Übersichtsarbeiten - OUP 01/2017

Intraoperative Bildgebung bei der Versorgung komplexer Gelenkfrakturen

Jochen Franke1, Benedict Swartman1, Paul A. Grützner1

Zusammenfassung: Die intraoperative Bildgebung mit mobilen C-Bögen revolutionierte die unfallchirurgischen Versorgungsmöglichkeiten, besonders im Bereich der Gelenkfrakturen. Sie ermöglichte die schnelle und einfache Kontrolle von Frakturreposition und Implantatlage sowie die dynamische Untersuchung von anatomischen Regionen. Durch ihren Einsatz wurden in Folge auch vermehrt minimalinvasive Operationstechniken etabliert. Einen weiteren Meilenstein stellt die dreidimensionale Bildgebung dar, die aufgrund der unmittelbaren intraoperativen Qualitätskontrolle im Gelenkbereich Folgeeingriffe vermeiden kann. Die Versorgungsqualität von komplexen Gelenkfrakturen und hierdurch das klinische und radiologische Langzeitergebnis können durch diese Fortschritte nachweislich verbessert werden.

Die technischen Möglichkeiten, die Software-Applikationen für Bildverstärker, bildgeführte Chirurgie und Computernavigation bieten, werden weiter zu einer Verbesserung der Ergebnisse beitragen.

Schlüsselwörter: Intraoperative Bildgebung, bildgeführte
Chirurgie, Navigation, 3D-Scan, Gelenkrekonstruktion,
intraoperative Revisionsrate

Zitierweise
Franke J, Swartman B, Grützner PA: Intraoperative Bildgebung bei der Versorgung komplexer Gelenkfrakturen.
OUP 2017; 1: 019–025 DOI 10.3238/oup.2016.0019–0025

Summary: Therapeutic options in traumatology especially in the field of joint fractures have been revolutionized by intraoperative imaging. At first, intraoperative fluoroscopy allowed minimally invasive operation techniques, as well as dynamic examination of the operated structures in order to evaluate fracture reduction and implant position. Yet another mile stone was three-dimensional imaging, which prevents further revision surgery due to immediate intraoperative quality control in the joint region. Technical possibilities of software applications for image intensifiers and navigated procedures are unlimited nowadays. Quality of treatment in complex joint fractures in terms of radiologic results and clinical long term outcome can be verifiably improved by this technical progress.

Keywords: Intraoperative imaging, image guided surgery,
navigation, 3D Scan, joint reconstruction, intraoperative
revision rate

Citation
Franke J, Swartman B, Grützner PA: Intraoperative imaging in the treatment of complex joint fractures.
OUP 2017; 1: 019–025 DOI 10.3238/oup.2016.0019–0025

Einleitung

Die intraoperative Bildgebung nimmt in der heutigen Zeit eine wesentliche Rolle bei der Versorgung von komplexen Gelenkfrakturen ein. Technisches Grundgerüst ist der mobile C-Bogen, der aufgrund seines Designs vielseitig anwendbar ist. Der Nutzen der Anwendung ist auf der internationalen wissenschaftlichen Bühne vielfach belegt, dies spiegelt sich auch in der Verbreitung der 3D-fähigen motorisierten C-Bögen wider. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts revolutionierte die intraoperative zweidimensionale Bildgebung die Versorgungsmöglichkeiten unfallchirurgischer Verletzungen. Unter dynamischer Durchleuchtung konnten Repositionsergebnisse sowie Implantatlage während der Operation beurteilt und ggf. Konsequenzen direkt gezogen werden. Die offen-chirurgische Darstellung der knöchernen Strukturen konnte in Folge in vielen Fällen durch bildgestützte minimalinvasivere Techniken ersetzt werden. Der Vorteil liegt in der Reduktion von aufwendigen weichteiligen Präparationen sowie der Entstehung großer Wundflächen.

