Originalarbeiten - OUP 10/2013

Ganzkörperhyperthermie mit wassergefilterter Infrarot-A-Strahlung bei Patienten mit axialer Spondyloarthritis

Unsere Studie untersuchte die mittelfristige Wirkung einer milden Infrarot-A-Ganzkörperhyperthermie im Rahmen einer 3-wöchigen stationären rheumatologischen Rehabilitationsmaßnahme über einen Zeitraum von 3 Monaten nach Beendigung der Rehabilitation. Analysiert wurden 2 Interventionsgruppen (eine bzw. 2 Hyperthermie-Anwendungen pro Woche, jeweils zusätzlich zum rehabilitativen Standardprogramm) im Vergleich mit einer Kontrollgruppe, die das rehabilitative Standardprogramm ohne zusätzliche Infrarot-A-Ganzkörperhyperthermie absolvierte.

Eine Limitation unserer Studie liegt zweifellos in der fehlenden Randomisierung, auf die aufgrund der erfahrungsgemäß ausgeprägten Präferenzen der Patienten (für oder gegen eine Hyperthermie-Behandlung) mit folglich zu erwartender geringer Teilnahmebereitschaft, verzichtet wurde. Eine Verzerrung der Ergebnisse im Sinne einer Überschätzung der Effekte kann aufgrund der anzunehmenden positiven Einstellung und Erwartungserhaltung der Patienten, die mit Ganzkörperhyperthermie behandelt werden wollten, nicht ausgeschlossen werden. Auch die fehlende Verblindung und die fehlende Placebo-Kontrolle sind potenziell verzerrende Faktoren und müssen in diesem Zusammenhang erwähnt werden. Allerdings sind die letztgenannten Standards der Arzneimittelforschung aufgrund der Art der Interventionen in der Rehabilitationsforschung kaum zu realisieren. Insbesondere eine Wärmeapplikation kann nicht verblindet werden, da das Temperaturempfinden nicht eliminierbar ist. Die denkbare Einführung einer Niedrigdosis-Kontrollgruppe in einer Studie zur Hyperthermie bei FMS wurde verworfen [10], da zum einen theoretisch nicht zu trennen war, ob es sich um eine Scheintherapie oder doch um eine Aktivtherapie handelt und sich zum anderen in der praktischen Durchführung eine deutliche Behandlungszeitverlängerung und häufig frierende Patienten zeigten, was die Compliance negativ beeinflusste [10, S. 83].

Den genannten Nachteilen des Studiendesigns hinsichtlich der internen Validität steht eine höhere externe Validität gegenüber, da im Klinikalltag die aufwendige Ganzkörperhyperthermie auf absehbare Zeit optionalen Charakter behalten und nicht von jedem geeigneten Patienten wahrgenommen werden dürfte, wie die langjährige Erfahrung zeigt. Die klinische Routine in einer Rehabilitationsklinik ist somit gut abgebildet. Da zudem eine Strukturgleichheit der Studiengruppen in allen wesentlichen beschreibenden Merkmalen erreicht wurde, halten wir die Ergebnisse unserer Untersuchung für hinreichend aussagekräftig.

Vor diesem Hintergrund erwies sich die Behandlung mit 2 Hyperthermie-Anwendungen pro Woche gegenüber den anderen beiden Studiengruppen in unserer vergleichenden Kontrollgruppenstudie als überlegen hinsichtlich der mittelfristigen Schmerzreduktion (mittlerer Effekt). Die Lendenwirbelsäulenbeweglichkeit (Schober-Test) verbesserte sich in beiden Interventionsgruppen während der Rehabilitation deutlicher als in der Kontrollgruppe (mittlerer Effekt). Krankheitsaktivität (BASDAI) und Funktionskapazität (FFbH) profitieren tendenziell, aber nicht signifikant von der höher dosierten Ganzkörperhyperthermie mit 2 Anwendungen pro Woche. Bei den untersuchten Laborwerten CRP und BSG zeigten sich keine Vorteile der Interventionsgruppen gegenüber der Kontrollgruppe, wobei hier allerdings schon bei Aufnahme nur vereinzelt erhöhte Werte vorlagen, sodass für die untersuchten Kollektive wenig Verbesserungsspielraum bestand. Die Interventionsgruppe mit nur einer milden Infrarot-A-Ganzkörperhyperthermie pro Woche verbessert sich lediglich im Schober-Test gegenüber der Kontrollgruppe.

