Übersichtsarbeiten - OUP 03/2020

Komplikationen und Revisionsstrategie nach Trochleaplastik

Überzeugende kurz- bis mittelfristige Ergebnisse hinsichtlich der Reluxationsrate und patientenbezogener Outcomeparameter (PROM) machen die Trochleaplastik bei korrekter Indikationsstellung zu einem der erfolgreichsten Eingriffe in der patellofemoralen Chirurgie [14, 17, 23, 28, 30]. Nicht zuletzt ist es jedoch eben die Indikationsstellung als auch die Invasivität des Eingriffs, die zu einem nicht unbeachtlichen Risikoprofil führen.

Einer aktuellen Übersichtsarbeit zufolge beträgt die Komplikationsrate nach Trochleaplastik bereits im kurzfristigen Nachuntersuchungszeitraum etwa 14 %, die der MPFL-Plastik im Vergleich ca. 7 % [30]. Während weitere Übersichtsarbeiten sogar Komplikationsraten von 13- 40 % beschreiben [15, 25], berichten nur wenige Fallserien über komplikationsfreie Verläufe [4, 23].

Analog zur Klassifizierung der Trochleadysplasie, ist die Vergleichbarkeit der Komplikationsraten durch eine nicht unerhebliche Heterogenität der zugrundeliegenden Studien limitiert. Abhängig vom berücksichtigten Nachuntersuchungszeitraum sowie den untersuchten Operationstechniken der Trochleaplastik variieren die Ergebnisse daher teilweise stark [15].

Ein weiterer Faktor ist die Definition einer Komplikation, welche in den unterschiedlichen Studien verwendet wird. Exemplarisch wird die patellofemorale Arthrose (PF OA) im Langzeitverlauf mit Inzidenzen von bis zu 65 % beobachtet, in vielen anderen Studien findet sie hingegen gar keine Erwähnung [15, 27].

Während einige Komplikationen wie tiefe Beinvenenthrombosen (TVT), Wundheilungsstörungen, Schwellungszustände, chronisch regionales Schmerzsyndrom (CRPS), mechanische Komplikationen oder Wundinfektionen eher selten (< 1 %) aufzutreten beobachtet werden, machen die postoperative Arthrose, gesteigerte Schmerzzustände, rezidivierende Patellaluxationen oder persistierende Bewegungseinschränkungen des Kniegelenkes einen deutlich größeren Anteil der Komplikationen nach Trochleaplastik aus [6, 15, 25, 28]. Eine ausbleibende Knochenheilung oder in Fehlstellung verheilte Korrekturen sind ebenfalls eher eine Seltenheit, können aber verheerende Folgen für die patellofemorale Artikulation haben (Abb. 3-5). Insgesamt führen diese beschriebenen Komplikationen in etwa 8- 14 % aller Fälle zu notwendigen Revisionsoperationen im Verlauf [16, 20].

Persistierende
Patellainstabilität nach Trochleaplastik

Auch wenn die Indikation zur Trochleaplastik zunehmend um die Behandlung des vorderen Knieschmerzes erweitert wird, bleibt die patellofemorale Instabilität das primäre Ziel des Eingriffs. Gleichzeitig stellt die Reluxation der Patella eine der häufigsten postoperativen Komplikationen dar [27]. Die in der Literatur beschriebenen Reluxationsraten nach Trochleaplastik werden abhängig vom Nachuntersuchungszeitraum mit 7 % nach durchschnittlich 48 Monaten [25] und 2- 10 % nach durchschnittlich 57 Monaten [15], bis 8 % nach durchschnittlich 11 Jahren [16] angegeben. Dabei unterscheiden die wenigsten Studien zwischen verschiedenen Dysplasieformen. Legt man die Dejour-Klassifikation zugrunde, zeigt sich, dass mit zunehmendem Schweregrad der Trochleadysplasie auch die Reluxationsrate steigt [30]. Zaffagnini et al. beobachteten nach der Behandlung hochgradiger Dysplasieformen (Dejour-Typen C/D) mittels isolierter MPFL-Plastik deutlich höhere Reluxationsraten von bis zu 18,6 %, als wenn diese in Kombination mit einer Trochleaplastik erfolgte [30]. Leichtere Formen (Typen A/B) hingegen zeigten nach isolierter MPFL-Plastik Reluxationsraten von lediglich 3,8 %. Bei einer gleichzeitigen Verdopplung der Komplikationsrate nach Trochleaplastik (14,0 % vs. 6,7 %) sollte daher eine sorgfältige Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses erfolgen [30].

