Übersichtsarbeiten - OUP 07-08/2015

Knöcherne Deformitäten des Oberen Sprunggelenks beim operativ behandelten idiopathischen Klumpfuß
Übersicht zu Systematik, Prophylaxe und therapeutischen OptionenSurvey of different forms, prophylaxis and therapeutical options

Johannes Hamel1

Zusammenfassung: Anhand von Beispielen werden Deformitäten des Oberen Sprunggelenks bei operativ behandelten Klumpfuß-Patienten im späteren Kindes-, Jugendlichen- und Erwachsenenalter dargestellt. Eine verminderte Neigung der Tibiabasis mit Einschränkung der Dorsalextension, reduzierte Beweglichkeit des Oberen Sprunggelenks durch vergrößerten Radius der tibiotalaren Gelenkflächen, supramalleoläre Außenrotationsfehlstellung, supramalleoläres Valgus-Fehlwachstum und schmerzhafte Impingement-Phänomene wurden beobachtet. Supramalleoläre Osteotomien und Epiphyseodesen bzw. subtalare Interpositions-Arthrodesen und stabilisierende Eingriffe am medialen Fußstrahl können bei einigen dieser Problemstellungen sinnvoll zur Anwendung gebracht werden. Nach bisheriger Erkenntnis scheinen derartige Fehlentwicklungen am Oberen Sprunggelenk bei Anwendung der Ponseti-Primärtherapie weitgehend vermeidbar.

Schlüsselwörter: Epiphyseodese, Klumpfuß, Oberes Sprunggelenk

Zitierweise
Hamel J. Knöcherne Deformitäten des Oberen Sprunggelenks beim operativ behandelten idiopathischen Klumpfuß. Übersicht zu Systematik, Prophylaxe und therapeutischen Optionen.
OUP 2015; 07: 349–355 DOI 10.3238/oup.2015.0349–0355

Summary: Deformities and growth disturbances around the tibiotalar joint may occur after surgical treatment of idiopathic clubfeet. Examples and surgical solutions are presented in late childhood, adolescent and adult patients. Reduced tibial slope, enlarged radius of tibio-talar joint surfaces in the sagittal plane, supramalleolar outward rotation, ankle valgus deformity and painful anterior or lateral impingement problems were observed in clubfoot patients after surgical release in early childhood. Treatment options include supramalleolar osteotomies, epiphyseodesis, subtalar distraction arthrodesis and stabilization procedures at the medial ray. Probably these problems related to the tibiotalar joint can be avoided to a certain extent by application of the Ponseti clubfoot treatment protocol.

Keywords: ankle joint, clubfoot, epiphyseodesis, guided growth, tibiotalar joint

Citation
Hamel J. Bony deformities at the tibiotalar joint in surgically treated clubfoot patients. Survey of different forms, prophylaxis and therapeutical options.
OUP 2015; 07: 349–355 DOI 10.3238/oup.2015.0349–0355

Einleitung

Das pathomorphologische Zentrum der idiopathischen Klumpfuß-Deformität stellt der peritalare Gelenk-Komplex dar. Damit ist neben der kontrakten Inversionsfehlstellung des talocalcaneo-navicularen Komplexes auch das – meist weniger beachtete – Obere Sprunggelenk einbezogen in das pathogenetische Geschehen. Nach Wachstumsabschluss haben Form und Funktion des Oberen Sprunggelenks sogar besondere Bedeutung für den Gesamtzustand und die weitere Prognose der betroffenen Extremität und nicht selten stellt dieses Gelenk den begrenzenden Faktor aller therapeutischen Möglichkeiten dar (Abb. 1).

Der vorliegende Beitrag soll die Verhältnisse am Oberen Sprunggelenk des bis vor wenigen Jahren zumeist primär-operativ vorbehandelten idiopathischen Klumpfußes beleuchten und Behandlungsbeispiele knöcherner Korrektur-Eingriffe darstellen.

