Übersichtsarbeiten - OUP 06/2016

Kalkar-geführte Kurzschäfte in der Hüftendoprothetik – eine Übersicht

Sabine Mai1, Joachim Pfeil2, Werner Siebert1, Karl Philipp Kutzner2

Zusammenfassung: In der modernen Hüftendoprothetik werden Kurzschäfte in Deutschland immer beliebter. Innerhalb der Gruppe der Kurzschäfte gibt es allerdings erhebliche Unterschiede. Allen gemeinsam ist, dass sie knochensparend sein sollen und sich optimal für minimalinvasive Implantationstechniken eignen. Doch nur wenige Implantate waren in den letzten Jahren in der Lage, diese Anforderungen zusammen mit verlässlichen und exzellenten klinischen Ergebnissen zu erfüllen. Kalkar-geführte Kurzschäfte gehören zu der neuesten Generation und bieten aufgrund einiger Vorteile eine ernsthafte Alternative zu konventionellen Standardschäften in einem breiten Patientenkollektiv. Die kurz- und mittelfristigen Ergebnisse sind sehr ermutigend. Langzeitergebnisse stehen gegenwärtig noch aus.

Schlüsselwörter: Hüftendoprothetik, Kurzschaft, knochensparend, minimalinvasiv, kalkar-geführte Schäfte

Zitierweise
Mai S, Pfeil J, Siebert W, Kutzner KP: Kalkar-geführte Kurzschäfte in der Hüftendoprothetik – eine Übersicht.
OUP 2016; 6: 342–347 DOI 10.3238/oup.2016.0342–0347

Summary: Nowadays in modern total hip arthroplasty (THA) short stems are gaining further popularity in Germany. However, the group of short stems is very heterogenic. They all have in common the strive to be bone- and soft-tissue sparing and can be optimally used in minimally-invasive techniques. Only a few implants could, however, satisfy these requirements, at the same time offering excellent clinical results. Calcar-guided short stems belong to the newest generation and present as a serious alternative to conventional straight stems in a wide collective, due to several benefits. Short- and mid-term results are very encouraging. Long-term results are still lacking.

Keywords: Total hip arthroplasty, short stem, bone-sparing,
minimally-invasive, calcar-guided stems

Citation
Mai S, Pfeil J, Siebert W, Kutzner KP: Calcar-guided short stems in
total hip arthroplasty – an overview.
OUP 2016; 6: 342–347 DOI 10.3238/oup.2016.0342–0347

Einleitung

Der endoprothetische Hüftgelenkersatz ist eine der erfolgreichsten Operationen mit guten Langzeitergebnissen [1]. Die Patienten werden zunehmend jünger und aktiver und sind dementsprechend anspruchsvoller im Hinblick auf die Hüftgelenkfunktion. In Deutschland sind bereits über 20 % der Patienten zum Zeitpunkt der Operation unter 60 Jahre alt [2]. Die Nachfrage nach Operationsmethoden und Implantaten, welche ein aktives tägliches Leben mit einer hohen Lebensqualität sowie eine lange Lebensdauer ermöglichen, steigt stetig. Aus diesem Grund wurden in den letzten Jahren Operationstechniken und Implantate entwickelt, welche insbesondere eine knochensparende und weichteilschonende Implantation ermöglichen.

Durch eine metaphysäre, physiologische Kraftübertragung soll vor allem im Hinblick auf eine mögliche Revison Stress-shielding reduziert und der proximale femorale Knochenstock erhalten werden [3, 4]. Zusätzlich stellt, besonders für junge und aktive Patienten, die Rekonstruktion des Offset und der Beinlänge ein wichtiges Element dar [5]. Bisher reduzieren konventionelle Schaftmodelle oft das femorale Offset, was mit einer instabilen Hüfte und mit deutlichen Funktionseinbußen einhergehen kann [6]. Die Korrekturen z.B. mit einem längeren Kopf verursachen nicht selten eine Beinverlängerung [7]. Edeen [8] zeigte, dass bis zu 32 % der Patienten postoperativ eine Beinlängendifferenz mit entsprechenden negativen funktionellen Folgen aufweisen.

Zur modernen Hüftendoprothetik gehören heute schonende und minimalinvasive Zugänge, welche das Weichteiltrauma, muskuläre Verletzungen und die Blutungsneigung auf ein Minimum reduzieren [9]. Durch die Wahl des Implantats können diese Zugänge optimal genutzt werden.

