Übersichtsarbeiten - OUP 01/2020

Wie effektiv ist die Injektionsbehandlung im Bereich des Hüftgelenks?

Jörg Jerosch

Zusammenfassung:

Im folgenden Artikel wird die aktuelle Literatur zum Thema Viscosupplementation im Bereich des Hüftgelenks dargestellt. Die Injektion erfolgt üblicherweise in der Mehrzahl der Studien bildgesteuert (Röntgen, Sonografie). Die Effekte sind nicht vergleichbar mit denen im Bereich des Kniegelenks, wenngleich einige Placebo-kontrollierte Studien einen positiven Effekt hinsichtlich der Schmerzreduktion und der Verbesserung der Funktion nachweisen.

Schlüsselworter:
intraartikuläre Therapie, Viscosupplementation, Arthrose, Hüfte

Jerosch J: Wie effektiv ist die Injektionsbehandlung im Bereich des Hüftgelenks?
OUP 2020; 9: 043–046

DOI 10.3238/oup.2019.0043–0046

Summary: The present article describes the recent literature on viscosupplementation at the hip joint. The injection is usually performed under image control (x-ray, ultrasound). The clinical effect is not as relevant as at the knee joint. However, in placebo controlled studies there is a pain reduction as well as an improvement in function.

Keywords: intraarticular therapy, viscosupplementation, degenerative joint disease hip joint

Citation: J Jerosch: How effective is the intraarticular treatment at the hip joint?
OUP 2020; 9: 043–045 DOI 10.3238/oup.2019.0043–0046

Jörg Jerosch: Abteilung für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin, Johanna-Etienne-Krankenhaus Neuss

Einleitung

Die Arthrose des Hüftgelenks ist bedingt durch eine Knorpeldegeneration oder einen Knorpelabbau in den belasteten Bereichen des Hüftgelenks. Sie verursacht Schmerzen und eine deutliche Reduktion der Lebensqualität, meistens beim älteren Patienten. Der Knorpelverschleiß führt zu subchondralen Veränderungen im Bereich des Knochens mit Zysten, aber auch zu Synovitis, osteophytären Anbauten, Gelenkspaltverschmälerung und einer Kapselverdickung [16, 29]. Die Prävalenz der Hüftarthrose wird mit 3–11 % in einer Population älter als 35 Jahre angegeben und stellt somit den 2. Platz der betroffenen Gelenke dar [10]. Die sozioökonomischen Aspekte der Hüftarthrose haben in den letzten Jahren etwa 80 % zugenommen [16, 26].

Behandlung der Coxarthrose

Die momentanen Therapien für eine Coxarthrose beinhalten eine Kombination von nicht pharmakologischen und pharmakologischen Behandlungen [31, 33].

Die pharmakologische Behandlung beinhaltet vornehmlich die Therapie mit einer Analgetika und nicht steroidalen Antirheumatika mit den bekannten Kontraindikationen und Risiken [28] sowie auch die intraartikuläre Injektion mit Glukokortikoiden als Standardbehandlung. Problematisch ist hierbei vor allen Dingen auch, dass viele Patienten mit einer Coxarthrose oftmals an einer Vielzahl von Begleiterkrankungen leiden und hierdurch bedingt unterschiedliche Medikamente einnehmen, die eine Kontraindikation für NSAR darstellen. Naturgemäß führt die symptomatische Therapie nicht zu einer Umkehr des degenerativen Abbauprozesses des Gelenkknorpels [17].

Im Endstadium ist die Therapie eine operative im Sinne des Gelenkersatzes. Diese ist indiziert bei Patienten, die trotz konservativer Therapie eine nicht zufriedenstellende Lebensqualität haben. Potenzielle Probleme und Gefahren der Hüftprothese sind Infektion, Thrombose, Lungenembolie, Prothesenlockerung und Dislokation, Gefäß- und Nervenverletzungen. Dennoch hat die Operation des Kunstgelenkersatzes im Bereich der Hüfte bewiesen, dass sie die effektivste operative Therapie auch unter sozioökonomischen Aspekten ist [27]. In Deutschland werden jährlich ca. 219.000 Hüftendoprothesen implantiert [25], und es erfolgen etwa 30.000 Revisionen (mit und ohne Wechsel der Prothesen).

Eine britische Arbeitsgruppe [9] liefert mit einer Metaanalyse eine Basis, um die Haltbarkeit von Hüftprothesen abzuschätzen. Einschlusskriterium für Fallserien war ein durchschnittliches oder medianes Follow-up von mindestens 15 Jahren. Kriterien für eine gute Qualität waren konsekutive Fälle, Verlust von < 20 % im Follow-up, multizentrische Daten und multivariable Analysen. Die Registerdaten stammten aus Australien, Dänemark, Finnland, Neuseeland, Norwegen und Schweden. Aus 44 Fallserien lagen Daten von 13.212 Operationen vor, bei den Registern von 215.676 Implantationen. Die Fallserien ergaben Hüftendoprothesenstandzeiten von 85,7 % für 15 Jahre (95%-Konfidenzintervall [95%-KI] [85,0; 86,5]), 78,8 % der Hüftgelenke hielten 20 Jahre [77,8; 79,7], und 77,6 % hielten 25 Jahre lang [76,0; 79,2]. Aus der gepoolten Analyse der Registerdaten errechnete sich eine Haltbarkeit von 89,4 % für 15 Jahre [89,2; 89,6], von 70,2 % für 20 Jahre [69,7; 70,7] und 57,9 % für 25 Jahre [57,1; 58,7]. Aus diesen Daten ist herzuleiten, dass drei Viertel der Hüftprothesen 15–20 Jahre und mindestens die Hälfte 25 Jahre halten.

