Originalarbeiten - OUP 10/2013

Erste Erfahrungen in der Anwendung von intraartikulärem Ropivacain nach Knietotalendoprothese in 1252 konsekutiven Fällen

Die Literatur zur intraarikulären Anwendung von Lokalanästhetika in der postoperativen Schmerztherapie der Knietotalendoprothesenoperation ist äußerst vielgestaltig und umfangreich. Gibbs und Co-Autoren [2] haben in einem Review-Artikel der gegenwärtigen Literatur im Jahr 2012 festgestellt, das bei 29 randomisierten Studien festzustellen war, dass eine Lokalinfiltration von Anästhetika direkt ins Knie während und am Ende der Operation eine sehr gute Schmerzreduzierung und eine sehr rasche Rehabilitation erlauben. Eine verbesserte postoperative Schmerztherapie sei damit in diesen Arbeiten nachweisbar gewesen. Dies sind in der Mehrzahl allerdings Arbeiten, die die Infiltration von Lokalanästhetika ins Gewebe durch Injektion beschreiben. Typische Vorgehensweise, insbesondere in den USA, ist es, ca. 100 ml 0,1 %iges Ropivacain mit 0,5 mg Adrenalin-Zusatz in die Weichteilgewebe vor Wundverschluss einzuspritzen. Manche Autoren verwenden auch bis zu 150 ml und bis zu 0,375 % mit oder ohne Adrenalinzusatz.

Durch Einsatz dieser Lokalanästhetika anstelle von Nervenblockaden beschreiben die amerikanischen Autoren eine raschere, komplikationsärmere Mobilisation der Patienten und eine frühere Möglichkeit, sie aus der Klinik zu entlassen [2, 3, 4]. Nur etwa 5–10 % der Patienten kamen mit dieser Art der Therapie nicht zurecht und bedurften zusätzlicher oraler Medikamente bis hin zu Opiaten.

Für Hüft- und Knieoperationen werden derartige Lokalanästhesie-Infiltrationen, insbesondere in der englischsprachigen und amerikanischen Literatur auch im Rahmen von Fast-Track- und Rapid-Recovery-Programmen beschrieben, zeigen allerdings auch einige Schwächen, da das Lokalanästhetikum ja nur kurze Zeit wirken kann, wenn es nur einmal gegeben wird. Ein liegender Katheter, der kontinuierlich Lokalanästhetikum abgibt, erschien uns wesentlich sinnvoller für eine schmerzfreie postoperative Phase, insbesondere in der oft so schmerzhaften Kniekehle, und bietet auch die Möglichkeit, unter sterilen Kautelen mit Bakterienfilter noch einmal 20–30 ml Ropivacain 0,375 %ig nachzuspritzen und damit bei Schmerzattacken ohne orale Medikamentation, ohne systemisch wirksame Opiate oder PCA-Pumpen auszukommen.

Zunächst haben uns die Komplikationen der femoralen Nervenblockade dazu veranlasst, andere Wege zu suchen. Diese Komplikationen sind bekannt und beschrieben, und wie oben genannt nicht zu unterschätzen [4, 5]. Auch die Kombination von Femoralis- und Ischiadicus-Nervenblock sind in verschiedenen Studien untersucht worden. Die Arbeit von Mahadevan und Co-Autoren [6] zeigt, dass die zusätzliche Anwendung eines Ischiadicus-Katheters keine weiteren Vorteile bringt, aber die Immobilisierung erhöht. Des Weiteren wird diskutiert, intraartikulär Tranexamsäure zu geben, natürlich um den Blutverlust zu reduzieren, aber es wird auch ein günstiger Einfluss auf die Schwellneigung, und damit auch auf den Schmerz nach einer Knietotalendoprothesenoperation beschrieben [7].

Wir haben im Juli 2010 deshalb mit einer Studie begonnen, die den intraartikulären Einsatz von Lokalanästhetikum mit einem Katheter kontinuierlich untersucht. Alle unsere bikondylären Knieprothesen erhielten diesen intraartikulären Katheter, und inzwischen zeigt auch die Literatur, dass in anderen Studien ähnlich günstige Erfahrungen gemacht werden [8, 9, 10].

