Originalarbeiten - OUP 04/2013

Arthroskopische Schulterchirurgie – Ergebnisse und Probleme mit bioresorbierbaren Fadenankern

Alle Patienten wurden klinisch nachuntersucht. Zur Beurteilung wurde der Constant Score verwendet, zusätzlich die subjektive Patientenzufriedenheit und das Aktivitätsniveau ermittelt.

Eine selektive Literaturrecherche unter Verwendung der relevanten Stichworte erfolgte in PubMed, MEDLINE und Cochrane für die Jahre 1990–2012.

Ergebnisse

MRT-Befunde

Die Auswertung der MRT-Daten war Untersucher-unabhängig und konsistent. Kein Untersucher konnte einen Anker in seiner ursprünglichen, plastischen Form identifizieren. Alle Patienten wiesen im Bereich der Ankerplatzierung jedoch noch typische Resorptionszeichen auf. Diese ließen sich MR-tomografisch 3 Gruppen zuordnen: Resorptionszeichen kleiner oder größer als der ursprüngliche Ankerdurchmesser (5 mm), sowie mit begleitendem Knochenmarködem (s. Tabelle 1/Abbildung 1). 5 von 20 Patienten (25 %) zeigten eine Reruptur der rekonstruierten Rotatorenmanschette. Die Muskelqualität des M. supraspinatus als Ausdruck einer bestehenden Degeneration bzw. Inaktivitätsatrophie wurde in Anlehnung nach Goutallier beurteilt und zeigte in 90 % der Fälle nur gering bis mittelgradig fettige Infiltrationen gemäß Goutallier Grad I und II, bei 2 Patienten zeigten sich Grad III–IV-Veränderungen.

Klinische Ergebnisse

Nach durchschnittlich 23 Monaten p.o. zeigte die klinische Untersuchung einen mittleren Constant-Score von 94,3 (SD: 8,2). Die präoperativ angegebene Schmerzintensität sank auf der VAS von 7,1 auf 0,7. Kein Patient war zum Untersuchungszeitpunkt auf Schmerzmedikation angewiesen. Eine durchgeführte Federwagenmessung der Kraftentwicklung in 90° Abduktion und 20° Anteversion zeigte im Vergleich zur gesunden, kontralateralen Seite einen durchschnittlichen Kraftverlust von 15,5 % (SD: 19,4). Erwartungsgemäß zeigen die Patienten mit Muskelverfettung Goutallier Grad III–IV deutlich schlechtere Kraftwerte. Patienten mit einer Reruptur hatten mit einem durchschnittlichen Constant Score von 87,4 (SD:13,6) ein – aufgrund der Gruppengröße jedoch nicht signifikant – schlechteres Outcome. Die kernspintomographisch evaluierten Ankerresorptionszeichen haben keinen Einfluss auf die klinischen Ergebnisse. Es wurden keine behandlungsbedürftigen Komplikationen registriert. Eine Verbesserung der Patientenzufriedenheit konnte in allen Fällen erreicht werden. 15 von 20 Patienten konnten ihr angestammtes Aktivitätsniveau wieder erreichen, 5 gaben geringe Einschränkungen in Alltag und sportlicher Aktivität an. Alle Patienten würden sich retrospektiv wieder für ein operatives Vorgehen entscheiden.

