Übersichtsarbeiten - OUP 11/2012

Aktuelle Aspekte der intraartikulären Therapie der Gonarthrose: Polynukleotide

J. Heisel1, K.K. Förster2

Einleitung: Die primäre, konservative Arthrosetherapie ist auf Schmerzbeseitigung und Funktionsverbesserung ausgerichtet (ggf. auf eine Reduktion der Entzündung) und erfolgt, neben der Beseitigung von Risikofaktoren (wenn möglich), vor allem mittels physikalischer Therapie, dem Einsatz nichtsteroidaler Antirheumatika (oral, topisch), von Kortikosteroiden (intraartikulär, oral), Topika sowie
SADOA wie z.B. i.ac. Hyaluronsäure. Als Alternative hierzu wurde in Italien ein Produkt mit Polynukleotiden entwickelt, dessen klinische Evaluation in Deutschland bezüglich Verträglichkeit und Wirksamkeit hier vorgestellt wird.

Patienten und Methode: Patienten mit leicht- bis mittelgradig symptomatischer Gonarthrose, die mit üblicher, Patienten-adaptierter Standardtherapie behandelt worden waren und bei denen die Indikation für einen zusätzlichen Einsatz intraartikulärer Hyaluronsäure gestellt worden war, wurden alternativ mit intraartikulärem Polynukleotid-Injektionsgel (über 4 Wochen) behandelt und 4 Wochen danach im Hinblick auf Verträglichkeit und Wirksamkeit nachbeobachtet.

Ergebnisse: Abgesehen von einem gelegentlich berichteten temporären leichten Schmerz- und/oder Druckgefühl nach Injektion traten bei insgesamt 8 von 110 einbezogenen und mit 549 Injektionen behandelten Patienten mögliche unerwünschte lokale Ereignisse auf. Ein Patient brach die Therapie nach der 4. Injektion ab (produktunabhängig). Schwerwiegende lokale/systemische Ereignisse wurden nicht berichtet. Aus den erfassten Parametern (Lequesne-Index, VAS, Schmerzmittelverbrauch, Globalurteile von Arzt und Patient) ließ sich eine klinisch relevante Verbesserung der Gonarthrose-Symptomatik bereits nach 3–5 Injektionen des Polynukleotid-Gels ableiten.

Schlussfolgerungen: Zusammenfassend kann aus den Ergebnissen dieser Evaluation abgeleitet werden, dass durch die intraartikuläre Anwendung des Polynukleotid-Injektionsgels ChondroJoint3 eine sehr gut verträgliche und effektive Behandlung der leicht- bis mittelgradig symptomatischen Gonarthrose erzielt werden kann.

Schlüsselwörter: Arthrose des Kniegelenks, Gonarthrose, intraartikuläre Therapie, Hyaluronsäure, Polynukleotide

Background: The primary goal of conservative therapy of osteoarthritis is pain relief and an improved function of the joint (and, if need be, reduction of inflammation). Besides elimination of risk factors (if possible) there are physical therapy, non-steroidal anti-inflammatory drugs (oral or topical), corticosteroids (intra-articular, oral), topical measures as well as SADOAs like intra-articular hyaluronic acid (hyaluronan). As an alternative, a product with polynucleotides hase been developed in Italy. Clinical evaluation in Germany, concerning safety and efficacy, is reported.

Patients and Methods: Patients with mild to moderate symptomatic knee osteoarthritis were treated with patient adapted usual standard therapy. In case of an indication for an additional application of intra-articular hyaluronic acid, patients alternatively received intra-articular polynucleotide gel injections (over a 4 week period). As to safety and efficacy, 4 weeks after treatment patients again were evaluated.