Inwieweit bei der heute verbreiteten, primär überwiegend konservativen Frühbehandlung des idiopathischen Klumpfußes [1] derartige Probleme am Oberen Sprunggelenk möglicherweise verhindert werden können, soll in der Diskussion angesprochen werden.

Material und Methode

Aus dem Patientengut des Autors seit 2004 wird an Verlaufsbeispielen über operativ vorbehandelte Patienten im Schulkind- und Jugendlichen-Alter berichtet, die sich wegen sekundärer Problemstellungen am Oberen Sprunggelenk vorstellten. Eine Systematisierung dieser Sekundärprobleme mit Diskussion der möglichen Ursachen und therapeutischen Optionen wird mit Behandlungsbeispielen vorgestellt.

Beobachtungen und Behandlungsbeispiele

Aus den sehr unterschiedlichen Problemstellungen der Sekundärveränderungen nach primär-operativer Klumpfuß-Behandlung lassen sich hinsichtlich der Situation am Oberen Sprunggelenk 5 Muster der pathologischen knöchernen Entwicklung unterscheiden. In vielen Fällen liegen Kombinationen der im Folgenden separat betrachteten Phänomene vor.

1. Knöcherne Einschränkung der Dorsalextension durch fehlenden tibialen „slope“

Eine Spitzfuß-Deformität mit Verkürzung der Wadenmuskulatur findet sich primär in allen Fällen von idiopathischem Klumpfuß. Persistiert oder rezidiviert diese, so resultieren u.a. eine eingeschränkte Dorsalextension, Minderbelastung des Fersenbereichs mit Überlastung des Mittel- und Vorfußes und Überstreckung des Kniegelenks im Stand. Ursache kann neben einer unzureichenden Primärkorrektur eine nicht-adäquate Retention mit geeigneten Lagerungsorthesen sein. Hierzu können weichteilig zu korrigierende erneute Verkürzungen der Wadenmuskulatur in der Wachstumsphase und postoperative Vernarbungen der dorsalen Sprunggelenk-Kapsel beitragen sowie eine unzureichende Ausformung der Gelenkflächen (s.u.), aber auch ein knöchernes Fehlwachstum der distalen Tibia mit hierdurch bedingter Einschränkung der Dorsalextension.

Nicht selten zeigt sich bei Klumpfußkindern im Schulkindalter, dass die physiologischerweise gegebene Neigung der Tibiabasis („slope“) im Sinne einer Extension fehlt oder sogar eine leichte Flexions-Stellung zu beobachten ist, die die Dorsalextension beeinträchtigt. Dies kann durch Wachstumslenkung [2] oder supramalleoläre Osteotomie (Abb. 2 und 11) korrigiert werden. Beide Maßnahmen sind allerdings mit einer Rezidiv-Gefahr im Verlauf des weiteren Wachstums verbunden [2].

2. Reduzierter Krümmungsradius der tibiotalaren Gelenkflächen – flat top talus

Die Beweglichkeit eines ausgewachsenen Oberen Sprunggelenks ist von den Krümmungsradien von Tibia und Talus abhängig. Diese entwickeln sich nur bei freier Mobilität während der frühen Reifungsphase physiologisch. Auch bei nicht-klumpfüßigen Kindern mit im Wachstum persistierender Spitzfuß-Kontraktur resultiert eine Abflachung der tibiotalaren Gelenkflächen (Abb. 3).

Entsprechend darf angenommen werden, dass sich das Obere Sprunggelenk auch beim idiopathischen Klumpfuß in der Ausprägung seiner Gelenkflächen nur bei möglichst frühzeitig gegebener freier Beweglichkeit physiologisch entwickelt. Zusätzlich scheinen auch iatrogene Effekte im Sinne einer temporären Talus-Nekrose bei Extremfällen von „flat-top-talus“ nach konservativer oder operativer Behandlung früherer Konzepte (Abb. 4–5) ätiologisch relevant. Coleman [3] geht von einem „Nussknacker-Effekt“ bei zu forcierter Redression in die Dorsalextension bei kontrakten dorsalen Weichteil-Strukturen als Hauptursache aus. Therapeutische Optionen nach Ausformung der Gelenkflächen bestehen nicht.

