Übersichtsarbeiten - OUP 04/2021

Geniculare arterielle Embolisation (GAE) zur Schmerztherapie bei der Gonarthrose
Anatomie, Technik und Evidenz

Japanische Arbeitsgruppen bevorzugen Flüssigembolisate, die nur partiell über Stunden zu einem Gefäßverschluss führen. Andere europäische Arbeitsgruppen haben gute Ergebnisse mit permanenten Partikelembolisaten nachgewiesen, wie sie z.B. auch in der Leber verwendet werden. Hierbei ist die Partikelgröße von entscheidender Bedeutung. Diese sollte nach aktuellem Kenntnisstand zwischen 300–500 µm liegen, da diese Partikel die zuführenden kleinen Arterien zuverlässig verschließen, jedoch die Mikrostrombahn offen lassen und so nicht zu Nekrosen führen bzw. das Risiko dafür hochgradig reduzieren. Neuere Arbeiten haben auch ein gutes Sicherheitsprofil für Partikelgrößen von 100–300 µm ergeben (Little [20]), sodass aufgrund der tieferen Penetration dieser Partikel in die Synovia diese Partikel in Zukunft mehr Verwendung finden werden und von uns auch bereits verwendet werden.

Da sich die Durchleuchtung während des angiographischen Vorgangs wesentlich auf die nicht besonders strahlensensitiven Kniestrukturen erstreckt, ist die Strahlenbelastung bei einem technisch nicht komplizierten Eingriff gering bzw. vertretbar. Anschließend kann das Kathetersystem entfernt und die Punktionsstelle in der Leiste verschlossen werden.

Der Patient sollte mindestens einen Tag Bettruhe waren, die Durchblutung der Haut um das Kniegelenk ist in den ersten 24 Stunden zu überwachen. Insgesamt ist der Aufwand des Eingriffs bei einem erfahrenen Untersucher zu vergleichen mit einer Ballonaufdehnung/Stentimplantation im Bereich der Kniearterien, sofern keine komplizierte Gefäßanatomie vorliegt.

GAE bei Hämarthros

Die o.g. Technik wurde zunächst beim persistierenden Hämarthros klinisch angewendet.

Waldenberger et al. (2012) [37] untersuchten 22 Männer und 13 Frauen mittleren Alters von 57 Jahren, bei denen eine Embolisation aufgrund eines Hämarthros durchgeführt wurde. Die Ursachen waren in 9 Fällen postarthroskopisch, in 3 Fällen posttraumatisch, in 18 Fällen nach einer Arthroplastik und in 2 Fällen nach einer Sepsis und in 2 Fällen aufgrund einer ausgeprägten Osteoarthrose und bei einem Patienten bei einem Marfan-Syndrom. Die technische Erfolgsrate lag bei 100 % und es fanden sich keine technikzugehörigen Komplikationen. Der klinische Erfolg lag bei 93,4 %. Zwei Patienten zeigten einen rezidivierenden Hämarthros.

GAE nach Knieendoprothese

Nach knieendoprothetischer Versorgung verbleiben 20 % der Patienten mit anhaltenden Beschwerden. Die Urachen hierfür sind vielfältig (Infektion, Fehlimplantationen, asepstische Lockerung, periprothetische Frakturen, ligamentäre Instabilitäten, Neurome, extra-articuläre Probleme der Hüfte oder der LWS, CRPS) [13, 24, 28]. Trotz intensiver Abklärung verbleiben leider 10–15 % ohne erklärliche Ursache [13, 28].