Results: Apart from an occasional mild pain or transient intra-articular pressure, right after injection, out of a total number of 110 patients treated and 549 injections given 8 cases of adverse events occured. One patient abandoned therapy after the 4th injection (not product related). There were no reports of serious local/systemic adverse events. Considering all evaluated parameters (Lequesne-Index, visual analogue scale, VAS, use of analgesics, physician´s and patient´s global assessment of efficacy) there was a significant clinical improvement of knee osteoarthritis symptoms after no more than 3–5 injections of polynucleotide gel.

Conclusion: Summarizing the results of this evaluation, it can be derived that the intra-articular application of polynucleotides injection solution ChondroJoint3 is an extremely safe and effective treatment of mild to moderate symptomatic osteoarthritis of the knee.

Keywords: osteoarthritis of the knee, intra-articular therapy, hyaluronic acid, polynucleotides

Einleitung

Arthrosen (degenerative Gelenkerkrankungen) – primär durch den Verlust des hyalinen Knorpels der synovialen Gelenke charakterisiert – sind in ihrer Ätiologie höchst unterschiedlich und in ihrer Pathogenese (trotz aller wissenschaftlichen Fortschritte) letztlich noch ungeklärt. Sie verlaufen in der Regel langsam progredient und betreffen mit zunehmendem Alter nicht allein die Knorpel-, sondern auch die Knochenstruktur eines oder mehrerer Gelenke mit fortschreitender Gelenkdeformierung [6]. Arthrosen – mit ihrer häufigsten Lokalisation am Kniegelenk (Gonarthrosen) – sind klinisch charakterisiert durch Gelenkschmerz und -empfindlichkeit sowie Bewegungseinschränkung, einen gelegentlichen Gelenkerguss sowie lokale Entzündungsprozesse unterschiedlichen Ausmaßes, die sich aber nicht systemisch manifestieren [9].

Die primäre, konservative Therapie ist auf Schmerzbeseitigung und Funktionsverbesserung ausgerichtet (gegebenenfalls auf eine Reduktion der Entzündung) und erfolgt, neben der Beseitigung von Risikofaktoren (wenn möglich), vor allem mittels physikalischer Therapie, dem Einsatz nichtsteroidaler Antirheumatika (topisch/oral), von Kortikosteroiden (i.ac., oral), Topika sowie SADOA, beispielsweise i.ac. Hyaluronsäure [3, 4].

Als Hyaluronsäure-Alternative wurde in Italien kürzlich die Injektionslösung Condrotide (2 ml) entwickelt. Die Lösung des gut wasserlöslichen Gels enthält je Milliliter 20 mg aus natürlichem Material (Fischsperma, Fischmilch) gewonnene Polynukleotide [8].

Polynukleotide bestehen aus polymer gebundenen Mononukleotiden [2] mit langkettiger Struktur: Zunächst ist eine Base (Purin-, Pyrimidin-Base) an ein Zuckermolekül (aus 5 Kohlenstoffatomen) gebunden, ein Nucleosid, das seinerseits über eine Phosphatgruppe an das nächste Nucleosid gebunden ist (s. Abb. 1).

Die Polynukleotid-Moleküle binden ein Mehrfaches an Wasser, erhalten die Wassermolekül-Organisation im Sinne eines 3D-Netzwerks mit Gel-Charakter, was die Feuchtigkeits- und viskoelastischen Eigenschaften des hyalinen Gelenkknorpels damit moduliert und erhält [7].

Darüber hinaus zeigen erste präklinische Untersuchungen eine positive Beeinflussung vorgeschädigten Knorpelgewebes auf zweierlei Wegen: einerseits wurde ein anti-inflammotorischer Effekt im Mausmodell und an menschlichen Chondrozyten [1] aufgezeigt, andererseits beschrieben Gennero et al. [5] eine regenerierende Wirkung (positive Beeinflussung von Zelldifferenzierung und Matrixbildung) auf humane Knorpelbiopsien bzw. deren Chondrozyten. Diese Effekte lassen somit auf eine Unterstützung physiologischer Reparaturmechanismen des Gelenkknorpels durch die Anwendung von Polynukleotiden schließen.

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