3. Supramalleoläre Rotations-Fehlstellung

In der Literatur herrschen weiterhin unterschiedliche Meinungen zu der Frage, ob der idiopathische Klumpfuß primär mit einer Rotationsfehlstellung in Höhe des Oberen Sprunggelenks verbunden ist und ob diese eher einer Innen- oder Außenrotation entspricht [vgl. 4]. Bleibt die subtalare Korrektur in der Transversalebene des Fußes im Behandlungsverlauf unvollständig – erkennbar am persistierenden talonavicularen Malalignement in dorsoplantarer Sicht –, so kann es iatrogen zu einer kompensatorischen, vermehrten Außenrotation des Oberen Sprunggelenks mit Dorsal-Verlagerung des Außenknöchels kommen (Abb. 6). Trotzdem neigen Patienten, die mit einem rein dorsalen Release und ohne längerfristige Schienung in deutlicher Außenrotation behandelt wurden, nach Beobachtung des Autors klinisch häufig zu einem deutlich innenrotierten Gangbild. Knöcherne Korrekturen, z.B. durch supramalleolär-außenrotierende Osteotomien sind jedoch nicht angezeigt, da die Deformität in solchen Fällen subtalar lokalisiert ist und in diesem Bereich angegangen werden sollte. Zur Vermeidung dieser störenden supramalleolären Fehlrotation ist eine primär-vollständige Korrektur der peritalaren Kontraktur im Rahmen der Frühbehandlung anzustreben.

4. Supramalleoläre Valgus-Deformität

Nach Stevens und Otis [5] ist bei 66 % aller operativ vorbehandelten Klumpfüße eine supramalleoläre Valgus-Fehlstellung zu beobachten. Mosca [6] nennt einen Wert von 86° des Tibia-Gelenkflächen-Winkels als Grenze des Normalen. Supramalleoläre Varus-Deformitäten treten dagegen beim idiopathischen Klumpfuß nicht auf. Besonders ausgeprägt sind Valgus-Deformitäten in Fällen postoperativer Überkorrektur zu beobachten [7]. Eine Wachstumslenkung durch medialseitige Epiphyseodese [8, 9] (Abb. 7) und/oder supramalleolär varisierende Tibia-Osteotomie (Abb. 8) mit Fibula-Osteotomie ist nicht selten indiziert.

Das supramalleoläre Valgus-Fehlwachstum scheint eng assoziiert mit einer Destabilisierung der medialen Säule im Sinne einer Mittel-Vorfuß-Supination, auch einschließlich eines „dorsal bunion“ [7]. Wird der mediale Tarso-Metatarsalstrahl nicht in ausreichender Weise stabilisiert, sind rein supramalleoläre Korrekturen unter Umständen nicht erfolgreich, wie das Beispiel in Abbildung 9 zeigt. Abbildung 10 demonstriert einen Fall im gleichen Lebensalter, in dem durch Stabilisierung talocalcanear und im Bereich des medialen Fußstrahls im Verbund mit supramalleolärer Korrektur eine günstige Entwicklung am Oberen Sprunggelenk eingeleitet werden konnte.

5. Impingement-Phänomene

Bei älteren Klumpfuß-Kindern und Erwachsenen werden – insbesondere wiederum bevorzugt bei Überkorrekturen – nicht selten Schmerzen am ventralen OSG-Spalt oder fibulo-calcanear angegeben, die im Sinne eines knöchernen Impingement zu deuten sind (Abb. 11 und 12) und nicht mit einer beginnenden Gelenk-Arthrose verwechselt werden sollten. Diese Problematik scheint mit der Ausformung des Corpus tali eng assoziiert. Bleibt das Höhenwachstum des Talus zurück, so ist die Gefahr von anterioren oder lateralen Impingement-Phänomenen erhöht.