Die Gruppe der Kurzschäfte erfreut sich in der Hüftendoprothetik vor allem in Deutschland zunehmender Beliebtheit. Jedoch ist eine große Zahl unterschiedlicher Implantat-Designs auf dem Markt erhältlich, welche sich in den Eigenschaften und den Ergebnissen deutlich voneinander unterscheiden. Der Begriff „Kurzschaft“ beschreibt eine Implantat-Gruppe mit erheblicher Heterogenität in Bezug auf die Verankerung, die Biomechanik und die Implantationstechnik [10].

Klassifizierungen von
Kurzschäften

Eine allgemeingültige Klassifikation scheint daher notwendig. Trotz einiger guter Ansätze aus den letzten Jahren konnte sich bisher keine der Klassifikationen durchsetzen [11, 12]. Feyen und Shimmin [13] propagierten 2015 eine Einteilung mit dem Hauptaugenmerk auf die Länge des Schafts bzw. die Fixierung im Knochen.

Einige der Kurzschäfte sind dem Design von konventionellen Standardschäften sehr ähnlich, sind aber schlicht etwas kürzer: ESKA (1983, ESKA Implants AG); PSC (1997, Hersteller); Microplasty (2003, Biomet); Tri-Lock (2005, DePuy Synthes); Fitmore (2008, Zimmer); GTS (2011, Biomet); AMIS (2011, Medacta). Das Kürzen eines Schafts kann die Biomechanik des Implantats verändern und entspricht nicht der Philosophie der Kurzschäfte der neuesten Generation.

Zielführender scheint in diesem Zusammenhang die Einteilung der Kurzschäfte zu sein, welche von Jerosch ausgearbeitet wurde. Diese orientiert sich – unabhängig von der Länge des Implantats – an der entsprechenden Resektionshöhe des Schenkelhalses. Sie unterscheidet schenkelhalserhaltende, -teilerhaltende und -resezierende Schäfte und geht damit schon auf elementare Unterschiede in der Implantationstechnik sowie der Biomechanik ein [10].

Der beste primäre Knochenerhalt ist mit den schenkelhalserhaltenden Implantaten zu erzielen. Es bedarf dabei einer guten Knochenqualität. Der Rekonstruierbarkeit der individuellen Anatomie und Biomechanik sind dabei jedoch enge Grenzen gesetzt. Die meisten Implantate haben sich auf Grund hoher Revisionsraten nicht bewährt und sind wieder vom Markt genommen worden wie z.B. die Cut (1999, ESKA) und Silent (2004, DePuy) [14].

Die schenkelhalsresezierenden Systeme entsprechen weitestgehend der Philosophie der bisherigen Standardschäfte und haben ähnliche Anforderungen an den Knochen. Um die individuelle Biomechanik wieder herzustellen, bedarf es einer gewissen Modularität oder einer größeren Anzahl an Schaftgrößen. Nur so können das Offset und die Beinlänge sowie Ante- und Retroversion berücksichtigt werden [2]. Der Mayo-Schaft (1985, Zimmer) kann bereits mit guten Langzeitergebnissen aufwarten, ist aber inzwischen, aufgrund der fortschreitenden Entwicklung, vom Markt genommen worden. Ein konzeptionell ähnliches Modell, die Metha-Prothese (2004, Aesculap), hatte zunächst Probleme wegen Materialversagen im Bereich der modularen Schenkelhälse. Das Problem wurde gelöst, sodass die Schäfte weiterhin in Monoblock oder modularer Variante erhältlich sind. Der den Trochanter ausfüllende Proxima-Schaft (2006, DePuy), hat sich auf Grund einiger Nachteile nicht durchsetzen können und ist ebenfalls vom Markt genommen worden. Eine Sonderstellung nimmt der Fitmore-Schaft (2004, Zimmer) ein. Es handelt sich um eine schenkelhalsresezierende Prothese, die jedoch aufgrund ihres Designs im medialen Anteil, ähnlich wie die kalkar-geführten Kurzschäfte, auf eine präzise Rekonstruktion der anatomischen Parameter Wert legt [7]. Dabei erreicht der Schaft eine Adaption an die individuelle Anatomie durch eine hohe Zahl an Design-Varianten bei standardisierter Resektionsebene [10].