Die Bedeutung der intraoperativen 3D-Bildgebung resultiert aus der Limitierung der Möglichkeiten der zweidimensionalen Bildgebung. Konventionelle Röntgenbilder oder sogar die zweidimensionale Durchleuchtung lassen nicht immer eine korrekte Einschätzung des Repositionsergebnisses und/oder der Implantatlage zu [1–3]. Gerade im Bereich der Gelenke liegen häufig komplexe anatomische Strukturen vor, die aufgrund ihrer teilweise in mehreren Ebenen konkaven oder konvexen Oberfläche nur schwer im Strahlengang einzustellen und auf der resultierenden 2D-Projektion zu beurteilen sind. Beispiele hierfür sind das obere und untere Sprunggelenk, das Knie- und auch das Handgelenk. Die dreidimensionale Evaluation vermag hierbei eine eindeutige Position der Implantate sowie eine verlässliche Aussage über die Reposition der gelenkbildenden Anteile zu treffen.

Die Frage, ob der erhöhte logistische und finanzielle Aufwand beim Einsatz der 3D-Bildgebung gerechtfertigt ist, ist bereits in zahlreichen Studien beantwortet. Anzahl und Art der intraoperativen Konsequenzen aus der 3D-Bildgebung im Sinne intraoperativer Revisionen sind ein anschauliches Maß für den Nutzen des Verfahrens. Das Ergebnis des intraoperativen 3D-Scans veranlasst in 7–43 % zur unmittelbaren Konsequenz im Sinne eines Optimierungsversuchs des Ergebnisses [4–8]. Würde alternativ zur intraoperativen 3D-Bildgebung eine postoperative Computertomografie durchgeführt werden, wäre zur Optimierung des OP-Ergebnisses eine weitere Operation notwendig. Da die anatomische Rekonstruktion von Gelenkfrakturen die nachweislich besten Langzeitergebnisse erzielt, ist diese immer das Ziel einer operativen Versorgung komplexer Gelenkfrakturen.

Aus ökonomischer Sicht ist laut Hüfner et al. die Anschaffung und Betreibung eines mobilen C-Bogens mit der Option der dreidimensionalen Bildgebung unter Berücksichtigung aller Kosten ab einer intraoperativen Revisionsrate von 5 % rechnerisch lohnend [9].

Die zentralen Fragen, die mittels intraoperativer 3D-Bilgebung geklärt werden können, sind:

Ist die Gelenkfläche adäquat rekonstruiert?

Ist die Implantatlage korrekt?

Durch den Einsatz der intraoperativen Bildgebung sollen die Qualität der Osteosynthese komplexer Gelenkfrakturen erhöht und Revisionen im Sinne zusätzlicher operativer Eingriffe vermieden werden. Ziel ist durch Verhinderung der posttraumatischen Arthrose die Verbesserung des Langzeit-Outcomes des Patienten.

Perspektivisch ermöglichen zunehmend Software-Erweiterungen, die als Applikationen auf den Rechner des Bildverstärkers installiert werden, Unterstützung bei der Bedienung des Geräts und auch der Operationen. Die Entwicklungen in diesen Bereichen sind rasch und werden durch die ständige Verbesserung der Hardware zusätzlich unterstützt.

2D-Bildgebung

Grundlagen zum Strahlenschutz

Die Strahlenbelastung einer Durchleuchtungsaufnahme ist geringer als die eines konventionellen Röntgenbilds. Aufgrund der einzuhaltenden Lebenshöchstdosis steht allerdings das bedienende Personal durch seine wiederkehrende Exposition im Fokus der Strahlenschutzmaßnahmen. Generell gilt das Abstandquadrate-Gesetz, welches besagt, dass der Betroffene bei einem doppelten Abstand von der Strahlenquelle lediglich einem Viertel der Dosis ausgesetzt ist. Das Tragen von Schutzkleidung im Sinne von Bleischürzen, Schilddrüsenkragen, Bleiglasbrillen und eventuell auch Bleihandschuhen ist essenziell. Darüber hinaus muss aber auch bei der Bedienung der Geräte einiges beachtet werden. Von 1000 Photonen, die dem Patienten zugeführt werden, erreichen lediglich 20 den Detektor, 100–200 werden als Streustrahlung abgelenkt. Der Rest wird vom Patienten absorbiert. Die Streustrahlung stellt somit für den Bediener des Geräts das größte Problem dar. Sie entsteht hauptsächlich an der der Strahlenquelle zugewandten Seite des Patientenkörpers. Somit sollte der Bediener immer die Position am Detektor des C-Bogens einnehmen, bzw. der Detektor oberhalb des Patienten platziert werden, während sich die Strahlenquelle unter dem Tisch befindet (Abb. 1).

