Übersichtsarbeiten - OUP 05/2015

Intraartikuläre Therapie der Arthrose

Hygienefehler durch Missachtung der Asepsis können gravierende Folgen wie purulente Arthritiden nach sich ziehen. Als Ursachen hierfür können durch die Kanüle verschleppte besiedelte Hautstanzen sowie die physiologisch erschwerte Infektabwehr in abgegrenzten Gelenkhöhlen gelten. Die postpunktionelle Infektrate bei Kortisoninjektion ins Kniegelenk wird mit 1: 3.000–50.000 [7] angegeben und liegt bei immunkompromittierten Patienten noch höher.

Kortikoide

Die intraartikuläre Steroidtherapie ist insbesondere bei fortgeschrittenen Osteoarthritiden mit akut entzündlicher Komponente aufgrund ihrer antiphlogistischen und antiproliferativen Wirkung indiziert. Zahlreiche Studien konnten die positiven Effekte der intraartikulären Kortikoidtherapie, insbesondere in der adjuvanten Kurzzeittherapie der Gonarthrose, nachweisen. Die Ergebnisse wurden von den Fachgesellschaften in ihren Empfehlungen berücksichtigt [8, 9].

Durch Hemmung der Phospholipase A blockieren Kortikoide die Umwandlung der Membranphospholipide in Arachidonsäure und somit deren Derivate Prostaglandin E2 und Leukotriene. Prostaglandin E2 ist indirekt an der Sensibilisierung der Schmerzrezeptoren beteiligt und sorgt durch Erhöhung der Gefäßpermeabilität der Synovia für Ödem- und Ergussneigung. Leukotriene wirken darüber hinaus chemotaktisch auf Leukozyten [10] und stimulieren die Freisetzung lysosomaler Enzyme und die Bildung freier Sauerstoffradikale. Kortikoide wirken zudem antiproliferativ durch Reduzierung der pathologischen Kapillar- und Fibroblasteproliferation und konsekutiven Kollagen- und Narbenbildung sowie durch verminderte Expression chondrodestruktiver Matrixmetalloproteinasen [11].

Grundsätzlich werden die Kortikoide nach ihrer Kristallgröße und intraartikulären Verweildauer charakterisiert. Wasserlösliche Präparate wirken schneller und kürzer als Kristallsuspensionen und verursachen seltener kristallinduzierte Entzündungsreize. In der pharmakologischen Therapie der symptomatischen Gon- und Coxarthrose wird die intraartikuläre Kortikoidtherapie von der ACR [9] empfohlen. Gleichwohl sind Fälle von kortikoidinduzierter Hüftkopfnekrose post injectionem beschrieben [12].

Die schmerzlindernde und funktionsverbessernde Wirkung der Steroide ist bei entzündlichen Arthritiden länger als bei degenerativem Gelenkverschleiß [13]. Die Injektionen sollten dabei auf vier pro Jahr beschränkt werden, da neben den genannten positiven Eigenschaften auch ein negativer Einfluss auf den Proteoglykan-Stoffwechsel nachgewiesen wurde [14].

Der analgetische Effekt ist zudem nur für einen kurzen Zeitraum von ca. einer Woche statistisch nachweisbar [15]. Die Kombination mit Lokalanästhetika ist zwar allgemein verbreitet, jedoch aufgrund der nachgewiesenen zeit- und dosisabhängigen Chondrotoxizität in Kritik geraten [16] und sollte besonders in den Frühstadien der Arthrose überdacht werden.

Bei der Anwendung intraartikulärer Kortisoninjektionen ist strengstens auf die geforderten Hygienemaßgaben zu achten, da aufgrund ihrer immunsuppressiven Eigenschaften bestehende Infekte verschleiert werden oder u.U. sonst folgenlose Kontaminationen zu einem Gelenkinfekt führen können.

Hyaluronsäure

Natriumhyaluronat, das Salz der Hyaluronsäure, erfüllt als langkettiges Polysacharid aufgrund seiner besonderen physikochemischen Merkmale zahlreiche Funktionen in der Extrazellularmatrix und bei intrazellulären Prozessen. Insbesondere tribologische Eigenschaften, zum Beispiel enorme Wasserbindungskapazität, Druckbeständigkeit und Strukturviskosität, sind für ein physiologisches Gelenkspiel unverzichtbar.

