Originalarbeiten - OUP 11/2013

Ursachen und Therapie des vorderen Knieschmerzes nach Implantation einer Knietotalendoprothese (K-TEP)
Causes and treatment of anterior knee pain after implantation of
a total knee arthroplasty (TKA)

Auch eine synoviale Hyperplasie kann zu Einklemmungsphänomenen im Femoropatellargelenk führen [39] (Abb. 14). Die synoviale Hyperplasie kann Resultat eines persistierenden postoperativen Reizzustands sein. Trotzdem ist es wichtig, andere Ursachen für die synoviale Hyperplasie wie z.B. Infektionen oder eine Metallhypersensitivität auszuschließen.

Diagnostik bei vorderem Knieschmerz

Aufgrund der vielfältigen möglichen Ursachen für den vorderen Knieschmerz nach Implantation einer K-TEP ist eine differenzierte Diagnostik notwendig (Abb. 12).

Der natürliche Schmerzverlauf nach Implantation einer K-TEP mit ca. 32 % des präoperativen Schmerzniveaus nach einem Jahr postoperativ sollte dabei berücksichtigt werden. Das gilt besonders im Hinblick auf die Indikation für erneute Operationen der Revisionen.

Die Diagnostik sollte dazu dienen, funktionelle von mechanischen Ursachen für den vorderen Knieschmerz zu unterscheiden. Für funktionelle Probleme spricht eine Quadrizepsatrophie, ein positives Trendelenburg-Zeichen oder eine valgisches Einbrechen des Kniegelenks bei einbeinigen Kniebeugen sein. Mechanische Ursachen oder Infekte müssen ausgeschlossen sein. Zum Infektausschluss ist eine Labordiagnostik und Punktion mit mikrobiologischer Untersuchung obligat. Da aber immer die Möglichkeit der Punction sicca oder falsch negativer Befunde besteht, sollte ein negatives Ergebnis immer kontrolliert werden. Auch beim Nachweis von Hautkeimen sollte die Punktion wiederholt werden. Im Zweifelsfall führen wir eine Arthroskopie mit Biopsie zur histologischen und mikrobiologischen Beurteilung durch. Eine radiologische Osteolyse ist immer infektverdächtig (Abb. 1).

Obligat ist die radiologische Diagnostik des Kniegelenks zum Ausschluss von Fehlpositionierungen, aseptischer Lockerung oder Osteolysen (Abb. 1). Axiale Aufnahmen der Patella liefern Hinweise auf verbliebene Osteophyten, Maltracking, Knorpelschäden oder eine aseptische Lockerung eines Patellarückflächenersatzes.

Bei klinischem Verdacht auf eine hintere Instabilität, sollte diese mit gehaltenen Aufnahmen verifiziert werden. Bei unklaren Achsverhältnissen sollte eine Ganzbeinaufnahme angefertigt werden.

Sonografisch können Tendinosen des Streckapparats eine Synovitis im Recessus suprapatellaris oder ein intraartikulärer Erguss dargestellt werden.

Eine Skelettszintigrafie erlaubt Hinweise auf eine Lockerung, Infektionen oder aseptische Nekrosen der Patella.

Therapie des vorderen
Knieschmerzes

Die Therapie richtet sich bei vorderem Knieschmerz nach den Ursachen der Schmerzintensität und funktionellen Beeinträchtigung.

Therapie bei funktionellen
Ursachen

Liegen funktionelle Probleme vor, sollten physiotherapeutische Maßnahmen durchgeführt werden. Ein systematisches Review hat gezeigt, dass die Physiotherapie bei Patienten mit patellofemoralem Schmerzsyndrom die Quadrizepsatrophie, aber auch das funktionelle Malalignement mit Stärkung der Hüft- und Rumpfstabilisatoren adressieren sollte [19]. Nakagawa et al. [40] berichten, dass mit einer Kombination aus Quadrizeps-, Hüft- und Rumpfstabilisationstraining ein signifikant besserer Effekt erzielt werden kann als mit Quadrizepstraining allein. Außerdem besteht Evidenz, dass das funktionelle Maltracking der Patella bei Patienten mit patellofemoralem Schmerzsyndrom mit Tape oder Rezentrierungsorthesen temporär korrigiert werden kann [20].