Ein anteriores Impingement durch horizontal ausgerichtete Talus-Position kann durch aufrichtende, den Talus flektierende talocalcaneare Korrektur, in schweren Fällen durch Lambrinudi-Arthrodese unter Aufgabe des Chopart-Gelenks, und supramalleolär durch ventralbasige Keilentnahme korrigiert werden (Abb. 11). Das fibulo-calcaneare Impingement erfordert eine talocalcaneare Interpositionsarthrodese und zusätzlich eine ausreichende Pronation des Mittel-/Vorfuß-Abschnitts zur Vermeidung valgisierend auf das Obere Sprunggelenk einwirkender Kräfte in der Standbeinphase (Abb. 12).

Diskussion

Im Rahmen der Klumpfuß-Behandlung sollten Entwicklung und Reifung des Oberen Sprunggelenks neben der Korrektur der subtalaren Kontraktur vermehrt Beachtung finden. Inwieweit die dargestellten knöchernen Veränderungen primär der Klumpfuß-Deformität zuzuordnen und daher nicht zu beeinflussen sind, oder inwieweit sie als iatrogen im Sinne einer Behandlungsfolge anzusehen sind, ist im Einzelfall schwer zu beurteilen.

Zwei Fragestellungen erscheinen relevant:

  • 1. Welche Primär-Behandlung trägt am ehesten zu einer ungestörten Entwicklung des Oberen Sprunggelenks bei?
  • 2. Welche sekundären Behandlungsmöglichkeiten ergeben sich bei den dargestellten Problemstellungen am Oberen Sprunggelenk?

Da sich die Behandlungs-Konzepte in den letzten Jahrzehnten erheblich gewandelt haben, erscheint ein Vergleich zumindest ansatzweise möglich. Bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts wurde vielfach ein rein dorsales Release zur Korrektur der Spitzfuß-Komponente etwa im 4. Lebensmonat durchgeführt. In der Folgezeit waren umfangreichere peritalare Release-Eingriffe meist im 2. Lebenshalbjahr verbreitet. Die hier dargestellten Beobachtungen betreffen ausschließlich primär-operativ vorbehandelte Patienten mit idiopathischem Klumpfuß. Seit etwa 10–15 Jahren hat sich die primär überwiegend konservative Behandlung nach dem Ponseti-Konzept durchgesetzt, bei der bereits mit etwa 5–8 Lebenswochen die Equinus-Komponente durch perkutane Tenotomie behandelt wird.

Zur möglichst ungestörten Ausformung der tibiotalaren Gelenkflächen mit einem möglichst großen Bewegungsradius und ohne Entwicklung eines negativen tibialen „slope“ erscheint eine sehr frühe, schonende und nachhaltige Korrektur der primären Equinus-Komponente beim idiopathischen Klumpfuß vorteilhaft, wie es das Ponseti-Konzept bietet. Radler u. Mitarb. [10] beschreiben klinisch eine Dorsalextension von im Mittel 28,6° nach Tenotomie und eine Zunahme des tibiocalcanearen Winkels von 16,9° durch die Tenotomie bei einer Gruppe von 87 nach Ponseti behandelten Klumpfüßen. Allerdings ist nach eigenen Erfahrungen mit einem Rückgang dieser primär guten Dorsalextension insbesondere nach Absetzen der Denis-Browne-Schienung zu rechnen. Cooper und Dietz [11] fanden eine klinisch gemessene Dorsalextension von im Mittel nur 6° in ihrer Langzeit-Studie von Ponseti selbst behandelter Patienten. Eine deutliche Abflachung der Talus-Rolle beschreiben sie in nur 18,3 % der Fälle. Diese Befunde deuten in die Richtung, dass das Ponseti-Behandlungs-Konzept die Equinus-Komponente wirksam korrigiert, die Bemühungen zur Aufrechterhaltung einer ausreichenden Dorsalextension z.B. durch großzügigere Indikation zur Re-Tenotomie oder längerfristige (dynamische) Nachtschienung allerdings möglicherweise zu verstärken sind.