Proximaler Humerus

Die operative Versorgung des Humeruskopfs ist für die Darstellung der Möglichkeiten, die die zweidimensionale Bildgebung mit einem mobilen C-Bogen bieten kann, ein gutes Beispiel. Aufgrund der Neigung des Glenoids von ca. 20° nach anterior ist für eine adäquate Einsicht in das Gelenk eine Projektion mit einer Ausrichtung des Zentralstrahls entlang dieser Gelenkfläche erforderlich. Die exakte Einstellung von Gelenkflächen ist der wesentliche Vorteil der dynamischen Durchleuchtung. Hierbei wird unter Sicht der C-Bogen so lange geschwenkt, bis die gewünschte Projektion erreicht ist. Eine genaue Kenntnis der Anatomie ist hierbei essenziell, um überflüssige Strahlung zu vermeiden.

Ein weiterer Vorteil ist die Darstellung der kompletten sphärischen Kontur des Oberarmkopfs bei der Kontrolle bezüglich einer intraartikulären Schraubenlage. Hierbei besteht die Dynamik der Untersuchung darin, den Oberarmkopf zu rotieren, während der C-Bogen stationär die Position hält. Auf diese Weise kann eine die subchondrale Kortikalis überschreitende Schraubenlage sicher ausgeschlossen werden.

Distaler Radius

Anders stellen sich die Verhältnisse beim distalen Radius dar. Die radiale Gelenkfläche des Radiokarpalgelenks ist in 2 Ebenen konkav. Eine Darstellung der Gelenkfläche in einer Projektion ohne knöcherne Überlagerung ist in diesem Fall unmöglich. Allerdings kann man sich auch beim distalen Radius die anatomischen Winkel zunutze machen: Die Inklination der radialen Gelenkfläche in Richtung palmar beträgt ca. 10–15°, die Neigung nach ulnar ca. 20–30°. Auch hier gilt der Grundsatz, für eine optimale Darstellung des Gelenks bzw. der Gelenkflächen des distalen Radius den Zentralstrahl auf diese Winkel auszurichten. In der Praxis bedeutet dies, dass das Handgelenk bei stationärem C-Bogen im entsprechenden Winkel in den Strahlengang gehalten werden muss. Das gleiche Vorgehen gilt für die saubere Einstellung des distalen Radioulnargelenks, diese wird durch Rotation des Handgelenks erreicht. Alternativ ist natürlich auch eine entsprechende Bewegung des C-Bogens möglich.

3D-Bildgebung

Allgemeines

Zum Nachweis einer Relevanz der intraoperativen 3D-Bildgebung wird in aller Regel die intraoperative Revisionsrate bestimmt. Dies ist die Rate der als Ergebnis des 3D-Scans durchgeführten Optimierungsversuche. Somit können durch dieses bildgebende Verfahren potenziell operative Folgeeingriffe vermieden werden. Beispielsweise publizierten Kendoff et al. 2009 eine intraoperative Revisionsrate von 19 % bei der bis dahin größten veröffentlichten Fallzahl von 248 Patienten. Hierbei wurden 8 verschiedene anatomische Regionen eingeschlossen [10]. Verteilt auf die einzelnen anatomischen Regionen, die naturgemäß unterschiedliche Anforderungen an Reposition und Operateur stellen, sind die Fallzahlen jedoch insgesamt gering. Die Evidenz vergleichbarer Studien bietet aufgrund dessen Raum für Diskussion. Obwohl veröffentlichte Untersuchungen mit höheren Fallzahlen zunächst fehlten, gaben die bisherigen Daten Hinweise auf das Ausmaß der intraoperativen Revisionsrate. 2012 publizierten v. Recum et al. Revisionsraten bezogen auf die Versorgung in unterschiedlichen anatomischen Regionen. Die Gesamtfallzahl betrug hierbei in einem Zeitraum von 8 Jahren 1841 Scans, die höchsten Revisionsraten zeigten sich beim Calcaneus mit 40,3 % (von insgesamt 377 Scans), beim oberen Sprunggelenk mit 30,9 % (von insgesamt 243 Scans) und beim Pilon tibiale mit 29 ,0 % (von insgesamt 124 Scans) [11].