In einer neuen Untersuchung [10] versuchten die Autoren mittels eines strikten Algorithmus (Algorithmus nach Jones) 8 mögliche Ursachenkomplexe für Knieprobleme nach knieprothetischem Ersatz abzuklären und die jeweils diagnostische und therapeutischen Implikationen herzuleiten. Die Autoren untersuchten 105 Patienten mit 112 Knien, die mehr als 6 Monate nach der Implantation einer Knieprothese über anhaltende Probleme klagten. Erstaunlicherweise konnten sie sogar in 94 % der Fälle eine definitive Diagnose erstellen. In einem Drittel der Fälle lagen so genannte periartikuläre Schmerzen vor. Hier wurde Quadrizepsschwäche, ein iliotibiales Bandsyndrom, ein Pes anserinus-Syndrom oder Schleimbeutelreizungen als Ursachen erkannt. Die zweithäufigste Diagnose waren Implantatlockerungen mit 21 % und daneben spielten Abrieb mit 8 % und Infektionen mit 5 %, ligamentäre Instabilitäten mit weniger als 3 % oder eine Malpositionierung des Implantates mit weniger als 2 % eine nachgeordnete Rolle. Es wurden jedoch auch kniegelenksferne Schmerzgeneratoren, wie beispielsweise von der LWS oder der Hüfte, in einem erheblichen Anteil gefunden.

Nach knieendoprothetischer Versorgung liegt eine Vielzahl von Untersuchungen vor, bei denen eine GAE durchgeführt wurde [17]. Insgesamt finden sich 24 Studien mit 91 Patienten, bei denen 99 Embolisationen durchgeführt wurden. Die mittlere Zeit zwischen Prothesenimplantation und Embolisation war 32,2 Monate mit einer technischen Erfolgsrate von 99 %. In 10 % fand sich ein klinisches Rezidiv. 8 der 10 Patienten ließen eine erneute Embolisation zu, ohne ein weiteres Rezidiv zu erleiden.

Chau et al. [7] beschrieben 4 Patienten mit anhaltenden Beschwerden nach KTEP. Bei allen Patienten fanden sich abnormale Neogefäße. Einen Monat nach der GAE verbesserte sich der Knee injury and Osteoarthritis Outcome Score (KOOS) von 39 auf 82. Die Autoren schlussfolgerten, dass die GAE zu einer Abnahme der chronischen Inflammation und dem Wachstum von unmyelinisierten sensorischen Nervenfasern führt.

Barrientos et al. [5] berichten über die Behandlung von Hämarthros nach Knie Endoprothese. Pow et al. [29] berichten ebenfalls über 25 Patienten mit einem Hämarthros nach Knieendoprothese. Die Embolisation war in 93 % der Fälle erfolgreich. In 25 % zeigte sich ein Rezidiv.

GAE bei Hämophilie

Obaji et al. [26] untersuchten die selektive angiographische Embolisation bei Hämophilie-Patienten. In ihrer Publikation finden sich 6 Patienten mit moderater oder ausgeprägter Hämophilie. Es wurde eine Reduktion von Faktor-8-Infusionen in Höhe von 34,2 % in den nachfolgenden 24 Monaten dokumentiert. Insgesamt berichten die Autoren über eine signifikante Beeinflussung der Lebensqualität und eine erhebliche Kostenreduktion. Potenzielle Risiken und Komplikationen stellen Infektionen und Hautchemie dar [3].

GAE bei Osteoarthrose des Kniegelenkes

Okuno et al. [27] berichteten über die ersten klinischen Erfahrungen mit der Embolisation bei milden und moderaten Knieosteoarthrosen beim Menschen. Insgesamt 14 Patienten wurden behandelt. Es fanden sich keine unerwünschten Wirkungen. Der WOMAC-Gesamtscore verbesserte sich von 47,3 ± 5,8 auf 11,6 ± 5,4 nach 1 Monat und nach 4 Monaten auf 6,3 ± 6,0. Diese Verbesserung hielt sich bis zum abschließenden Nachuntersuchungszeitraum nach 12 ± 5 Monaten (Range 4–19 Monate). In 2017 wiederholten Okuno et al. ihre Studie mit 72 Patienten (95 Kniegelenken) mit einem Kellgren-Lawrence Grad I–III. Die Schmerz-Scores verbesserten sich deutlich in Relation zum präinterventionellen Schmerz (12,1) wie folgt:

  • 1. Monat: 6,2
  • 4. Monat: 4,4
  • 6. Monat: 3,7
  • 12. Monat: 3,0
  • 24. Monat: 2,6
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