Übersichtsarbeiten - OUP 03/2021

Konservativ, Hüftarthroskopie, Hüftkappe, Kurzschaft, Standardschaft
Welche Optionen sind bei der Coxarthrose sinnvoll?

Lars Victor von Engelhardt, Jörg Jerosch

CME

1

PUNKT

Lernziele:

Dem Leser soll bei Vorliegen einer Coxarthrose die Differentialindikation zur Hüftarthroskopie, zum Kurz- und Standardschaft sowie zu der in besonderen Fällen auch möglichen Versorgung mit einer Hüftkappe vermittelt werden.

Die Möglichkeiten einer konservativen Therapie als alleinige Therapie und insbesondere begleitend zu einer Hüftarthroskopie sollen erläutert werden.

Für die unterschiedlichen Prothesentypen sowie die Hüftarthroskopie sollen die Erfolgsaussichten, die Langzeitprognose inkl. Vor- und Nachteile vermittelt werden.

Zusammenfassung:
Das Hüftimpingement und die Dysplasie sind die häufigsten Ursachen für eine Coxarthrose und damit Präarthrosen. Aufgrund des schleichenden Krankheitsverlaufes kommt bei vielen Patienten trotz bereits vorhandener arthrotischer Gelenkschäden evtl. noch ein gelenkerhaltendes Vorgehen wie bspw. eine Hüftarthroskopie oder eine Korrekturosteotomie in Frage. Sollte ein Gelenkerhalt nicht mehr sinnvoll sein, bleibt die Entscheidung, ob neben einem konservativen Vorgehen, eine Hüftkappe, ein Kurzschaft oder eher ein Gelenkersatz mit einem Standardschaft angemessen ist. Um die richtigen Behandlungsempfehlungen zu finden, stellt sich für jede Option die Frage, wie lange der Erfolg bspw. eines konservativen Vorgehens, eines bestimmten Prothesentypes oder einer gelenkerhaltenden Operation anhält. Um hier individuell zu beraten, sind neben den exakten bildgebenden Befunden auch das Alter, das Aktivitätsniveau, die anamnestischen und klinischen Untersuchungsbefunde sowie die Erwartungshaltung des Patienten einzubeziehen. Dieser Artikel soll den Leser unterstützen, entsprechende Befunde zu erheben und für die unterschiedlichen Optionen die Erfolgsaussichten, die Langzeitprognose sowie Vor- und Nachteile abzuwägen.

Schlüsselwörter:
Coxarthrose, konservative Therapie, Hüftarthroskopie, Hüftkappe, Kurzschaft, Standardschaft

Zitierweise:
von Engelhardt LV, Jerosch J: Konservativ, Hüftarthroskopie, Hüftkappe, Kurzschaft, Standardschaft.
Welche Optionen sind bei der Coxarthrose sinnvoll?
OUP 2021; 10: 0139–0147
DOI 10.3238/oup.2021.0139–0147

Summary: Hip impingement and dysplasia are pre-arthritic conditions and the main causes of hip osteoarthritis. All variants of a symptomatic hip impingement lead to progressive degenerative changes of the joint. Due to the insidious course of the disease, a joint-preserving procedure such as hip arthroscopy or a corrective osteotomy is often also an option for patients already showing degenerative joint damage. If a joint preserving procedure is no longer a reasonable option, the question remains if a conservative treatment, hip resurfacing, a short stem or a joint replacement with a standard stem is appropriate. In order to recommend the right treatment, the question of the duration of the success of each option, such as a conservative treatment, a certain type of implant or a joint preserving surgery, must be raised. To enable individual advice, exact imaging findings, age, activity level, anamnestic and clinical examination findings as well as the patient‘s expectations should be considered. This article is intended to support the reader in acquiring the relevant findings and assessing the prospects of success, the long-term prognosis as well as advantages and disadvantages of the different options.

