Übersichtsarbeiten - OUP 11/2012

Aktuelle Aspekte der intraartikulären Therapie der Gonarthrose: Polynukleotide

In klinischen Wirksamkeitsstudien [10, 11 u.a.] wurde unter anderem gezeigt, dass intraartikuläre Polynukleotide wirksamer sind als eine Hyaluronsäure-Supplementation und damit eine gut wirksame Alternative in der intraartikulären Gonarthrose-Behandlung darstellen könnten [7, 11].

Patienten und Methode

Die vorliegende klinisch-therapeutische Evaluation in orthopädischen Praxen diente der Abschätzung der lokalen und systemischen Sicherheit bzw. Verträglichkeit sowie der symptomatischen Wirksamkeit des Polynukleotid-Injektionsgels bei intraartikulärer Anwendung bei einer größeren Zahl von Gonarthrosepatienten.

Bei der im Rahmen der Evaluation eingesetzten Ware handelte es sich um das in Italien registrierte Medizinprodukt Condrotide-Injektionsgel. Das Produkt wurde den an der Evaluation interessierten Orthopäden kostenlos zur Verfügung gestellt (je 5 Injektionsampullen pro Patient), das Medizinprodukt per Kurier an die einzelnen Prüfzentren ausgeliefert.

Die Interviews bezüglich der klinischen Erfahrung (Sicherheit/Wirksamkeit) beim intraartikulären Einsatz des Polynukleotid-Injektionsgels bei Gonarthrose-Patienten wurden in orthopädischen Klinikambulanzen bzw. in Praxen niedergelassener Orthopäden durchgeführt, wobei – im Rahmen einer 2-monatigen Evaluation bei Gonarthrose-Patienten – die Verträglichkeit abgefragt bzw. beurteilt wurde sowie die symptomatische Wirksamkeit anhand einiger gängiger Parameter dokumentiert und ausgewertet wurde.

Bei den Patienten sollte eine Arthrose des Kniegelenks mit leichter bis mittelgradiger Symptomatik vorliegen, möglichst ohne entzündliche Aktivität. Dem Arzt musste die vorliegende Gonarthrose bereits bekannt sein, die Patienten sollten für eine Hyaluronsäure-Injektionstherapie vorgesehen sein und – nach Aufklärung – alternativ das Polynukleotid-Injektions-Gel intraartikulär erhalten. Warnhinweise bzw. Angaben zur Kontraindikation sollten sorgfältig abgewogen werden.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 110 Patienten in 11 Zentren evaluiert: Die Patienten erhielten das Polynukleotid-Injektions-Gel 5-mal in wöchentlichen Abständen intraartikulär injiziert, erstmals im Rahmen einer „Screening“-Untersuchung (d.h., bei Indikationsstellung für eine intraartikuläre Gonarthrosetherapie), bei den anschließenden wöchentlichen Untersuchungen (nach einer Woche und nach 2–4 Wochen). 4 Wochen nach der letzten Injektion erfolgte die Abschlussuntersuchung.

Bei dem evaluierten Kollektiv handelte es sich um 62 Patientinnen (56,4 %) sowie um 49 Patienten (43,6 %), die im Mittel 61,7 Jahre alt waren (Tab. 1). Mittleres Alter des Kollektivs, Körpergröße und Körpergewicht finden sich ebenfalls in Tab. 1.

Im evaluierten Kollektiv waren 21 RaucherInnen (19,1 %), 89 Patienten (80,9 %) gaben an, Nichtraucher zu sein. 24 Patienten (21,8 %) betrieben Sport, 86 Patienten (78,2 %) waren sportlich nicht (mehr) aktive Menschen.

Anamnestisch gaben 108 Patienten (98,2 %) an, eine Fischallergie sei bei ihnen unbekannt. Bei 2 Patienten (2,8 %) lag ihren Angaben entsprechend eine Fischallergie vor, die vom behandelnden Arzt jedoch als nicht relevant erachtet wurde.

Spezifische Angaben zu den Arthrosebeschwerden: Die Frage nach einer vorliegenden Gonarthrose wurde bei allen Patienten mit ‚ja‘ beantwortet, auch waren alle Patienten dem jeweils evaluierenden Arzt als Gonarthrose-Patienten bekannt.

