Übersichtsarbeiten - OUP 10/2017

Die stadiengerechte operative Therapie der rheumatischen Handgelenkinstabilität

Danach wird der Nervus interosseus dorsalis, welcher an der ulnaren Basis des Tuberkulum listeri verläuft, bis proximal der Äste zum DRUG dargestellt und proximal von diesen abgesetzt (Denervations-Punkt 1 nach Wilhelm) [9, 20]. Nach türflügelartiger Eröffnung der dorsalen Handgelenkkapsel wird radio- und mediokarpal total synovialektomiert. Ist das DRUG entzündet und besteht eine schmerzhafte Einschränkung der Unterarmdrehung, so wird das Ulnaköpfchen reseziert. Erst danach ist die komplette Synovialektomie auch palmar möglich. In Abhängigkeit von den karpalen Destruktionen und der radiokarpalen Stabilität, die unter Durchleuchtung getestet werden sollte, wird dann nach der Kapselnaht die nach palmar dislozierte ECU-Sehne aus der Sehnenscheide befreit und nach dorsal verlagert. Unter dorsalem Zug an der ECU-Sehne korrigiert sich die Fehlstellung des Karpus. Die Retention der Sehne erfolgt durch eine Retinakulumschlinge oder durch das ulnar der Sehne reinserierte Retinakulum extensorum [9]. Die Ruhigstellung erfolgt für 4 Wochen in einer Unterarmgipsschiene zum Schutz der Kapsel- und Retinakulumnähte.

Strecksehnentransposition

Besteht bereits eine ulnare Subluxation des Karpus bei intaktem Gelenk, das sich in der Ulnarduktionsaufnahme vollständig reponiert, so sollte eine dynamische Fesselung der ECU-Sehne erfolgen, welche eine stärkere Kraft ausübt als die statische. Hierzu wird nach der Synovialektomie und Kapselnaht die aus der Sehnenscheide nach dorsal transponierte ECU-Sehne mit der am Ansatz abgelösten transponierten Extensor carpi radialis longus (ECRL) oder -brevis (ECRB)-Sehne 4-fach in der Technik nach Pulvertaft durchflochten.

Wird die ECRL-Sehne verwendet, so ist der Repositionseffekt größer und die Gefahr der Luxation der ECU-Sehne um den Ulnastumpf geringer. Wir bevorzugen daher in der Regel die ECRL-Sehne für die Transposition (Abb. 1a-c). Die Sehnennaht ist übungsstabil. Das Handgelenk kann aus der die Kapsel- und Retinakulumnähte schützenden Unterarmgipsschiene aktiv beübt werden. Die Gipsschiene darf nicht in Ulnarduktion angelegt werden, da dies zu einer Kontraktur führen kann [9].

Arthrodese des distalen Radioulnargelenks mit Ellensegmentresektion (Kapandji-Arthrodese)

Bei intaktem Radio- und Mediokarpalgelenk kann der ulnaren und palmaren Instabilität durch eine Arthrodese des distalen Radioulnargelenks (DRUG) entgegengewirkt werden. Um die Unterarmdrehung nicht zu blockieren, ist eine subkapitale Segmentresektion der Elle erforderlich (Abb. 2). Die Handgelenkbeweglichkeit wird hierdurch nicht eingeschränkt. Beschwerden können durch die Instabilität des Radius an der Ulna entstehen. Die hierdurch bedingten Schmerzen können durch ein Schnappen der ECU-Sehne über dem proximalen Ellenstumpf, durch ein Impingement des Radius am proximalen Ellenstumpf und durch eine Drucküberlastung am Humeroradialgelenk entstehen [9, 15].