Keywords: hip osteoarthritis, conservative treatment, hip arthroscopy, hip resurfacing, short stem, standard stem

Citation: von Engelhardt LV, Jerosch J: Conservative treatment, hip arthroscopy, hip resurfacing, short stem, standard stem. Which option is appropriate for hip osteoarthritis?
OUP 2021; 10: 0139–0147. DOI 10.3238/oup.2021.0139–0147

Lars Victor von Engelhardt: Fakultät für Gesundheit, Private Universität Witten/Herdecke

Jörg Jerosch: Abteilung für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin, Johanna-Etienne-Krankenhaus Neuss

Therapeutische Möglichkeiten bei der Hüftarthrose

Verständlicherweise fragen Patienten mit einer symptomatischen Hüftarthrose nach den Möglichkeiten eines Gelenkerhaltes oder eines Aufschiebens der Endoprothese. Oft erleben wir dies bei jungen, gelegentlich aber auch bei älteren Patienten. Neben der Frage, wie lange die Prothesen halten, wird auch nach den Aktivitäten, die mit der Endoprothese ausgeführt werden dürfen, gefragt. Auch bei den gelenkerhaltenden Operationen und/oder konservativen Therapien stellt sich die Frage, wie lange die Erfolge anhalten.

Für einen Gelenkerhalt oder zum Hinauszögern einer Prothese sind neben der Hüftarthroskopie und den Osteotomien konservative Therapieansätze nicht wegzudenken. Sie sind vielfältig und werden individuell abgewogen. Hinsichtlich der Schmerzen und auch hinsichtlich der Hüftfunktion finden sich bei gering- bis mittelgradigen Coxarthrosen richtig gute Ergebnisse. Risikofaktoren wie hüftbelastende Aktivitäten, Übergewicht etc. sollten möglichst reduziert werden. Krankengymnastische Übungen, physikalische Therapieverfahren, schock-absorbierende Einlagen, Ernährungstherapien und/oder spezifische Nahrungsergänzungsmittel können eingesetzt werden [27, 49, 53, 98]. Zur intraartikulären Injektion von Kortikosteroiden, Hyaluronsäuren und/oder thrombozytenreichem Plasma (PRP) erfolgte aktuell eine Meta-Analyse zu kontrolliert-randomisierten Studien mit 1060 Hüftarthrose-Patienten. Entgegen der heterogenen Ergebnisse in der Vergangenheit, zeigen sich in den aktuellen Studien meist gute Ergebnisse, wobei sich insbesondere das PRP auch in einem Zeitfenster über 6 Monate hinaus als langfristig wirksam erweist [24, 99]. Darüber hinaus empfehlen mehrere Autoren bei Schäden am Gelenkknorpel die Gabe von PRP, um die Therapieerfolge einer Hüftarthroskopie zu optimieren [60, 75]. Kurzzeitig können topisch oder systemisch nicht-steroidale Antiphlogistika und in Ausnahmefällen niedrigpotente Opioide verordnet werden [27, 53, 98]. Aufgrund der hohen gastrointestinalen und kardiovaskulären Komplikationsraten sollten diese Medikamente nur kurzfristig eingenommen werden. Die COX-2-Hemmer werden hinsichtlich gastrointestinaler Nebenwirkungen besser vertragen, weshalb diese Wirkstoffgruppe bei prädisponierten Patienten und solchen, die älter als 65 sind, zu bevorzugen sind. Durchblutungsstörungen, eine periphere arterielle Verschlusskrankheit und/oder der Zustand nach einem Schlaganfall sind weitere Kontraindikationen [49, 98].