Die dritte Gruppe fasst die schenkelhalsteilerhaltenden Kurzschäfte zusammen, zu welcher auch die kalkar-geführten Schäfte der neuesten Generation gehören. Diese ermöglichen durch eine spezielle Implantationstechnik eine große Variabilität. Hierbei spielt eine individuelle Resektionshöhe am Schenkelhals ebenfalls eine Rolle. Im Rahmen der präoperativen Planung kann die Resektionshöhe individuell festgelegt werden, um so das Offset und die Beinlänge wieder zu rekonstruieren [2, 15]. Auch die Positionierung des Implantats ist damit variabel. Intraoperativ positionieren sich diese Schäfte entlang des medialen Kalkars in entsprechender Varus- oder Valgus-Position (Abb. 1). Eine tiefe Osteotomie bedingt eine valgische Positionierung, während für eine varische Positionierung eine hohe Resektion notwendig ist [6, 10]. Die Krafteinleitung erfolgt meist metaphysär, teilweise ist auch eine diaphysäre Verankerung mitvergesellschaftet. Beispiele für frühe schenkelhalsteilerhaltende Kurzschäfte sind Pipino (1978, Link) und C.F.P. (1999, Link). Die neueste Generation der schenkelhalsteilerhaltenden Schäfte sind allesamt Vertreter der kalkar-geführten Kurzschäfte: Nanos (2004, Smith&Nephew); Minihip (2007, Corin); Optimys (2010, Mathys).

Vorteile von kalkar-
geführten Kurzschäften

Einer der Hauptvorteile von kalkar-geführten Kurzschäften ist eine deutlich Weichteil- und Muskel-schonendere Implantationstechnik im Vergleich zu konventionellen Geradschäften [9] sowie die Schonung des Trochanters (Abb. 2). Nach einer kurzen Lernkurve, so ist unsere Erfahrung, ist die Implantation gerade in Verbindung mit minimalinvasiven Zugängen deutlich komplikationsärmer und einfacher. Durch das speziell abgerundete Design können diese Schäfte unter vollständiger Schonung des Trochanter major und der dort ansetzenden Muskulatur entlang des Kalkars in einer Round-the-corner-Technik in das proximale Femur eingebracht werden [2]. (Abb. 3) Vor allem die Abduktorenmuskulatur kann somit vollständig erhalten und postoperatives Hinken vermieden werden. Zusätzlich sinkt die Gefahr von intraoperativen Trochanterfrakturen [16] (Tab. 1).

Der zweite entscheidende Vorteil ist in der Variabilität der Positionierung dieser Gruppe von Implantaten begründet. Durch die, in Abhängigkeit der Resektionshöhe, mögliche Varus- bzw. Valgus-Position, kann eine große Bandbreite von CCD-Winkeln und damit unterschiedlicher Hüftanatomien besser individuell adressiert werden [17] (Abb. 1). Durch optimalen Erhalt von Offset und Beinlänge ist eine exzellente klinische Funktion zu erreichen [2, 6, 18]. Babisch [19] zeigte 2012 mittels digitaler Planung jeweils an einer normal konfigurierten, einer varischen und einer valgischen Hüfte, wie präzise Beinlänge und Offset mit verschiedenen Kurzschäften wiederhergestellt werden können. Im Ergebnis konnten die Schäfte Optimys (Mathys), MiniHip (Corin) und Fitmore (Zimmer) dabei insgesamt am besten abschneiden.

Auch bei veränderter Anatomie des proximalen Femurs wie z.B. einer kongenitalen Anomalität, einer Dysplasie sowie nach Trauma oder vorhergehenden Operationen können Kurzschäfte aufgrund der variablen Positionierung bzw. der kürzeren Länge durchaus von Vorteil sein. Einer erheblichen Antetorsion des Schenkelhalses kann ein konventioneller Geradschaft nicht gerecht werden [20] (Abb. 4). Bei einliegendem Marknagel und nach Plattenosteosynthesen des proximalen Femurs kann möglicherweise ein Kurzschaft die einzig denkbare Wahl darstellen.

