Übersichtsarbeiten - OUP 02/2019

Ein Update über den kindlichen Fuß

De Pellegrin konnte erstmals seine langjährigen Erfahrungen und Ergebnisse (732 Fälle) mit der in Mitteleuropa geläufigen Calcaneostop-Arthrorise international mit Co-Autoren [13] publizieren. Er berichtet über 93,7 % gute Ergebnisse mit diesem wachstumslenkenden Verfahren, zumeist ohne Wadenmuskel-Verlängerung, im eigenen Krankengut nach klinischen und radiologischen Kriterien. Berücksichtigt wurden in der Röntgenanalyse nur die Veränderungen in der Sagittalebene (z.B. Costa-Bartani-Winkel). Arbab et al. [3] bestätigen im Wesentlichen die günstigen Ergebnisse mit diesem minimalinvasiven Verfahren. Einen guten Überblick über das Alternativ-Verfahren mit Sinus-tarsi-Dübeln geben Metcalfe et al. [46], eine kritische Einschätzung findet sich bei Mosca [53]. Vergleichende Untersuchungen beider Arthrorise-Techniken liegen noch nicht vor, deshalb lassen sich Vor- und Nachteile noch nicht abschließend beurteilen.

Für die Altersgruppe der Jugendlichen lassen sich einige Tendenzen erkennen: Mehrere Autoren kombinieren die bekannte Calcaneus-Verlängerungsosteotomie mit weiteren tarsalen Osteotomien, so z.B. die Arbeitsgruppe um Mubarak [49] in Form der Triple-C-Operation (Calcaneus, Cuboid und Cuneiforme mediale) und der Autor in Form der Tarsalen Triple Osteotomie (Calcaneus-Doppelosteotomie mit geringer dosierter Verlängerung und Cuneiforme-Osteotomie, [27]). Wichtige Impulse hierfür kamen aus der Arbeitsgruppe um Deland aus Erkenntnissen am Erwachsenenfuß [55]. Sie stellten einen direkten Zusammenhang vom Repositionsgrad des Talonavicular-Gelenks und lateraler Belastungszunahme bis hin zur Überlastung fest, ein Befund, der aus der klinischen und pedografischen Beobachtung zu bestätigen ist. Der Notwendigkeit, die Korrektur nicht nur am Rückfuß (Calcaneus-Osteotomien), sondern auch am medialen Strahl anzusetzen (z.B. in Form der bekannten Cotton-Osteotomie) wird wie am Erwachsenenfuß erhöhte Aufmerksamkeit zugewandt. So scheinen die kombinierten Verfahren mit Arthrorise und (minimalinvasiven) Osteotomien an Bedeutung zu gewinnen. Der Arthrorise kommt dabei die Bedeutung einer additiven und nur temporären Stabilisierung zu.

Bemerkenswert ist die radiologische Analyse an kindlichen Planovalgus-Patienten von Bourdet et al. [7], aus der die Autoren eine verfeinerte Differenzialindikation operativer Stabilisierungen ableiten. Sie fanden unterschiedliche Fußtypen, insbesondere differenzieren sie den subtalaren Pes-planovalgus-Typ mit ausgeprägter Rückfuß-Eversion und den midtarsalen Pes-planovalgus-Typ mit dominanter Abductus-Komponente. Während der erstgenannte Planovalgus-Typ eher einer Arthrorise zuzuführen ist, spricht der letztgenannte Typ eher auf die Calcaneus-Verlängerung an. Diese Arbeit bestätigt das bereits länger bekannte Konzept der planaren Dominanz, welches seine Ursache im unterschiedlichen Gelenkachsenverlauf des talocalcaneo-navicularen Komplexes hat.

Coalitiones und rigide
Planovalgus-Deformität

In der aktuelleren Literatur zu den talocalcanearen Coalitiones finden sich einige neue Aspekte: Rozansky et al. [62] unterschieden 5 Typen talocalcanearer Coalitiones aufgrund der CT-Morphologie im Frontalschnitt, wichtig für die Planung einer Resektion, ansonsten bisher noch ohne größere prognostische Bedeutung. Nach Bixby et al. [5] ist der posteromediale Coalitio-Typ ohne Beteiligung der medialen Facette in immerhin 28,2 % der Fälle anzutreffen und hat nach Resektion eine eher bessere Prognose als die middle-facet-coalition [42]. Kernbach und Blitz [35] evaluierten die degenerativen Veränderungen der hinteren Gelenkfacette im CT, um hieraus Rückschlüsse auf die Erfolgsaussichten einer Coalitio-Resektion abzuleiten. Mit der Verbreitung der weniger strahlenbelastenden DVT (digitale Volumentomografie) sind in näherer Zukunft Arbeiten zu erwarten, die sich neben der Darstellung der Coalitio auch mit den subtalaren Stellungsverhältnissen unter Belastung beschäftigen.