Diskussion

Die arthroskopische Rotatorenmanschettenrekonstruktion (RMR) hat sich in den letzten 20 Jahren als Operationsverfahren etabliert. In den USA werden heute insgesamt mehr arthroskopische Rekonstruktionen durchgeführt als offene. Die Anzahl der arthroskopischen Rekonstruktionen nahm dabei zwischen 1996 und 2006 um 600 % zu, offene Verfahren im selben Zeitraum nur um 34 % [17]. Ein Hauptgrund für diese zunehmende Popularität sind sicher die vielfach dokumentierten, exzellenten operativen Ergebnisse [7–9, 18]. Dies bestätigt sich auch in der hier untersuchten Patientengruppe mit einem mittleren Constant-Score von 94,3 (SD: 8,2) 23 Monate p.o. und einem Rückgang der Schmerzen von 7,1 auf 0,7 auf der VAS. Die gemessene Rerupturrate von 25 %, entspricht der Rerupturrate anderer Studien, und es ist bekannt, dass die Rerupturrate sowohl nach offener, als auch arthroskopischer RMR abhängig ist von der ursprünglichen Rupturgröße, dem Grad der fettigen Degeneration, der Sehnenqualität und OP-Technik [7, 8, 19–21]. 90 % der untersuchten Patienten zeigten in der MRT-Beurteilung eine gute Muskelqualität mit nur geringer bis mittelgradiger fettiger Degeneration des M. supraspinatus. Angesichts des Durchschnittsalters des Patientenkollektivs von 64,4 Jahren ist dies erstaunlich und am ehesten mit einer frühen Diagnose und Therapie der Ruptur zu erklären. Dies wirkt sich insgesamt positiv auf das klinische Ergebnis aus, denn andere Studien haben bewiesen, dass die fettige Muskeldegeneration mit einer Reduktion der Kraft und Funktion nach durchgeführter RMR [8, 19, 20, 22] einhergeht.

Es zeigt sich in dieser Untersuchungsreihe kein Zusammenhang zwischen Reruptur und Resorptionsverhalten der verwendeten Anker. Ebenso haben die kernspintomographisch evaluierten Ankerresorptionszeichen keinen Einfluss auf die klinischen Ergebnisse. Einschränkend müssen als Schwäche der durchgeführten Untersuchung klar die fehlende präoperative Constant-Score Erhebung und die kleine Gruppengröße genannt werden, die eine statistische Auswertung limitiert.

Pro durchgeführte Operation wurden im Durchschnitt 1,5 resorbierbare Fadenanker mit einem Durchmesser von 5 mm verwendet. Zum Zeitpunkt der Operation wurde eine gängige sogenannte Single-row-Rekonstruktion durchgeführt [23]. Zwischenzeitlich haben sich neue Techniken, wie beispielsweise die Double-row-Rekonstruktion etabliert [10, 24]. Ob die Verwendung von 4 und mehr Ankern pro Operation Auswirkungen auf die Resorptionsvorgänge im Humeruskopf hat, bleibt abzuwarten.

In welchem Ausmaß die Technik der MRT-Bildgebung (Hochfeld- vs. Niederfeld-System) und die Sequenzwahl die Beurteilung beeinflusst, ist ebenfalls in weiteren Studien zu klären [13, 14, 25]. Die Sequenzwahl in dieser Studie orientierte sich an bereits publizierten Studien zur Ankerbeurteilung am Kniegelenk [26–28]. Häufig werden hier Spinecho T1-gewichtete, Turbo Spinecho T2-gewichtete oder aber auch fettsupprimierte Sequenzen durchgeführt.

Der Einsatz von Fadenankersystemen ist Standard in der modernen Schulterarthroskopie. Außer zur RMR werden sie auch für Stabilisierungseingriffe des Labrums, des Bizepssehnenankers und für Tenodesen der langen Bizepssehne verwendet. Es gibt eine Vielzahl an verschiedenen kommerziellen Ankersystemen [29, 30]. Die heute eingesetzten Anker sind Ergebnis einer regelrechten Revolution von Tacks über Metallanker hin zu bioresorbierbaren Ankern [11]. Aufgrund der bei Metallankern regelmäßig beschriebenen Komplikationen und Einschränkungen hinsichtlich einer p.o. MRT-Untersuchung, haben sich bioresorbierbare Ankersysteme zunehmend etabliert [1, 2, 31]. Am verbreitetsten sind Polymere auf Basis von Poly-L-Lactid-Acid und dessen Derivate, die u.a. mit Hydroxyapatit (PLLA-HA), Beta-Tricalcium-Phosphat (PLLA-beta-TCP) oder einem „D“-Isomer (Poly-L/D-Lactide-Acid) verändert wurden [28, 32]. Ebenso spielen nicht-bioresorbierbare Kunststoffanker aus Polyetheretherketon (PEEK) eine zunehmende Rolle.

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