Die größte Ungewissheit herrscht aktuell noch im Hinblick auf mittel- und langfristige Ergebnisse dieser Implantatgruppe. Die Verkleinerung der Verankerungsfläche im proximalen Femur schürt nach wie vor die Sorge, dass sich im Verlauf Mikrobewegungen bis hin zu aseptischen Lockerungen ergeben könnten. Biomechanische Studien der Universität in Ulm konnten für einige Kurzschäfte zeigen, dass sie diesbezüglich den klassischen Geradschäften ebenbürtig und teilweise sogar überlegen sind [21]. In vitro untersucht wurden Mikrobewegungen, Schaft-Tilt in mehreren Ebenen und die Rotationsstabilität der Schäfte: CLS (primär Allopro jetzt Zimmer), CBC (Mathys), Mayo (Zimmer), Fitmore (Zimmer) und Optimys (Mathys). Neuere Untersuchungen hinsichtlich des Migrationsverhaltens kalkar-geführter Kurzschäfte zeigen eine mögliche initiale Sinterung im femoralen Knochen unter Belastung mit einer sekundären Stabilisierung nach den ersten Wochen ohne Hinweise auf Osteolysen oder aseptische Lockerungen [22, 23, 24].

Indikationen für
kalkar-geführte Kurzschäfte

Die Indikationen für insbesondere die neueste Generation der kalkar-geführten Kurzschäfte sind in den letzten Jahren immer weiter ausgeweitet worden, von zunächst ausschließlich jungen und aktiven Patienten bis hin zu älteren Patienten mit eingeschränkterer Knochenqualität sowie zu übergewichtigen Patienten. Klare Grenzen von Indikationen und Kontraindikationen bestehen derzeit, auch auf Grund der zum Teil noch dünnen wissenschaftlichen Datenlage, für den klinischen Alltag nicht. Entsprechend unseren Erfahrungen, können einige kalkar-geführten Kurzschäfte eine große Variation an anatomischen Gegebenheiten (vaurs-valgus- und andere primäre oder sekundäre Deformitäten des proximalen Femurs, Dysplasie) bedienen (Abb. 4) im Sinne einer recht großen „safe zone“, sodass sie mittlerweile für die meisten Patienten und Indikationen angewendet werden können. Sie können aber die über viele Jahrzehnte bewährten konventionellen Standardschäfte nicht komplett ersetzen.

Die Rheumatoide Arthritis stellt aus unserer Sicht keine Kontraindikation dar. Bezüglich aseptischer Hüftkopfnekrosen konnten neuerliche Untersuchungen zeigen, dass eine Versorgung mittels Kurzschaft unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist [25]. In Grenzfällen kann zur zusätzlichen Diagnostik der Ausdehnung der Nekrosezone eine Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt werden. Bei einer Nekrose, die bis in den Bereich des proximalen Femurs reicht, scheint uns der Kurzschaft nach heutigem Wissensstand eher nicht geeignet zu sein. Allerdings ist bekannt, dass die Standzeit bei Hüftkopfnekrosen insgesamt verkürzt ist [26].

Altersgrenzen werden seitens der Hersteller für Kurzschäfte nicht angegeben. Dies deckt sich mit unserer klinischen Erfahrung. Eigenschaften wie Knochenqualität, Aktivitätsniveau sowie das Nebenerkrankungsprofil der Patienten sollten hierbei berücksichtigt werden. Beispielsweise kann sich gerade bei Patienten hohen Alters mit schweren kardio-vaskulären Nebenerkrankungen, aber noch guter Knochenqualität, die Wahl eines Kurzschafts aufgrund der einfacheren und schnelleren Operationstechnik positiv auf das Ergebnis auswirken. Die intraoperative Fraktur wird bei älteren Patienten häufiger gesehen. Da dies bei den Kurzschäften nach unserer Erfahrung seltener auftritt, kann die Indikation im Einzelfall auch bei älteren Patienten weiter gestellt werden. Bei deutlich eingeschränkter Knochenqualität und ausgeprägter Osteoporose sollte aus unserer Sicht jedoch auf ein zementiertes Implantat zurückgegriffen werden. Aus den Registern (Schweden 2008, Australien 2010) wissen wir, dass die zementierten Standardimplantate bei Patienten etwa ab dem 75. Lebensjahr die längeren Standzeiten erzielen [27].

