Übersichtsarbeiten - OUP 03/2017

Die Nutzung des thermodesinfizierten gefrierkonservierten Femurkopfs als Allograft
Kostenanalyse und Darstellung im DRG-SystemCost analysis and relevance in the DRG-system

Bei anhaltendem Bedarfsanstieg von Knochentransplantationen bietet der Allograft aus der eigenen Knochenbank eine gute Alternative zum autogenen Transplantat sowie zu den verschiedenen Knochenersatzmaterialen. Neben den hohen Ansprüchen zum Führen einer solchen Knochenbank stellt sich auch die Frage nach deren Wirtschaftlichkeit. Wir verwenden in unserer Klinik das gut etablierte und validierte Marburger Knochenbanksystem [14, 15, 16]. Die durch uns kalkulierten Produktionskosten zur Herstellung eines Femurkopf-Allografts decken sich mit den Aussagen anderer Betreiber von lokalen Knochenbanken [17, 18].

Unsere Arbeit zeigt, dass die Kosten eines hauseigenen allogenen Knochens deutlich unter dem kommerziell angebotenen Knochen sowie den industriell hergestellten Knochenersatzmaterialien liegen.

Ein kommerziell angebotener thermodesinfizierter und gefrierkonservierter Femurkopf kostet ca. 800 Euro. Somit ist der in unserem Haus selbst hergestellte allogene Knochen mit 212,55 Euro um etwa den Faktor 3,8 günstiger.

Diese Kosten können natürlich von Klinik zu Klinik variieren aufgrund der verschiedenen Kostenfaktoren, wie vor allem Personal, je nach geltendem Tarif und allgemeinen jährlichen Betriebskosten für die Knochenbank. Bei unserer Kalkulation wurde der Tarif AVRc zugrunde gelegt. Unsere allgemeinen jährlichen Betriebskosten entsprechen einer Knochenbank, die allen aktuellen Anforderungen entspricht.

Im Vergleich zum Jahr 2012 zeigen sich Änderungen in der Kosten-Erlös-Relevanz beim Einsatz von allogenem Knochen. Während 2012 die Verwendung von allogenen Knochen beim HTEP Wechsel, bei degenerativen Wirbelsäulenoperationen sowie Tumoren und Pseudarthrosen am Femur noch einen deutlichen Mehrerlös verursacht hat, ist dies 2016 durch die alleinige Verwendung von allogenem Knochen nicht mehr der Fall. „Mit allogener Knochentransplantation“ ist 2016 in den Codebeschreibungen nicht mehr enthalten. Jedoch zeigt sich hier eine Erlössteigerung durch den gleichzeitigen Einsatz von allogenem Knochen und keramischem Knochenersatzmaterial. Ähnlich ist es bei der tibialen Umstellungosteotomie. Wie bereits 2012 bewirkt der Einsatz von allogenem Knochen bei der Hüft-TEP-Primärimplantation sowie bei Pseudarthrosen am Fuß eine Erlössteigerung. Interessant ist der deutlich erlössteigernde Effekt des Einsatzes von allogenem Knochen bei der Versorgung von Tibiakopf-Frakturen sowie der alleinige Einsatz von keramischem Knochenersatzmaterial am Humerus, der hier sogar größer ist als der des allogenen Knochens. Beim Knie-TEP-Wechsel bewirkt die Verwendung von allogenem Knochen nach wie vor keine Erlössteigerung.

Trotz einiger Änderungen im DRG-System im Vergleich zu 2012 besteht nach wie vor ein breites Spektrum an operativen Eingriffen, bei denen der Einsatz von allogenem Knochen zu einer deutlichen Erlössteigerung führt, auch wenn dieser heutzutage in einigen Fällen mit keramischen Knochenersatzstoffen kombiniert werden muss. Eine klare Systematik im DRG-System lässt sich dabei aber weiterhin nicht nachvollziehen.

Fazit und klinische Relevanz

Im Hinblick auf den steigenden Bedarf für allogene Knochentransplantationen, vor allem in der Revisionsendoprothetik, ist das Führen einer hauseigenen Knochenbank weiterhin lohnenswert. Hierbei liegen die Vorteile in der kostengünstigen Herstellung von allogenem Knochen im Vergleich zu kommerziell angebotenem Knochen bzw. Knochenersatzstoffen sowie bei der Planungsflexibilität für Eingriffe, bei denen eine Knochentransplantation notwendig ist.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Joerg Jerosch

Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin

Johanna-Etienne-Krankenhaus

Am Hasenberg 46, 41462 Neuss

j.jerosch@ak-neuss.de

Literatur

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12. Pruss A, Knaepler H, Katthagen BD, Frommelt L: Auswirkungen der EU-Richtlinie 2004/23/EG auf deutsche Knochenbanken. Orthopäde 2005; 34: 1160–1168

13. Pruss A, Kao M, von Garrel T et al.: Virus inactivation in bone tissue transplants (femoral heads) by moist heat with the „Marburg bone bank system“. Biologicals 2003; 31: 75–82

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