Übersichtsarbeiten - OUP 06/2018

Trizepssehnenruptur und -insuffizienz

Lucca Lacheta1, Bastian Scheiderer1, Andreas B. Imhoff1, Sebastian Siebenlist1

Zusammenfassung: Distale Trizepssehnenrupturen stellen eine seltene Muskel- und Sehnenverletzung dar. Beim Vorliegen einer kompletten Ruptur lässt sich die Diagnose häufig klinisch stellen mit ausgeprägtem Kraftdefizit für die Extension. Zur Unterscheidung zwischen Partial- und Komplettruptur sowie zur Beurteilung von Retraktion und Muskelqualität sollte die Magnetresonanztomografie herangezogen werden. Während Partialläsionen (ohne wesentliches Kraftdefizit) an der knöchernen Insertion – als auch Rupturen im muskulotendinösen Übergang – konservativ behandelt werden können, sollte bei Komplettrupturen oder bei Partialläsionen mit ausgeprägtem Kraftdefizit eine zeitnahe operative Versorgung (< 3 Wochen) erfolgen. Aktuell stehen verschiedene OP-Techniken mit guten biomechanischen und klinischen Ergebnissen zur Verfügung, wie im Folgenden beschrieben. Die Trizepssehneninsuffizienz nach Implantation einer Ellenbogentotalendoprothese (TEP) ist eine Komplikation, über die der Patient aufzuklären ist. Zur Vermeidung von Trizepssehnen-Komplikationen sollte ein „Triceps-on“-Zugang bei der TEP-Implantation Anwendung finden.

Schlüsselwörter: Ellenbogen, Trizepssehnenruptur, Trizepssehneninsuffizienz, v-förmige doppelreihige Trizepssehnenrekonstruktion

Zitierweise
Lacheta L, Scheiderer B, Imhoff AB, Siebenlist S: Trizepssehnenruptur und -insuffizienz.
OUP 2018; 7: 325–329 DOI 10.3238/oup.2018.0325–0329

Summary: The distal triceps tendon rupture is a rare entity. The main clinical finding is a loss of extension force. The magnetic resonance tomography helps to distinguish between partial and complete ruptures of the tendon as well as to assess muscle quality and tendon retraction. Partial distal triceps tendon ruptures (without significant extension loss) and ruptures of the musculotendinous junction can be treated conservatively. Complete ruptures and partial ruptures of the distal triceps tendon (with significant loss of extension) should be treated operatively in the acute stadium (< 3 weeks). Up to date several reconstruction techniques exist with excellent biomechanical and clinical properties as described in the following. In case of triceps tendon insufficiency after elbow arthroplasty, clinical expectations have to be discussed with the patient. To avoid triceps associated complications a “triceps-on” approach should be favored.

Keywords: elbow, triceps tendon rupture, triceps insufficiency, V-shaped double-row repair technique


Citation
Lacheta L, Scheiderer B, Imhoff AB, Siebenlist S: Triceps tendon rupture an insuffiency.
OUP 2018; 7: 325–329 DOI 10.3238/oup.2018.0325–0329

1 Abteilung für Sportorthopädie, Klinikum rechts der Isar, TU München

Einleitung

Die distale Trizepssehnenruptur stellt eine sehr seltene Entität dar [1–3]. Die distale Trizepssehne ist nur in ca. 1 % der Sehnen- und Muskelverletzungen betroffen [4]. Der am häufigsten geschilderte Unfallhergang ist ein Sturz auf den ausgestreckten Arm oder ein direktes Trauma (mit teilweise offener Verletzung). Außerdem werden Spontanrupturen beim Gewichtheben oder sekundäre Insuffizienzen beobachtet, v.a. nach total-endoprothetischem Gelenkersatz des Ellenbogens [5, 6]. Es werden verschiedene Risikofaktoren wie systemische Erkrankungen (z.B. Hyperparathyreoidismus, chronische Niereninsuffizienz), Kortison-Einnahme und Anabolika-Abusus beschrieben [3, 7]. Einem erhöhten Risiko sind Männer und Profi-Footballspieler ausgesetzt [8]. Der Verletzungsmechanismus besteht aus einer exzentrisch einwirkenden Kraft bei sich kontrahierendem Trizepsmuskel. Anatomische Studien zeigen, dass Komplett- und Partialrupturen v.a. an der ossären Olecranon-Insertion auftreten, seltener am muskulotendinösen Übergang [9–11].