Gewichtslimits werden von den Herstellern nur bei sehr kleinen Implantatgrößen vereinzelt bei Hüftschäften angegeben. Insbesondere bei Kurzschäften, die eine andere Kraftverteilung und Hebelwirkung aufweisen als konventionelle Geradschäfte, bestehen jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch Unsicherheiten. In einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung der patientenbezogenen Einflüsse auf die axiale Sinterung eines kalkar-geführten Kurzschafts fiel eine leichtgradig vermehrte Kaudalmigration vor allem bei übergewichtigen Patienten auf [22]. Interessanterweise hatte aber ein erhöhter Body Mass Index (BMI) keinen negativen Einfluss auf die initiale Stabilität. Im Hinblick auf die klinischen Ergebnisse konnte jedoch nach 2 Jahren keinerlei Unterschied festgestellt werden zwischen Patienten mit und ohne initiale Nachsinterung. Auch konnte nach 2 Jahren nahezu keine zusätzliche Migration gemessen werden [22]. Der Optimys-Schaft, mit dem wir die meiste Erfahrung haben, wird von Beginn an in einer Multi-Center-Studie erfasst. Bei der Auswertung der ersten 760 Patienten wurden diese in 3 BMI-Klassen unterteilt: < 25, 25–30, > 30 BMI. Bezüglich der Ergebnisse konnten nach 2 Jahren keine eindeutigen implantatbezogenen Unterschiede festgestellt werden. Gelegentliche leichte Sinterungen nach Belastung fanden sich in allen BMI-Klassen [28]. Auch für andere zementfreie Standard- und Kurzschäfte werden häufig initiale Sinterungen mit Stabilisierung im zeitlichen Verlauf beschrieben [29, 30]. Als einer der Gründe für eine initiale Nachsinterung konnte die Tendenz zum „undersizing“ ausgemacht werden. Bei der Implantation sollte stets darauf geachtet werden, lateral distal kortikalen Kontakt zu erreichen. Dies gilt insbesondere bei übergewichtigen Patienten (Abb. 5).

Wie für konventionelle Geradschäfte in der Literatur ausführlich beschrieben, finden sich bei sehr adipösen Patienten selbstverständlich auch nach Implantation eines Kurzschafts vermehrt Wundheilungsstörungen und systemische Komplikationen [31, 32].

In Einzelfällen können mit Kurzschäften sogar Revisionen durchgeführt werden. So kann z.B. beim Versagen eines Oberflächenersatzes die Zweitoperation mit einem Kurzschaft erfolgen (Abb. 6). Auch nach Infekt eines Standardschafts konnte ein Kurzschaft erfolgreich reimplantiert werden.

Mit der Revision von Kurzschäften gibt es noch nicht viel Erfahrung. Wegen der Kürze des Implantats dürfte es leichter sein, das Implantat endofemoral frei zu meißeln. Es kann dann bei gutem Knochenerhalt durchaus zunächst ein Standardimplantat eingesetzt werden, bevor längere Implantate notwendig werden, wovon gerade junge Patienten profitieren, denen möglicherweise mehrere Wechsel bevorstehen.

Zusammenfassung

In der modernen Hüftendoprothetik werden Kurzschäfte in Deutschland immer beliebter. Innerhalb der Gruppe der Kurzschäfte gibt es allerdings erhebliche Unterschiede. Allen gemeinsam ist, dass sie Knochen sparen und sich optimal für schonende und minimalinvasive Implantationstechniken eignen. Doch nur wenige Implantate waren in den letzten Jahren in der Lage, diese Anforderungen zusammen mit verlässlichen und exzellenten klinischen Ergebnissen zu erfüllen.

Vor allem für junge und aktive Patienten scheinen kalkar-geführte Kurzschäfte der neuesten Generation ein ideales Implantat zu sein – mit dem Potenzial, ein Standardimplantat zu werden. Aber auch für Patienten hohen Alters und mit multiplen Nebenerkrankungen können diese Implantate aufgrund der Vorteile in vielen Fällen eine gute Wahl darstellen. Eine eingeschränkte Knochenqualität und Übergewicht erfordern eine vorsichtige Indikationsstellung. Indikationsgrenzen für kalkar-geführte Kurzschäfte müssen in zukünftigen Studien noch erarbeitet werden. Etliche kurz- und mittelfristige Ergebnisse sind bisher sehr vielversprechend [33] (Tab. 2). Langzeitergebnisse müssen jedoch kritisch und mit großer Aufmerksamkeit verfolgt werden.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

Dr. med. Sabine Mai

Vitos Orthopädische Klinik Kassel gGmbH

Wilhelmshöher Allee 345

34131 Kassel

sabine.mai@vitos-okk.de

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Fussnoten

1 Vitos Orthopädische Klinik, Kassel

2 Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, St. Josefs Hospital Wiesbaden

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