Übersichtsarbeiten - OUP 04/2023

Hüftarthroskopie und konservative Therapie bei der Hüftarthrose
In welchen Fällen ist das erfolgversprechend, was ist wesentlich, um zu guten Ergebnissen zu kommen, was können wir erwarten?

Zusammenfassend sollte uns bewusst sein, dass neben einer optimierten knöchernen Korrektur auch die Nutzung von Möglichkeiten zum Erhalt der Gelenklippe und bei jüngeren Patientinnen und Patienten auch eine Knorpeltherapie für das klinische Outcome unserer Patientinnen und Patienten vorteilhaft sein kann. Auch hier gilt die Regel: Je frühzeitiger die Therapie, desto erfolgreicher.

Was können wir erwarten?

Bei geringgradigen degenerativen Gelenkschäden ist der Nutzen der knöchernen Impingementkorrektur erwiesen. Studien, Registerdaten und systematische Reviews zeigen für Ausgangssituation mit dem Grading I nach Tönnis signifikante Verbesserungen für die Hüftfunktion, für die Lebensqualität und Schmerzwahrnehmung sowie auch hohe Return-to-sports-Raten [2, 31, 33, 47, 54, 81]. Einige Studien weisen darauf hin, dass das operative Vorgehen einem konservativen Vorgehen überlegen ist [31]. Erwähnenswert ist eine Matched-pair-Analyse nach einer arthroskopischen Impingementoperation aus Chicago. Hier zeigten die von Patientinnen und Patienten mit einer milden Arthrose (Tönnis Grad I) gegenüber mit Patientinnen und Patienten ohne Arthrose (Tönnis Grad 0) über ein Minimum-Follow-up von 5 Jahren keine Unterschiede in den jeweils exzellenten Outcome-Scores. [15]. Ebenso gibt es Patientinnen und Patienten, die bei mittel- und höhergradigen Arthrosen überwiegend eine Impingementsymptomatik aufweisen. Aus unserer Erfahrung sind die Patientinnen und Patienten bei solchen Konstellationen noch vglw. körperlich aktiv, sodass das biologische Alter als jung eingestuft werden kann. Anhand der Literatur kann auch in solchen Fällen die Hüftarthroskopie abgewogen werden. Hierzu gibt es einige Studien mit sehr unterschiedlichen Nachuntersu-chungszeiträumen:

Eine prospektive Untersuchung evaluierte sehr detailliert das klinische Follow-up 2 Jahre nach Hüftarthroskopie bei 75 Patientinnen und Patienten. Vierzig Prozent wiesen einen Grad II nach Tönnis und 60 % eine I-gradige Arthrose auf. Ein Viertel der Patientinnen und Patienten zeigte bereits eine Gelenkspaltweitenminderung auf weniger als 2 mm. Hier war bei 5 Patientinnen und Patienten (6,7 %) eine Prothesenimplantation nötig. Die anderen zeigten einen signifikanten Anstieg in den unterschiedlichen Outcome-Scores inkl. aller Subitems wie Schmerzen, Hüftfunktion, allgemeine körperliche Aktivität, Lebensqualität, Patientinnen-/Patientenzufriedenheit etc. [75]. Eine vglw. große Fallserie untersuchte 564 Patientinnen und Patienten nach einem mittleren Folllow-up von 3,2 Jahren. Fünfundzwanzig Prozent wiesen eine III-gradige Arthrose nach Tönnis, 55 % eine II-gradige und 20 % eine I-gradige Arthrose auf. Hier war bei 16 % der Patientinnen und Patienten die Implantation einer Endoprothese nötig [34]. Phillipon et al. beschrieben eine Fallserie mit einem Durchschnittsalter von 57 Jahren (Range: 50–78 Jahre) nach ca. 4,5 Jahren. Zwei Drittel hatten eine Arthrose Grad I–III nach Tönnis. Hier war in 20 % der Fälle eine Endoprothese erforderlich. [67].

Zusammenfassend liegen bei arthrotischen Veränderungen Grad I–III die Raten für im weiteren Verlauf nötige Prothesenimplantationen nach arthroskopischen Korrekturoperationen nach 2–5 Jahren zwischen 8 und 20 %. Eine vor wenigen Wochen veröffentlichte irische Studie untersuchte eine Serie Coxarthrosepatienten nach Hüftarthroskopie und einem Langzeit-Follow-up von 10 Jahren. Hier war bei mittel- bis höhergradigen Arthrosen (Tönnies Grad II) nach 10 Jahren bei 32 % und bei schweren Arthrosen (Grad III) bei knapp 75 % der Fälle eine Endoprothese erforderlich. Insgesamt zeigten 78 % der II- und III-gradigen Arthrosen, bei denen die Endoprothese vermieden wurde, nach 10 Jahren ebenso gute Outcome-Scorings wie die Kontrollgruppe ohne (Grad 0) bzw. mit geringen (Grad I) Arthosenbefunden. Ist die Hüftarthroskopie also erfolgreich, so zeigen sich demnach erstaunlich gute klinische Langzeitergebnisse. Es wurde geschlussfolgert, dass auch höhergradige Arthrosen für Hüftarthroskopien anstelle von Endoprothesen berücksichtigt werden sollten [20].

Die bereits erwähnte Studie von Phillipon et al. zeigte, dass eine Gelenkspaltweite < 2 mm der einzige signifikante Prädiktor ist, um das Risiko für eine nachfolgend nötige Prothesenimplantation abzuschätzen [67]. Dieser einfache Zusammenhang, wonach bei einer Verminderung der Gelenkspaltweite auf weniger als 2 mm sowohl das klinische Outcome einer Hüftarthroskopie als auch die Konversionsrate zu einer Hüftendoprothese zunimmt, wurde in einigen weiteren Studien und Metaanalysen bestätigt [16, 58, 65, 80]. Somit empfiehlt sich dies als einfaches Hilfsmittel, um die Prognose einer Hüftarthroskopie abzuschätzen.

Fazit

Zusammenfassend zeigt sich, dass bei niedrig- und mittelgradigen Arthrosen bei anamnestischen, klinischen und radiologischen Befunden eines Hüftimpingement die Hüftarthroskopie erfolgreich sein kann. Für diese Verfahren gilt: Je früher, desto besser. Ebenso sind konservative Therapien und insbesondere die Kombination einer konservativen Therapie und einer Hüftarthroskopie von hohem Interesse. Letztlich bedarf jede Arthrosepatientin/jeder Arthrosepatient einer individuellen Abwägung eines rein konservativen Vorgehens, einer gelenkerhaltenden Operation oder einer Endoprothese.

Interessenkonflikte:

L.V. von Engelhardt: Aufwandsentschädigungen für Vorträge oder Einsätze als Instruktor bei Operationskursen von den Firmen Corin und Arthrex.

J. Jerosch: Beraterhonorare von den Firmen Corin und Implantcast; Aufwandsentschädigungen für Vorträge und Einsätze als Instruktor von der Firma Corin.

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Lars Victor

Baron von Engelhardt

Landesklinikum Horn

Spitalgasse 10

A-3580 Horn

Österreich

larsvictor@hotmail.de

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