Übersichtsarbeiten - OUP 02/2017

Bildgebende Verfahren zur Diagnostik von Muskelverletzungen
Imaging in muscle lesions

Frieder Mauch1, Björn Drews2, Raymond Best3

Zusammenfassung: Muskelverletzungen stellen die häufigste Sportverletzung dar. Die Anamnese und
klinische Untersuchung sind der erste wichtige Schritt in der Diagnostik. Bildgebende Untersuchungen wie Ultraschall und Magnetresonanztomografie (MRT) helfen, die genaue Verletzungslokalisation und das volle Verletzungsausmaß eines strukturellen Schadens zu erkennen, von ultrastrukturellen
Läsionen abzugrenzen sowie die Patienten zu unterscheiden, die ggf. operative Therapien benötigen. Der behandelnde Arzt steht hier im Spitzensport in einem Spannungsfeld zwischen „Return to sport“ und erneuter Verletzung. Umfassendes Wissen wird dem sportmedizinisch tätigen Arzt neben der klinischen Untersuchung insbesondere in der Interpretation der Bildgebung abverlangt, um Ausmaß und Lokalisation der Verletzung für die Therapie und Prognose richtig einzuschätzen. Dieser Artikel soll einen Überblick über die Bildgebung und Klassifikation der Muskelverletzungen geben.

Schlüsselwörter: Muskelverletzungen, MRT, Sonografie

Zitierweise
Mauch F, Drews B, Best R: Bildgebende Verfahren zur Diagnostik von Muskelverletzungen.
OUP 2017; 2: 075–081 DOI 10.3238/oup.2017.0075–0081

Summary: Muscle lesions represent the most common sports injuries. Medical history and clinical investigation are still the first line tools. Ultrasound and MRI are very helpful for identifying the lesion concerning the location and the
extent of the lesion. Differentiation of ultrastructural and structural lesion is one main goal of the imaging. Another main topic should be to discriminate the patients who concern an operative therapy. The doctor needs detailed knowledge to interpretate the imaging, concerning to predict the therapy and the return to sport. This article oulines the
imaging and the classification of muscle lesions.

Keywords: Muscle-Lesions, MRI, ultrasound

Citation
Mauch F, Drews B, Best R: Imaging in muscle lesions.
OUP 2017; 2: 075–081 DOI 10.3238/oup.2017.0075–0081

Einleitung

Muskelverletzungen stellen die häufigste Sportverletzung dar. Die Anamnese und klinische Untersuchung sind die ersten wichtigen Schritte in der Diagnostik [2, 14]. Bildgebende Untersuchungen wie Ultraschall und Magnetresonanztomografie (MRT) helfen, die genaue Verletzungslokalisation und das volle Verletzungsausmaß eines strukturellen Schadens zu erkennen, von ultrastrukturellen Läsionen abzugrenzen sowie die Patienten zu unterscheiden, die ggf. operative Therapien benötigen [13, 15, 17]. Der behandelnde Arzt steht hier nicht nur im Spitzensport in einem Spannungsfeld zwischen „Return to sport“ und erneuter Verletzung. Umfassendes Wissen wird dem sportmedizinisch tätigen Arzt neben der klinischen Untersuchung insbesondere in der Interpretation der Bildgebung abverlangt, um Ausmaß und Lokalisation der Verletzung für die Therapie und Prognose richtig einzuschätzen. Dieser Artikel soll einen Überblick über die Bildgebung und Klassifikation der Muskelverletzungen geben.

Die 4 großen Muskelgruppen (Hamstrings, Adduktoren, Gastrocnemius und die Kniestrecker) stehen im Mittelpunkt der Behandlung [10, 18]. Meist sind es akute Verletzungen, die durch exzentrische Krafteinwirkungen entstehen, die 1,5 bis 1,9-mal höher sein können als die konzentrische Krafteinwirkung [12]. Hierdurch entstehen indirekte Muskelverletzungen unterschiedlichen Ausmaßes vor allem am Muskel-Sehnen-Übergang. Diese müssen, vor allem auch im Hinblick auf die Prognose von der akuten Kontusion unterschieden werden. Im zeitlichen Verlauf lassen sich bei der Muskelverletzung die akuten von chronischen bzw. Rezidiv-Verletzungen unterscheiden.

Muskelverletzung die
häufigste Sportverletzung

Die meisten Muskelverletzungen sind indirekte Partialrupturen (Minor) und heilen ohne Narbenbildung aus. Hierbei handelt es sich um Verletzungen, die ohne direktes Trauma einen nur geringen strukturellen Schaden hervorrufen. Die höhergradige Muskelverletzung heilt im Sinne eines reparativen Prozesses mit Ausbildung einer mehr oder weniger stark ausgebildeten Narbe [12].

Klinik und Ultraschall

Die Diagnose der Muskelverletzung beginnt mit einer genauen Anamneseerhebung des Traumas, gefolgt von einer exakten klinischen Untersuchung, einschließlich Inspektion und Palpation. Die Funktionsdiagnostik steht am Ende [2, 12]. Der frühe Einsatz der Sonografie kann schnell und ohne großen Aufwand den möglichen strukturellen Schaden erfassen und stellt eine gute funktionelle Untersuchungsmethode dar (Abb. 1) [21]. Superfaziale Strukturen und dynamische Untersuchung sind hiermit sehr gut durchführbar. Bei Verwendung eines hochfrequenten Schallkopfs ist es möglich, das Sekundärbündel als kleinste anatomische Einheit darzustellen [16]. Nach einer Verletzung stellt sich die Läsion korrelierend zur Muskelheilung in den verschiedenen Phasen ebenfalls unterschiedlich dar. Somit ist darauf zu achten, zu welchem Zeitpunkt der US durchgeführt wird, um die Befunde korrekt zu deuten. Neben der Untersucherabhängigkeit stellen gewisse anatomische Regionen (proximaler Gastrocnemius, proximale Hamstring-Gruppe ...) bzw. die genaue Darstellung der Differenzialdiagnosen einen Nachteil der Sonografie dar [7].

Einsatz der Sonografie zur Darstellung der Verletzung im Freizeitsport in den
meisten Fällen ausreichend

Klassifikationen

Wichtiges Ziel der Diagnostik einschließlich Bildgebung ist es, die strukturelle Verletzung von der ultrastrukturellen Störung zu unterscheiden und somit eine möglichst exakte Klassifikation zu erhalten. Ausfallzeiten mit Rückkehr zum Sport können zeitgenauer prognostiziert werden. Klassifikationen sind dann sinnvoll, wenn sie in der Praxis eingesetzt werden und eine therapeutische Konsequenz aufweisen.

Unterschiedliche Klassifikationen sind in der Literatur veröffentlicht. Klinische Klassifikationen mit 3 Graden sind weit verbreitet. Milde Formen stellen hier Grad-I-Verletzungen dar mit nur geringem strukturellem Schaden, geringer Schwellung und wenig Schmerzen, begleitet mit geringem Kraftverlust und Bewegungseinschränkung. Grad II sind moderate Verletzungen mit größerem strukturellen Schaden und deutlichem Funktionsverlust, während eine komplette Ruptur des Muskels einen Grad-III-Schaden darstellt [12]. Die am weitesten verbreitete Klassifikation des sonografisch nachgewiesenen Ausmaßes ist die von Peetrons 2002 [21] (Tab. 1).

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