Neben der Dysplasie, die mit dem sonographischen Hüftscreening vglw. seltener geworden ist, ist v.a. das femoroacetabuläre Impingement eine wichtige Ursache der Hüftarthrose [51, 54, 73, 81]. Dabei führen vermehrte Scher- und Druckkräfte zu Schäden der Gelenkflächen und im Weiteren zum Vollbild der Arthrose [2, 54, 73]. Neben der mechanischen Pathophysiologie zeigt sich beim Impingement auch eine intraartikuläre Entzündung mit einer hohen Expression arthrosetypischer inflammatorischer Mediatoren [37]. Letztlich sind bei einer Hüftarthrose bei einem enormen Anteil der Fälle knöcherne Impingementdeformitäten zu finden [39]. Bei den nicht so ausgeprägten Hüftarthrosen stellt sich daher oft die Frage, ob bspw. eine gelenk-erhaltende Korrektur der Impingementdeformitäten genügen kann, um die Symptome zu beseitigen. Vor dem Hintergrund einer gestiegenen Lebenserwartung und des höheren Aktivitätsniveaus im fortgeschrittenen Lebensalter kann diese Option durchaus sinnvoll sein. Wichtig ist auch die Frage, wie lange die Erfolge hiernach anhalten. Unter den gelenkerhaltenden Operationen ist neben der Korrektur eines zugrundeliegenden Hüftimpingements in einigen Fällen auch an eine periacetabuläre Osteotomie bei Vorliegen einer Hüftdysplasie zu denken. Zu beiden Verfahren erfolgte aktuell eine Meta-Analyse mit 59.430 Hüften. Bei richtiger Indikation zeigen beide ein gutes klinisches Outcome und sind daher als erfolgversprechend anzuerkennen. Daher sind diese Alternativen in vielen Fällen in die Therapieüberlegungen einzubeziehen [83]. Eine weitere Meta-Analyse befasste sich mit dem mittel- und langfristigen Outcome beider Verfahren, wobei die Notwendigkeit einer Prothesenimplantation als Endpunkt definiert wurde. Die Erfolgsquote der offen-chirurgischen oder arthroskopischen Impingementkorrektur sowie hüftnaher Osteotomien liegt demnach bei 93 % bzw. 90,5 %. Risikofaktoren für eine dennoch rasche Arthroseprogression und nachfolgend nötige Prothesenimplantation waren ein fortgeschrittenes Alter, ein erhöhter Body Mass Index sowie arthrotische Veränderungen mit Knorpeldefekten [70]. Im Unterschied zur Hüftarthroskopie wurden speziell bei den periacetabulären Osteotomien ein Patientenalter von über 25 Jahren sowie Inkongruenzen des Gelenkspaltes als weitere Riskofaktoren herausgestellt [93]. Zusammenfassend sind gelenkerhaltende Operationen eines symptomatischen femoroacetabulären Impingements und/oder einer Hüftdysplasie bei geringgradigen Arthrosen mit guten Ergebnissen verbunden und empfehlenswert. Um ein Fortschreiten der Arthrose zu verhindern, sollten entsprechende Operationen möglichst frühzeitig erfolgen.

Ist eine Coxarthrose klinisch und bildgebend weit fortgeschritten, so wird sinnvollerweise die Indikation für eine Endoprothese gestellt. Zu den Standzeiten dieser Implantate gibt es umfassende Langzeituntersuchungen. Eine Auswertung von 63.158 Hüftendoprothesen zeigte ein 10- und 20-Jahres Überleben von 95,6 % und 85,0 % [9]. Dies entspricht ungefähr den Daten des schwedischen Endoprothesenregisters, wonach die Überlebensrate nach 22 Jahren bei 88,9 % liegt [46]. Der Begriff “Standard-Totalendoprothese“ wird für schaftgeführte Implantate, die weit in der Diaphyse des Femurknochens verankert werden, verwendet. Die “Oberflächenersatzprothesen“ ersetzen nur die geschädigten Gelenkflächen (Abb. 1). Der Hüftkopf wird mit einer Kappe mit einer dünnen Zementschicht überkront, die Pfanne wird in press-fit Technik eingebracht. Weil die Gelenkgeometrie einschließlich der Schenkelshalsantetorsion erhalten bleibt [6], ist die Muskelfunktion vglw. ungestört. Zudem besteht eine hohe Luxationssicherheit. Aufgrund dieser Vorteile zeigen einige Studien tendenziell eine etwas bessere Wiederaufnahme von Sport als bspw. Standard-Hüftendoprothesen [26, 29, 79]. Eindrucksvoll ist eine Arbeit zu 48 Ironman-Triathleten, die eine Return-to-Sports-Rate von 94 % erzielten; 58 % nahmen sogar weiterhin an den kompetitiven Ironman-Wettkämpfen teil. Trotz der Extrembelastung betrug die Implantat-Überlebensrate in dem beschriebenen Nachuntersuchungszeitraum von 4,7 Jahren 100 % [29]. Bei jungen Männern liegen die Langzeit-Überlebensraten für den Oberflächenersatz deutlich höher als bei den Standard-Totalendoprothesen. Auch bei Kurzschäften sind die Überlebensraten deutlich besser, wobei ähnliche Standzeiten wie beim Oberflächenersatz zu vermuten sind. So zeigt eine aktuelle Auswertung bei 11.382 Patienten mit einem Oberflächenersatz nach 10 und 21 Jahren eine Überlebensrate von 99 % bzw. 92,5 % [88]. Hingegen zeigt das schwedische Prothesenregister in einer entsprechend jungen Patientengruppe für konventionelle Schaftprothesen nach 24 Jahren Überlebensraten von 52?57 % [46]. Anhand dieser Daten ist es verständlich, warum diese Implantate bei jungen, sportlich aktiven Patienten häufig eingesetzt werden [3].