Anatomie

Der M. triceps brachii besteht aus 3 Köpfen, deren gemeinsame distale Sehne ungefähr 12–14 mm distal der Olecranonspitze domförmig ansetzt. Die distale Trizepssehne hat im Gesamten eine Breite von ca. 41 mm im Insertionsbereich. Der knöcherne Footprint beträgt ca. 466 mm2 bei einer Länge von ca. 21 mm und Weite von 23 mm [12].

Die lateralen Sehnenanteile haben eine breite, flächige Insertion und strahlen in die Anconeus-Faszie mit anguliertem Faserverlauf ein. Demgegenüber haben die medialen Sehnenanteile einen geraden Verlauf und ziehen direkt an das Olecranon, mit wenigen Abgängen nach medial zur Weichteildeckung des Sulcus ulnaris [9].

Leitsymptome und klinische Untersuchung

Äquivalent zur distalen Bizepssehnenruptur ist die distale Trizepssehnenruptur in erster Linie eine klinische Diagnose. Im Akutstadium stellt sich eine palpable Sehnenlücke am dorsalen, distalen Humerus dar, diese ist jedoch häufig aufgrund von Weichteilschwellung und Hämatom nicht eindeutig zu erkennen. In der klinischen Untersuchung wird der Patient aufgefordert, gegen die Schwerkraft bzw. Widerstand den flektierten Ellenbogen (bei 180° elevierter Schulter!) zu strecken. Das ist je nach Ausdehnung (Teil- vs. Komplettruptur) nicht bzw. nur eingeschränkt möglich (Abb. 1). Gerade bei erhaltenen lateralen Sehnenanteilen ist oftmals eine Extension möglich, im direkten Seitenvergleich zeigt sich diese jedoch abgeschwächt. Bei kompletter Ruptur der distalen Trizepssehne führt eine manuelle Kompression des Muskelbauchs zum Ausbleiben einer Extension im Ellenbogengelenk, ähnlich dem Thompson-Test der Achillessehnenuntersuchung.

Bildgebende Diagnostik

Es sollte in jedem Fall ein Röntgen des Ellenbogens in 2 Ebenen durchgeführt werden, um die häufig zu erkennende, knöcherne Avulsionsverletzung („flake of bone“ = knöcherner Ausriss des Sehnenansatzes) nicht zu verpassen und um ggf. das operative Vorgehen entsprechend anpassen zu können (Abb. 2a).

Zur Beurteilung von Ausdehnung (Partial- bis Komplettruptur) und Retraktion sollte additiv die Sonografie oder Magnetresonanztomografie erfolgen. Gerade bei chronischen distalen Trizepssehnenläsionen sollte die Magnetresonanztomografie herangezogen werden, um den genauen Grad der Sehnenretraktion als auch die Muskelqualität beurteilen zu können.

Therapeutisches Vorgehen

Konservative Therapie

Die Indikation zur konservativen Therapie besteht in erster Linie bei Partialläsionen am muskulotendinösen Übergang. Bei Partialläsionen bis zu 50 % im Bereich der Sehneninsertion kann ein konservativer Therapieversuch erfolgen, solange kein relevantes Kraftdefizit besteht [13]. Initial erfolgt die Ruhigstellung in Schiene oder Orthese mit Limitierung der Flexion auf 30° für die ersten 4–6 Wochen, mit anschließend sukzessiver Freigabe des Bewegungsumfangs in der beweglichen Ellenbogenorthese. Der volle Bewegungsumfang sollte (spätestens nach 12 Wochen) erreicht sein als Voraussetzung für ein aktives Training der Extensionskraft. Die vollständige Wiederherstellung der Extensionskraft sollte über einen Zeitraum von 6–9 Monaten erreicht werden [13].

Ergebnisse nach konservativer Therapie sind rar und beschränken sich auf einzelne Fallberichte. So zeigten Mair et al. bei 10 Athleten eine Rückkehr zum ursprünglichen Sportniveau, in 6 von 10 Fällen ohne Kraftdefizit. Drei der 6 Athleten unterzogen sich nach Saisonende einer operativen Therapie. Einer von 10 Patienten erlitt bei der Rückkehr zum Sport eine Komplettruptur nach 5 Tagen [8].

