Übersichtsarbeiten - OUP 03/2014

Funktionelle sonografische Diagnostik bei fibularer Kapselbandläsion

Für die Stabilitätsprüfung des überwiegend vom LFC gesicherten Subtalargelenks wird der Kalkaneus vom Untersucher fixiert. Der Schallkopf verbleibt über dem in die Tiefe ziehenden LFC. Dann wird unter Sicht am Monitor ein Varus-Stresstest durchgeführt, der ein seitliches Aufklappen nachweisen lässt. Auch hier kann die Instabilitätsstrecke im Seitvergleich gemessen werden.

Lig. fibulotalare posterius (LFTP)

Das LFTP spielt in der Diagnostik keine relevante Rolle, da es meist nur bei seltenen, kompletten Sprunggelenkluxationen beteiligt ist, also weit schwereren Verletzungen.

Syndesmosenband lig. tibiofibulare anterius (LTFA)

Zunächst wird das Band, das von der Vorderseite des distalen Außenknöchels sehr steil zur Tibia zieht, nativ dargestellt. Liegt keine Unterbrechung vor, ist eine Instabilität der tibiofibularen Syndesmose höchst unwahrscheinlich. Jegliches Hämatom im Bandbereich (Abb. 10) deutet auf eine Verletzung der tibiofibularen Bandhaft hin, die dann dynamisch zu untersuchen ist. Die Stressuntersuchung erfolgt im tibiofibularen Transversalschnitt oberhalb des LTFA. Zunächst liegt das OSG in Spitzfußstellung. Unter Sicht auf den Monitor führt der Untersucher den Fuß und damit letztlich das OSG in maximale Eversion, Außenrotation und Dorsalextension und setzt somit die Syndesmose unter maximale Anspannung (Abb. 11). Bei Instabilität ist im Seitvergleich eine Aufweitung des tibiofibularen Abstands (Abb. 12) zu beobachten. Der so genannte Ring-down der durch den tibiofibularen Spalt dringenden Schallwellen demarkiert den Abstand.

Lig. calcaneocuboidale (LCC)

In der Praxis bedeutsam ist die Abklärung des seitlichen Abschnitts des unteren Sprunggelenks, des calkaneocuboidalen Abschnitts (CC). Zunächst erfolgt die Nativdarstellung dieses Gelenks, um ein lokales Hämatom, ein Hämarthros oder eine Diskontinuität des Bandes darzustellen. Das Band reißt meist proximal und oftmals knöchern ab (Abb. 13). Dann wird eine Unterbrechung der echogenen knöchernen Oberfläche des Kalkaneus sichtbar. Vor- und Mittelfuß des Patienten werden dann durch die freie Hand des Untersuchers fixiert und bei über dem CC-Gelenk liegenden Schallkopf unter Sicht am Monitor in Abduktion und Supination unter Stress gesetzt. Der straff gesicherte CC-Gelenkspalt weitet sich dabei im Seitvergleich mehr.

Os Metatarsale V

Der letzte Schritt der Abklärung der fibularen Strukturen erfolgt im LS über der Basis des Metatarsale V. Senkrechte Unterbrechungen der echogenen knöchernen Oberfläche sprechen für Fissur oder Fraktur. Knöcherne Ausrisse der kurzen Peronäalsehne können erfasst werden. Die wesentliche Differenzialdiagnose ist der flache, eher horizontal liegende Apophysenkern.

Diskussion

Verschiedene Gruppierungen wie die fußchirurgischen Gesellschaften und die Gesellschaft für orthopädisch-traumatologische Sportmedizin (GOTS) haben Algorithmen zur klinischen und bildgebenden Diagnostik fibularer Bandrupturen entworfen, den Stellenwert der Sonografie aber trotz der bereits publizierten Literatur unterschätzt [7, 8]. Die sonografische Abklärung auf fibulare Bandverletzungen oder Instabilität des Sprunggelenks hat, beginnend mit Schrickers und Hiens erster methodologischer
Studie [9] in Deutschland lange Tradi-
tion [10–17]. Allerdings hat sich bislang keine einheitliche Untersuchungstechnik durchgesetzt. Milz et al. definierten das MRT als Goldstandard und erreichten im hochauflösenden Ultraschall bereits 1998 Übereinstimmungen bei Verletzung (93 %) wie bei intaktem LFTA (83 %) bzw. für das LTFA 66 % bei MRT-gesicherter Verletzung und 91 % für intakte Bänder [18]. Neuere prospektive Untersuchungen zeigen sogar 100 % Übereinstimmung. Im MRT waren lediglich bei 2 von 25 Patienten weitere zusätzliche Bandläsionen erkennbar geworden [19].

Sonografie und Kernspintomografie sind beide in der Lage, sowohl einen posttraumatischen Gelenkerguss [2] sowie die Lokalisation der LFTA-Bandverletzung gleichermaßen gut darzustellen [20, 21]. Oae et al. und auch Hua et al. hatten als Goldstandard die konsekutive arthroskopische Evaluation definieren können, ohne therapeutische Konsequenz unter medizinethischen Gesichtspunkten mehr als diskutabel. Die Sonografie erreichte 91 % Richtigkeit, die MRT 97 % [21]. Auch Hua und Mitarbeiter konnten für die Sonografie sehr hohe Wertigkeit (95 % Richtigkeit, 98 % Sensitivität, 92 % Spezifität, 94 % positiver Vorhersagewert, 97 % negativer Vorhersagewert) finden [22]. Dies gilt noch mehr im Vergleich zur CT, einer für die primäre Anwendung bei Weichteilverletzungen und Gelenkinstabilität mittlerweile nicht mehr angewendete bildgebende Technik [23]. Retrospektiv an 28 akuten bzw. 50 chronischen Patienten erwies sich die Sonografie im Vergleich mit dem Goldstandard MRT für das LFTA in 85 % der akuten Verletzungen und 58 % bei chronischen Läsionen als übereinstimmend, auch im Hinblick auf die Differenzierung kompletter und partieller Läsionen. Für das LFC fanden sich deutlich geringere Übereinstimmungen von 67 bzw. 46 % [24].

Auch diverse knöcherne Begleitverletzungen bzw. spezifische Verletzungscharakteristika wie osteochondrale Bandausrisse oder Frakturen der Basis MT V konnten sonografisch ersterfasst werden. Die Sonografie wird aus diesem Grund als erste bildgebende Ergänzung der klinischen Untersuchung empfohlen [25]. Knöcherne Verletzungstypen sind radiologisch zu dokumentieren. Trotz unauffälligem Röntgenbild lagen bei 7/20 konsekutiven Kindern (5–13 Jahre) nach OSG-Distorsion periostale Veränderungen vor, die ein schwereres Trauma nachwiesen, als radiologisch zuvor erkannt wurde [26].

Die Sonografie hat den Vorteil, die Bandverletzung unmittelbar und sehr akkurat darzustellen. Sogar die Teilstrukturen des Bands und die Ausdehnung der Bandverletzung sind sonografisch exakt abgrenzbar. Voraussetzung ist allerdings – wie in allen Bereichen der Medizin zu fordern – ausreichend Erfahrung des Untersuchers [20].

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