Originalarbeiten - OUP 04/2013

Arthroskopische Schulterchirurgie – Ergebnisse und Probleme mit bioresorbierbaren Fadenankern

Die Ansprüche an ein optimales, resorbierbares Implantat sind vielschichtig. Es sollte eine stabile initiale Fixation der Weichteile am Knochen gewährleisten. Die Resorptionszeit sollte mindestens so lang sein, wie für die Heilung der Gewebe notwendig, ohne dass es zu einem Stabilitätsverlust kommt. Schließlich muss die Resorption aber auch in überschaubarer Zeit abgeschlossen sein, um zu verhindern, dass Restmaterial sekundär Komplikationen verursachen kann [33]. Es ergibt sich somit eine Reihe an Komplikationsmöglichkeiten.

Häufiger beschrieben sind Ankerfehlplatzierungen sowie dislozierte Anker, die als freie Gelenkkörper eine Synovitis induzieren und Knorpelverletzungen verursachen können [11]. Auffällig häufig beschrieben ist dies bei Anwendung von PLLA-Tacks. Sowohl Freehill et al. als auch Sassmannshausen et al. berichten von zum Teil erheblichen, Implantat-assoziierten Komplikationen in bis zu 19 % der Fälle [34, 35]. Durch die Entwicklung von Schraubankern verbesserte sich die Stabilität und Sicherheit in der Anwendung. Jedoch bringen auch diese Anker Anwender- und Konstruktions-bedingte Fehlerquellen mit sich, worauf Barber bereits 2007 hinwies [4]. Lokale Osteolysen und zystische Resorptionszonen am Glenoid nach SLAP-Refixation oder Labrumrekonstruktion werden von mehreren Autoren in durchaus beachtlichen Fallzahlen berichtet [36–39]. Diese Osteolysen können so ausgeprägt sein, dass sie Glenoidrandfrakturen zur Folge haben können [40]. Der Einsatz von resorbierbaren Ankern am Tuberculum majus zur Rekonstruktion der Rotatorenmanschette scheint im Gegensatz hierzu weniger komplikationsträchtig zu sein als bei Einsatz der Anker am Glenoid. Es sind 2 Einzelfälle von Fremdkörperreaktionen beschrieben [41, 42]. Park et al. dokumentieren einen Fall einer Osteolyse nach Einsatz eines PLLA-Ankers nach RMR [43]. Ebenso berichten Glueck et al. von einem Fall einer ausgedehnten Osteolyse nach RMR bei einem jungen Patienten und Verwendung eines PLDLA-Ankers. Auch Burkhart, einer der Pioniere im Einsatz von PLDLA-Anker, hält diese Komplikationen für außerordentlich selten [44]. Er berichtet von nur 5 registrierten Komplikationen bei 405.550 Ankerimplantationen bis zum Jahr 2005 für den auch in dieser Studie eingesetzten PLDLA-Anker. Verantwortlich macht er mechanische Einflüsse auf den Anker, beispielsweise aufgrund schlechter Knochenqualität. Dhawan et al. haben u.a. Daten der US Food and Drug Administration für das Jahr 2008 ausgewertet [3]. Die Komplikationsrate für in der Schulterregion implantierte, resorbierbare Anker liegt demnach bei 0,00094 %.

Auch die Ergebnisse und Daten des Einsatzes bioresorbierbarer Anker am Kniegelenk bestätigen, wie auch die vorliegende Studie, dass die klinischen Ergebnisse nicht mit dem Signalverhalten der Implantate korrelieren und dass mit bioresorbierbaren Materialien exzellente klinische Ergebnisse erzielt werden können [12, 28, 45–48]. Ma et al. zeigten, dass gute klinische Ergebnisse mit stabiler Schraubenverankerung erreicht werden können, unabhängig vom Resorptionsverhalten der Interferenzschrauben. In dieser Studie wurden 30 Patienten mit Kreuzbandersatzplastik nachuntersucht. Die bioresorbierbaren Poly-L-Lactid-Acid Interferenzschrauben wiesen p.o. sogar nach 2–4 Jahren keine vollständige Resorption auf [46]. Drogset et al. konnte bei einer Nachuntersuchungszeit von 2 Jahren eine durchschnittliche Resorption von 2/3 der PLLA-Interferenzschraube beobachten [45]. Eine vollständige Resorption und knöcherne Durchbauung bei Einsatz eines PLDLA-Implantats konnten Lajtai et al. mit überwiegend sehr guten klinischen Ergebnissen nach 5,2 Jahren bestätigen [49]. Macarini et al. beschreiben eine Mindestzeit für die Resorption von 3 Jahren [28].

Unseres Wissens nach gibt es zur Schulter bislang keine vergleichbaren Langzeitstudien. Diese Studie zeigt, dass eine kernspintomographische Darstellung von bioresorbierbarem PLDLA-Fadenanker in der vom Hersteller angegebenen Resorptionszeit von 18–24 Monate nicht mehr möglich ist, sich jedoch noch Resorptionszeichen in verschiedener Ausprägung zeigen können. Dabei wurden 3 Gruppen von Reaktionen identifiziert. Die Patienten der Gruppe 1 zeigten nur eine geringe Reaktion (kleiner als der ursprüngliche Ankerdurchmesser), bei der 2. Gruppe fanden sich lokale Reaktionen, etwas breiter als die ursprüngliche Ankergröße. Eine 3. Gruppe zeigte ein zusätzliches Knochenmarködem. Keine der Gruppen unterscheidet sich hinsichtlich des klinischen Ergebnisses. Zieht man die Daten zum Kniegelenk in Betracht, dann ist zu schlussfolgern, dass sich auch am Schultergelenk am Ende bzw. nach der vom Hersteller angegebenen Resorptionszeit im MRT noch Resorptionszeichen abgrenzen lassen. Aus vorliegender Studie sowie der aktuellen Literatur ergeben sich jedoch keine Hinweise darauf, dass es sich hierbei um eine relevante Komplikationsquelle mit Einfluss auf das klinische Ergebnis handelt.

Korrespondenzanschrift

Dr. med. Christian Jung

Abteilung Obere Extremitäten

Lengghalde 2

CH-8008 Zürich

christian.jung@kws.ch

Literatur

1. Ozbaydar M, Elhassan B, Warner JJP. The use of anchors in shoulder surgery: a shift from metallic to bioabsorbable anchors. Arthroscopy : The journal of arthroscopic & related surgery: Official publication of the Arthroscopy Association of North America and the International Arthroscopy Association. 2007; 23: 1124–1126.

2. Speer KP, Warren RF. Arthroscopic shoulder stabilization. A role for biodegradable materials. Clinical Orthopaedics and Related Research. 1993; 291: 67–74.

3. Dhawan A, Ghodadra N, Karas V, Salata MJ, Cole BJ. Complications of Bioabsorbable Suture Anchors in the Shoulder. The American Journal of Sports Medicine. 2012; 40: 1424–1430

4. Barber FA. Biodegradable shoulder anchors have unique modes of failure. Arthroscopy: The journal of arthroscopic & related surgery: Official publication of the Arthroscopy Association of North America and the International Arthroscopy Association. 2007; 23: 316–320.

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