Übersichtsarbeiten - OUP 07-08/2016

Einfluss des Alters in der Frühbehandlung einer schweren Hüftdysplasie auf die Pfannendachentwicklung

Maurizio De Pellegrin1, Carlo Bonifacini1

Zusammenfassung: Ziel dieser Studie war es, die Wirksamkeit der Behandlung einer schweren Hüftdysplasie beim Neugeborenen zu überprüfen unter Berücksichtigung des Alters zum Zeitpunkt der Diagnosestellung und des gleichzeitigen Behandlungsbeginns. Für diese Studie wurden 72 Neugeborene (66 w, 6 m) mit 93 Typ-III-Hüften nach Graf untersucht. Die Patienten wurden unter Berücksichtigung des Alters zum Zeitpunkt der Diagnosestellung und des gleichzeitigen Behandlungsbeginns in 3 Gruppen unterteilt, der Alpha-Winkel wurde zur Beurteilung der Azetabulumreifung ausgemessen. In der statistischen Auswertung zeigte sich eine starke Korrelation (p < 0,001) zwischen der Alpha-Winkel-Zunahme (Azetabulumreifung) und dem Alter bei Diagnosestellung und Behandlungsbeginn, während keine statistisch signifikante Korrelation zwischen Geschlecht (p = 0,81), betroffener Seite (p = 0,72) und Behandlungsdauer (p = 0,86) vorhanden war. Die Ergebnisse haben die Wirksamkeit und die Notwendigkeit einer Frühbehandlung der schweren Hüftdysplasie gezeigt; wenn die Behandlung nicht vor der 4.–6. Lebenswoche begonnen wird, sind unvorhersehbare Ausheilungsergebnisse und eine limitierte Wirksamkeit zu erwarten. Die mathematisch abgeleitete Reifungskurve für Typ-III-Hüften wurde parametrisiert.

Schlüsselwörter: Hüftdysplasie, Frühbehandlung, Azetabulumentwicklung, Reifungskurve

Zitierweise
De Pellegrin M, Bonifacini C: Einfluss des Alters in der Frühbehandlung einer schweren Hüftdysplasie auf die Pfannendachentwicklung OUP 2016; 7/8: 408–412 DOI 10.3238/oup.2016.0408–0412

Summary: The aim of this study was to evaluate the effectiveness of time dependant treatment in achieving acetabular maturation in severe DDH in newborns. For this purpose 72 neonates (66 females, 6 males) with 93 type III hips
according to Graf’s ultrasonographic classification where
included. Out of 72 patients 21 (0 males, 21 females) had a bilateral presentation, 21 (3 males, 18 females) a monolateral presentation with the left side affected and 30 (3 males, 27 females) with the right side affected. The sample was then divided into 3 groups based upon patient’s age at diagnosis and treatment beginning. The alpha-angle was
assessed to evaluate acetabular development. The statistical analysis showed a strong dependency (p < 0.001) between the alpha-angle gain (acetabular maturation) and the time of diagnosis and found no statistically significant correlation
between sex (p-value 0.81), affected side (p-value 0.72) and treatment length (p-value 0.864) in terms of acetabular growth. The results highlight the mandatory need for an early treatment of severe hip dysplasia, which, if not started shortly after birth (4–6 weeks) is considerably less effective and has less predictable results. The mathematically derived curve for maturation in type III hips is reported.

Keywords: DDH, early treatment, acetabular growth, maturation curve

Citation
De Pellegrin M, Bonifacini C: Is the acetabular maturation in severe DDH influenced by treatment at an early age?
OUP 2016; 7/8: 408–412 DOI 10.3238/oup.2016.0408–0412

