Originalarbeiten - OUP 11/2013

10-Jahres-Ergebnisse nach der Versorgung mit einer Standard Knie-Endoprothese NexGen CR

S. Mai1

Zusammenfassung: Bei der Behandlung degenerativer Knieveränderungen hat sich der Kniegelenkersatz zu einem üblichen und erfolgreichen Verfahren entwickelt.

In den Jahren 1998–1999 wurden in der Vitos Orthopädischen Klinik Kassel 222 konsekutive, kreuzbanderhaltende, zementierte, primäre Knieendoprothesen der 3. Generation implantiert. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug bei der Operation 71 Jahre, 75 % waren Frauen. Die Daten wurden bis zu 10 Jahren postoperativ gesammelt. 143 Patienten konnten nach 10 Jahren klinisch untersucht werden, 76 waren verstorben, ein Patient wollte an der Studie nicht mehr teilnehmen. Der mittlere Knee Society Score (KSS) betrug präoperativ 26,7, postoperativ 86,8 nach 5 Jahren und 90,8 nach 10 Jahren, der mittlere Knee Function Score (KFS) betrug präoperativ 49,1, postoperativ nach 5 Jahren 72,2, nach 10 Jahren 57.

Die kumulative Überlebensrate mit Endpunkt „revision for any reason“ lag bei 99,1 % nach 10 Jahren. 6 intraoperative Komplikationen sind aufgetreten, 2 Patienten hatten Infektionen, von denen eine einen 2-zeitigen Wechsel nötig machte. Thromboembolische Ereignisse sind bei 7 Patienten aufgetreten, eine Lungenembolie war tödlich. Ein Patient hatte eine Peroneusschwäche. Ein Inlayaustausch war wegen Bandlaxitäten nach wiederholten Stürzen erforderlich.
3 Patienten benötigten einen sekundären Oberflächenersatz der Patella. Bei einem Patienten erfolgte ein Implantatwechsel wegen Schmerzen aufgrund von Patella Maltracking.

Diese Studie zeigt sehr gute Ergebnisse beim primären Kniegelenkersatz mit dem Kreuzband erhaltenden NexGen-Implantat. Unsere Ergebnisse stehen im Einklang mit denen anderer Autoren.

Schlüsselwörter: NexGen-CR, Knieendoprothetik, Arthrose, 10-Jahres-Überlebensrate

 

Zitierweise

Mai S: 10-Jahres-Ergebnisse nach der Versorgung mit einer Standard Knie-Endoprothese NexGen CR
OUP 2013; 11: 541–547. DOI 10.3238/oup.2013.0541–0547

Abstract: Total-Knee-Arthroplasty (TKA) has become a common and successful procedure in the treatment of the degenerative knee.

During the years 1998–1999 the Vitos Orthopaedic Clinic Kassel implanted 222 consecutive cruciate retaining third generation cemented knees as a primary procedure. Patients mean age was 71 years at surgery, 75 % were women. Data were collected up to 10 years postoperatively. 143 patients could be examined clinically after 10 years, 76 had died and one had left the study on his own will. The mean Knee Society Score (KSS) was 26,7 preoperatively, 86,8 5 years and 90,8 10 years postoperatively, the mean Knee Function Score (KFS) was 49,1 preoperatively, 72,2 after 5 years and 10 years postoperatively 57.

Cumulative survival with endpoint “revision for any reason” was 99,1 % at 10 years. 6 intraoperative complications occurred, 2 patients had infections of which one required explantation. Thromboembolic events occurred in 7 patients, one was fatal. One patient had a nerve deficit. One inlay exchange was needed for ligament laxity after repeated falls.
3 patients required secondary resurfacing of the patella. One patient underwent revision for pain due to patellar maltracking.

This study shows very good results with the cruciate retaining NexGen implant for primary TKA in stable knees. Our findings are consistent with those of other authors.

