Übersichtsarbeiten - OUP 01/2017

Intraoperative Bildgebung bei der Versorgung komplexer Gelenkfrakturen

In einer Studie von Franke et al. wiesen 251 (11 %) von 2286 operativ behandelten Sprunggelenksfrakturen eine mittels intraoperativem Hakentest diagnostizierte instabile Syndesmose auf [27]. In allen Fällen wurde nach Reposition und Fixation der Syndesmose zunächst eine Kontrolle mittels zweidimensionaler Bildgebung in den Standardebenen durchgeführt. Ergab diese ein zufriedenstellendes Ergebnis, schloss sich zur Komplettierung der Diagnostik ein 3D-Scan an.

Ein korrektes Repositionsergebnis wurde anhand folgender Kriterien definiert:

  • 1) In den axialen Rekonstruktionen ist auf einen harmonischen Abschluss des Vorderrands der Fibula mit dem Pilon tibiale entlang einer gedachten elliptischen Linie zu achten. Die korrekte Einstellung der distalen Fibula in der Inzisur muss in Bezug auf Topografie und Weite des Syndesmosenspalts überprüft werden. Die einzustellende Ebene sollte dabei 1 cm oberhalb der tibialen Gelenkfläche liegen. Etwas weiter distal, auf Höhe der Malleolen, sollten die Gelenkspalten zwischen Talus und jeweiligem Malleolus gleich weit sein. Die korrekte Rotation des Außenknöchels äußert sich in einer kongruenten Stellung der Malleolen in Bezug auf die talaren Gelenkflächen.
  • 2) In den koronaren Rekonstruktionen muss die Weite der Gelenkspalte zwischen Talus und den Malleolen jeweils gleich sein. In dieser Ansicht kann die korrekte Länge der Fibula anhand der knöchernen Landmarken („Weber-Nase“) beurteilt werden.
  • 3) Die sagittalen Rekonstruktionen werden vor allem in Ergänzung zu den beiden vorherigen Rekonstruktionen für die Beurteilung der korrekten Implantatlage und des korrekten Repositionsergebnisses verwendet.

Aufgrund des Ergebnisses der 3D-Bildgebung erfolgte in 32,7 % aller Fälle eine direkte Revision. Gründe für die intraoperative Revision waren bei 25,5 % aller Fälle eine unzureichende Reposition der Syndesmose, in 5,2 % eine unzureichende Frakturreposition und in 2,0 % eine korrekturwürdige Implantatlage.

Fersenbein

Bei komplexen anatomischen Strukturen wie dem Fersenbein stößt die Beurteilbarkeit der zweidimensionalen Bildgebung noch schneller an ihre Grenzen. Rübbert et al. konnten zeigen, dass durch konventionelle Durchleuchtung bei der operativen Versorgung von intraartikulären Fersenbeinbrüchen zwei Drittel der Gelenkfläche der posterioren Facette nicht ausreichend zu beurteilen sind. Somit ist der Operateur zur Qualitätskontrolle der Versorgung auf eine postoperative Schnittbildgebung angewiesen. Eine erneute Reposition wurde von insgesamt 82 Fällen in 7,3 %, eine Korrektur der Implantatlage in 14,6 % durchgeführt [8]. 2009 berichteten Geerling et al. bei insgesamt 32 Fällen mit Kalkaneusfrakturen von einer intraoperativen Revisionsrate von 41 % nach 3D-Scan [5]. Im eigenen Kollektiv wurde unter 377 operativ behandelten Kalkaneusfrakturen bei 152 (40,3%) eine intraoperative Revision nach Anwendung der 3D-Bildgebung durchgeführt [28]. Diese Zahlen belegen den Nutzen der 3D-Bildgebung bei der Rekonstruktion der kalkanearen Gelenkflächen. Doch wie relevant ist das Repositionsergebnis?

