Übersichtsarbeiten - OUP 10/2017

Die stadiengerechte operative Therapie der rheumatischen Handgelenkinstabilität

Ralph Gaulke1

Zusammenfassung: Der Instabilität des rheumatischen Handgelenks liegen ligamentäre und/oder knöcherne Destruktionen zugrunde. Bei vorwiegend ligamentärer Ursache kann die Stabilisierung des Handgelenks nach totaler Synovialektomie durch eine Strecksehnentransposition erfolgen. Bei fixierten (Sub-)luxationen hingegen zeigen Teilversteifungen bzgl. der Reposition und Retention bessere Ergebnisse. So lange wie möglich sollte eine komplette Versteifung des Handgelenks vermieden werden, um möglichst viel Beweglichkeit bei häufig polyartikulärer Bewegungseinschränkung zu erhalten. Das Ziel ist der Erhalt der selbstständigen Lebensführung des Patienten. Das distale Radioulnargelenk ist für die stabile Aufhängung des distalen Radius an der Ulna von großer Bedeutung. Dennoch ist die Resektion des Ulnaköpfchens in vielen Fällen notwendig, um die Unterarmdrehfähigkeit wiederherzustellen. Sollte sich in der Folge eine schmerzhafte Instabilität entwickeln, so stellt die gekoppelte Prothese des distalen Radioulnargelenks eine gute Option zur Verbesserung der Handfunktion dar.

Schlüsselwörter: radiolunäre Arthrodese, radioskapholunäre Arthrodese, Handgelenkarthrodese, rheumatisches Handgelenk, Prothese distales Radioulnargelenk

Zitierweise
Gaulke R: Die stadiengerechte operative Therapie der rheumatischen Handgelenkinstabilität.
OUP 2017; 10: 484–490 DOI 10.3238/oup.2017.0484–0490

Summary: Instabilities of the wrist in patients with rheumatoid arthritis may be caused by ligamental insufficience and/or bony destruction. In cases of isolated flexible ligamental failure an extensor tendon transposition after total synovialectomy of the radio- and midcarpal joints increases stability and preserves ROM. If a partial or complete radiocarpal luxation is irreducible, partial wrist fusion is needed for satisfying results. Total wrist fusion should be avoided as long as possible, because rheumatoid patients suffer from multiple joint restrictions. Therefore every degree of ROM is of high functional value. The distal radioulnar joint is essential for the stabilization of the distal radius at the ulna. Nevertheless, resection of the ulna head is still the gold standard to restore forearm rotation. In cases of persisting pain following ulna head resection constrained alloarthroplasty of the DRUJ leads to good midterm results.

Keywords: radiolunate arthrodesis, radioscapholunate arthrodesis, total wrist fusion, rheumatoid wrist, alloarthroplasty distal radioulnar joint

Citation
Gaulke R: Wrist surgery in rheumatoid arthritis.
OUP 2017; 10: 484–490 DOI 10.3238/oup.2017.0484–0490

Einleitung

Pathobiomechanik des rheumatischen Handgelenks

Bei rheumatischer Synovialitis arrodiert das entzündliche Granulationsgewebe (Pannus) den Knochen an der ungeschützten sehr dünnen Kortikalis zwischen der knorpelüberzogenen Gelenkfläche und dem Kapselansatz. Am Handgelenk geschieht dies typischerweise dorsal und palmar der Eminentia interfovealis. Diese intraossären Synovialhernien sind so häufig und typisch lokalisiert, dass sie sogar einen Eigennahmen tragen: Mannerfelt-Zyste [13]. Durch den chronischen Erguss und den Platzbedarf des synovialen Granulationsgewebes wird die Gelenkkapsel gedehnt und im Verlauf durchwandert, sodass Synovialhernien entstehen, welche in die das Handgelenk umgebenden Sehnenscheiden einbrechen und dann auch Sehnen schädigen können. Die so geschwächten oder destruierten radio-, ulno- und interkarpalen Bänder können die Dislokation des Karpus entlang der Neigung der distalen Radiusgelenkfläche nach ulnar und palmar nicht mehr aufhalten [4, 5, 14].

Da die Muskeln des Unterarms und der Hand an den Mittelhandknochen und Phalangen, nicht aber an den Handwurzelknochen ansetzen bzw. entspringen, können Fehlstellungen der Handwurzelknochen muskulär nur indirekt und sehr eingeschränkt kompensiert werden.