Oberes Sprunggelenk

Frakturen des oberen Sprunggelenks stellen mit 9 % aller Frakturen des menschlichen Körpers die häufigste Fraktur der unteren Extremität dar. Bei 11 % dieser Frakturen liegt eine traumatisch bedingte Verletzung der Syndesmose mit konsekutiver Instabilität vor. Bei akuten Instabilitäten der Syndesmose ist die korrekte Reposition der distalen Fibula in die Incisura tibiofibularis notwendig, um das Risiko einer posttraumatischen Arthrose zu verringern [12–18]. Meist wird zur Stabilisierung eine Stellschraube verwendet. Die korrekte Einstellung wird unter Durchleuchtung in den 3 Standardebenen a.p., seitlich und einer 15–20° innenrotierten Aufnahme („Mortise view“) überprüft [1, 3, 14, 18, 19]. Zur Beurteilung der Reposition scheint neben dem „tibiofibularen overlap“ und dem „medial clear space“ insbesondere die Weite der Syndesmose selbst, der „tibiofibular clear space“, der relevante Parameter zu sein [2, 20]. Eine Vielzahl von Studien haben jedoch gezeigt, dass mit Hilfe der Standardebenen nicht in allen Fällen eine korrekte Aussage über die Reposition der Knöchelgabel getroffen werden kann [1, 3, 20–24]. Die erweiterte Diagnostik durch eine Kernspintomografie lässt zwar die Beurteilung der bandhaften Anteile der Syndesmose zu [24], die Einstellung der distalen Fibula in der Inzisur sowie die Gesamtheit des oberen Sprunggelenkskomplexes jedoch nicht [25]. Die verlässlichste Beurteilung ist mittels Computertomografie möglich [1]. Erbringt diese einen verbesserungswürdigen Befund, sollte eine operative Revision in Betracht gezogen werden.

Richter et al. berichteten 2005 von ersten Ergebnissen der intraoperativen Kontrolle der Reposition nach Stellschraubenplatzierung bei Syndesmosenverletzungen mit einem 3D-Bildwandler im Rahmen von OSG-Frakturen Typ Weber C. Die Stellschraube bzw. das Repositionsergebnis wurden in 3 von 7 Fällen revidiert (43 %) [6]. 2009 wiederholten die Autoren die Studie unter Einschluss mehrerer anatomischer Regionen und 62 Patienten. Hierbei wurde in Bezug auf Weber-C-Frakturen erneut eine Revisonsrate von 43 % angegeben. Es wurde allerdings wieder nur von 7 Patienten berichtet [7].

Ursache für die Fehlstellung der distalen Fibula in der Inzisur ist die seltener einzelne oder meist kombinierte Verletzung der 4–5 bandhaften Anteile der Syndesmose, die im Normalfall eine stabile Verbindung zwischen Tibia und Fibula gewährleistet. Laut Evaluation von van den Bekerom et al. kann eine Syndesmoseninstabilität intraoperativ mittels Haken-Test nach Cotton zuverlässig nachgewiesen werden [26].

In einer Studie von Franke et al. wiesen 251 (11 %) von 2286 operativ behandelten Sprunggelenksfrakturen eine mittels intraoperativem Hakentest diagnostizierte instabile Syndesmose auf [27]. In allen Fällen wurde nach Reposition und Fixation der Syndesmose zunächst eine Kontrolle mittels zweidimensionaler Bildgebung in den Standardebenen durchgeführt. Ergab diese ein zufriedenstellendes Ergebnis, schloss sich zur Komplettierung der Diagnostik ein 3D-Scan an.