Al-Aubaidi und Mitarb. [2] beschreiben bei ventraler temporärer Epiphyseodese bei im Mittel 7 Jahre alten Klumpfuß-Kindern eine Änderung des Gelenkflächen-Winkels („slope“) von im Mittel 13° nach einer mittleren Beobachtungszeit von 22 Monaten, der aber eine klinische Verbesserung der Dorsalextension von durchschnittlich lediglich 2° gegenüberstand. Trotzdem erscheint die temporäre ventrale Epiphyseodese als Teilmaßnahme bei knöchern bedingter Einschränkung der Dorsalextension durchaus geeignet, zumindest einer weiteren Verschlechterung entgegenzuwirken.

Die sekundär kaum behandelbare supramalleoläre Außenrotations-Fehlstellung wurde insbesondere nach unvollständiger Korrektur des talocalcaneo-navicularen Komplexes bei rein dorsalem Release beobachtet (vgl. Abb. 3). Sie scheint weitgehend vermeidbar durch operativ (peritalares Release) oder konservativ erreichte vollständige Korrektur der subtalaren Fußplatte. Sonographische Verlaufsbeobachtungen in der Talonavicular-Region während der Ponseti-Behandlung konnten zeigen, dass eine volle Korrektur konservativ erreicht werden kann mit einer leichten Tendenz zum Korrektur-Verlust nach Absetzen der Denis-Browne-Schienung [12]. Insofern erscheint die Ponseti-Primärbehandlung geeignet, einer iatrogenen supramalleolären Fehlrotation am Oberen Sprunggelenk entgegenzuwirken. Allerdings ist zu beachten, daß die Denis-Browne-Schienung erst nach vollständiger subtalarer Derotation begonnen werden darf.

Die Ursachen der nach Stevens und Otis [5] häufigen supramalleolären Valgus-Deformität bleiben unklar. Sie wird bei Zuständen persistierender leichter Rückfuß-Varus-Fehlstellung beobachtet, kann aber auch als Überkorrektur der exakt korrigierten peritalaren Gelenke missdeutet werden und ist bei der tatsächlichen Überkorrektur besonders häufig anzutreffen [7]. Nach eigenen Beobachtungen ist ein Zusammenhang mit einer Hypermobilität und Destabilisierung des medialen Fußstrahls nicht selten und kann bis zu einer Umformung der medialen Talusschulter führen (vgl. Abb. 9).

Insofern scheint die Vermeidung einer Überkorrektur und hier insbesondere einer übermäßigen Mittel-/Vorfuß-Supination, wie sie nach peritalarem Release gehäuft, kaum aber bisher nach Ponseti-Behandlung beobachtet wurde, den einzigen Ansatz im Rahmen der Primärtherapie darzustellen. Arbeiten zur Häufigkeit der supramalleolären Valgus-Deformität nach Ponseti-Frühtherapie sind dem Autor nicht bekannt. Bei klinischem Verdacht auf eine supramalleoläre Fehlstellung sollte ein ap-Röntgenbild angefertigt werden. Therapeutisch ist im Wachstumsalter mit der Hemi-Epiphyseodese ein wirksames, minimalinvasives Korrektur-Verfahren gegeben [5, 6, 8, 9], mit dem beim Klumpfuß eine Korrektur von im Mittel 0,78° pro Monat nach Rupprecht u. Mitarb. [8] zu erwarten ist. Für höhere Altersstufen kann eine Osteotomie empfohlen werden, wobei der Autor zur Einbeziehung auch der Fibula in die Achskorrektur neigt.