Die Destabilisierung betrifft vor allem die bereits physiologisch sehr beweglichen Gelenke um das Skaphoid sowohl skapholunär (SL), skaphotrapeziotrapezoideal (STT) als auch radiokarpal [5].

Da der Rezessus ulnaris des Radiokarpalgelenks nur durch eine sehr dünne synoviale Schicht, nicht aber durch eine Kapsel von der Extensor carpi ulnaris (ECU)-Sehnenscheide getrennt ist, findet die radiokarpale Arthritis sehr schnell Anschluss an diese [7, 9]. Die Sehnenscheide bietet dem wachsenden Pannus und dem begleitenden Flüssigkeitsdruck aufgrund ihrer (gegenüber der Handgelenkkapsel) dünneren und weicheren Wand deutlich weniger Widerstand.

Die Schwellung der ECU-Sehnenscheide ist häufig das erste klinische Zeichen der rheumatischen Handgelenkarthritis, auch wenn die Synovialitis nur sehr selten dort beginnt. Der Muskulus extensor carpi ulnaris wirkt mechanisch der radiokarpalen Instabilität sowohl in ulnarer Richtung, als auch nach palmar entgegen, da er das ulnare Handgelenk über dem Ulnaköpfchen zentriert. Die synovialitisch geweitete und ausgedünnte ECU-Sehnenscheide kann die ECU-Sehne im ulnaren Gleitlager am Ulnaköpfchen nicht halten, sodass letztere, von der Handwurzel gezogen, nach palmar abgleitet. Durch die veränderte Zugrichtung wird der ECU zum Handgelenkbeuger und verstärkt so die palmare Luxation des Karpus. Da die radialen Handgelenkstrecker nicht luxieren, wird der Karpus in eine Supinationsstellung gedreht. Durch die palmare (Sub)luxation des distalen Radius und des Karpus gegenüber der Ulna tritt das Ulnaköpfchen relativ nach dorsal. Die Bezeichnung „Ulnaköpfchenluxation“ leitet sich vom klinischen Bild des prominenten Ulnaköpfchens ab, biomechanisch handelt es sich aber um eine distale periulnäre (Sub-)luxation.

Die ulnaren Fingerstrecksehnen, Extensor digitorum communis (EDC) und Extensor digiti minimi (EDM), geraten durch das Ulnaköpfchen unter mechanischen Stress, da sie nun alleine der weiteren palmaren Luxation von Radius und Karpus entgegenwirken. Da ihre Ansätze an den Streckerhäubchen der Fingergrundgelenke weiter vom Karpus entfernt liegen als der Ansatz der ECU-Sehne an der Basis des V. Mittelhandknochens, können sie der ulnoradiokarpalen Instabilität nur sehr wenig Kraft entgegensetzen.

Durch die chronisch erhöhte mechanische Druckbelastung durch das Ulnaköpfchen können Strecksehnenschäden bis hin zur Ruptur auftreten. Ist die dorsale Kapsel des distalen Radioulnargelenks destruiert und das Ulnaköpfchen arrodiert, so steigt die Gefahr von Defektrupturen der Strecksehnen durch das Durchscheuern über den dorsal prominenten Knochenkanten des Ulnaköpfchens. Ist die Sehne erst einmal arrodiert, so kann die Invasion des synovialitischen Granulationsgewebes in die Sehne die Ruptur beschleunigen. Auf der anderen Seite reißt eine durch den Pannus arrodierte Sehne unter mechanischer Belastung eher als eine intakte.

Beide Prozesse wirken synergistisch. Liegen Strecksehnenrupturen über einem prominenten Ulnaköpfchen vor, so wird dies als Caput-ulnae-Syndrom bezeichnet [5]. Die Strecksehnen rupturieren von ulnar nach radial, sodass die aktive Kleinfingerstreckung zuerst ausfällt. Wird dann nicht schnell synovialektomiert und das Ulnaköpfchen reseziert, droht die sukzessive Zerreißung weiterer Sehnen, was die Rekonstruktion erschwert.