Einleitung

Die Frühdiagnose und die anschließende Frühbehandlung der Hüftdysplasie wird von den meisten Autoren in der Literatur als Goldstandard angegeben [1–4]. Lynn Staheli bezeichnet die Frühdiagnose als wichtigsten Aspekt in der Dysplasiebehandlung [2]. Die Frühbehandlung erlaubt eine Verkürzung der Behandlungsdauer und eine Reduzierung der Komplikationen [5, 6]. Bereits 1976 berichtete Ramsey [7] über den Zusammenhang zwischen Behandlungsbeginn und Behandlungsdauer: Wenn die Behandlung im ersten Lebensmonat beginnt, dauert sie im Durchschnitt 3,6 Monate, wenn sie zwischen dem ersten und dritten Lebensmonat beginnt, dauert sie 7 Monate, wenn sie zwischen dem dritten und sechsten Lebensmonat beginnt, dauert sie 9,3 Monate. Bezüglich der Komplikationen wird auch allgemein angegeben, dass die Hüftkopfnekrose-Rate deutlich abnimmt, wenn eine Frühbehandlung stattfindet [8–11]. Unklarheit herrscht über den Begriff „Frühdiagnose und Frühbehandlung“. In der Literatur schwankt er in der Zeit zwischen dem ersten und dritten Lebensmonat [1, 11]. Eine Sammelstudie der EPOS (European Pediatric Orthopedic Society) hat vor kurzem die Grenze bei 9 Lebenswochen gesetzt [1]. Nach der Einführung des Ultraschallhüft-Screenings in manchen Ländern wird heute von Frühdiagnose bereits am 1. Lebenstag bzw. in den ersten Tagen nach der Geburt gesprochen [12–14]. Es sind jedoch keine Publikationen bekannt, die über die Ergebnisse einer „frühen“ Frühbehandlung, d.h. beginnend am 1. Lebenstag, im eindeutigen Vergleich zur einer „späten“ Frühbehandlung, d.h beginnend nach der sechsten Lebenswoche, berichten.

Ziel dieser Studie war es, die Wirksamkeit der Behandlung einer schweren Hüftdysplasie beim Neugeborenen zu überprüfen unter Berücksichtigung des Alters zum Zeitpunkt der Diagnosestellung und des gleichzeitigen Behandlungsbeginns.

Material und Methoden

Für diese Studie wurden retrospektiv die Ultraschallbilder nachuntersucht, die mit einem 7,5 MHz-Linear-Schallkopf gemacht wurden. Es gab Aufnahmen von 72 Neugeborenen (66 w und 6 m), die in der Zeit von Februar 1992 bis Dezember 1998 konsekutiv vorstellig waren und bei denen eine schwere Hüftdysplasie diagnostiziert worden war. Die Klassifikation nach Graf mit ihrer Winkelmessung wurde als Standardmethode zur Beurteilung der Pfannenformgebung verwendet [15]. Von den insgesamt 144 vorhandenen Hüften waren folgende Hüfttypen nach Graf dabei:

93 Typ-III-Hüften,

6 Typ I

27 Typ IIa

3 Typ II b

15 Typ IIc oder IId.

Die Typ-III-Hüften stellten das Hauptmaterial dar, während die anderen Hüfttypen als Vergleichsgruppe galten. Typ-IV-Hüften wurden von vornherein ausgeschlossen, weil eine Winkelmessung nicht durchgeführt werden kann. Der Alpha-Winkel als Parameter für die knöcherne Pfannendachentwicklung wurde bei der Diagnosestellung und bei den 2 Nachuntersuchungen jeweils 2-mal von 2 verschiedenen Teilnehmern ausgemessen; Durchschnittswerte wurden danach kalkuliert. Vor der Winkelmessung wurde das Geburtsdatum des Patienten und das Untersuchungsdatum ausgeblendet. Bei 21 Patienten (0 m, 21 w) waren beide Hüften betroffen, während bei 21 (3 m, 18 w) die linke und bei 30 (3 m, 27 w) die rechte Hüfte betroffen war. Bei 19 Hüften wurde die Ultraschalluntersuchung innerhalb der ersten Woche durchgeführt, bei 18 in der 2. Woche, bei 14 in der 3. Woche, bei 5 in der 4. Woche, bei 5 in der 5. Woche, bei 6 in der 6. Woche, bei 5 in der 7. Woche, bei 4 in der 8. Woche, bei 5 in der 9. Woche, bei 4 in der 10. Woche, bei 2 in der 11. und bei 6 Hüften nach der 12. Woche.

Die Behandlung erfolgte immer in Sitz-Hock-Stellung mit 100–110° Flexion, 50° Abduktion und begann zum Zeitpunkt der Diagnose oder innerhalb von 24 Stunden unmittelbar danach. Alle Patienten wurden 2-mal sonografisch nachuntersucht. Die erste Nachuntersuchung erfolgte durchschnittlich nach 48 Tagen, die zweite durchschnittlich nach 109 Tagen.

Das Patientenkollektiv wurde retrospektiv in 3 Gruppen unterteilt:

Gruppe 1: Die Diagnose wurde vor dem 11. Lebenstag gestellt.

Gruppe 2: Die Diagnose fand zwischen dem 11. und dem 42. Lebenstag statt.

Gruppe 3: Die Diagnose fand nach dem 42. Lebenstag statt.

