Übersichtsarbeiten - OUP 03/2017

Die Nutzung des thermodesinfizierten gefrierkonservierten Femurkopfs als Allograft
Kostenanalyse und Darstellung im DRG-SystemCost analysis and relevance in the DRG-system

Im zweiten der Teil dieser Arbeit wurde der Einsatz von allogenem Knochen im Hinblick auf das Kosten-Erlös-Verhältnis im DRG-System untersucht und mit alternativen Möglichkeiten verglichen. Zudem erfolgt ein Vergleich zum Kosten-Erlös-Verhältnis im Jahr 2012.

Ergebnisse

In unserer Klinik werden jährlich etwa 50–60 Femurköpfe von freiwilligen Spendern aus Hüfttotalendoprothesen-Primärimplantationen für unsere Knochenbank aufgearbeitet und eingefroren. Die sichere sterile Aufarbeitung und Thermodesinfektion des Fremdknochens ist ebenso wichtig wie die sorgfältige Spenderauswahl. Diese erfolgt während der präoperativen Vorbereitung der Patienten. Hierbei werden Spender mit jeglicher Art von Infektion, Tumoren, einer immunsupprimierenden Medikation oder psychischen Erkrankungen ausgeschlossen. Desweiteren werden Patienten aus Risikogebieten für infektiöse Krankheiten oder Patienten, die Kontakt zu solchen Risikogruppen haben, ausgeschlossen, ebenso wie Patienten, die vor kurzem einen operativen Eingriff hatten und/oder einen Lebendimpfstoff erhalten haben. Eine Altersbegrenzung von 76 Jahren wurde vor einigen Jahren aufgehoben.

Die Vorbereitung der Hüftkopfspende erfolgt nach Kontrolle der Ausschlusskriterien mit Einwilligung des Spenders [15, 16]. Zur Aufbereitung des Hüftkopfs wird das Marburger Knochenbanksystem genutzt. Hierbei wird der Femurkopf zunächst mittels Luer oder einer konkaven Rundfräse entknorpelt und im Anschluss direkt in das Aufbereitungs- und Transportgefäß gegeben. Nach Auffüllen des Aufbereitungsgefäßes mit Ringer-Lösung erfolgt die Thermodesinfektion im Inkubator der Firma Telos. Es handelt sich dabei um ein rein thermisches Desinfektionsverfahren. Nach dessen Abschluss wird das Desinfektionsprotokoll des Geräts überprüft und – soweit keine Beanstandungen bestehen – wird das Knochentransplantat dann mit dem Aufbereitungsgefäß ins Transportgefäß gegeben und dann bei –80 °C eingefroren [16]. Bei dieser Temperatur kann das Knochentransplantat für 5 Jahre aufbewahrt werden. Parallel zur Hüftkopfentnahme wird dem Patienten intraoperativ auch Blut entnommen zur Untersuchung der Hepatitis- und HIV-Serologie sowie zur Bestimmung des Lues-Titers.

Bei der Aufarbeitung des Hüftkopfs kommen folgende Verbrauchsmaterialien zum Einsatz: Aufbereitungs-/Transportgefäß, 500 ml Ringer-Lösung, ein aerobes und ein anaerobes Blutkulturfläschchen, Dokumentationsbogen sowie Kleinteile wie Kanülen, Spritze und Serummonovette. Der größte Kostenfaktor ist hierbei das Aufbereitungs-/Transportgefäß mit 95 Euro. Den nächstgrößten Kostenpunkt stellen die Personalkosten dar mit 28 Euro für ärztliches Personal und 22 Euro für Pflegepersonal. Weitere allgemeine jährliche Kosten sind Wartungskosten für den Inkubator, Strom- und Wartungskosten für den Tiefkühlschrank sowie Kosten für Inspektion durch die zuständige Bezirksregierung (Tab. 1). Somit betragen die Kosten für einen hauseigen hergestellten allogenen Femurkopf 212,55 Euro.

Die Kosten für industriell hergestellte Knochenersatzstoffe sind in Tabelle 2 aufgeführt. Die Kosten für die Knochenersatzstoffe liegen deutlich über dem selbst hergestellten allogenen Femurkopf. Die Analyse der Kosten-Erlös-Relevanz hinsichtlich des Einsatzes von allogenem Knochen zeigt heterogene Ergebnisse. Zudem zeigen sich Veränderungen im Vergleich zum Jahr 2012.