Operative Therapie

Die Indikation zur operativen Therapie besteht bei Komplettrupturen sowie Partialläsionen mit relevantem Kraftdefizit. Eine zeitnahe Versorgung (< 3 Wochen) wird empfohlen, jedoch ist eine operative Behandlung auch nach einem längerem Zeitraum unter Umständen möglich [3]. Auch bei frustranem, konservativem Therapieverlauf sollte die operative Therapie (bei Partialläsionen im Insertionsbereich) mit dem Patienten kritisch diskutiert werden. Hierbei spielt neben Alter und Vorerkrankungen vor allem das Aktivitätsniveau eine entscheidende Rolle.

Die operative Therapie der Komplettruptur besteht aus dem Debridement der Insertionsregion und anschließender anatomischer Refixation. Bis dato existiert bei der operativen distalen Trizepssehnenrekonstruktion keine Standardtechnik. Bei Partialläsionen besteht neben der Komplettierung der Ruptur auch die Möglichkeit der isolierten Refixation des Caput mediale bzw. Caput laterale et longum des Trizepsmuskels. Athwal et al. beschrieben in 2 Fällen eine arthroskopische Fadenankerrefixation des Caput mediale mit gutem klinischem Outcome; beide Patienten konnten ohne Einschränkungen den Kraftsport wiederaufnehmen [14].

Die transossär kreuzende distale Trizepssehnenrefixation („transosseus cruciate repair technique“), ist nicht zuletzt durch den geringen Materialaufwand die am weitesten verbreitete Technik [15]. Nachteilig zeigen sich hierbei jedoch eine nicht-anatomische Reinsertion der Sehne und schwache biomechanische Eigenschaften der Rekonstruktion hinsichtlich Primärstabilität und Footprint-Deckung [16]. Die aus der Schulterchirurgie transferierte „knotless suture-bridge repair technique“ – die doppelreihige, kreuzende Ankerrefixation der distalen Trizepssehne – kann nahezu eine anatomische Rekonstruktion des distalen Sehnenansatzes bei biomechanisch großer Primärstabilität erreichen [16]. Der relativ große Materialaufwand (von 4 Ankern) auf kleiner Fläche führt jedoch zu einem potenziellen intraartikulären Verletzungsrisiko aufgrund von Ankerlage, -größe und -länge.

In der eigenen Arbeitsgruppe wurde deshalb die modifizierte v-förmige doppelreihige Trizepssehnenrekonstruktion („V-shaped double-row repair technique“) weiterentwickelt, welche die guten biomechanischen Eigenschaften der „knotless suture-bridge repair technique“ übernimmt – mit flächiger Footprintdeckung und hoher Primärstabilität – bei reduziertem Materialaufwand und potenzieller Reduzierung des intraartikulären Verletzungsrisikos durch Verwendung eines intramedullären Buttons anstatt zweier Knochenanker im gelenknahen Bereich [17]. In der biomechanischen Testung konnten dafür eine überlegene Primärstabilität und geringere Sehnendislokation gezeigt werden [18]. Anders als bei den beiden vorgenannten Techniken kam es bei der v-förmigen doppelreihigen Rekonstruktion zu keinen Frakturen im biomechanischen Set-up. Für die Footprint-Deckung zeigten sich vergleichbare Ergebnisse mit der „knotless suture-bridge“ (88,9 % vs. 85,2 %).

V-förmige doppelreihige
Trizepssehnen-Rekonstruktion

Die v-förmige doppelreihige Trizepssehnenrekonstruktion mit 2 proximalen Fadenankern und einer distalen intramedullären Buttonfixation soll neben der anatomischen Footprint-Deckung durch eine 1-Punkt-Fixation distal des Gelenks das iatrogene Verletzungsrisiko reduzieren (Abb. 3). Anders als bei knotenlosen Techniken ist die Modifizierung des Sehnenanpressdrucks – ähnlich einem Pulley-System (Flaschenzug) – nach erfolgter Installation des gesamten Fixationssystems möglich. Ein weiterer Vorteil gegenüber der doppelreihigen Ankerrefixation ist der geringere Materialaufwand und die damit verbundene Kostenersparnis [17].

Bei der distalen Trizepssehnenrekonstruktion bietet sich die Bauch- oder Seitenlage an, um einen möglichst guten Zugang zum Olecranon zu haben – bei uneingeschränkter Beweglichkeit im Ellenbogengelenk. Zur besseren intraoperativen Mobilisation der Sehne ist der Verzicht einer Oberarmblutsperre zu empfehlen.

Der Zugang erfolgt über einen posterolateralen Zugang an der lateralen Begrenzung des M. triceps brachii bis ca. 2 cm distal der Olecranonspitze (nach proximal je nach Retraktion zu erweitern).