Die Unterteilung der Gruppen erfolgte willkürlich und zwar unter Berücksichtigung der von Matthiessen beschriebenen Reifungskurve des Hüftgelenks, bei welcher eine Halbwertzeit von 6 Wochen abgeleitet worden ist. Durch diese Unterteilung wurde jeder Gruppe eine Gesamtzahl von 24 Patienten zugewiesen. Die Azetabulumreifung sowie das Maturationspotenzial (? Alpha-Winkel) wurden berechnet und mit dem Zeitpunkt der Diagnose in Verbindung gesetzt. Die statistische Analyse sowie die mathematische Ableitung der Reifungskurve wurde mit der Graph Pad Prism Software 5 durchgeführt (GraphPad Software, Inc., San Diego, CA, USA).

Ergebnisse

Der Durchschnittswert des Alpha-Winkels für das gesamte Patientenkollektiv betrug bei der Diagnosestellung 37,5° (SD ± 4,4°) und bei der letzten Nachuntersuchung 65,7° (SD ± 5,7°). In der Gruppe 1 betrug der Durchschnittswert des Alpha-Winkels 36,4° (SD ± 4,4°) bei der Diagnosestellung und 65,6° (SD 5,5°) bei der letzten Nachuntersuchung. In der Gruppe 2 betrug der Durchschnittswert des Alpha-Winkels 37,2° (SD ± 4,1°) bei der Diagnosestellung und 65,6° (SD 3,8°) bei der letzten Nachuntersuchung. In der Gruppe 3 betrug der Durchschnittswert des Alpha-Winkels 39,2° (SD ± 5,6°) bei der Diagnosestellung und 59,7° (SD 7,1°) bei der letzten Nachuntersuchung. Die Varianzanalyse (ANOVA) des erreichten Alpha-Winkels der 3 Gruppen war signifikant (p < 0,001). Bei der letzten Nachuntersuchung, die durchschnittlich nach 109 Tagen erfolgte (Gruppe 1 = 104 Tage, Gruppe 2 = 109 Tage, Gruppe 3 = 113 Tage), betrug der Wert des Alpha-Winkels > 60°: bei 91,3 % der Hüften der Gruppe 1, bei 62,5 % der Hüften der Gruppe 2 und bei 48,7 % der Hüften der Gruppe 3. (Abb. 1). In der statistischen Auswertung zeigte sich eine starke Korrelation (p < 0,001) zwischen der Alpha-Winkel-Zunahme (Azetabulumreifung) und dem Alter bei Diagnosestellung und Behandlungsbeginn (Abb. 2), während keine statistisch signifikante Korrelation zwischen Geschlecht (p = 0,81), betroffener Seite (p = 0,72) und Behandlungsdauer (p = 0,86) (Abb. 3) vorhanden war. Die Parametrisierung der Wachstumskurve des Azetabulums von den behandelten Typ-III-Hüften in unserem Patientengut ergab die Funktion:

? = f(t) = 33,34° + 31,66° * (1-e-t/9,348)

mit einer Halbwertszeit von 6,48 Wochen (Abb. 4).

Diskussion

Mit der Unterteilung des Patientenkollektivs unserer Studie in 3 verschiedene Säuglings-Altersgruppen konnte – bei der statistischen Verarbeitung der Ergebnisse – nachgewiesen werden, dass, bei gleicher Diagnose (Typ-III-Hüften) und gleicher Behandlung (Sitz-Hock-Stellung), die Säuglinge die besten Ergebnisse (91,3%) gezeigt haben, die bei Behandlungsbeginn jünger als 11 Lebenstage waren. Im Gegensatz dazu zeigten Säuglinge, die älter als 6 Wochen waren, nur in 48,7 % der Fälle normale Hüftwerte. Dieses statistisch signifikante Ergebnis (p < 0,001) ist der Nachweis, dass eine möglichst „frühe“ Frühbehandlung, d.h. innerhalb der ersten 11 Lebenstage, bei schweren Dysplasien eine sichere Behandlungsstrategie darstellt. Die Verzögerung des Therapiebeginns hat einen großen Einfluss auf den Therapieerfolg. Dies wird durch den exponentiellen Verlauf der Reifungskurve verdeutlicht, die in dieser Studie für Typ-III-Hüften parametrisiert wurde: In den ersten 6 Wochen ist die Tangente (Wachstumsgeschwindigkeit) der Reifungskurve steil, zwischen der 6. und der 18. Woche wenig ansteigend und nach der 18. Woche nahezu flach gestaltet (Abb 4a). Konkret heißt das, dass diejenigen dysplastischen Hüften nicht vom maximal möglichen Behandlungserfolg profitieren, die nicht so früh wie möglich behandelt werden. Das Erreichen einer korrekten Pfannenformgebung, die von einem Alpha-Winkel von > 60° definiert ist, ist eindeutig zeitabhängig. Nach einer ähnlichen durchschnittlichen Nachuntersuchungszeit (Gruppe 1 = 104 Tage, Gruppe 2 = 109 Tage, Gruppe 3 = 113 Tage) erwiesen sich in unserem Patientengut nur 9 % der in Sitz-Hock-Stellung behandelten Hüften von Gruppe 1 als noch unreif, während es in der Gruppe 3 mehr als die Hälfte waren.