Als weiterer Effekt der ECU-Sehnen-Luxation nach palmar fehlt der ulnare Gegenzug zum Zug der radialen Handgelenkstrecker (M. extensor carpi radialis longus et brevis). Dies bewirkt eine Deviation des Karpus und der Mittelhand nach radial. Bei gleichzeitiger arthritischer Destruktion der Kapseln und der Bänder der Fingergrundgelenke gleiten die Mittelhandknochenköpfchen radial unter den Streckerhäubchen der Fingergrundgelenke heraus. Die Strecksehnen luxieren in den ulnaren Interdigitalraum, wodurch die Finger im Grundgelenk nach ulnar deviieren. Dies führt zum klinischen Bild der Handskoliose mit der gegenüber der Unterarmachse nach radial deviierten Achse des III. Mittelhandknochens und der ulnardeviierten Fingergrundgelenke. Die begleitende palmare Luxation der Fingergrundglieder führt dann durch die Kontraktur der Mm. interossei zur Schwanenhalsdeformität [4, 5, 14].

Die Erkenntnis, dass die Fehlstellung der Finger ihre Ursache in einer instabilitätsbedingten Fehlstellung im Handgelenk hat, führte zu einem Paradigmenwechsel in der orthopädischen Handchirurgie. Das Handgelenk rückte als Schlüsselgelenk der rheumatischen Handdeformität in den Mittelpunkt der operativen Therapie [2, 3, 4, 5, 9, 10, 14].

Indikation zur operativen Stabilisierung

Viele Patienten adaptieren sich an Handgelenk- und Fingerfehlstellungen sehr gut, solange diese nicht schmerzen. Nach dem vorrangigen Symptom Schmerz werden kosmetische Beeinträchtigung von den Patienten häufig stärker wahrgenommen als Funktionseinschränkungen, die lange kompensiert werden können. Die meisten Patienten suchen den rheumaorthopädischen Handchirurgen wegen der Schmerzen in Ruhe oder bei Belastung auf.

Da die Chancen auf eine Schmerzbefreiung oder zumindest eine deutliche Linderung nach der chirurgischen Stabilisierung des Karpus und der Korrektur der Handfehlstellung gut sind, sollte die Indikation hier großzügig gestellt werden, wenn die Beschwerden mechanisch erklärbar sind. Sind diese andererseits alleine auf eine erhöhte Entzündungsaktivität zurückzuführen, so sollte zunächst medikamentös behandelt werden.

Die kosmetische Verbesserung durch die Korrektur der Fehlstellungen gelingt in den meisten Fällen dann gut, wenn die mechanischen Grundsätze beachtet werden. So ist die Rezidivgefahr nach einer Stellungskorrektur der Fingergrundgelenke unter Belassen der Fehlstellung im Handgelenk aufgrund des verbliebenen pathologischen ulnaren Sehnenzugs auf die Fingergrundglieder sehr hoch. Die Korrektur muss immer von proximal nach distal erfolgen, um den Sehnenzug zu rezentrieren. Auch nach korrekt durchgeführter Stellungskorrektur können Rezidive auftreten, wenn die Progredienz der rheumatischen Gelenkdestruktion nicht verhindert wird.

Die funktionelle Verbesserung tritt postoperativ erst nach Monaten ein. Ausgenommen sind hiervon die Strecksehnenrekonstruktionen, welche die Fingerbeweglichkeit sofort wiederherstellt. Narben können zu einer Bewegungseinschränkung der Finger und des Handgelenks führen. Der Faustschluss kann postoperativ inkomplett bleiben. Besonders die Handgelenk- und Fingergrundgelenkbeugung kann durch dorsale Zugangsnarben postoperativ deutlich eingeschränkt sein. Die Greifkraft nimmt postoperativ sehr langsam zu und erreicht ihren Höchstwert erst nach Monaten.

Bei der Indikationsstellung ist eine sehr gründliche Anamnese ebenso wichtig wie eine gründliche körperliche Untersuchung, um die Schmerzursache sicher zu lokalisieren. Im Zweifelsfall kann es hilfreich sein, den Schmerz durch Injektionen mit Lokalanästhetika gezielt auszuschalten. Hierbei ist zu beachten, dass sich das Medikament bei karpalen Band- und TFCC-Läsionen in benachbarte Gelenkräume ausbreiten kann, was zu Fehldeutungen führen kann. Im Zweifel kann das Lokalanästhetikum mit Kontrastmittel gemischt und dessen Ausbreitung unter Durchleuchtung beurteilt werden.