Radiolunäre Arthrodese

Bei fortgeschrittener dynamischer und statischer ulnopalmarer Subluxation mit erhaltenem radiokarpalen und interkarpalen Gelenkspalten und physiologischer Skaphoidrotation ist die radiolunäre Arthrodese die Therapie der Wahl [2, 3, 5, 8]. Nach der Synovialektomie werden die Gelenkflächen der Fovea lunata, des proximalen Lunatums und die Eminentia interfovealis sparsam reseziert, bis vitale Spongiosa erreicht wird. Da das radioskaphoidale Gelenk erhalten bleibt und nicht unter Hyperpression geraten darf, muss Spongiosa vom Ulnaköpfchenresektat oder Beckenkamm interponiert werden. Knöcherne Defekte bestehen meistens an der ulnaren Radiuskante und sollten mit einem kortikospongiösen Span aufgebaut werden. Die Osteosynthese erfolgt mit einer T-Platte mit 2,5 mm dicken Schrauben.

Die winkelstabile Osteosynthese bietet vor allem am kleinen Lunatum Vorteile (Abb. 3a) [6, 7]. Eine von proximodorsal nach palmodistal eingebrachte Plattenschraube, die den Arthrodesenspalt möglichst weit palmar kreuzt, erhöht die Stabilität entscheidend, sodass eine frühfunktionelle Nachbehandlung möglich ist [6, 7]. Die Fixierung mit Knochenklammern (staples) sollte aufgrund der unsicheren Fixierung und der Gefahr von Sehnenschäden durch Implantatdislokationen nicht mehr angewendet werden [6, 8, 19]. Additiv zur radiolunären Arthrodese sollte immer eine Strecksehnentransposition durchgeführt werden, da diese Arthrodese zwar der ulnaren und palmaren radiokarpalen Translation, nicht aber der Rotation des Karpus entgegenwirkt. Die häufigste Ursache für postoperative Beschwerden nach der Knochenheilung ist eine fixierte Skaphoidrotation oder ein instabiles Skaphoid, weshalb in diesen Fällen primär eine radioskapholunäre Arthrodese durchgeführt werden sollte [5].

Radioskapholunäre Arthrodese

Bei instabilem Skaphoid oder fixierter Palmarverkippung des Skaphoids sollte dieses in die radiokarpale Arthrodese mit eingezogen werden (Abb. 3b). Das Mediokarpalgelenk sollte erhalten werden, um eine Restbeweglichkeit zu ermöglichen. Die radiokarpale Fixierung erfolgt nach der radiokarpalen Gelenkflächenresektion und der Reposition, am Lunatum beginnend, zunächst mit je einem retrograden radiolunärem und radioskaphoidalem 1,6 mm Kirschner-Draht. Nach dem Biegen und Schränken einer 2,5 mm Radiusplatte werden zunächst Skaphoid und Lunatum winkelstabil fixiert, dann erfolgt die Fixation am Radius mit Kortikalisschrauben. Restdefekte werden mit Spongiosa vom Ulnaköpfchen oder Beckenkamm gefüllt. Die Nachbehandlung kann, aufgrund des stabilen Implantats, bei guter Compliance früh funktionell erfolgen [5, 9].

Radiomediokarpale Arthrodese

Sind das Radio- und Mediokarpalgelenk destruiert und die Karpometakarpalgelenke intakt, so kann die Arthrodese auf die distale Handwurzelreihe erweitert werden (Abb. 3c). Die Beweglichkeit ist im Vergleich zur radiokarpalen Arthrodese deutlich reduziert. Das Handgelenk ist wackelsteif und bietet gegenüber der radiometakarpalen Arthrodese keinen funktionellen Vorteil im Bezug auf die Extension und Flexion im Handgelenk. Die Vorteile liegen zum einen darin, dass das Karpometakarpale-II-Gelenk nicht überbrückt wird und somit keine distale Schraubenlockerung droht. Darüber hinaus wird der II. Mittelhandknochen nicht durch Bohrungen geschwächt, somit besteht keine Gefahr von Mittelhandknochenfrakturen. Als Implantat dient eine winkelstabile distale Radiusplatte mit 2,5 mm Schraubendicke. Die Schrauben werden im Radius, Skaphoid, Lunatum und Kapitatum verankert. Hamatum und Triquetrum werden nicht mit in die Arthrodese einbezogen, um die Beweglichkeit der ulnaren Strahlen nicht einzuschränken. Die Nachbehandlung erfolgt früh funktionell [9].

Radiometakarpale
Arthrodese

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