Ein korrektes Repositionsergebnis wurde anhand folgender Kriterien definiert:

  • 1) In den axialen Rekonstruktionen ist auf einen harmonischen Abschluss des Vorderrands der Fibula mit dem Pilon tibiale entlang einer gedachten elliptischen Linie zu achten. Die korrekte Einstellung der distalen Fibula in der Inzisur muss in Bezug auf Topografie und Weite des Syndesmosenspalts überprüft werden. Die einzustellende Ebene sollte dabei 1 cm oberhalb der tibialen Gelenkfläche liegen. Etwas weiter distal, auf Höhe der Malleolen, sollten die Gelenkspalten zwischen Talus und jeweiligem Malleolus gleich weit sein. Die korrekte Rotation des Außenknöchels äußert sich in einer kongruenten Stellung der Malleolen in Bezug auf die talaren Gelenkflächen.
  • 2) In den koronaren Rekonstruktionen muss die Weite der Gelenkspalte zwischen Talus und den Malleolen jeweils gleich sein. In dieser Ansicht kann die korrekte Länge der Fibula anhand der knöchernen Landmarken („Weber-Nase“) beurteilt werden.
  • 3) Die sagittalen Rekonstruktionen werden vor allem in Ergänzung zu den beiden vorherigen Rekonstruktionen für die Beurteilung der korrekten Implantatlage und des korrekten Repositionsergebnisses verwendet.

Aufgrund des Ergebnisses der 3D-Bildgebung erfolgte in 32,7 % aller Fälle eine direkte Revision. Gründe für die intraoperative Revision waren bei 25,5 % aller Fälle eine unzureichende Reposition der Syndesmose, in 5,2 % eine unzureichende Frakturreposition und in 2,0 % eine korrekturwürdige Implantatlage.

Fersenbein

Bei komplexen anatomischen Strukturen wie dem Fersenbein stößt die Beurteilbarkeit der zweidimensionalen Bildgebung noch schneller an ihre Grenzen. Rübbert et al. konnten zeigen, dass durch konventionelle Durchleuchtung bei der operativen Versorgung von intraartikulären Fersenbeinbrüchen zwei Drittel der Gelenkfläche der posterioren Facette nicht ausreichend zu beurteilen sind. Somit ist der Operateur zur Qualitätskontrolle der Versorgung auf eine postoperative Schnittbildgebung angewiesen. Eine erneute Reposition wurde von insgesamt 82 Fällen in 7,3 %, eine Korrektur der Implantatlage in 14,6 % durchgeführt [8]. 2009 berichteten Geerling et al. bei insgesamt 32 Fällen mit Kalkaneusfrakturen von einer intraoperativen Revisionsrate von 41 % nach 3D-Scan [5]. Im eigenen Kollektiv wurde unter 377 operativ behandelten Kalkaneusfrakturen bei 152 (40,3%) eine intraoperative Revision nach Anwendung der 3D-Bildgebung durchgeführt [28]. Diese Zahlen belegen den Nutzen der 3D-Bildgebung bei der Rekonstruktion der kalkanearen Gelenkflächen. Doch wie relevant ist das Repositionsergebnis?

Mit dieser Fragestellung analysierten Franke et al. die 3D-Scans der 377 Kalkaneusfrakturen und erhob klinische Daten der Patienten mit einem Follow-up-Intervall von 46 Monaten. Dabei wurde festgestellt, dass nicht in allen Fällen eine stufen- oder spaltfreie Reposition gelungen war. Das Kollektiv wurde in 2 Gruppen unterteilt, die anhand von radiologischen Repositionskriterien in gute und schlechte Reposition unterschieden werden konnten:

Gruppe 1: Die Gelenkflächen zeigten eine gelungene anatomische Rekonstruktion, bzw. wiesen eine geringe Stufen- oder Spaltbildung < 2 mm auf.