Obwohl hier der Vergleich mit Reluxationsraten nach anderen patellastabilisierenden Operationstechniken klinisch interessant wäre, hinkt ein solcher Vergleich bereits ob der unterschiedlichen Komplexität zugrundeliegender Pathologien [25, 27]. Überdies erschweren häufig simultan auftretende anatomische Risikofaktoren den direkten Vergleich auf alleiniger Grundlage der Trochleamorphologie [10].

Es zeigt sich jedoch, dass etwa 30 % aller notwendigen Revisionsoperationen im Langzeitverlauf nach Trochleaplastik zweizeitig ergänzend erfolgte MPFL-Plastiken sind, was die Indikation einer isolierten Trochleaplastik zur Behandlung der patellofemoralen Instabilität erneut in Frage stellen lässt [16]. Besonders bei höhergradigen Dysplasieformen (Typen B- D) lässt sich eine effektive Reduktion der mittelfristigen Reluxationsrate am ehesten durch die Kombination der Trochleaplastik mit einer MPFL-Plastik erreichen (0 % vs. 2,06 %) [20].

Patellofemorale
Arthrose (PF OA)

Episoden patellofemoraler Instabilität führen kurz- bis mittelfristig zur Entwicklung degenerativer Knorpelveränderungen. Insbesondere bei chronischen Dysbalancen des Patellatrackings, wie es auch bei valgischen Beinachsendeformitäten oder lateralisierter Tuberositas tibiae auftritt, ist die Inzidenz beachtlich [8, 9, 22]. Obwohl die Trochleaplastik das Ziel hat, durch direkte Einflussnahme auf die patellofemorale Gelenkflächenkongruenz Folgeschäden des Patellofemoralgelenkes zu minimieren, beträgt die beobachtete Inzidenz der PF OA bereits mittelfristig 4,4- 5,3 % [15, 16]. Diese steigt im langfristigen Verlauf (bis 15 Jahre) auf etwa 12- 30 %, wobei in 65 % auch der Schweregrad präoperativ sichtbarer Veränderungen des patellofemoralen Gelenkes (? Iwano Grad 2), trotz objektiver Stabilität deutlich zunimmt [15, 21, 29]. Die Inzidenz patellofemoraler Arthrose (Iwano ? 2) nach alternativen patellastabilisierenden Eingriffen ist im Vergleich nicht geringer (35,7 %), wobei eine potenzielle Verzerrung durch die hohe Rate degenerativer Veränderungen zum Operationszeitpunkt nur schwer einzuschätzen ist [25].

Auffällig ist jedoch ein Vergleich der populärsten Operationstechniken der Trochleaplastik, hinsichtlich der Inzidenz postoperativer PF OA. Hier scheint die Technik der V-förmigen Trochleaplastik nach Dejour (26,5 %) insgesamt deutlich häufiger zu PF OA zu führen, als die Technik der U-förmigen Trochleaplastik nach Bereiter (4,4 %) [15].

Die klinische Relevanz dieser Beobachtung zeigt sich in den Ergebnissen der wenigen Langzeitstudien nach Trochleaplastik. Neben der Entwicklung einer relevanten PF OA in 30 %, beobachteten von Knoch und Kollegen zusätzlich eine Progredienz der Schmerzsymptomatik in 33 % des gleichen Kollektivs [29]. Rouanet et al. beschrieben ähnliche Ergebnisse, wobei in 18 % zusätzlich die Konversion zur endoprothetischen Versorgung notwendig wurde [21]. Insgesamt berichten 11- 66 % aller Patienten nach Trochleaplastik mittelfristig über ein gesteigertes postoperatives Schmerzniveau, was letztlich zur schmerzbedingten Immobilisierung führt und nicht selten in der endoprothetischen Versorgung mündet [15, 25]. Auf Grundlage der aktuellen Studienlage lässt sich ein kausaler Zusammenhang zwischen Trochleaplastik und Arthroseentwicklung nicht abschließend nachvollziehen. Es lässt sich aber zumindest festhalten, dass die Entwicklung der patellofemoralen Arthrose durch die Modifikation der patellofemoralen Kongruenz, im Sinne einer Trochleaplastik, nicht vollständig verhindert werden kann [29]. Ziel sollte daher ein möglichst früher Behandlungszeitpunkt sein, um die Zeit eines persistierenden Maltrackings zu verringern.

Postoperative Bewegungseinschränkungen und
Arthrofibrose

SEITE: 1 | 2 | 3