Primär erfolgt das gründliche Debridement am Knochenbett am Olecaranon (Footprint) und am Sehnenstumpf sowie in subakuten Fällen die Mobilisation der Sehne, sodass eine spannungsfreie Refixation möglich wird (Abb. 2b). Anschließend erfolgt die Platzierung zweier doppelt-armierter Anker (z.B. Titan Corkscrew, Fa. Arthrex, Naples, FL, USA) am proximalen Insertionsbereich medial und lateral (Abb. 2c). Hierbei ist auf eine distale Ausrichtung der Anker zu achten, um eine Perforation des Humeroulnargelenks zu vermeiden.

Es erfolgt die Armierung der distalen Trizepssehne durch eine Kletternaht nach proximal mit jeweils einem freien Fadenpaar über eine Länge von mindestens 3 cm. Durch Zug am freien Fadenende sollte sich die Sehne nun leicht in das Knochenbett reponieren lassen.

Anschließend erfolgt die Zuwendung zur distalen v-förmigen Fixierung mit intramedullärer Button-Fixierung äquivalent zur distalen Bizepssehnen-Refixation wie von den Autoren beschrieben [19]. Dazu erfolgt ca. 4 cm distal der Olecranonspitze die Platzierung eines monokortikalen Bohrlochs im 45°-Winkel zum Ulnaschaft (proximale Ausrichtung). Die freien Fadenenden werden in den Button einfädelt. Dieser wird transkortikal eingeführt und intramedullär durch Zug an den Fadenenden geflippt (Abb. 2d). Durch die nun v-förmige Konfiguration entsteht eine plane Deckung des anatomischen Footprints. Äquivalent einem Pulley-System kann nun nach Installation des gesamten Fixationssystems der Sehnenanpressdruck durch Spannen oder Lösen der Fadenpaare adjustiert werden.

Postoperative Nachbehandlung

Unmittelbar postoperativ erfolgte die Ruhigstellung in einer posterioren Gipsschiene in 90° Flexion für 3–4 Tage (bis zum Abschwellen der Weichteile), anschließend wird auf eine bewegliche Orthese (z.B. EpicoROM, Fa. Medi, Bayreuth) für insgesamt 6 Wochen gewechselt. Die Limitierung der Flexion sollte hierbei 90° betragen. Passive und aktiv-assistierte Beübung beginnt ab dem ersten postoperativen Tag. Auf die aktive Extension sollte für insgesamt 6 Wochen verzichtet werden. Sportliche Aktivitäten sind nach frühestens 12 Wochen freizugegeben.

Trizepssehneninsuffizienz nach Ellenbogen-Totalendoprothese (TEP)

Der Erfolg des total-endoprothetischen Ellenbogenersatzes ist multifaktoriell bedingt, hängt aber zum großen Teil von Prothesendesign und OP-Technik ab. Publizierte 10-Jahres-Ergebnisse zeigen eine Komplikationsrate nach TEP von 20–45 %. Little et al. beschrieben in einem systematischen Review mit 3618 eingeschlossenen TEPs eine Komplikationsrate von 33 % [20]. Bezüglich der Komplikationen bezogen auf den Zugangsweg zeigte sich, dass bei Trizeps-schonendem Zugang (Weghalten der Sehne) die Inzidenz einer Trizepssehnenruptur bei nur 0,6 % (1 von 177), bei transtendinösem Zugang bei 2,8 % (12 von 428) und beim Ablösen der Trizepssehne von der Ulna bei 11 % (14 von 129) lag. Ähnlich präsentierten sich die Ergebnisse von Voloshin et al., welche zwischen 1993 und 2009 insgesamt 2938 TEPs durchführten mit einer Trizeps-bezogenen Komplikationsrate von 2,4 % (ohne signifikanten Unterschied zwischen den einzelnen Zugangswegen) [21].

Die Kollegen um Dachs et al. unterschieden in ihrer Arbeit zwischen 2 Zugangsmodalitäten: „Triceps-on“-Zugang mit Erhalt der Trizepssehne und „Triceps-off“-Zugang mit Ablösen und Refixation der Trizepssehne (Abb. 4) [6]. Die klinischen Ergebnisse waren in der Triceps-on-Gruppe signifikant denen der Triceps-off-Gruppe überlegen. Ferner lag die Komplikationsrate in der Triceps-on-Gruppe bei nur 8,1 % ohne beobachtete Trizepssehnenruptur, in der Triceps-off-Gruppe bei 32,6 % (inkl. 7 sekundärer Trizepssehnenrupturen).