Bei der klinischen Untersuchung sollten die schmerzhaften Bewegungen genau erfragt und getestet werden. Sind die mit ungestütztem Handgelenk schmerzhaften Bewegungen unter externer Stabilisierung des Handgelenks durch den Untersucher schmerzfrei, so gibt dies Hinweise auf die Erfolgschancen rezentrierender, gelenkerhaltender Eingriffe wie Strecksehnentranspositionen.

Hilft die externe Stabilisierung nicht, so deutet dies darauf hin, dass die Reposition und Retention der Fehlstellung nur über eine Teilarthrodese möglich ist. Funktionsaufnahmen des Handgelenks im dorsopalmaren Strahlengang in Ulnar- und Radialduktion, seltener im seitlichen Strahlengang in Extension und Flexion, geben weitere Hinweise auf die Schwere und Lokalisation karpaler Instabilitäten sowie darüber, ob Fehlstellungen flexibel oder fixiert sind. Der schmerzlindernde Effekt der Synovialektomie ist erheblich und sollte nicht unterschätzt werden [9]. Unterstützend sollte auch an die Handgelenkdenervation zur Schmerzausschaltung gedacht werden, um Teilarthrodesen möglichst zu vermeiden [20].

Vor einer (Teil)versteifung am Handgelenk sollte in jedem Fall ein Ganzkörperstatus erhoben werden, da die Einschränkung oder der Verlust der Handgelenkbeweglichkeit die Selbstständigkeit des Patienten gefährden kann, wenn er bzgl. der Tätigkeiten des täglichen Lebens grenzkompensiert ist. Bei Rheumatikern darf daher nie ein Gelenk isoliert betrachtet werden. Aufgrund der individuellen Gelenkschädigung kann auch keine generelle Empfehlung bzgl. der Stellung der Versteifung gegeben werden, da diese individuell und in Absprache mit dem Patienten zu bestimmen ist. Um die optimale Stellung zu ermitteln, können präoperativ Unterarmgipse angelegt werden, die die Versteifung simulieren. Der Patient kann dann durch Probieren die für ihn optimale Stellung finden, in der dann versteift wird [4, 5].

Eskalation der Therapie

Das Ziel der operativen Stabilisierung des Handgelenks ist die Korrektur der Handskoliose unter Rezentrierung des Sehnenzugs an den Fingergrundgelenken bei größtmöglichem Erhalt der Handgelenkbeweglichkeit [5, 9].

Synovialektomie und statische Extensor carpi ulnaris Verlagerung

Die radio- und mediokarpale Synovialektomie kann prinzipiell arthroskopisch und offen durchgeführt werden. Die Indikation zur arthroskopischen Synovialektomie ist dann gegeben, wenn die Strecksehnenscheiden und das distale Radioulnargelenk (DRUG) nicht entzündet sind. Da dies aber häufig der Fall ist, wird in der Praxis fast ausschließlich die offene Synovialektomie nach der radikalen Extensorentenosynovialektomie durchgeführt.

Danach wird der Nervus interosseus dorsalis, welcher an der ulnaren Basis des Tuberkulum listeri verläuft, bis proximal der Äste zum DRUG dargestellt und proximal von diesen abgesetzt (Denervations-Punkt 1 nach Wilhelm) [9, 20]. Nach türflügelartiger Eröffnung der dorsalen Handgelenkkapsel wird radio- und mediokarpal total synovialektomiert. Ist das DRUG entzündet und besteht eine schmerzhafte Einschränkung der Unterarmdrehung, so wird das Ulnaköpfchen reseziert. Erst danach ist die komplette Synovialektomie auch palmar möglich. In Abhängigkeit von den karpalen Destruktionen und der radiokarpalen Stabilität, die unter Durchleuchtung getestet werden sollte, wird dann nach der Kapselnaht die nach palmar dislozierte ECU-Sehne aus der Sehnenscheide befreit und nach dorsal verlagert. Unter dorsalem Zug an der ECU-Sehne korrigiert sich die Fehlstellung des Karpus. Die Retention der Sehne erfolgt durch eine Retinakulumschlinge oder durch das ulnar der Sehne reinserierte Retinakulum extensorum [9]. Die Ruhigstellung erfolgt für 4 Wochen in einer Unterarmgipsschiene zum Schutz der Kapsel- und Retinakulumnähte.