Mangels vergleichbarer Studien lassen sich die vorliegenden Ergebnisse kaum einordnen. Lange et al. [11] fanden in ihrer Untersuchung der milden Hyperthermie durch ein Überwärmungsbad bei Patienten mit Spondyloarthritis keine signifikante Änderung des Kortisols, der Gesamtlymphozyten und deren Subpopulationen. Sie folgern, dass der durch eine systemische Hyperthermie hervorgerufene (und durch die Autoren nicht infrage gestellte) Besserungseffekt somit nicht durch einen Anstieg des Kortisolspiegels mit daraus resultierender Immunsuppression verursacht sein dürfte. Oosterveld et al. [12] untersuchten die Wirkung einer Infrarot-Sauna auf Patienten mit rheumatoider Arthritis und ankylosierender Spondylitis. Es zeigten sich kurzfristig signifikante Verbesserungen bezüglich Schmerz und Steifheit durch eine Therapieeinheit. Schmerz, Steifheit sowie Müdigkeit verringerten sich auch über die gesamte 4-wöchige Behandlungsperiode, allerdings war hier keine statistische Signifikanz zu verzeichnen. Matrai und Ernst berichten positive hämorheologische und klinische Effekte (subjektive Befindlichkeit, Analgetikaverbrauch, Beweglichkeit der Wirbelsäule) von Überwärmungsbädern bei Patienten mit ankylosierender Spondylitis, die sich „als über die Therapiephase hinaus persistent“ erwiesen [7]. Tarner et al. [13] fanden in ihrer Untersuchung einer milden Ganzkörperhyperthermie durch ein Überwärmungsbad bei Patienten mit ankylosierender Spondylitis eine signifikante Reduktion aller Zytokine um 40–50 %. Als grundsätzlich vorteilhaft gilt, dass die Muskulatur so gelockert wird, dass anschließende Bewegungstherapien effektiver sind.

Bisherige praktische Erfahrungen, Schlussfolgerungen aus der Grundlagenforschung [14] und die Ergebnisse der wenigen Studien zum Themenkreis belegen vor allem den kurzfristigen Nutzen der Ganzkörperhyperthermie unmittelbar nach Ende der Therapie. Unsere Studie zeigt darüber hinaus, dass sich durch serielle Anwendung (6 Einheiten in 3 Wochen) der wassergefilterten Infrarot-A-Ganzkörperhyperthermie im Rahmen einer stationären multimodalen Rehabilitationsbehandlung auch bis 3 Monate nach Reha-Ende eine Schmerzreduktion erzielen lässt. Da gleichzeitig keine bedenklichen Nebenwirkungen zu verzeichnen waren, darf der Einsatz der wassergefilterten Infrarot-A-Ganzkörperhyperthermie im Rahmen einer stationären medizinischen Rehabilitation wegen ankylosierender Spondylitis als sinnvoll angesehen werden. Allerdings bedarf es mindestens 2 Hyperthermie-Anwendungen pro Woche. Dass die größeren Veränderungen der Interventionsgruppe mit 6 Anwendungen hinsichtlich Krankheitsaktivität und körperlicher Funktionskapazität nicht signifikant wurden, dürfte nicht zuletzt der noch zu geringen Fallzahl geschuldet sein. Es muss weiteren Studien vorbehalten bleiben, unsere Ergebnisse an größeren Stichproben in randomisierten Designs zu überprüfen sowie Varianten der Wärmedosis und der Therapiefrequenz zu untersuchen.

 

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

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