Übersichtsarbeiten - OUP 05/2015

Intraartikuläre Therapie der Arthrose

F. Kleimenhagen1, J. Stöve1

Zusammenfassung: In der Komplexbehandlung der Osteoarthrose sind intraartikuläre Injektionen mit
Kortikoiden, Hyaluronsäure und plättchenreichem Plasma Bestandteil konservativer Therapiestrategien. Nach umfassender Aufklärung und Einwilligung des Patienten erfolgt die Injektion des Medikaments bzw. Arzneimittels streng aseptisch unter sterilen Kautelen. Die intraartikuläre Kortikoidinjektion ist besonders bei Osteoarthritiden mit akut entzündlicher Komponente zu empfehlen. Die Kombination mit Lokalanästhetika ist bei deren nachgewiesener Chondrotoxizität insbesondere in Frühstadien der Arthrose zu überdenken. Für die intraartikuläre Hyaluronsäuretherapie konnten Studien geringe analgetische und funktionsverbessernde Effekte im Vergleich zur Placebogruppe nachweisen. Für die intraartikuläre Therapie mit plättenreichem Plasma konnte
eine Meta-Analyse bei deutlichen Mängeln der eingeschlossenen Studien eine Schmerzreduktion im Vergleich zur Placebo- bzw. Hyaluronsäuregruppe nachweisen. Aufgrund der heterogenen Datenlage sprechen die Fachgesellschaften in den Leitlinien zur konservativen Gonarthrosetherapie der
intraartikulären Therapie mit Hyaluronsäure und plättenreichem Plasma keine Empfehlung aus.

Schlüsselwörter: Intraartikuläre Therapie, Kortikoide, Hyaluronsäure, plättenreiches Plasma

Zitierweise
Kleimenhagen F, Stöve J. Intraartikuläre Therapie der Arthrose.
OUP 2015; 05: 259–263 DOI 10.3238/oup.2015.0259–0263

Summary: Intraarticular injections of corticoids, hyaluronic acid and platet rich plasma are part of conservative therapy of osteoarthitis. After patient information and informed consent the intraarticular injection is administered under aseptic and sterile precautions. In inflammatory osteoarthritis the intraarticular injection of corticoids is recommended. The combined treatment with local anaesthetics should be reconsidered especially in treatment of low stage osteoarthritis due to its chondrotoxicity. Compared to placebo only few analgetic effects and functional improvements could be shown after intraarticular injection of hyaluronic acid and platet rich plasma. Due to heterogenous studies current guidelines do not issue recommendation for intraarticular therapy with hyaluronic acid or platet rich plasma for the therapy of osteoarthritis.

Keywords: Intraarticular therapy, corticoids, hyaluronic acid,
platet rich plasma

Citation
Kleimenhagen F, Stöve J. Intraarticular therapy of Osteoarthritis
OUP 2015; 05: 259–263 DOI 10.3238/oup.2015.0259–0263

Einleitung

Die weltweit häufigste Gelenkerkrankung des erwachsenen Menschen ist die Osteoarthrose. Die Weltgesundheitsorganisation rief aufgrund der großen Bedeutung der Arthrose für das Gesundheitssystem die Jahre 2000 bis 2010 zur Knochen-und-Gelenk-Dekade aus. Etwa 30 % der Erwachsenen zeigen radiologische Zeichen der Arthrose, wobei etwa ein Drittel davon klinisch relevante Symptome vorweisen [1, 2]. Die Rate der Arthrose steigt proportional mit dem Lebensalter mit einer Inzidenz der symptomatischen Kniegelenkarthrose im Stadium Kellgren-Lawrence ? 2 von etwa 1 % ab dem 70. Lebensjahr [3]. Das Lebenszeitrisiko an einer symptomatischen Kniegelenkarthrose zu erkranken wird mit 45 % angegeben [4].