Strecksehnentransposition

Besteht bereits eine ulnare Subluxation des Karpus bei intaktem Gelenk, das sich in der Ulnarduktionsaufnahme vollständig reponiert, so sollte eine dynamische Fesselung der ECU-Sehne erfolgen, welche eine stärkere Kraft ausübt als die statische. Hierzu wird nach der Synovialektomie und Kapselnaht die aus der Sehnenscheide nach dorsal transponierte ECU-Sehne mit der am Ansatz abgelösten transponierten Extensor carpi radialis longus (ECRL) oder -brevis (ECRB)-Sehne 4-fach in der Technik nach Pulvertaft durchflochten.

Wird die ECRL-Sehne verwendet, so ist der Repositionseffekt größer und die Gefahr der Luxation der ECU-Sehne um den Ulnastumpf geringer. Wir bevorzugen daher in der Regel die ECRL-Sehne für die Transposition (Abb. 1a-c). Die Sehnennaht ist übungsstabil. Das Handgelenk kann aus der die Kapsel- und Retinakulumnähte schützenden Unterarmgipsschiene aktiv beübt werden. Die Gipsschiene darf nicht in Ulnarduktion angelegt werden, da dies zu einer Kontraktur führen kann [9].

Arthrodese des distalen Radioulnargelenks mit Ellensegmentresektion (Kapandji-Arthrodese)

Bei intaktem Radio- und Mediokarpalgelenk kann der ulnaren und palmaren Instabilität durch eine Arthrodese des distalen Radioulnargelenks (DRUG) entgegengewirkt werden. Um die Unterarmdrehung nicht zu blockieren, ist eine subkapitale Segmentresektion der Elle erforderlich (Abb. 2). Die Handgelenkbeweglichkeit wird hierdurch nicht eingeschränkt. Beschwerden können durch die Instabilität des Radius an der Ulna entstehen. Die hierdurch bedingten Schmerzen können durch ein Schnappen der ECU-Sehne über dem proximalen Ellenstumpf, durch ein Impingement des Radius am proximalen Ellenstumpf und durch eine Drucküberlastung am Humeroradialgelenk entstehen [9, 15].

Radiolunäre Arthrodese

Bei fortgeschrittener dynamischer und statischer ulnopalmarer Subluxation mit erhaltenem radiokarpalen und interkarpalen Gelenkspalten und physiologischer Skaphoidrotation ist die radiolunäre Arthrodese die Therapie der Wahl [2, 3, 5, 8]. Nach der Synovialektomie werden die Gelenkflächen der Fovea lunata, des proximalen Lunatums und die Eminentia interfovealis sparsam reseziert, bis vitale Spongiosa erreicht wird. Da das radioskaphoidale Gelenk erhalten bleibt und nicht unter Hyperpression geraten darf, muss Spongiosa vom Ulnaköpfchenresektat oder Beckenkamm interponiert werden. Knöcherne Defekte bestehen meistens an der ulnaren Radiuskante und sollten mit einem kortikospongiösen Span aufgebaut werden. Die Osteosynthese erfolgt mit einer T-Platte mit 2,5 mm dicken Schrauben.

Die winkelstabile Osteosynthese bietet vor allem am kleinen Lunatum Vorteile (Abb. 3a) [6, 7]. Eine von proximodorsal nach palmodistal eingebrachte Plattenschraube, die den Arthrodesenspalt möglichst weit palmar kreuzt, erhöht die Stabilität entscheidend, sodass eine frühfunktionelle Nachbehandlung möglich ist [6, 7]. Die Fixierung mit Knochenklammern (staples) sollte aufgrund der unsicheren Fixierung und der Gefahr von Sehnenschäden durch Implantatdislokationen nicht mehr angewendet werden [6, 8, 19]. Additiv zur radiolunären Arthrodese sollte immer eine Strecksehnentransposition durchgeführt werden, da diese Arthrodese zwar der ulnaren und palmaren radiokarpalen Translation, nicht aber der Rotation des Karpus entgegenwirkt. Die häufigste Ursache für postoperative Beschwerden nach der Knochenheilung ist eine fixierte Skaphoidrotation oder ein instabiles Skaphoid, weshalb in diesen Fällen primär eine radioskapholunäre Arthrodese durchgeführt werden sollte [5].

