Übersichtsarbeiten - OUP 11/2014

Ergebnisse und Wiedererlangen der Sportfähigkeit nach proximaler Tibiafraktur beim Skifahren

Bei den Typ-A-Verletzungen waren fast alle knöcherne Kreuzbandausrisse. (Typ-A1.3- Frakturen: 93,0 %; Typ-A2-Frakturen: 4,7 %; Typ-A3-Frakturen: 2,3 %). Deswegen sind wir im Folgenden nur auf die Typ-A1.3-Verletzungen eingegangen.

Es lagen keine offenen knöchernen Verletzungen bei den A1.3-Verletzungen vor. Auch ein Kompartmentsyndrom oder eine Gefäß-/Nervenläsion konnte nicht gesehen werden. Die differenzierte Klassifikation nach Meyers und McKeever konnte in 39 von 40 Fällen eindeutig bestimmt werden. Die meisten Frakturen wurden als Typ II und Typ III klassifiziert (Abb. 4). Der Anteil der knöchernen hinteren Kreuzbandläsionen lag in unserem Kollektiv bei 23 %. Es wurden keine postoperativen Komplikationen festgestellt.

Typ-B-Frakturen

Über die Hälfte aller proximalen Tibiafrakturen waren unikondyläre Typ-B-Frakturen. Das laterale Tibiaplateau war fast ausschließlich betroffen. Nur 4 Frakturen betrafen die mediale Kondyle (eine Typ B1, eine Typ B2 und 2 Typ B3). 53 der 96 Frakturen waren Spalt-Impressionsfrakturen Typ B3. Männer waren bei den Typ-B1-Frakturen hauptsächlich betroffen, bei Typ B2 waren eher die Frauen häufiger betroffen. Schwere Begleitverletzungen wie ein Kompartmentsyndrom oder eine Gefäß-/Nervenläsion wurden nicht beobachtet.

Zwei Komplikationen nach operativ versorgten Typ-B3-Frakturen wurden festgestellt. Es handelt sich in einem Fall um eine tiefe postoperative Infektion, und in dem anderen Fall um eine allergische Reaktion auf die intraoperative Antibiotikagabe.

Typ-C-Frakturen

49 Patienten erlitten eine bikondyläre Verletzung der proximalen Tibia, wovon 94 % Typ-C3-Verletzungen waren. Bei einem Drittel der Patienten bestand ein begleitendes Kompartmentsyndrom, welches mit 4-Logen-Fasziotomie und temporärer Vakuumversieglung behandelt wurde. Eine Verletzung des N. peroneus wurde in 3 Fällen festgestellt und in einem Fall war die A. poplitea verletzt.

Postoperative Komplikationen wurden bei 11 Patienten festgestellt. Wundheilungsstörung war die häufigste Komplikation, welche bei einem medialen und lateralen Zugang häufiger auftrat (Abb. 5). Es konnten 123 Patienten mit dem Tegner Aktivitätsindex nachuntersucht werden (65 %). Der Aktivitätsindex nach Tegner hatte vor dem Unfall einen Wert von 6,1 Punkten bei allen Patienten. Im Follow-up war dieser bei den Typ-A-Verletzungen auf 4,56 ± 1,8 Punkte und bei den Typ B auf 4,6 ± 1,6 Punkte reduziert. Die Typ-C-Verletzungen waren mit 3,65 ± 1,5 Punkten signifikant (p = 0,002) schlechter im Vergleich zu den Typ-A-und B-Verletzungen. Die Rückkehr auf das vorherige Aktivitätsniveau war für Typ-B1- und B2-Verletzungen am besten und am schlechtesten für die komplexen C3-Verletzungen.

Diskussion

Über die Jahre gesehen nehmen die Verletzungen beim alpinen Skifahren ab, dagegen nimmt der Anteil der Knieverletzungen stetig zu [3, 2, 1]. Neben der fast schon klassischen Verletzung des vorderen Kreuzbands [9] werden in letzter Zeit vermehrt schwere knöcherne Verletzungen des Kniegelenks festgestellt [4, 5].