Sehr interessant ist die prospektiv randomisierte Studie von Gómez-Cardero [8], der bei 25 Patienten 0,2 %iges Ropivacain mit 5ml/h intraartikulär einsetzte und bei 25 Patienten Placebo-Kochsalzlösung. Er konnte zeigen, dass alle Patienten, die das Verum 0,2 %iges Ropivacain intraartikulär erhielten, deutlich weniger postoperative Schmerzen in den ersten 3 postoperativen Tagen hatten. Der Krankenhausaufenthalt konnte signifikant reduziert werden und es gab auch keine Komplikationen, die auf den Katheter zurückzuführen gewesen wären. Die Autoren schließen deshalb, dass der Gebrauch einer Infusionspumpe effektiv ist, den postoperativen Schmerz reduziert und die direkte postoperative Rehabilitation begünstigt, den Patienten einen sehr hohen Komfort bietet und sicher eingesetzt werden kann. Hierzu konnten auch verschiedene Arbeiten zeigen, dass die Aufarbeitung des intra- und postoperativ gewonnen Bluts durch das Lokalanästhetikum nicht beeinträchtigt wird und eine sogenannte Re-Infusion des postoperativ auf der Wachstation gesammelten Bluts unbedenklich ist [11].

Bei einer Arbeit, die von Dale Williams im Journal of Arthoplasty publiziert wurde [9], konnten durch die Anwendung des intraartikulären Katheters keine besseren Ergebnisse erzielt werden. Allerdings muss man hier feststellen, dass die Autoren aus unserer Sicht eine viel zu geringe Flussrate hatten. 2 ml/h in ein großes Gelenk wie das Kniegelenk sind einfach nicht ausreichend. Wir mussten im Laufe unserer Untersuchungen feststellen, dass bei vielen Patienten selbst 5 ml von 0,375 %igem Ropivacain zu wenig sein können und ein Bolus nachgespritzt werden muss, und verwenden heute im Normalfall 8 oder 10 ml/h, was eine sehr gute Analgesie ergibt. Besonders hervorzuheben in diesem Zusammenhang ist der Artikel von Goyal, der den Chitranjan Ranawat Award 2012 gewann [10], der in einer randomisierten, placebokontrollierten Doppelblind-Studie prospektiv zeigen konnte, dass die intraartikuläre Gabe von 0,5 %igem Ropivacain eine sehr effektive postoperative Schmerztherapie bei Knietotalendoprothesenoperationen darstellt. Obwohl nur 5 ml/h in der typischen Technik mit einem elastischen Ballon intraartikulär gegeben wurden, konnte die Gruppe, die Ropivacain im Gegensatz zum Placebo Kochsalzlösung erhielt, eine deutliche Reduktion ihres Schmerzpegels postoperativ feststellen. Dies galt für den ersten und zweiten postoperativen Tag. Außerdem konnte ein Drittel der Opioide eingespart werden am Tag 1 und mehr als die Hälfte am Tag 2 und 3. Die Autoren kommen deshalb zu dem Schluss, dass Patienten, die eine K-TEP erhalten, mit einer kontinuierlichen intraartikulären Analgesie mit Lokalanästhetikum sehr gut versorgt werden können und eine sehr hohe Schmerzreduktion erfahren ohne die Nebenwirkungen, die durch Opiate oder Nervenkatheter auftreten. Auch in dieser Studie traten keinerlei Komplikationen auf, die Patienten konnten rascher mobilisiert werden und waren selbstständiger. Insgesamt ist dies also eine Möglichkeit, insbesondere bei Knieprothesen eine sehr gute Schmerztherapie postoperativ durchzuführen. Natürlich ist ein multimodales Konzept erforderlich. Es muss immer klar sein, was geschieht, wenn die intraartikuläre Schmerztherapie nicht ausreicht. Hier helfen die Konzepte der Rapid-Recovery-Programme sehr gut weiter, wie sie in Dänemark von Husted und Kollegen [12,13,14] und Kehlet [15] seit 10 Jahren perfektioniert wurden.

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