Weiterhin gaben 51 Patienten (46,4 %) zur Anamnese an, das linke Knie sei zurzeit das akut betroffene/betroffenere. Entsprechend bezog sich dies bei 59 Patienten (53,6 %) auf das rechte Knie. 54 Patienten (49,1 %) teilten mit, auch andere Gelenke seien mittlerweile von Arthrose betroffen; entsprechend war dies bei 56 Patienten (50,9 %) nicht der Fall. Bezüglich der Dauer der Arthrose des Knies gaben 19 Patienten (17,3 %) an, sie sei ihnen längstens seit einem Jahr bekannt, bei 52 Patienten (47,3 %) lag der Zeitraum zwischen 2 und 5 Jahren, bei 39 Patienten (35,4 %) war bei 5 Jahren und länger.

37 Patienten (33,6 %) gaben bezüglich der akuten Beschwerden eine Dauer von einem Monat oder weniger an, bei 43 Patienten (39,1 %) betrug der Zeitraum mehr als einen Monat bis zu 4 Monaten, bei 30 Patienten (27,3 %) über 4 Monate. Bei 15 Patienten (13,6 %) lag eine aktivierte Gonarthrose vor, die in jedem Fall eine zusätzliche Behandlung mit einem Antiphlogistikum erforderte. 69 Patienten (62,7 %) gaben an, wegen gelegentlicher oder augenblicklich akuter Symptomatik ihrer Gonarthrose bereits vorbehandelt worden zu sein. 52 dieser Patienten (47,3 %) nahmen aktuell Schmerzmittel ein. Dabei handelte es sich um reine Analgetika (z.B. Metamizol) sowie um Diclofenac-Präparate, Ibuprofen oder weitere Analgetika/nichtsteroidale Antiphlogistika.

Bezogen auf die zu evaluierende Verträglichkeit: Von 110 einbezogenen Patienten, die mit insgesamt 549 Injektionen behandelt wurden (ein Patient brach die Therapie nach der 4. Injektion ab, unabhängig von der laufenden Injektions-Therapie) berichteten auf Befragen 32 Patienten über leichte transiente applikationsbedingte lokale Reaktionen („leichtes Drücken im Knie“, „es hat ein wenig geschmerzt“ etc.), die von den behandelnden Ärzten zwar dokumentiert, aber als applikationsbedingt „normal“ und „unbedeutend“ bewertet wurden.

Bei 8 Patienten gingen die Angaben über solcherart banale „unerwünschte lokale Ereignisse“ hinaus: kleines „Hämatom“ post injectionem, Tangierung des Hoffakörpers bei der Applikation, ansonsten Verstärkung der Grunderkrankung bzw. zu frühzeitig einsetzende Wiederbelastung; in keinem Fall eine dem Produkt, vielmehr eine der Applikationstechnik zuzuschreibende Auffälligkeit.

Während der Evaluation wurde darüber hinaus von keinem Patienten ein unerwünschtes systemisches Ereignis berichtet. Auch bei 2 Patienten (m/w) mit „bekannter Fischallergie“ traten keinerlei Auffälligkeiten auf.

Bezogen auf die zu evaluierende Wirksamkeit: Zu Beginn der Evaluation – vor der ersten Injektion –zeigten der Lequesne-Knie-Index (mit 9,4) und die VAS (mit 5,0) ein Ausmaß, das eine leichte bis mittelgradige Symptomatik bereits leicht überstieg. Nach 3–4-wöchiger intraartikulärer Behandlung betrug die Senkung des Lequesne-Index gegenüber dem Ausgangswerten im Mittel 2,8 bis 3,5 Punkte, das bedeutet eine klinisch relevante Reduktion um knapp einen bzw. gut einen Schweregrad (nach Lequesne). Die Veränderungen des Lequesne-Index (Mittelwerte, 95 % Vertrauensbereich) zu den einzelnen Evaluations-Zeitpunkten sind in der nachfolgenden Grafik dargestellt (Abb. 2).

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