Therapie bei mechanischen
Ursachen

Liegen mechanische Probleme vor, kann eine erneute Operation erforderlich sein. Aufgrund des natürlichen Schmerzverlaufs sollte die Indikation dazu innerhalb des ersten postoperativen Jahres eher zurückhaltend gestellt werden.

Wir unterscheiden Revisionsoperation mit Wechsel oder Austausch von Komponenten der Prothese von NichtRevisionsoperationen (Artholyse, Synovialektomie, lateral release).

Revisionsoperationen sollten bei fehlpositionierten Komponenten (Offset und Rotationsfehler), Instabilitäten oder aseptischen Lockerungen eines Retropatellatersatzes in Betracht gezogen werden. Fehlpositionierte Komponenten lassen sich meist erneut mit einem Oberflächenersatz korrigieren. Knochenverluste bei Offset oder Rotationskorrekturen können durch Spacer ausgeglichen werden. Hier sollten modulare Revisionsimplantate zur Verfügung stehen.

Bei Instabilitäten ist meist der Wechsel auf ein Modell mit einem höheren Kopplungsgrad notwendig (z.B. bei hinterer Instabilität Wechsel von CR auf PS).

Bei einem lateralen Facettensyndrom sollte ein Wechsel des Rückflächenersatzes in Erwägung gezogen werden. Bei einem „Overstuffing“ sollte die Patellarückfläche nachreseziert werden und das Rückflächenimplantat gewechselt werden. Bei retropatellarer Chondrolyse oder fortschreitender Retropatellararthrose sollte die Indikation zum sekundären Retropatellarersatz vorsichtig gestellt werden, da im Schrifttum Erfolgsraten von 66 % angegeben werden [31, 32]. Wir empfehlen hier funktionelle Ursachen zunächst auszuschließen und diese zu behandeln.

Liegt ein „Maltracking“ mit Lateralisation und erhöhtem „Tilt“-Winkel vor, kann auch der Versuch der operativen Rezentrierung gemacht werden. Als minimalinvasive Maßnahme kommt hier ein arthroskopisches lateral release in Betracht (Abb. 13). Diese Operation kann mit einer peripatellären Synovialektomie (Abb. 14) mit Athrolyse und zirkulärer Denervierung verbunden werden. Peripatelläre Briden und Adhäsionen können zu einer Störung des „Patellatracking“ führen. Auch laterale Osteophyten können arthroskopisch reseziert werden. Bei den Nicht-Revisionsoperationen spielt die Arthroskopie daher eine wichtige Rolle. Eine Arthroskopie kann auch bei einer Anamnese, die für einen Low-grade-Infekt spricht (lange Schwellungszustände postoperativ mit rezidivierenden Schwellungen), in Erwägung gezogen werden. Die mikrobiologische und histologische Analyse von Biopsaten kann eine höhere Aussagekraft haben als eine Punktion. Das gilt besonders, wenn Punktionsaspirate negativ waren. Jeder vordere Knieschmerz kann auch durch eine Infektion ausgelöst sein.

Stabilisierungsoperationen im Sinne eines MPFL-Ersatzes mit einem autologen Sehnentransplantat empfehlen wir nicht, da es sich bei diesen Patienten in der Regel nicht um Patellaluxationen, sondern um Subluxationen handelt. Ursache sind meist Fehlpositionierungen der Komponenten. Durch ein autologes Sehnentransplantat kann der Anpressdruck der Patella erhöht werden.

Die Korrektur einer patella baja ist nur mit Einschränkungen möglich. Durch eine Osteotomie der Tuberositas tibia ist meist eine Proximalisierung nur um 1–2 cm möglich (Abb. 15).

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