Die Ursache, warum es gerade beim Skifahren zu schweren Knieverletzungen kommt, ist vielschichtig. Ein Grund ist, dass die 2 Ski bei einem Sturz zu einer Rotationskomponente in den Knien führen können. Dieser Rotationsverletzungsmechanismus ist für die häufigste ligamentäre Gelenkverletzung im alpinen Skisport, die vordere Kreuzbandverletzung, beschrieben [9, 10, 11]. Es ist anzunehmen, dass der Verletzungsmechanismus für die knöcherne vordere Kreuzbandruptur AO A1.3 denselben Mechanismus hat. Warum es zu einem knöchernen Ausriss des Kreuzbands, und nicht zu einer ligamentären Verletzung kam, bleibt unklar. Für die differenzierte Unterteilung der knöchernen vorderen Kreuzbandrupturen wird die modifizierte Meyer-McKeever-Klassifikation verwendet [7, 6, 8]. Diese Klassifikation scheint im Hinblick auf das Osteosyntheseverfahren praktikabler. So wurde für die Frakturen, die einen soliden Knochenblock hatten, die Schraubenosteosynthese angewendet. Für die mehrfach frakturierten Formen, den Typ 4, wurde eine Augmentation verwendet. In der Literatur konnte keine Überlegenheit eines der beiden Verfahren gezeigt werden [12, 13, 14, 15].

Das Ergebnis des Tegner-Scores ist mit den in der Literatur beschriebenen vergleichbar gut [16, 13, 17, 18]. Was allerdings überrascht, ist, dass trotz der guten Ergebnisse doch fast zwei Drittel der Patienten eine Einbuße in ihren sportlichen Aktivitäten hinnehmen müssen.

Bei den unikondylären Verletzungen kommt es sehr häufig zu einer Beteiligung der lateralen Kondyle. Ein Grund ist, dass die Knochenstruktur der lateralen Kondyle schwächer ist als die medialen Kondyle [19, 20]. Außerdem begünstigt der Unfallmechanismus durch einen zusätzlichen Valgusstress [21] die Häufigkeit der Fraktur an der lateralen Kondyle. Die Stärke der Krafteinleitung ist im Zusammenhang mit den Frakturformen der unikondylären Frakturen und der begleitenden Band- und Meniskusverletzungen zu sehen [22, 23]. Beim Follow-up mit dem Tegner Aktivitätsindex war ein gutes Ergebnis zu beobachten. Schaut man aber differenziert auf die Rückkehr zu dem alten Sportniveau, sind frakturspezifische Unterschiede zu sehen. So konnte die Mehrheit der Patienten mit B1- und B2-Verletzungen zum alten Niveau zurückkehren und nur knapp ein Drittel der Patienten mir B3-Verletzungen.

Komplexe bikondyläre proximale Tibiafrakturen sind häufig mit einem hoch energetischen Unfall vergesellschaftet [24, 25]. Allerdings finden sich die gängigen Unfallmechanismen, wie Sturz aus großer Höhe oder Kollisionsunfälle nicht beim Skifahren. Hier liegt in den meisten Fällen ein Sturz ohne Fremdeinwirkung mit Verkanten des Skis vor [5].

Das 2-seitige Vorgehen wird bei kritischen Weichteilverhältnissen angewendet, um die postoperativen Wundkomplikationen zu reduzieren [25]. Bei der definitiven Versorgung wurden 2 Osteosynthesearten vergewendet. Wenn möglich, wurde die unilaterale Osteosynthese mit winkelstabiler Platte angewendet. Diese hat den Vorteil, die Weichteile zu schonen und weniger postoperative Infektionen zu verursachen [24, 26]. Allerdings kann mit dem unilateralen Zugang die mediale Kondyle häufig nur unzureichend reponiert und stabilisiert werden [26–29], sodass ein medialer und lateraler Zugang notwendig ist, trotz erhöhter Zugangsmorbidität. Der Anteil der postoperativen Komplikationen ist mit den publizierten Daten vergleichbar. Das Follow-up war signifikant schlechter als bei den Patienten mit Typ-A1.3- und Typ-B-Verletzungen. Der Tegner Score bei proximalen bikondylären Frakturen wurde nur in wenigen Studien erhoben [26, 30]. Dies liegt daran, dass die komplexen bikondylären Tibiafrakturen eher als Hochrasanztrauma gesehen und weniger in Verbindung mit dem Sport gebracht wurden. Aber gerade für einen sportlichen Patienten ist die Rückkehr in den Sport eine wichtige Frage. Dass nur ein Fünftel der Patienten wieder in den Sport zurückkehren konnten, unterstreicht die Schwere und die Bedeutung der proximalen bikondylären Tibiafrakturen im Skisport (Abb).

Schlussfolgerung

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