Gantsoudes et al. [18] berichten retrospektiv über die vergleichsweise größte publizierte Zahl (49 Fälle) mittelfristiger Ergebnisse nach Coalitio-Resektion aus 3 Kliniken. Sie fanden in 85 % günstige Ergebnisse, allerdings bestand in 34 % der Fälle ein sekundärer Korrekturbedarf. Der Autor hat – ebenfalls ausschließlich anhand der Krankenunterlagen – seine Erfahrungen mit 80 operativ versorgten Fällen (Resektion, Resektion mit Osteotomien, primäre Arthrodesen) zusammengefasst [28] mit 84 % günstigen Ergebnissen. Koshbin et al. [36] konnten funktionell günstige Langzeitergebnisse nach Coalitio-Resektion (talocalcaneal und calcaneonavicular) feststellen.

Ein deutlich steigendes Interesse wird der rigiden Planovalgus-Deformität auf dem Boden talocalcanearer Coalitiones entgegengebracht. In den letzten Jahren erschienen mehrere Arbeiten hierzu: Über simultane Resektion der Coalitio mit (teils multiplen) tarsalen Osteotomien berichten Blitz [6], Lisella et al. [40], Hamel [23] und Masquijo et al. [44]. Mosca und Bevan [52] berichten über 9 Fälle, in denen eine Calcaneus-Verlängerung unter Belassung der Coalitio gute Ergebnisse zeigte.

Masquijo et al. [43] verglichen die Ergebnisse nach Resektion der calcaneonavicularen Coalitio mit Interposition von Knochenwachs, Fett oder M. extensor digitorum brevis und fanden eine erhöhte Rate an Re-Ossifikationen nach Muskelinterposition, ein Phänomen, das der Autor bei mittlerweile nahezu 100 Resektionen mit hälftiger M. extensor digitorum brevis-Interposition kombiniert mit Knochenwachs nicht beobachten konnte.

Einige neuere Aspekte wurden zur Problematik des Peronealspasmus publiziert: Cass und Camasta [10] beschreiben eine Entität, die auch im Patientengut des Autors öfter beobachtet wurde: rigider Pes planovalgus mit Peronealspasmus, der eine Coalitio als Ursache klinisch vermuten lässt, die aber in der Bildgebung nicht nachweisbar ist. Sie sprechen von einer „grey zone“, einem Übergangsbereich schwerer primär-flexibler Planovalgus-Deformitäten und den primär rigiden Planovalgus-Fehlstellungen. Niki et al. [54] berichten über 13 Patienten mit Peronealspasmus auf dem Boden einer akzessorischen Gelenkfacette in der lateralen talocalcanearen Region, eine Differenzialdiagnose zur Coalitio.

Cavovarus-Deformität

Es ist eine steigende Zahl von Publikationen zum wichtigen Thema der Cavovarus-Deformitäten zu beobachten, überwiegend jedoch eher das Erwachsenenalter betreffend. Einen bemerkenswerten Ansatz zur Cavovarustherapie im Kindesalter stellt der Beitrag von d’Astorg et al. [12] dar, der über recht gute Ergebnisse mit einer rein konservativen Behandlung („untwisting walking cast“ bzw. Splint) im Schulkindalter berichtet. Hierdurch konnte die operative Korrektur aufgeschoben und erst nach Wachstumsabschluss terminiert werden. Da diese französische Arbeitsgruppe über große Erfahrung mit operativen Cavovarus-Korrekturen verfügt, besitzt dieser Beitrag besonderes Gewicht. Der Autor hat die pedografischen Veränderungen bei Cavovarus-Deformitäten näher untersucht [21], um hierdurch die Progredienz im Wachstumsalter als Hilfe zur Planung des Operationszeitpunkts zu erfassen. Ein Überblick zu den in Frage kommenden Einzelprozeduren mit einigen bisher weniger beachteten Aspekten findet sich bei Hamel [20].

Supramalleoläre Valgus-
Deformität

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