Übersichtsarbeiten - OUP 03/2023

Degenerative zervikale Myelopathie
Pathogenese, Bildgebung und Therapie

Bei einer kyphotischen Fehlstellung und kurzstreckiger Kompression eher von ventral kommt eine ventrale Fusion in Betracht, ggf. auch eine Koprorektomie. Eine dorsale Dekompression und Fusion kommt bei einer langstreckigen Kompression in Frage [36].

Es existieren auch eine Reihe von patientenbezogenen Faktoren, die das Ergebnis einer Operation beeinflussen können [40]. Patientinnen und Patienten mit einem Diabetes haben initial schon einen schlechteren mJOA-Score und eine höhere Komplikationsrate und eine längere Erholungsphase nach einer OP. Die Verbesserung der neurologischen Symptome ist abhängig vom Alter der Patientinnen und Patienten. Ab einem Alter von 60 oder 65 Jahren werden schlechtere Ergebnisse berichtet. Auch Raucher haben schlechtere Ergebnisse und häufiger Komplikationen. Auch psychische Erkrankungen (Depression, Angsterkrankungen, bipolare Störungen) beeinflussen das Ergebnis einer Operation negativ. Patientinnen und Patienten mit einem erhöhten Body Mass Index hatten häufiger Begleiterkrankungen und vermehrt Komplikationen. Ein geringerer Durchmesser des Rückenmarks im MRT und ein helles T2-Signal oder ein T2-Signal über mehrere Segmente ist ein negativer Prädiktor. Je länger Symptome einer Myelopathie vorliegen, desto eher entstehen irreversible Veränderungen am Myelon.

Interessenkonflikte:

Keine angegeben

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf: www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Stephan Klessinger

Facharzt für Neurochirurgie

Neurochirurgie Biberach

Eichendorffweg 5

88400 Biberach

Fragen zum CME-Artikel:

1. Wie viele Menschen benötigen pro Jahr einen chirurgischen Eingriff auf Grund
einer degenerativen zervikalen Myelopathie (DZM)?

1,6/100.000

1,3/100.000

0,6/100.000

1,9/100.000

0,9/100.000

2. Welcher Faktor spielt in der Pathogenese der DZM keine Rolle?

neurovaskuläre Veränderungen

Segmentinstabilität

Mikrotraumen

Vermehrung der Endothelzellen im Rückenmark

Demyelinisierung

3. Welche Kombination von Symptomen passt am besten zu einer DZM?

Brachialgien mit radikulärer Symptomatik, mit schlaffer Paraparese der Beine

Reflexabschwächung in Armen und Beinen

Sensibilitätsstörung einer Hand, Feinmotorikstörung und spastisches Gangbild

Sensibilitätsstörungen in Armen und Beinen mit fehlenden Pyramidenbahnzeichen

Nackenschmerzen und negatives Hoffmann’s Zeichen

4. Der modifizierte Japanese Orthopedic Assocoation (mJAO) Score dient zur...

Einschätzung der mechanischen Kompression des Rückenmarks

Abschätzung der psycho-sozialen Belastung

Planung der physiotherapeutischen Maßnahmen

Messung der Intensität des T2-Signals im MRT

Beurteilung des Schweregrades der Myelopathie

5. Welche Aussage zur DZM ist richtig?

16 Punkte im mJAO-Score entsprechen einer schweren Myelopathie.

Werden positive Pyramidenbahnzeichen festgestellt, kann eine DZM ausgeschlossen werden.

Genetische Erkrankungen spielen keine Rolle bei einer DZM.

Die Hyperintensität im T2-gewichteten MRT-Bild entspricht einem Ödem oder einer Gliose.

Eine OP wird nur durchgeführt, um eine Progredienz der Symptome zu verhindern. Eine Verbesserung der Symptomatik ist nicht zu erwarten.

6. Welche Aussage zur Bildgebung bei einer DZM ist richtig?

Ein hyperintenses Signal im Rückenmark in der T2-Wichtung hat eine hohe Sensitivität.

Die Kernspintomographie ist die Standarddiagnostik.

Für die Anfertigung konventioneller Röntgenbilder existiert keine Indikation.

Mindestens 40 % der Patientinnen und Patienten mit einer im MRT-sichtbaren Rückenmarkskompression sind asymptomatisch.

Neue Techniken wie z.B. Diffusion Tensor Imaging sind für die Diagnose ungeeignet.

7. Welche Aussage trifft für den Spontanverlauf der Erkrankung zu?

Ca. 20 % der asymptomatischen Patientinnen und Patienten werden erwartungsgemäß innerhalb eines Jahres klinische Symptome entwickeln.

Bei den meisten Patientinnen und Patienten muss im Verlauf von wenigen Jahren nicht mit einer Verschlechterung gerechnet werden.

Es ist auf jeden Fall sinnvoll, für ein paar Jahre den Spontanverlauf abzuwarten, bevor die Entscheidung für eine Operation getroffen wird.

Eine erkennbare Instabilität führt zu einer schlechteren Prognose.

Daten über den Spontanverlauf existieren nicht, da jede Patientin/jeder Patient mit einer Myelopathie operiert wird.

8. Welche Aussage zur konservativen Therapie einer DZM ist nicht richtig?

Eine konservative Therapie kommt vor allem bei einer Ataxie in Frage.

Physiotherapie und Medikamente können Bestandteil einer konservativen Therapie sein.

Regelmäßige elektrophysiologische Untersuchungen können im Verlauf einer konservativen Therapie sinnvoll sein.

Das Sturzrisiko ist bei der Therapieplanung zu berücksichtigen.

Die Entscheidung über eine konservative oder operative Therapie ist individuell.

9. Welche Aussage zur Operation bei einer DZM trifft zu?

Die Evidenz besagt, dass bei einer milden Myelopathie nicht operiert werden sollte.

Bei einer schweren Myelopathie kann nach einer operativen Dekompression mit einer durchschnittlichen Verbesserung um ca. 5 Punkte im mJAO-Score gerechnet werden.

Bei einer moderaten Myelopathie wird durch die OP lediglich eine Verschlechterung verhindert, eine Verbesserung der Symptomatik ist nicht zu erwarten.

Sobald eine Myelopathie festgestellt wurde, sollte unabhängig vom Schweregrad operiert werden.

Es existieren keine Studien zu OP-Ergebnissen bei milder Myelopathie.

10. Welche Aussage zur Operationstechnik bei einer DZM trifft nicht zu?

Es kommen ventrale und dorsale Zugänge in Frage.

Wesentliches Operationsziel ist eine Dekompression des Spinalkanals, häufig wird zusätzlich eine Fusion oder Osteosynthese durchgeführt.

Die Ergebnisse bei einem dorsalen Zugang sind generell besser als bei einem ventralen Zugang.

Eine randomisierte, kontrollierte Studie fand keine wesentlichen Unterschiede im Vergleich zwischen ventralen und dorsalen Operationen.

Diabetes, Rauchen und Übergewicht können das Operationsergebnis negativ beeinflussen.

Die Teilnahme an der CME-Fortbildung ist nur online möglich auf der Website www.online-oup.de.

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