Die Dauer der Behandlung war in den 3 Gruppen einheitlich. Eine direkte Korrelation zwischen der Therapiedauer und der knöchernen Pfannendachreifung war nicht vorhanden (p = 0,864). Dies ist dadurch erklärbar, dass nicht die Dauer der Therapie, sondern der Zeitpunkt des Therapiebeginns ausschlaggebend ist. Anders gesagt: Bei einer spät diagnostizierten schwer dysplastischen Hüfte ist weniger Heilungspotenzial zu erwarten. In dieser Weise ist die Signifikanz (p < 0,001) der Varianzanalyse (ANOVA) des erreichten Alpha-Winkels der 3 Gruppen zu beurteilen. Bei den Säuglingen, die die Therapie nach der 6. Woche begonnen hatten, wurde im Durchschnitt keine ausreichende knöcherne Pfannenformgebung erreicht (Alpha-Winkel = 59°).

Die mathematisch abgeleitete Halbwertzeit betrug in unserem Patientengut 6,48 Wochen; dies steht mit schon vorher publizierten Werten im Einklang [16,17]. Eine andere Charakteristik dieser Funktion ist, dass sich die Zunahme des Alpha-Winkels immer proportional zum Zielwert verhält: je unreifer die Hüfte, desto schneller wird sie wachsen, um den vorgegebene Zielwert zu erreichen. Dieses Phänomen wurde schon von Tönnis [18] empirisch beschrieben und wird dadurch charakterisiert, dass die gesunde oder physiologisch unreife Hüfte, unter gleichen Wachstumsbedingungen langsamer wächst.

In unserer Studie konnte nachgewiesen werden, dass Typ-III-Hüften in den ersten 6 Lebenswochen schnell reifen. Diese Studie hat aber auch nachgewiesen, dass Typ-III-Hüften sogar schneller reifen als physiologisch unreife Hüften [16, 17] ( Abb. 4a–b). Dieses Ergebnis ist einer erweiterten Diskussion würdig. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass unsere Typ-III-Hüften, im Vergleich zu physiologisch unreifen Hüften, einer Behandlung unterzogen worden sind. Die Behandlung in der Sitz-Hock-Stellung reduziert nach Matthiessen die schädigenden Scherkräfte und vermeidet damit den auf die Pfannenentwicklung schlechtesten biomechanischen Einfluss.

In dieser Studie hat sich die Behandlung in der Sitz-Hock-Stellung als eine wirksame Behandlungsmethode erwiesen. Die mechanischen Kräfte, die in dieser Stellung optimal, d.h senkrecht, auf die 3-dimensional geformte Wachstumsfuge der Pfanne ausgerichtet sind, haben auf die sehr empfindliche Neugeborenenhüfte, positiv gewirkt. Um jedoch nachweisen zu können, dass tatsächlich die optimale Stellung für das schnellere Pfannenwachstum verantwortlich ist und nicht etwas „Endogenes“, das in Typ-III-Hüften vorhanden wäre, wäre eine weitere Studie notwendig; man müsste in dieser Studie die Ausreifung der behandelten Typ-II-Hüften mit den unbehandelten, spontan ausgereiften Typ-II-Hüften konfrontieren, wie von Tschauner beschrieben [16, 17].

Wenn die behandelten Typ-II-Hüften eine noch steilere Kurve zeigen würden, müsste man annehmen dass die Sitz-Hock-Stellung auch bei diesen Hüften für eine schnellere Reifung verantwortlich ist. Eine weitere Studie, in der eine Kontrollgruppe mit unbehandelten Typ-III-Hüften geschaffen wird, ist aus ethischen Gründen nicht möglich. In dieser Studie wurde dagegen zum Vergleich bei der Nachuntersuchung die Gruppe der „restlichen“ kontralateralen Hüften aufgestellt. Wenn auch diese Gruppe aus dem selben Patientenkollektiv entstanden ist und somit keine genetischen Unterschiede im Reifungspotenzial aufweist, besteht sie aus der Summe verschiedener Hüfttypen (65 % gesunde Hüften I, IIa, 35 % Dysplasie-Hüften IIb, IIc und d) aus denen Durchschnittswerte kalkuliert worden sind. Dies vorausgesetzt, hat diese Gruppe im Durchschnitt, normale Hüftwerte erreicht (Abb. 5).

