Übersichtsarbeiten - OUP 05/2015

Arthroskopie bei der Gonarthrose

Reduktion von arthrosebedingten Beschwerden (Schmerzen, Bewegungseinschränkung)

Verbesserung der gelenkbezogenen Lebensqualität

Zeitspanne (Kaplan-Meyer-Überleben) bis zum kompletten Gelenkversagen, welches eine Endoprothesenversorgung erforderlich macht.

In einem eigenen systematischen Review mit nachfolgender Meta-Analyse haben wir versucht, die Effektivität der „Arthroskopie bei Gonarthrose“ zu überprüfen [21]. Insgesamt wurden 3 randomisiert-prospektive Studien identifiziert, die auch in einem Cochrane-Review abgebildet werden [22].

Die bekannteste Studie von Mosely et al. [18] hat erhebliche methodische Schwächen (keine Definition des Arthrosegrads, keine Beschreibung des arthroskopischen Procedere, statistische Insuffizienz). In der Studie von Kirkley et al. wurden 2-Jahres-Ergebnisse von Arthroskopie und Physiotherapie verglichen [23]. Tendenziell hatten in dieser Studie die Arthroskopie-Patienten ein nicht-signifikantes, aber besseres Outcome. Zudem erhielten diese Patienten in der konservativen Gruppe eine sehr intensive Physiotherapie (vergleichbar mit ca. 3 D1-Behandlungen/Woche), was unter den Bedingungen der Budgetierung für deutsche Patienten undenkbar ist. In einer weiteren prospektiv-randomisierten Studie wurden die 5-Jahres-Ergebnisse von konservativer Behandlung und arthroskopischen Debridement mit eindeutigem Benefit nach Arthroskopie verglichen [24].

In unserer Meta-Analyse wurden jedoch insgesamt 30 Studien aufgenommen, die Ergebnisse nach arthroskopischen Gelenkdebridement bei Gonarthrose darstellten. Dabei zeigten sich nachfolgende Effekte.

Der zeitliche Effekt der arthroskopischen Therapie ist begrenzt. In der Zusammenschau war es jedoch möglich, durch ein arthroskopisches Gelenkdebridement die Zeitspanne bis zu 42,7 Monate (95 % CI 14,5–71,1) bis zum totalen Gelenkversagen (Notwendigkeit der Endoprothese) zu verlängern. Gemessen an den Ergebnissen anderer orthopädischer Behandlungen (Bandersatz, Endoprothesen) erscheint diese Zeitspanne sicherlich kurz. Dennoch bedeutet dieser Zeitgewinn für eine Reihe von Patienten durchaus einen hohen Benefit. Es profitieren jüngere Patienten (Erhalt der weitgehend unlimitierten Arbeitsfähigkeit) genauso wie ältere Patienten mit hohen physischen Ansprüchen an das Gelenk und letzten Endes auch sehr alte Patienten, denen möglicherweise die Implantation eines künstlichen Gelenks gänzlich erspart bleibt.

Bezüglich des klinischen Outcomes konnte gezeigt werden, dass in einem Beobachtungszeitraum von 2–5 Jahren immerhin 66,4 % und in einem Beobachtungszeitraum von 5–8 Jahren noch 41,1 % der Patienten von einem arthroskopischen Gelenkdebridement profitieren. Gemessen an der arthrosebezogenen Lebensqualität (validierte Knie-Scores) betrug der Effekt der Behandlung in der standardisierten Mittelwertdifferenz 2,2 (95 % CI 1,5–3,1); p < 0,001.

Es darf somit als unbestritten gelten, dass mindestens 3/4 der so behandelten Patienten von diesen Maßnahmen über einen gewissen Zeitraum profitieren. Es muss aber in Zukunft versucht werden, denjenigen Patienten, bei denen keine oder kaum eine Chance für einen Benefit aus dem arthroskopischen Vorgehen besteht, primär eine andere Therapieoption zu geben. Überraschend war der Umstand, dass es nur wenige Untersuchungen zu Prediktoren für ein positives oder negatives Outcome bei den arthroskopischen Maßnahmen der Gonarthrosebehandlung gibt.

Steadman et al. [25] and Bernard et al. [26] fanden in ihren Untersuchungen heraus, dass ältere Patienten (> 60 Jahre) eher weniger gute Ergebnisse aufweisen als jüngere Patienten. Mazoochian et al. [27] hingegen konnten zeigen, dass pathologische Varus- oder Valgus-Fehlstellungen (> 12°) mit schlechten Ergebnissen assoziiert sind. Dies verwundert selbstverständlich nicht, stellen solche Patienten ideale Kandidaten für eine mit der Arthroskopie assoziierte Umstellungsosteotomie dar. Ebenso scheinen vor allem sog. „kissing lesions“, also ausgedehnte femorale und gleichzeitige tibiale Defekte und ein ausgeprägter Krepitus eher negative Prediktoren darzustellen. Weiterhin stellt natürlich eine radiologisch schwere Arthrose (> Kellgren-Lawrence Grad II) eine wesentliche Limitation für den Gelenkerhalt dar.

Auch wir mussten in einer früheren retrospektiven Untersuchung feststellen, dass es eine Reihe von Patienten gibt, bei denen die arthroskopische Therapie keinen Effekt hatte [28]. Diesbezüglich haben wir unser eigenes Patientengut kritisch analysiert und in einer Regressionsanalyse eine Reihe von Faktoren ermitteln können, die als potenzielle negative Prediktoren für ein Therapieversagen sprechen (Tab. 3). Durch konsequente Anwendung dieser wesentlich strengeren Indikationsparameter gelang es in einer prospektiven Fallserie, die Rate von Therapieversagern innerhalb eines 5-Jahres-Zeitraumes bei signifikant besserem Ergebnis um die Hälfte zu senken [29]. In dieser Fallserie betrug das mittlere Überleben bis zur notwendigen Revisionsoperation 56,6 (95 % CI 54,4 – 58,4) Jahre.

Zusammenfassung

In geeigneten Fällen ergänzen arthroskopische Prozeduren sehr gut das Behandlungsspektrum bei der Gonarthrose. Für die Indikation zu einer Arthroskopie ist eine subtile Diagnostik der jeweiligen Beschwerden beim Patienten erforderlich sowie die Prüfung, ob diese mit einer intraartikulären, arthroskopisch adressierbaren Pathologie übereinstimmen. Ein generelles, unkritisches „Gelenkdebridement“ ohne Bezug zu den jeweiligen Pathologien ist hingegen wenig Erfolg versprechend.

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Internationalen Committee of Medical Journal Editors besteht.

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. habil. Gunter Spahn

Sophienstraße 16

99817 Eisenach

spahn@pk-eisenach.de

Literatur

1. Hempfling H, Bohndorf K, Roemer F. [Acute, traumatic versus chronic cartilage lesions as terms of a medical expert’s opinion]. Z Orthop.Unfall. 2008; 146: 381–391

2. Niemeyer P, Andereya S, Angele P et al. [Autologous chondrocyte implantation (ACI) for cartilage defects of the knee: a guideline by the working group „Tissue Regeneration“ of the German Society of Orthopaedic Surgery and Traumatology (DGOU)]. Z Orthop.Unfall. 2013; 151: 38–47

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