Gruppe 2: Die Gelenkflächen beinhalteten eine oder mehrere verbliebene Stufen oder Spalten von ? 2 mm.

Die Auswertung des klinischen Ergebnisses erfolgte mittels AOFAS-Score und Bestimmung des Arthrosegrads nach Kellgren und Lawrence. Unter anderem wurde eine multivariate Regressionsanalyse des klinischen Ergebnisses durchgeführt, um den Einfluss von sonstigen Faktoren auf das Ergebnis zu evaluieren. Hier stellte sich die Zuordnung zur jeweiligen Gruppe als hochsignifikanter Parameter mit Auswirkung auf den AOFAS-Score heraus (p < 0,001). Dabei erzielten die Patienten aus Gruppe 2, also mit einem nicht zufriedenstellenden Repositionsergebnis, im Vergleich zu Gruppe 1 unter Konstanthaltung der anderen erklärenden Variablen im AOFAS-Score im Mittel 13 Punkte weniger [28].

Applikationen

Allgemeines

Neue Entwicklungen in der Hardware ermöglichen immer speziellere Softwareangebote für die Geräte zur bildgestützten Chirurgie. Eine der jüngsten Errungenschaften ist die Flachdetektortechnologie. Sie ist Voraussetzung für eine für viele Anwendungen erforderliche Bildqualität sowie den entsprechenden Bildausschnitt. Die Vorteile des Flachdetektors sind eine bessere Auflösung, geringere Bildverzerrung, besserer Kontrast, bis zu 25 % größerer Bildausschnitt, geringere Strahlenbelastung, schnellere Bildakquise sowie die Möglichkeit der Weichteildarstellung. Auf diesem Gebiet gibt es verschiedene Anbieter, die neben mobilen auch stationäre Geräte im Portfolio haben (Abb. 2).

Skeptiker der intraoperativen 3D-Bilddgebung und der bildgeführten Chirurgie beklagen häufig einen hohen zusätzlichen Zeitaufwand durch die Anwendungen, eine vermehrte Strahlenbelastung für Patienten und Personal sowie einen hohen Aufwand bei der Integrierung der Systeme in den alltäglichen operativen Workflow. Technologische Fortschritte sowie die Entwicklung von Applikationen sollten darauf ausgelegt sein, die Handhabung für den Benutzer zu vereinfachen und intuitiv zu gestalten.

Schraubendetektion

Ein Beispiel für eine Applikation für den 3D-fähigen mobilen C-Bogen ist die automatische Schraubendetektion. Schrauben werden bei einer Vielzahl von Osteosynthesetechniken verwendet. In Verbindung mit der 3D-Bildgebung sind sie v.a. bei Wirbelsäuleneingriffen, Tibiakopf-, Pilon-, Kalkaneus- oder distalen Radiusfrakturen von Bedeutung. Eine genaue Beurteilung der Schraubenlage kann im 3D-Scan durch Einstellen von 2 orthogonalen Ebenen auf die Schaftachse der Schraube erfolgen. Die bisherige Problematik bei der manuellen Einstellung der Schrauben stellen der zusätzliche Zeitaufwand, die erforderliche Erfahrung im Umgang mit der Software sowie das notwendige gute räumliche Vorstellungsvermögen dar. Das Ziel der Applikation ist somit die vereinfachte und beschleunigte Beurteilung des Operationsergebnisses durch automatische Schraubendetektion. Vorteile sind die kürzere Dauer der Bildbearbeitung und die daraus resultierende kürzere OP-Zeit sowie die vereinfachte Bildbeurteilung mit gegebenenfalls verbesserter Behandlungsqualität und gegebenenfalls geringerer Revisionsrate

Görres et al. entwickelten einen Algorithmus zur Erkennung zylindrischer Objekte in einem dreidimensionalen Bilddatensatz (Abb. 3). Hierbei wurden eine Sensitivität von 96,1 % und eine Spezifität von 97,5 % erreicht. 50 Datensätze mit insgesamt 309 Schrauben wurden ausgewertet, das entspricht 2–9 Schrauben pro Datensatz. Der Endpunktfehler lag bei 1,0 mm (± 1,2), der Winkelfehler bei 1,6° (± 2,2°) [29].