Glucocorticoid-Injektionen

Bezüglich der Kortikoid-Injektion im Bereich des Hüftgelenks gibt es nur wenige Studien, die die Kortikoid-Injektion in die Hüfte untersucht haben. Diese Studien variieren auch erheblich im Studiendesign, in der Frequenzselektion und im injizierten Wirkstoff sowie in der Injektionstechnik [2, 11, 15, 19, 20, 23, 32]. Aufgrund der Studienlage muss man jedoch davon ausgehen, dass die intraartikuläre applizierte Kortikoid-Injektion einen kurzzeitigen Therapieerfolg hinsichtlich der Schmerzreduktion ergibt.

Viscosupplementation

Die Viscosupplementation mit intraartikulären Hyaluronsäuregaben hat sich als Behandlung im Rahmen der Osteoarthrose durchaus bewährt [13, 14, 18, 24]. Die Hyaluronsäure gehört zu den wichtigen substanziellen Bestandteilen der gesunden Gelenkflüssigkeit, welche zu einer Verbesserung der Viscosität der Synovialflüssigkeit führt. Sie ist wichtiger Bestandteil der Homöostase der Gelenke und erleichtert den Gleitmechanismus von hyalinem Gelenkknorpel. Daneben hat sie eine protektive Funktion bezüglich der zellulären Matrix des Gelenkknorpels sowohl im Rahmen von In-vitro, aber auch im Rahmen von In-vivo-Studien. Sie reduziert die Produktion und Aktivität von pro-inflamatorischen Mediatoren und Matrix Metalloproteinasen [12, 22].

Die Effektivität der Viscosupplementation im Bereich des Kniegelenks ist in verschiedenen Metaanalysen dokumentiert [13, 14, 24]. Hinsichtlich des Hüftgelenks finden sich hier bisher wenige Untersuchungen. Dies ist u.a. darin bedingt, dass die Applikation der Hyaluronsäure im Bereich des Hüftgelenks aufgrund der anatomischen Situation und der Nähe zu neuromuskulären Strukturen für den wenig erfahrenen Arzt deutliche erschwert ist [1, 3, 4, 18].

Aus diesem Grund empfehlen die meisten Autoren eine bildgestützte Injektion unter Röntgen- oder Ultraschallkontrolle, auch wenn prinzipiell eine landmarkengestützte Injektion möglich ist.

Wu et al. [30] führten eine Metaanalyse der randomisiert kontrollierten Studien zur Frage der Effektivität der Viscosupplementation im Bereich des Hüftgelenks durch. Sie bezogen hierbei die folgenden Datenbanken ein: Medline, Cochrane Systematische Reviews, Cochrane Klinische Studienregister, Embase.

Sie konnten insgesamt 6 Studien identifizieren, welche den Anforderungen genügten. Die gepoolte Effektgröße bezüglich des Schmerz-Scores im Vergleich zur Situation vor der Intervention reichten von –0,72 (95%-Konfidenzintervall; –1,06 bis –0,39; P < 0,05). Die Differenz hinsichtlich der Verbesserung im Lequesne‘s Index, Mc Master University Index (WOMAC) betrug –0,74 (95%-Konfidenzintervall; –1,42 bis –0,51; P < 0,05) und –7,75; 95%-Konfidenzintervall, –14,28 bis –1,21; P < 0,05). Die gepoolte Effektgröße bezüglich der Schmerz-Scores im Vergleich von Hyaluronsäure mit unterschiedlichen Kontrollgruppen betrug 0,03 (95%-Konfidenzintervall; –0,20 bis 0,26; P < 0,05).

Es fand sich kein signifikanter Unterschied der ViscosupplementationApplikation im Bereich der Hüfte und der Kontrollgruppen hinsichtlich der unerwünschten Ereignisse. Die Autoren schlussfolgerten, dass die intraartikuläre Viscosupplementation im Bereich der Hüfte zu signifikanten Schmerzverbesserungen und zu einer Verbesserung der Funktion führen kann.

Generell geht man davon aus, dass die intraartikuläre Hyaluronsäure-Applikation im Bereich der Hüfte zur vergleichbaren Schmerzreduktion führt wie die analgetische Therapie mit nicht steroidalen Antirheumatika, sodass diese orale Schmerzmedikation zunächst im Vordergrund steht. Bei Kontraindikation für nicht steroidale Antirheumatika [28] oder deren fehlende Wirksamkeit stellt die intraartikuläre Viscosupplementation jedoch eine Alternative dar [6, 7, 21].

Sie ist langfristiger wirksam als die Kortikoid-Injektion, die eher einen kurzfristigen Effekt zeigt [4]. Quisgaard et al. [23] zeigen, dass die Viscosupplementation im Bereich der Hüfte nicht sinnvoll ist bei moderater oder schwerwiegender Coxarthrose im Röntgenbild in der Klassifikation nach Kellgren Lawrence. Eine vergleichbare Empfehlung sprechen auch Henrotin et al. [13] aus.

Zur Verwendung von Plättchen-reichem Plasma (PRP) gibt es an der Hüfte keine ausreichenden Daten, um hier Schlussfolgerungen zu erlauben [5, 8].

Interessenkonflikte:

J. Jerosch ist als Referent für Sanofi tätig.

Literatur

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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Jörg Jerosch

Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin

Johanna-Etienne-Krankenhaus

Am Hasenberg 46

41426 Neuss

j.jerosch@ak-neuss.de

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