In einer zukünftigen Studie könnte die Ausreifung der Typ-IIc- und -d-Hüften analysiert werden und die eigenen Reifungskurven hergestellt werden.

Schlussfolgerung

Die retrospektive Analyse der Azetabulumreifung bei schweren Hüftdysplasie (Typ III nach Graf) die im Neugeborenenalter diagnostiziert und behandelt worden sind, hat Folgendes gezeigt:

Es besteht eine starke Korrelation zwischen der Alpha-Winkel-Zunahme (Azetabulumreifung) und dem Alter bei Diagnosestellung und Behandlungsbeginn; je jünger der Säugling, desto schneller die Ausreifung.

Wenn die Behandlung nach der 6. Lebenswoche begonnen wird, sind unvorhersehbare Ausheilungsergebnisse und eine limitierte Wirksamkeit der Behandlung zu erwarten.

Wenn die Behandlung vor dem 11. Lebenstag begonnen wird, sind in 91,3 % der Fälle nach durschnittlich 109 Tagen normale Alpha-Winkel-Werte zu erwarten, während es in der Altersgruppe ? 11 und < 42 Tagen 62,5 % sind und in der Altersgruppe ? 42 Tagen nur 48,7 %.

Es besteht keine Korrelation zwischen der Alpha-Winkel-Zunahme (Azetabulumreifung) und der Dauer der Behandlung: Eine längere oder verzögerte Behandlung stellt keine Garantie für eine normale Azetabulumentwicklung dar.

Die Reifungskurve des Azetabulums der behandelten Typ-III-Hüften zeigt ein exponentielles Wachstum in den ersten 6 Lebenswochen, das höher ist als das der sogenannten gesunden Hüften (Reifungskurven nach Tschauner und nach Matthiessen)

Die Behandlung in der Sitz-Hock-Stellung hat sich als sehr wirksam erwiesen.

Die Ergebnisse haben die Wirksamkeit und die Notwendigkeit einer Frühbehandlung der schweren Hüftdysplasie gezeigt. Eine schwere Hüftdysplasie sollte, wie auch immer, klinisch oder sonografisch, vor dem 11. Lebenstag diagnostiziert werden und unmittelbar danach behandelt werden.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

Dr. Maurizio De Pellegrin

Ortopedia Infantile

Università Vita-Salute

Ospedale San Raffaele

Via Olgettina, 60

I-20132 Milano

Italien

depellegrin.maurizio@hsr.it

Literatur

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10 Kim HT, Kim, J, Yoo CI: Acetabular development after closed reduction of developmental dislocation oft he hip. J Pediatr Orthop 2000; 20: 701–708

11 Senaran H, Bowen JR, Harcke HAT: Avascular necrosis rate in early reduction after failed Pavlik harness treatment of developmental dysplasia of the hip. J Pediatr Orthop 2007: 192–197

12 Woolacott NF, Puhan MA, Steurer J, Kleijnen J: Ultrasonography in screening for developmental dysplasia of the hip in newborns: systematic review. BMJ 2005; 330: 1413–1415

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15 Graf R: The diagnosis of congenital hip joint dislocation by the ultrasonic compound treatment. Arch Orthop Traumat 1980; 97: 117–33

16 Tschauner C, Klapsch W, Baumgartner A, Graf R: „Reifungskurve“ des sonographischen Alpha-Winkels nach GRAF unbehandelter Hüftgelenke im ersten Lebensjahr. Z Orthop Ihre Grenzgeb 1994; 132: 502–504

17 Matthiessen HD: Wachstum, Reifung und Dynamik im Säuglingshüftpfannendach-Experimentelle Untersuchungen an Wachstumsfugen. In: Konermann W, Gruber G, Tschauner C (Hrsg.): Die Hüftreifungsstörung. Steinkopf, Darmstadt 1999; 37–89

18 Tönnis D: Vergleichende Untersuchung zur Wiksamkeit von Orthesen und Gipsverbänden bei Hüftdysplasie. Multizenterstudie des Arbeitskreises für Hüftdysplasie der DGOT. In: Konermann W, Gruber G, Tschauner C: Die Hüftreifungstorung, Darmstadt: Steinkopff, 1999: 370–400

a)

b)

Fussnoten

1 Ortopedia Infantile, Università Vita-Salute, Ospedale San Raffaele, Milano

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