Übersichtsarbeiten - OUP 07-08/2015

Wachstumslenkung am distalen Unterschenkel und Fuß

Die subtalare Schraubenarthrorise ist eine minimalinvasive Technik, bei der eine kanülierte Schraube in den Sinus Tarsi eingebracht wird [37, 38]. Alternativ zur Schraubenarthrorise kann in den Sinus tarsi ein sog. Spacer oder ein autologer Knochenspan als Platzhalter eingebracht werden [39]. Intraoperativ erfolgt die Auswahl der korrekten Schraubenlänge über eine klinische Kontrolle des Rückfußvalgus in Neutralposition des Fußes. Die Arthrorise verhindert die übermäßige Mobilität im Subtalargelenk und blockiert die Valgus- und Pronationsabweichung des Calcaneus unter Belastung [37]. Im Verlauf des Wachstums passen sich Talus und Calcaneus an, sodass nach 2–3 Jahren die Vorraussetzungen für eine dauerhafte Korrektur gegeben sind und die Schraube entfernt werden kann [37]. Der empfohlene Operationszeitpunkt im Kindesalter wird von den meisten Autoren im Alter zwischen 8–12, maximal 13 Jahren angegeben, sodass ein noch ausreichendes Restwachstum vorhanden ist [37, 40, 41].

Fallbeispiel 4 (Abb. 5)

Die dargestellten Röntgenbilder stammen von einem 11-jährigen Jungen, welcher bei flexiblen Knick-Senk-Füßen bds. über 2 Jahre mit Schuheinlagen versorgt wurde (Abb. 5 A-B). Bei persistierenden Schmerzen im Bereich der Achillessehne und des Fußgewölbes unter und nach Belastung wurde die Indikation zur Schraubenarthrorise gestellt. Die postoperativen Bilder zeigen die eingebrachte Schraube, die etwa 0,5 cm in den Sinus tarsi ragt und sich unter dem Proc. lateralis tali abstützt (Abb. 5 C-D). Der Junge konnte ab dem ersten postoperativen Tag ohne Hilfsmittel gehen. Eine Sportkarenz wurde bis zum Abschluss der Wundheilung empfohlen. Nach 2,5 Jahren erfolgte die Schraubenentfernung. Der Patient ist beschwerdefrei, die Knick-Senk-Fuß Deformität hatte sich vollständig zurückgebildet.

Schlussfolgerung

Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche wachstumslenkende Therapie am distalen Unterschenkel und Fuß ist die sorgfältige Indikationsstellung und Durchführung der Operation, ein ausreichendes Wachstumspotenzial der entsprechenden Epiphysenfuge und eine gute Compliance der Kinder und Eltern. In der Regel ist unmittelbar postoperativ die schmerzadaptierte Vollbelastung möglich. Regelmäßige klinische und radiologische Kontrollen sind essenziell, um u.a. eine Überkorrektur zur verhindern. Ist die Implantatentfernung bei erfolgter Korrektur vor dem Fugenschluss indiziert, besteht ein gewisses Rezidivrisiko. Hierüber sollte schon vor dem ersten Eingriff aufgeklärt werden.

Interessenkonflikt: keine angegeben

Korrespondenadresse

PD Dr. Martin Rupprecht

Abteilung für Kinderorthopädie

Altonaer Kinderkrankenhaus

Bleickenallee 38

22763 Hamburg

mrupprec@uke.uni-hamburg.de

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