 nach der Bonferroni-Methode auf ? = 0,00556 adjustiert und die vorgefundenen p-Werte mit der adjustierten Schranke verglichen. Um auch die klinische Relevanz beurteilen zu können, wurden zusätzlich Effektstärken für Mediane berechnet (r = z/? n) [16, 25]. Ein Wert von r > 0,5 gilt hier als starker Effekt [1, 16].

Fehlende Werte, die beim Messzeitpunkt nach einem Jahr auftraten (21 Drop-outs), wurden durch die jeweils vorangegangenen Werte ersetzt (Last Observation Carried Forward, kurz LOCF). Diese Methode schien geeignet, da die vorhandenen Daten über die 3 Follow-up-Messzeitpunkte hinweg kaum Veränderungen zeigten.

Die Abbildungen zeigen Lage und Streuung der interessierenden Messgrößen als Boxplots, wobei die Box den Bereich der mittleren 50 % der Werte darstellt. Der Median wird durch den schwarzen Strich in der Box angezeigt. Die Striche über und unter der Box (Antennen, Whisker) geben den größten und kleinsten Wert an, der nicht als Ausreißer gilt. Ausreißer sind hier Werte, die zwischen 1,5 und 3 Boxlängen außerhalb der Box liegen. Sie sind als kleine Kreise dargestellt.

Ergebnisse

Beschreibung
des Patientenkollektivs

Für die Auswertungen konnten weitgehend vollständige Datensätze von 65 Patienten herangezogen werden. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug im Mittel 54 Jahre, Frauen waren mit einem Anteil von 57 % häufiger vertreten als Männer (Tab. 1). Der Body-Mass-Index (BMI) betrug bei den Männern im Durchschnitt 28,6 bei einer Standardabweichung von 3,9 und bei den Frauen 29,6 (SD = 7,2).

Den Patienten des Studienkollektivs wurde in der Regel die ICD-10-Diagnose M51.1 (lumbale und sonstige Bandscheibenschäden mit Radikulopathie) zugewiesen.

59 % wiesen mit Grad 3 den höchsten Schweregrad auf, der nach Kohlmann und Raspe [13] als Kombination aus Schmerzintensität und Funktionseinschränkung definiert ist. Weitere 31 % entfallen auf Grad 2.

Mittelfristiger Verlauf
nach Thermoablation

Die Schmerzstärke verringerte sich im Median von 6,0 (IQR = 2,6) am Beginn der Behandlung auf 3,5 Punkte (IQR = 3,8) nach 3 Monaten und 3,8 Punkte nach 6 und 12 Monaten (IQR = 3,4 bzw. 4,0; Abb. 1). Dies entspricht zu allen Nachbeobachtungszeitpunkten einem signifikanten Ergebnis (p < 0,001) und einem großen Effekt (Effektstärken ab 0,7; Tab. 2). Die durchschnittliche prozentuale Schmerzreduktion lag nach 3 Monaten bei 42 %, nach 6 Monaten bei 37 % und nach 12 Monaten bei 36 %. Bei 65 % der Patienten gelang eine bei chronischen Schmerzpatienten als klinisch bedeutsam geltende Verringerung der Schmerzen um mindestens 30 % [5, 6, 20] zum Zeitpunkt nach 3 Monaten. Nach 6 Monaten verzeichneten 55 % ein klinisch relevantes Behandlungsergebnis, nach 12 Monaten 53 %.

Ebenfalls signifikant verringerten sich die körperlichen und psychosozialen Beeinträchtigungen durch die Schmerzen, während sich die Funktionskapazität signifikant verbesserte (Abb. 2, 3). Die ergänzend berechneten Effektstärken (Tab. 2) liegen für die Zielgrößen sowohl nach 3 als auch nach 6 und 12 Monaten zwischen r = 0,56 und r = 0,73 und weisen damit auf große Effekte der Behandlung hin, wobei die Werte nach 6 und 12 Monaten etwas geringer ausfallen als beim jeweils vorherigen Messzeitpunkt.

Ein Patient musste innerhalb der ersten 6 Monate nach Entlassung wegen Rückenschmerzen operiert werden (3-mal fehlten entsprechende Angaben), dieser und 3 weitere Patienten wurden im 2. Halbjahr nach Ende der nicht operativen Behandlung erneut bzw. erstmals operiert (21 fehlende Angaben). Von 37 bei Studienbeginn in Voll- oder Teilzeit erwerbstätigen Patienten waren nach einem Jahr noch 28 (76 %) erwerbstätig und arbeitsfähig. Ein Patient gab zum letzten Messzeitpunkt Arbeitsunfähigkeit an, 2 waren in die Arbeitslosigkeit gerutscht, 2 in die Altersrente, und in 4 Fällen blieb der Erwerbsstatus unklar. Der Anteil der wegen Rückenschmerzen arbeitsunfähigen Patienten sank von 41 % (von 37 erwerbstätigen Patienten) vor der Behandlung auf 15 % nach 3 Monaten, 10 % (3 Fälle) nach 6 Monaten und 5 % (ein Fall) nach einem Jahr.

Diskussion

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