Radioskapholunäre Arthrodese

Bei instabilem Skaphoid oder fixierter Palmarverkippung des Skaphoids sollte dieses in die radiokarpale Arthrodese mit eingezogen werden (Abb. 3b). Das Mediokarpalgelenk sollte erhalten werden, um eine Restbeweglichkeit zu ermöglichen. Die radiokarpale Fixierung erfolgt nach der radiokarpalen Gelenkflächenresektion und der Reposition, am Lunatum beginnend, zunächst mit je einem retrograden radiolunärem und radioskaphoidalem 1,6 mm Kirschner-Draht. Nach dem Biegen und Schränken einer 2,5 mm Radiusplatte werden zunächst Skaphoid und Lunatum winkelstabil fixiert, dann erfolgt die Fixation am Radius mit Kortikalisschrauben. Restdefekte werden mit Spongiosa vom Ulnaköpfchen oder Beckenkamm gefüllt. Die Nachbehandlung kann, aufgrund des stabilen Implantats, bei guter Compliance früh funktionell erfolgen [5, 9].

Radiomediokarpale Arthrodese

Sind das Radio- und Mediokarpalgelenk destruiert und die Karpometakarpalgelenke intakt, so kann die Arthrodese auf die distale Handwurzelreihe erweitert werden (Abb. 3c). Die Beweglichkeit ist im Vergleich zur radiokarpalen Arthrodese deutlich reduziert. Das Handgelenk ist wackelsteif und bietet gegenüber der radiometakarpalen Arthrodese keinen funktionellen Vorteil im Bezug auf die Extension und Flexion im Handgelenk. Die Vorteile liegen zum einen darin, dass das Karpometakarpale-II-Gelenk nicht überbrückt wird und somit keine distale Schraubenlockerung droht. Darüber hinaus wird der II. Mittelhandknochen nicht durch Bohrungen geschwächt, somit besteht keine Gefahr von Mittelhandknochenfrakturen. Als Implantat dient eine winkelstabile distale Radiusplatte mit 2,5 mm Schraubendicke. Die Schrauben werden im Radius, Skaphoid, Lunatum und Kapitatum verankert. Hamatum und Triquetrum werden nicht mit in die Arthrodese einbezogen, um die Beweglichkeit der ulnaren Strahlen nicht einzuschränken. Die Nachbehandlung erfolgt früh funktionell [9].

Radiometakarpale
Arthrodese

Bei der radiometakarpalen Arthrodese handelt es sich um die klassische Handgelenkarthrodese, welche vom Radius über den Karpus bis zum II. Mittelhandknochen reicht (Abb. 3d). Diese Arthrodese sollte beim Rheumatiker in 0° Extension erfolgen, da bei symmetrischer Erkrankung im weiteren Krankheitsverlauf auch die Gegenseite versteift werden wird. Die selbstständige Körperpflege ist aber nur mit gerade versteiften Handgelenken möglich! Mit beidseits in Extensionsstellung versteiften Handgelenken können wichtige Funktionen der Körperpflege nicht mehr selbstständig ausgeführt werden. Der Patient wird zum Pflegefall [1, 4, 5, 9, 17]!

Die Alternative, ein Handgelenk in Flexion und das andere in Extension zu versteifen, ist kosmetisch ungünstig und sollte, wenn möglich, vermieden werden. Ankylosen und Bewegungseinschränkungen anderer Gelenke können im Einzelfall die Handgelenkversteifung in einer abweichenden Stellung erfordern. Es hat sich bewährt, im Unterarmgips die optimale Stellung vor der Operation zu ermitteln. Die 1971 von Mannerfelt publizierte radiometakarpale Arthrodese mit retrogradem Rushpin wurde für Rheumatiker mit schwerere Osteoporose und atrophen Weichteilen (aufgrund der hohen Komplikationsrate der damaligen 3,5 mm Platten) schnell zum Standardverfahren [9, 12, 18].