Die Diagnose einer sekundären Trizepssehnenruptur nach total-endoprothetischer Ellenbogenversorgung stellt an den Operateur eine echte Herausforderung dar. Die sekundäre Trizepssehnenrekonstruktion führt meist zu einem unbefriedigenden Ergebnis: Dachs et al. zeigten 100 % (4 von 4) Versagen der distalen Trizepssehnenrekonstruktion nach TEP teils mit Sepsis und nach sich ziehendem Prothesenausbau. Demgegenüber bestand bei 3 konservativ therapierten Patienten ein persistierendes Kraftdefizit mit ebenfalls schlechten klinischen Ergebnissen [6].

Die Frage nach der adäquaten Therapie der sekundären Trizepssehnenruptur nach TEP lässt sich nicht zuletzt aufgrund der geringen publizierten Fallzahlen nicht eindeutig beantworten. Celli et al. empfehlen einen „rotational aconeus flap“ bei gut erhaltenenen Weichteilen, bei schlechten Weichteilen oder weiter Retraktion wird die Rekonstruktion mit auto- oder allogenem Transplantat (z.B. Achillessehne) als salvage-procedure diskutiert. Hierdurch kann eine Verbesserung der Extensionskraft im Vergleich zur direkten Rekonstruktion erreicht werden [22].

Zusammenfassung

Das Management distaler Trizepssehnenrupturen umfasst primär eine ausführliche Diagnostik zur Differenzierung zwischen Teil- und Komplettruptur, welche das weitere therapeutische Vorgehen vorgibt. Gerade bei Teilrupturen gilt es je nach Aktivitätslevel und funktionellem Anspruch des Patienten das weitere Vorgehen ausführlich zu besprechen. Während Teilrupturen ohne wesentliches Kraftdefizit einem konservativen Therapieregime zugeführt werden können, sollte bei einer Extensions-Kraftminderung eine operative Versorgung indiziert werden. Komplettrupturen stellen eine klare OP-Indikation dar. Ein Goldstandard für die operative Technik existiert bis dato nicht, jedoch zeichnet sich ein eindeutiger Trend – ähnlich der Sehnenrekonstruktion der Schulter – zur anatomischen Rekonstruktion mit möglichst vollständiger Deckung des Footprints ab. Im eigenen Vorgehen wird die anatomische Rekonstruktion durch die sog. „V-shaped double-row repair technique“ (proximale Ankerreihe kombiniert mit einem gelenknahen intramedullären Flipp-Button) angestrebt.

Problematisch stellt sich die Behandlung von sekundären Trizepssehneninsuffizienzen/-rupturen nach total-endoprothetischem Gelenkersatz am Ellenbogen dar. Die direkte Rekonstruktion zeigt in den wenigen publizierten Arbeiten eine große Versagensrate bei schlechten klinischen Ergebnissen. Daher sollte heutzutage der „Triceps-on“-Zugang bei der Implantation einer Ellenbogen-TEP bevorzugt werden [6, 23]. Fallberichte zu salvage-procedures wie Anconeus-Flap oder allogenen Sehneninterponat haben eine Machbarkeit bewiesen, klinische Ergebnisse sind jedoch nicht überzeugend, sodass diese als Reserve-Therapie zurückgehalten werden sollten.

Fazit für die Praxis

Bei akutem Extensionsverlust bei entsprechender Trauma-Anamnese ist die distale Trizepssehnenruptur eine auszuschließende Diagnose.

Neben der klinischen Untersuchung stellt die MRT den Goldstandard dar.

Die operative Therapie der akuten Komplettruptur sollte zeitnah erfolgen (< 3 Wochen).

Ziel der operativen Techniken ist die flächige, anatomische Rekonstruktion der distalen Trizepssehne (z.B. „V-shaped double-row repair technique“).

Die Trizepsinsuffizienz nach TEP stellt eine therapeutische Herausforderung dar, Patienten sind über das zu erwartende Ergebnis aufzuklären.

Für die Implantation einer Ellenbogen-TEP sollte der „Triceps-on“-Zugang Anwendung finden, um eine Trizepssehnen-Komplikation zu vermeiden.

Interessenkonflikt: Keine angegeben.

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Sebastian Siebenlist

Klinikum rechts der Isar

Abteilung für Sportorthopädie

Ismaninger Str. 22

81675 München

sebastian.siebenlist@mri.tum.de

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