Übersichtsarbeiten - OUP 04/2022

Update – Verletzungen des Acromioclaviculargelenks

Es existieren zahlreiche Stabilisierungsmethoden bspw. mittels Hakenplatte, K-Draht, CC-Schraubenosteosynthese (Bosworth-Schraube) oder CC-Cerclage mit nicht-resorbierbarer Kordel. Letztere weisen jedoch eine biomechanische Unterlegenheit auf [17].

Im deutschsprachigen Raum ist die Methode der Wahl bei offenem Vorgehen der Einsatz der Hakenplatte [23]. Vorteil dieses Verfahrens ist der geringe technische Aufwand und die frühfunktionale postoperative Beübung. Nachteil ist jedoch der obligate Zweiteingriff zur Materialentfernung, die fehlende Therapiemöglichkeit glenohumeraler Begleitpathologien sowie eine hohe Komplikationsrate mit postoperativen Korrekturverlusten und Begünstigung einer Arthrose [6, 17, 22, 24, 25] Bei ausbleibender Materialentfernung können Hakenplatten ein subakromiales Impingement und Rotatorenmanschettenschäden verursachen [26].

Arthroskopisch-assistierte Techniken

Arthroskopisch-assistierte Techniken gehören zunehmend zum Standard. Für die vertikale Fixierung werden üblicherweise Doppelbutton-Implantate verwendet (Abb. 5). Die Fixierung des Repositionsergebnisses erfolgt dabei über kleine Titanplättchen unterhalb des Coracoids (Abb. 6) und auf der Clavicula. Alternativ stehen komplexere Versorgungsoptionen mittels mehrerer Doppelbuttons oder sogenanntem Trippelbutton zur Verfügung, welche die ursprüngliche Biomechanik besser adressieren sollen. Trotz höherer Primärstabilität existiert für eine komplexere Versorgung keine beweisende Studienlage eines klinisch relevanten Funktionsvorteils im Vergleich zur einfachen Doppelbuttontechnik [25].

Zur Verbesserung der biomechanischen Stabilität ist die zusätzliche horizontale Stabilisierung mittels CA-Fadencerclage oder die Verwendung von Ankersystemen notwendig [6, 16].

Arthroskopisch assistierte Techniken ermöglichen eine gleichzeitige Behandlung glenohumeraler Verletzungen, sie sind minimal-invasiv und es ist nur ein Eingriff notwendig. Das Verfahren ist technisch und materiell anspruchsvoll und damit eher Spezialisten vorbehalten. Die postoperative Nachbehandlung ist meist restriktiver, gelegentlich kommt es zu Irritationen durch das Nahtmaterial [6, 25].

Vergleiche zwischen offenen und arthroskopisch-assistierten Verfahren stehen weitestgehend noch aus, jedoch scheint die minimal-invasive Technik einen signifikanten Vorteil zu haben [25]. Die Vielzahl der Verfahren und ihrer individuellen Variationen erschweren den direkten Vergleich.

Operative Versorgung
chronischer Instabilitäten

Die Notwendigkeit der zeitnahen Stabilisierung akuter ACG-Verletzungen beruht auf dem zeitlich beschränkten Heilungspotential der Ligamente. Bei einer verspäteten Versorgung ab ca. 6 Wochen ist eine biologische oder synthetische Augmentation notwendig [6, 17, 21]. Unterschieden werden wie bei den akuten Verletzungen offene und arthroskopisch-assistierte Therapien, weiterhin gibt es die Unterscheidung zwischen anatomischen und extraanatomischen Rekonstruktionen.

Für die Nutzung als Allograft bzw. Autograft zur Behandlung von ACG-Instablitäten sind zahlreiche unterschiedliche Sehnen beschrieben, am häufigsten werden jedoch die Hamstringsehnen genutzt. Es konnte gezeigt werden, dass Sehengrafts biomechanisch dem Weaver-Dunn Verfahren (coracoacromialer Bandtransfer) oder Button-Implantaten überlegen sind [16, 17, 21, 27]. Synthetische Materialien schneiden aufgrund des fehlenden Heilungs- und Vernarbungspotentials gegenüber biologischen Grafts deutlich schlechter ab [27]. Nicht zu vernachlässigen sind darüber hinaus mögliche Reaktionen auf das Material, daher sollte der Einsatz synthetischer Augmente zurückhaltend erfolgen [16].

Zu den extraanatomischen Rekonstruktionen gehört unter anderem der dynamische Transfer der kurzen Bizepssehne bzw. der „conjoint-tendons“. Die Stabilität der Rekonstruktion liegt jedoch weit unter einem intakten CC-Ligament [28] und ist mit häufigen Repositionsverlusten verbunden. Gleichzeitig besteht das Risiko einer anterosuperioren Migration des Humeruskopfes [16]. Das Weaver-Dunn-Verfahren steht exemplarisch für die Bandtransfers, bei dem das Lig. coracoacromiale knöchern abgesetzt und eine Transposition auf die laterale Clavicula vollzogen wird. Insgesamt wiesen jedoch Sehnen-oder Bandtransferverfahren in einem systematischen Review die schlechtesten klinischen Ergebnisse und höchsten Komplikationsraten auf [29].

Der Begriff „anatomisch“ in Bezug auf Rekonstruktionen des ACG ist derzeitig Gegenstand zahlreicher Diskussionen. Unbestritten ist jedoch, dass eine möglichst anatomische Rekonstruktion einen Kompromiss zwischen dem Einsatz multipler Fixierungspunkte (Bohrlöcher/Tunnel) und dem steigenden Risiko von Coracoid- oder Clavikulafrakturen darstellt [30].

Interessenkonflikte:

Keine angegeben.

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Christian Fischer

ARCUS Sportklinik

Rastatter Str. 17–19

75179 Pforzheim

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