Hinsichtlich ihres Molekulargewichtes werden Präparate mit niedrigem (500–730 kD), mittleren (800–2000 kD) und hohem Molekulargewicht (>6.000 kD) sowie hinsichtlich ihrer animalischen oder bakteriellen Herkunft unterschieden.

Das Molekulargewicht der natürlichen synovialen Hyaluronsäure beträgt ca. 7.000 kD und liegt in einer Konzentration von ca. 2–4 mg/ml vor. Im Zuge der natürlichen Arthroseprogredienz verringern sich die hyaluronsäurespezifischen Eigenschaften durch Abnahme von Konzentration und Molekulargewicht [17]. Studien konnten bisher keine signifikante Überlegenheit von intraartikulär applizierter Hyaluronsäure mit hohem Molekulargewicht gegenüber Präparaten mit niedrigem Molekulargewicht nachweisen. Zudem konnte eine Meta-Analyse den Hyaluronsäuren mit niedrigem Molekulargewicht eine signifikant geringere Nebenwirkungsrate, wie Schmerzen, Schwellung, Wärme bis hin zu Entzündungsreaktionen attestieren [18].

Neben den tribologischen Eigenschaften der Hyaluronsäure werden weitere modulierende Effekte auf Entzündungsmediatoren [19] und nozizeptive Vorgänge im Rahmen der Osteoarthritis diskutiert. So konnte eine signifikante Senkung der dauerhaften und bewegungsinduzierten Stimulationsfrequenz von Schmerzrezeptoren nachgewiesen werden [20]. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Hyaluronsäure die Prostaglandin- und Bradykininsynthese hemmt und Einfluss auf den Substanz-P-Stoffwechsel hat [21].

Der Großteil der Hyaluronsäurehersteller stellt die tribologischen, physikalischen Eigenschaften der Hyaluronsäure im Sinne der Viscosupplementation in den Vordergrund, was zur Zuordnung zu den Medizinprodukten führte. In der Schweiz gelten alle Hyaluronsäurepräparate als Medizinprodukte. In Deutschland handelt es sich lediglich bei einem einzigen Präparat (Hyalart) um ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel, welches jedoch von der Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen und daher nur als individuelle Gesundheitsleistung angeboten wird.

In der Regel werden die Präparate insgesamt 3–5 mal in wöchentlichen Abständen in das betroffene Gelenk injiziert. Die schmerzlindernde Wirkung setzt im Vergleich zu Kortikoidinjektionen erst protrahiert nach ca. 4 Wochen ein, ist jedoch den Kortikoiden 8 Wochen post injectionem überlegen [22]. Bei einer produktabhängigen Halbwertszeit der intraartikulär applizierten Hyaluronsäureprodukte zwischen 17 und 36 Stunden sind diese langfristigen klinischen Effekte noch nicht ausreichend verstanden.

Meta-Analysen konnten zeigen, dass durch intraartikuläre Hyaluronsäure-Supplemetierung signifikante Verbesserungen des WOMAC-Indexes mit einer Schmerzreduktion von bis zu 54 % sowie Funktionsverbesserungen von bis zu 32 % erreicht werden konnten [15]. Im Vergleich zur intraartikulären Kochsalz-Injektion, welche aufgrund des Placeboeffektes allein eine Schmerzreduktion von ca. 30 % erreicht, sind diese Effekte jedoch gering [23]. Zudem stützt sich die positive Bewertung der Autoren auf mehrere methodisch mangelhafte Studien und hat aufgrund von Interessenkonflikten des Autors einen deutlichen Bias.

Die Datenlage resultiert größtenteils aus der intraartikulären Hyaluronsäuretherapie der Gonarthrose. Die intraartikuläre Hyaluronsäureanwendung bleibt umstritten. Daher können anerkannte Fachgesellschaften (ACR, OARSI, AAOS) aufgrund uneinheitlicher Studienergebnisse keine eindeutige Empfehlung zur intraartikulären Hyaluronsäuretherapie aussprechen [8, 9, 23].

Plättchenreiches Plasma

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