Automatische Standardebenen

Die Darstellung der intraoperativ generierten Bilddaten ermöglicht eine freie Einstellung aller Ebenen im Datenvolumen. Dies ist auch notwendig, da im Gegensatz zum CT oder MRT die Beziehung zwischen Objekt und C-Bogen nicht bekannt ist. Doch diese Freiheit stellt auch eine Herausforderung für den Operateur dar: Die Standardebenen müssen händisch eingestellt werden, um eine Orientierung innerhalb des Datensatzes sowie eine Ansicht in den gewohnten Ebenen zur Beurteilung der interessierenden Strukturen zu erlangen. Dieses Vorgehen erfordert je nach Erfahrung einige Zeit. Vor diesem Hintergrund wurde ein Softwareprototyp für die automatisierte Einstellung von Standardebenen für die intraoperative 3D-Bildgebung am Kalkaneus entwickelt. Anhand anatomischer Referenzen stellt er die Standardebenen automatisch nach Rekonstruktion des Datensatzes ein. Die 3 Standardebenen des Kalkaneus sind: sagittal, axial und semikoronar. Die semikoronare Ebene wird gegenüber der streng koronaren präferiert, da sie orthogonal zur posterioren subtalaren Gelenkfläche verläuft und somit die bessere Beurteilung derselben ermöglicht. Durch diese Applikation erhofft man sich eine kürzere Dauer der Bildbearbeitung und hierdurch eine kürzere OP-Zeit sowie eine vereinfachte Bildbeurteilung mit eventuell besserer Behandlungsqualität und gegebenenfalls einer geringeren Revisionsrate (Abb. 4).

Beurteilung von Stufen
in Gelenkflächen

Eine weitere bereits entwickelte Applikation kann Gelenkflächen automatisch erkennen und visualisieren, um eventuell nach Reposition verbliebene Stufen zu detektieren. Diese Hilfestellung unterstützt den Operateur in der zügigen Beurteilung des Repositionsergebnisses. (Abb. 5).

Diskussion

Die intraoperative Bildgebung hat die unfallchirurgischen Behandlungsstrategien revolutioniert. Durch moderne Verfahren, die über die zweidimensionale Durchleuchtung über 3D-Scans bis hin zu navigierten Verfahren reichen, können bei vielen Indikationen postoperative Untersuchungen, wie z.B. Computertomografien, entfallen. Durch Vermeidung eventueller weiterer Operationen gelingt eine Schonung von OP-Ressourcen, können niedrigere Komplikationsrate, kürzere Aufenthaltsdauer, kürzere Arbeitsunfähigkeit und gegebenenfalls geringere Minderung der Erwerbsfähigkeit erreicht werden. Die intraoperative 3D-Bildgebung ermöglicht durch einen erheblichen Informationsgewinn die detaillierte Beurteilung knöcherner Gelenkstrukturen. Sie stellt ein exzellentes Tool zur Qualitätskontrolle dar und ist daher in der Lage, Revisionseingriffe zu vermeiden.

Die Überlegenheit der 3D-Bildgebung bei der Versorgung komplexer Gelenkverletzungen ist gegenüber der zweidimensionalen Durchleuchtung mehrfach belegt. Zusammenfassend ist die Beurteilung der Reposition und Implantatlage bei der Versorgung von komplexen intraartikulären Frakturen unter Durchleuchtung nicht immer ausreichend möglich. Deswegen ist bei solchen Operationen die intraoperative Kontrolle mittels 3D Scan zu empfehlen.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

Dr. med. Jochen Franke

Sektion Akuttraumatologie
und Notfallmedizin

Klinik für Unfallchirurgie
und Orthopädie

BG-Unfallklinik Ludwigshafen

Ludwig-Guttmann-Straße 13

67071 Ludwigshafen

jochen.franke@bgu-ludwigshafen.de

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Fussnoten

1 Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, BG-Unfallklinik Ludwigshafen

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