In Zeiten knapper werdender Ressourcen und steigender Kosten ist ein wirkungsvoller multimodaler Therapieansatz besonders wichtig. In der Komplextherapie der Osteoarthrose sind neben allgemeinen Verhaltensregeln, Physiotherapie, orthopädietechnischer Versorgung und physikalischer Therapie, die systemische, lokale und intraartikuläre medikamentöse Therapie sinnvolle konservative Behandlungskonzepte.

Ziele dieser Therapien sind, einerseits Beschwerden des Patienten zu lindern, andererseits Funktionen zu verbessern. Ist die systemische medikamentöse Therapie insuffizient oder kontraindiziert, können lokale intraartikuläre Injektionen analgetisch und antiphlogistisch zur Symptomreduktion eingesetzt werden. Darüber hinaus ist eine Verlangsamung des progredienten Arthroseprozesses durch intraartikuläre Injektionen i.S. der Chondroprotektion bislang nicht zweifelsfrei nachgewiesen.

In einem systematischen Review von Gallagher et al. [5] konnte nur eine der drei randomisierten, placebokontrollierten Studien zur intraartikulären Hyaluronsäureinjektion, welche die Einschlusskriterien der Übersichtsarbeit erfüllte, einen chondroprotektiven Effekt nachweisen [33]. Dieser Effekt konnte für die intraartikuläre PRP-Therapie in keiner Studie der Übersichtsarbeit gefunden werden [5].

Die vorliegende Übersicht soll die intraartikuläre Therapie als einen Bestandteil der multimodalen Osteoarthrosetherapie genauer beleuchten.

Intraartikuläre Injektion

Die intraartikuläre Injektion von verschiedenen Wirkstoffen ist insbesondere bei der Behandlung chronischer Erkrankungen sinnvoll. Im Gegensatz zur systemischen medikamentösen Therapie mit ihren individuellen systemischen Nebenwirkungen und Beschränkungen, ermöglicht die Gelenkinjektion eine gezielte, überwiegend lokal begrenzte, Therapie. Weitere Vorteile sind die hohe Konzentration des Medikaments in der Synovia ohne vorherige Diffusion durch die Synovialmembran sowie die Applikationsmöglichkeit größerer Moleküle.

Die Leitlinie „Hygienemaßnahmen bei Intraartikulären Punktionen und Injektionen“ formuliert die nötigen Bedingungen zur intraartikulären Injektionstherapie [6]. Demnach muss der Patient vor dem Eingriff über das Behandlungsverfahren und dessen Erfolgsaussichten und Risiken sowie über Arzneimittel- bzw. Medikamentenwahl mittels eines standardisierten Aufklärungsbogen aufgeklärt worden sein und eingewilligt
haben. Zeigt der Patient im Injektionsgebiet Hautschäden oder pyogene Hauterkrankungen, ist auf eine Injektion zu verzichten. Die räumlichen Anforderungen richten sich nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts für kleinere invasive Eingriffe. Während der
Vorbereitung sowie zum Zeitpunkt der Injektion sollte die Anzahl der im Raum befindlichen Personen sowie Gespräche auf ein Minimum beschränkt sein. Steril verpackte Instrumente und Materialen sollten erst unmittelbar vor der Injektion geöffnet werden. Das Injektionsfeld sollte ausreichend freigelegt werden, um Kontaminationen durch Kleidungsstücke zu vermeiden und anschließend im Sprüh- oder Wischverfahren satt mit einem Hautantiseptikum benetzt werden. Die Einwirkzeit muss mindestens eine Minute betragen, herstellerabhängig ggf. auch länger. Vor dem Eingriff sollte Kleidung, von der eine Infektionsgefahr ausgeht, abgelegt, anschließend eine hygienische Händedesinfektion bis in Höhe des Ellenbogens durchgeführt und sterile Handschuhe angelegt werden. Kommt es bei dem Injektionsprozess zu einem Spritzenwechsel (Dekonnektion), ist darüber hinaus ein Einweg-Mund-Nasen-Schutz zu verwenden. Die Applikation des Medikaments erfolgt mittels steriler Einmalkanülen und steriler Einmalspritzen.

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