Keywords: NexGen-CR, knee arthroplasty, osteoarthritis, 10 years survival rate

 

Citation

Mai S: NexGen-CR total knee arthroplasty: 10 years clinical results
OUP 2013; 11: 541–547. DOI 10.3238/oup.2013.0541–0547

Einleitung

Die Arthrose ist eine der häufigsten Erkrankungen des Kniegelenks. Sie entsteht durch ein Missverhältnis zwischen der mechanischen Beanspruchung und der individuellen mechanischen Belastbarkeit. Ohne Nachweis einer Grunderkrankung spricht man von einer primären Arthrose, als Folge eines angeborenen oder erworbenen Schadens von einer sekundären Arthrose. Die Behandlung erfolgt zunächst symptomatisch, konservativ, multimodal. Als gelenkerhaltende Eingriffe kommen arthroskopische Knorpelglättungen infrage, bei kleinen Defekten Anbohrungen oder Knorpeltransplantationen oder bei Achsfehlstellungen Korrekturosteotomien. Bei Versagen aller gelenkerhaltenden Maßnahmen ist die Indikation zum Gelenkersatz gegeben.

Seit den ersten Versuchen eines totalen alloplastischen Kniegelenkersatzes durch Themistokles Gluck 1890 wurden viele Implantate entwickelt. Die Verankerung mit Knochenzement auf Acrylbasis, die von Charnley 1960 in die Hüftendoprothetik eingeführt wurde, hat auch in der Knieendoprothetik zu einer wesentlichen Verbesserung geführt und ist inzwischen zu einer sehr erfolgreichen Operation geworden. Die heutigen Implantate, wie auch das in dieser Arbeit untersuchte Modell, sind in der Regel in ein modulares Baukastensystem eingebettet mit Kombinierbarkeit verschiedener einzelner Komponenten, sodass auf die individuelle anatomische Situation eingegangen werden kann. Die Anzahl der verfügbaren Implantate hat erheblich zugenommen. Da ist es eine Herausforderung, das geeignete Implantat auszuwählen.

Zur Beurteilung der Endoprothesen kann auf Registerdaten zurückgegriffen werden. In Deutschland ist das Register allerdings noch im Aufbau. Die Vitos Orthopädische Klinik Kassel führt seit 1989 ein hauseigenes Register und kann inzwischen auf mehr als 10-Jahres-Daten zurückblicken.

Material und Methoden

Das Implantat

Es handelt sich bei dem Implantat um einen Oberflächenersatz. Wenn das hintere Kreuzband noch funktionsfähig ist, besteht die Möglichkeit, dieses zu erhalten. Das NexGen-CR-Knie-System (Fa. Zimmer, Inc.) wurde dafür konzipiert. Es setzt aber voraus, dass das Knie mit einem intakten Seitenbandapparat und der Muskulatur stabilisiert wird. Die Kinematik des Kniegelenks wird berücksichtigt und ein niedriger punktueller Druck auf die einzelnen Komponenten (contact stress) angestrebt.

Um dies zu gewährleisten, sind die Oberschenkelkondylen asymmetrisch geformt. Dadurch werden bei der Beugung der physiologische laterale Rollmechanismus (roll back) im Zusammenspiel mit dem hinteren Kreuzband und in der Streckung die anatomische Schlussrotation (screw home mechanism) unterstützt, sodass beim Gangablauf die natürliche Außenrotation und die dorsale Translation (Roll-Gleit-Mechanismus) imitiert werden. Der größere distale Radius gewährleistet einen besseren Formschluss und damit weniger Abrieb in Streckung, der kleinere dorsale Radius unterstützt die oben erwähnte Rotation und das Dorsalgleiten der Kondylen bei der Beugung. Mediolateral besteht eine absolute Kongruenz, wodurch ebenfalls der Abrieb vermindert wird, da auch bei leichten seitlichen Kippungen bis zu einem Lift-off von 3° ein perfekter Formschluss gewährleistet wird.

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