Im Folgenden sind einige Beispiele für den Erlöseffekt von allogenen Knochen dargestellt. Die Berechnung erfolgte mit dem online-verfügbaren DRG-Grouper der Universität Münster (www.drg.uni-muenster.de). Der Basisfallwert beträgt 3311,98 Euro. Die berechneten Werte werden zum Teil mit anderen Formen des Knochenersatzes verglichen. Die Vergleichszahlen aus dem Jahr 2012 basieren auf der Publikation von Boos et al. [19].

Während 2012 die Verwendung von allogenem Knochen beim HTEP-Wechsel noch einen deutlichen Mehrerlös verursacht hat, ist dies 2016 durch die alleinige Verwendung von allogenen Knochen nicht mehr der Fall. Dies spiegelt sich auch in der Codebeschreibung wieder. „Mit allogener Knochentransplantation“ ist in der Beschreibung von I46 A 2016 nicht mehr enthalten (Tab. 3–4).

Ebenso wie 2012 wirkt die Verwendung von allogenen Knochen bei der Primärimplantation einer Hüft-TEP erlössteigernd. Hier muss jedoch beachtet werden, dass eine adäquate Begründung dokumentiert und ggf. mitkodiert wird (z.B. ausgeprägter Pfannendefekt/Pfannendachplastik). Hier ist die Situation ähnlich wie beim HTEP Wechsel. „Mit allogener Knochentransplantation“ ist in der Beschreibung von 2016, I09 C nicht mehr enthalten (Tab. 5).

Auch hier triggert die alleinige Verwendung von allogenem Knochen nicht mehr. Gleiches gilt für die Verwendung von autogenen Knochen. Sollte jedoch (z.B. bei einem großen Defekt) allogener Knochen und keramisches Knochenersatzmaterial verwendet werden, triggert dies die I08 E mit einem Relativgewicht von 2,441 (8084 Euro) (Tab. 6).

Auch 2012 hatte die Verwendung von allogenem Knochen beim Knie-TEP Wechsel keinen erlössteigernden Effekt (Tab. 7).

Ähnlich wie 2012 wirkt sich die Verwendung von allogenem Knochen etwas erlössteigernd aus (unter Berücksichtigung der Produktions- oder gar Einkaufskosten ist dies jedoch wirtschaftlich nur bedingt attraktiv). Interessanterweise hat die Verwendung von autogenem Knochen oder keramischem Knochenersatz keinen DRG-relevanten Effekt. Die Verwendung von allogenem Knochen und keramischem Knochenersatzmaterial bewirkt wiederum eine deutliche Erlössteigerung. Dieses Szenario dürfte jedoch medizinisch eher selten erforderlich sein (Tab. 8).

Auch hier triggert die alleinige Verwendung von allogenem Knochen nicht mehr. Gleiches gilt für die Verwendung von autogenen Knochen. Sollte jedoch (z.B. bei einem großen Defekt) allogener Knochen und keramisches Knochenersatzmaterial verwendet werden, triggert dies die I08 E mit einem Relativgewicht von 2,441 (8084 Euro) (Tab. 9).

Am Humerus wirkt die Verwendung von allogener Spongiosa im Gegensatz zum Femur erlössteigernd. Interessant ist hier der ausgeprägte Effekt bei Einsatz von keramischem Knochenersatzmaterial (Tab. 10).

Bei Pseudarthrosen am Fuß ist die Verwendung von allogenem Knochen weiterhin erlössteigernd (Tab. 11).

Bei der Tibiakopffraktur kann die Wahl des verwendeten Ersatzmaterials massive Konsequenzen beim Erlös haben. Die alleinige Osteosynthese mittels Platte erbringt den gleichen Erlös wie eine Platte und Anlagerung von autogener Spongiosa. Keramischer Knochenersatz wirkt etwas erlössteigernd. Allogener Knochen wirkt deutliche erlössteigernd (Dies wird wohl auch eher bei kostenintensiven, komplexen Frakturen eingesetzt). Interessanterweise hat das Einbringen eines autogenen Beckenkammspans den gleichen Erlöseffekt wie der allogene Knochen (Tab. 12).

Diskussion

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