Insbesondere bei unzureichender Ausformung und Höhenentwicklung der Trochlea tali kann es zu schmerzhaften Impingement-Phänomenen kommen. Hier können subtalar reorientierende Osteotomien oder Interpositions-Arthrodesen den physiologischen Abstand von Fibulaspitze und lateraler Calcaneus-Wand wiederherstellen und die vorhandene Gelenkfläche der Trochlea tali in eine günstigere Einstellung in Relation zur Tibiabasis versetzen. Sonografische Verlaufs-Beobachtungen während der Ponseti-Therapie zeigten, dass es bei dieser Behandlungsform zu einer vergleichsweise günstigen Entwicklung des Längenwachstums des Talus kommt [12]. Dass dies auch für die Höhen-Entwicklung des bei anderen Behandlungsformen oft sehr dysplastisch entwickelten Talus (vgl. Abb. 1) gilt, kann nur vermutet werden.

Als Schlussfolgerung für die Klumpfuß-Primärbehandlung bleibt festzustellen:

  • 1. Das Obere Sprunggelenk sollte bei der Klumpfuß-Behandlung diagnostisch und therapeutisch vermehrt in den Blick genommen werden.
  • 2. Die Genese von Deformitäten im Bereich des Oberen Sprunggelenks ist in vielen Aspekten noch nicht vollständig geklärt.
  • 3. Eine möglichst frühe und möglichst vollständige, nachhaltige Beseitigung der mit dem Klumpfuß verbundenen Kontrakturen unter Vermeidung einer Überkorrektur trägt zu einer günstigen Ausformung des Oberen Sprunggelenks ohne Sekundärschäden bei. Dies scheint durch die Ponseti-Therapie in besonderer Weise gegeben.
  • 4. Es liegen jedoch noch keine detaillierten Berichte zur Entwicklung des Oberen Sprunggelenks bei nach Ponseti behandelten Klumpfuß-Kindern vor.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Johannes Hamel

Zentrum für Orthopädische
Fußchirurgie München

Schützenstraße 5

80335 München

www.professor-hamel.de

J.Hamel@t-online.de

Literatur

1. Ponseti IV. Congenital clubfoot – fundamentals of treatment. Oxford: Oxford University Press, 1996

2. Al-Aubaidi Z, Lundgaard B, Pedersen NW. Anterior distal tibial epiphysiodesis for the treatment of recurrent equinus deformity after surgical treatment of clubfeet. J Pediatr Orthop 2011; 31: 716–720

3. Coleman SS. Complex foot deformities in children. Philadelphia: Lea & Febiger, 1983

4. Mc Kay DW. New concept of and approach to clubfoot treatment: Section I – Principles and morbid anatomy. J Pediatr Orthop 1982; 2: 347–356

5. Stevens PM, Otis S. Ankle valgus and clubfeet. J Pediatr Orthop 1999; 19; 515–517

6. Mosca VS. Principles and management of pediatric foot and ankle deformities and malformations. Philadelphia: Wolters Kluver Health, 2014

7. Hamel J. Die Überkorrektur-Problematik beim idiopathischen Klumpfuß – Übersicht, Einteilung und Behandlungsbeispiele. FussSprunggel 2011; 9: 61–71

8. Rupprecht M, Spiro AS, Breyer S, Vettorazzi E, Ridderbusch K, Stücker R. Growth modulation with a medial malleolar screw for ankle valgus deformity. Acta Orthopaedica 2015; 5: 1–5

9. Stevens PM, Kennedy JM, Hung M. Guided growth for ankle valgus. J Pediatr Orthop 2011; 31: 878–883

10. Radler C, Manner HM, Suda R et al. Radiographic evaluation of idiopathic clubfeet undergoing Ponseti treatment. J Bone Joint Surg Am 2007; 89: 1177–1183

11. Cooper DM, Dietz FR. Treatment of idiopathic clubfoot. J Bone Joint Surg Am 1995; 77: 1477–1489

12. Hamel J. Klumpfuß-Primärbehandlung nach dem Ponseti-Konzept – sonographische Verlaufsbeobachtungen bis zum 4. bis 7. Lebensjahr. FussSprungg 2012; 10: 166–174

Fussnoten

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