Seit der Markteinführung der AO-Handgelenkarthrodesenplatte mit metakarpaler Fixierung mittels dünnerer 2,7 mm Schrauben hat sich die Plattenarthrodese auch beim Rheumatiker wieder zum Standardverfahren entwickelt [4, 5, 9]. Der Vorteil gegenüber der Rushpin-Arthrodese liegt in der Möglichkeit der Rekonstruktion der karpalen Höhe und in der rotationsstabilen Fixierung des Karpus. Um einen inneren Dekubitus durch die Platte bei atrophen Weichteilen zu vermeiden, ist es essenziell, die Platte weichteilig zu decken [4, 5, 9]. Die Operation der Plattenosteosynthese ist daher technisch und zeitlich aufwendiger als die Rushpin-Fixierung. Wird die Weichteildeckung des Implantats lege artis durchgeführt, so stellt die Plattenosteosynthese auch beim Rheumatiker ein sicheres Verfahren dar [4, 5].

Handgelenkprothese

Die Handgelenkprothese, welche eine hohe Komplikationsrate aufweist, wird von einigen Kollegen beim Rheumatiker als Alternative zur Handgelenkarthrodese empfohlen. Als Argument wird angeführt, dass Patienten mit beidseitiger Handgelenkarthrodese nicht zur selbstständigen Körperpflege in der Lage seien. Dies ist nur dann richtig, wenn beide Handgelenke in Extension versteift wurden. Nach beidseitiger Handgelenkarthrodese in gerader Stellung ist die Körperpflege hingegen möglich, wenn nicht weitere grobe Funktionseinschränkungen an anderen Gelenken vorliegen [1, 9, 17]. Diese können dann aber in der Regel auch mit der Handgelenkbeweglichkeit nach Handgelenkprothese nicht kompensiert werden.

Aufgrund der Instabilität im destruierten rheumatischen Handgelenk neigen ungekoppelte Handgelenkprothesen zu schmerzhafter Instabilität und Luxationen. Gekoppelte Handgelenkprothesen haben sich wegen des hohen Abriebs nicht bewährt. Alle Modelle weisen hohe Lockerungsraten auf.

Aus diesen Gründen sollte die Handgelenkprothese beim Rheumatiker nur in begründeten Einzelfällen dem Goldstandard der Arthrodese vorgezogen werden [5, 9].

Gekoppelte Prothese des DRUG (Typ Aptis-Scheker)

Das distale Radioulnargelenk (DRUG) ist häufig in die Arthritis mit einbezogen. Die Ulnaköpfchenresektion wird daher am rheumatischen Handgelenk häufig durchgeführt, um eine schmerzfreie Unterarmdrehung wiederherzustellen. In den meisten Fällen führt dies bei Rheumatikern zu guten Ergebnissen [9]. Nach einer postoperativen schmerzhaften Phase von 12 Wochen lassen die Schmerzen in den meisten Fällen nach oder verschwinden ganz, sodass keine weitere Therapie erforderlich ist. Aktive Patienten behalten gelegentlich Beschwerden, welche eindeutig der radioulnären Instabilität zuzuordnen sind. Diesen kann mit einer gekoppelten Prothese des DRUG in den allermeisten Fällen geholfen werden (Abb. 4). Die mittelfristigen Ergebnisse sind hinsichtlich des klinischen Ergebnisses und der Haltbarkeit der Prothese ermutigend [11, 16].

Fazit für die Praxis

An der rheumatischen Hand sollte von proximal nach distal korrigiert werden. Die Versorgung sollte streng nach biomechanischen Gesichtspunkten erfolgen. Neben der Wiederherstellung der Stabilität sollte die Beweglichkeit weitestgehend erhalten blieben, um die Handfunktion zu verbessern. Nach der Korrektur des Handgelenks kann, durch den verbesserten Sehnenzug, auf weitere Eingriffe an den Fingern häufig verzichtet werden. Die Handgelenkarthrodese sollte beim Rheumatiker immer in gerader Stellung erfolgen, um die Körperpflege zu ermöglichen. Bei schmerzhaft instabilem Radius stellt die gekoppelte Prothese des DRUG eine gute Option dar.

Interessenkonflikt: Keine angegeben.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Ralph Gaulke

Sektion Obere Extremität, Fuß- und Rheumaorthopädie

Klinik für Unfallchirurgie

Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Straße 1

30625 Hannover

gaulke.ralph@mh-hannover.de

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Fussnoten

1 Leiter der Sektion Obere Extremität, Fuß- und Rheumaorthopädie, Stellv. Direktor der Klinik für Unfallchirurgie, Medizinische Hochschule Hannover

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