Mit dieser Fragestellung analysierten Franke et al. die 3D-Scans der 377 Kalkaneusfrakturen und erhob klinische Daten der Patienten mit einem Follow-up-Intervall von 46 Monaten. Dabei wurde festgestellt, dass nicht in allen Fällen eine stufen- oder spaltfreie Reposition gelungen war. Das Kollektiv wurde in 2 Gruppen unterteilt, die anhand von radiologischen Repositionskriterien in gute und schlechte Reposition unterschieden werden konnten:

Gruppe 1: Die Gelenkflächen zeigten eine gelungene anatomische Rekonstruktion, bzw. wiesen eine geringe Stufen- oder Spaltbildung < 2 mm auf.

Gruppe 2: Die Gelenkflächen beinhalteten eine oder mehrere verbliebene Stufen oder Spalten von ? 2 mm.

Die Auswertung des klinischen Ergebnisses erfolgte mittels AOFAS-Score und Bestimmung des Arthrosegrads nach Kellgren und Lawrence. Unter anderem wurde eine multivariate Regressionsanalyse des klinischen Ergebnisses durchgeführt, um den Einfluss von sonstigen Faktoren auf das Ergebnis zu evaluieren. Hier stellte sich die Zuordnung zur jeweiligen Gruppe als hochsignifikanter Parameter mit Auswirkung auf den AOFAS-Score heraus (p < 0,001). Dabei erzielten die Patienten aus Gruppe 2, also mit einem nicht zufriedenstellenden Repositionsergebnis, im Vergleich zu Gruppe 1 unter Konstanthaltung der anderen erklärenden Variablen im AOFAS-Score im Mittel 13 Punkte weniger [28].

Applikationen

Allgemeines

Neue Entwicklungen in der Hardware ermöglichen immer speziellere Softwareangebote für die Geräte zur bildgestützten Chirurgie. Eine der jüngsten Errungenschaften ist die Flachdetektortechnologie. Sie ist Voraussetzung für eine für viele Anwendungen erforderliche Bildqualität sowie den entsprechenden Bildausschnitt. Die Vorteile des Flachdetektors sind eine bessere Auflösung, geringere Bildverzerrung, besserer Kontrast, bis zu 25 % größerer Bildausschnitt, geringere Strahlenbelastung, schnellere Bildakquise sowie die Möglichkeit der Weichteildarstellung. Auf diesem Gebiet gibt es verschiedene Anbieter, die neben mobilen auch stationäre Geräte im Portfolio haben (Abb. 2).

Skeptiker der intraoperativen 3D-Bilddgebung und der bildgeführten Chirurgie beklagen häufig einen hohen zusätzlichen Zeitaufwand durch die Anwendungen, eine vermehrte Strahlenbelastung für Patienten und Personal sowie einen hohen Aufwand bei der Integrierung der Systeme in den alltäglichen operativen Workflow. Technologische Fortschritte sowie die Entwicklung von Applikationen sollten darauf ausgelegt sein, die Handhabung für den Benutzer zu vereinfachen und intuitiv zu gestalten.

Schraubendetektion

Ein Beispiel für eine Applikation für den 3D-fähigen mobilen C-Bogen ist die automatische Schraubendetektion. Schrauben werden bei einer Vielzahl von Osteosynthesetechniken verwendet. In Verbindung mit der 3D-Bildgebung sind sie v.a. bei Wirbelsäuleneingriffen, Tibiakopf-, Pilon-, Kalkaneus- oder distalen Radiusfrakturen von Bedeutung. Eine genaue Beurteilung der Schraubenlage kann im 3D-Scan durch Einstellen von 2 orthogonalen Ebenen auf die Schaftachse der Schraube erfolgen. Die bisherige Problematik bei der manuellen Einstellung der Schrauben stellen der zusätzliche Zeitaufwand, die erforderliche Erfahrung im Umgang mit der Software sowie das notwendige gute räumliche Vorstellungsvermögen dar. Das Ziel der Applikation ist somit die vereinfachte und beschleunigte Beurteilung des Operationsergebnisses durch automatische Schraubendetektion. Vorteile sind die kürzere Dauer der Bildbearbeitung und die daraus resultierende kürzere OP-Zeit sowie die vereinfachte Bildbeurteilung mit gegebenenfalls verbesserter Behandlungsqualität und gegebenenfalls geringerer Revisionsrate

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