Die Kurzschaft-Endoprothesen zeigen ähnliche Vorteile und werden seit ca. 15 Jahren zunehmend implantiert (Abb. 2). Unter den Kurzschäften finden sich neben der verkürzten Schaftkomponente erhebliche Unterschiede. Eine sinnvolle Einteilung klassifiziert in Prothesen, die den Schenkelhals erhalten, teilweise erhalten oder resezieren [45]. Insbesondere die letzten beiden verankern sich im Gegensatz zu den Standard-Schäften nicht diaphysär, sondern weiter proximal. Daher leitet der Kurzschaft die einwirkenden Kräfte weiter proximal in den Femur und damit physiologischer ein [95]. Die vglw. unphysiologische Kraftübertragung der Standardschäfte auf die Diaphyse geht mit einem erheblichen proximalen Knochenabbau, aber auch mit Schaftschmerzen in bis zu 15 % der Fälle einher. Diese Häufigkeiten werden entsprechend aktueller Daten mit Kurzschäften auf 0,4 % bzw. 3,3 % reduziert [8, 47]. Der bei den Kurzschäften um ein Vielfaches verminderte Verlust an Knochensubstanz im proximalen Femur [43, 45, 90] wirkt sich nicht nur auf das klinische Outcome, sondern voraussichtlich auch auf die Standzeit positiv aus [45, 58, 90]. Somit zeigen erste Langzeituntersuchungen mit einzelnen Kurzschaftimplantaten sehr gute Überlebensraten, die voraussichtlich im Bereich der wenigen, auf dem Markt verbliebenen Kappenmodellen liegen. Allerdings ist die Studienlage hierzu noch ein wenig dünn [56, 90, 92]. Letztlich ist davon auszugehen, dass die beschriebenen Implantate vom Oberflächenersatz über den Kurzschaft bis hin zum Standardschaft gute Langzeitergebnisse aufweisen. Die Entscheidung für die Wahl der endoprothetischen Versorgung ist somit nicht einfach und es ist sinnvoll, weitere Aspekte in Betracht zu ziehen.

Bildgebung bei Coxarthrose

Grundlage für die Therapieplanung ist ein Beckenübersichtsröntgen im Stand. Im klinischen Alltag hat sich das Grading nach Kellgren und Lawrence durchgesetzt (Tab. 1). Zur Beurteilung eines Impingements oder einer Dysplasie ist es sinnvoll, weitere Röntgenbefunde heranzuziehen. Die im a.p.-Bild gelegentlich zu sehende Pistolengriff-Formation ist ein Maximalbefund des Cam Impingement, bei dem neben dem Offsetverlust eine Überhöhung der Knochenkontur zu sehen ist. Oft ist im a.p.-Röntgen nur ein Offsetverlust (Abb. 3a), aber kein prominentes Cam zu sehen. Die axialen Röntgenaufnahmen (Abb. 3c) sind besser geeignet, den Offsetverlust zu erkennen. Der Alpha-Winkel nach Nötzli quanti?ziert die Taillierungsstörung am Schenkelhals-Kopf-Übergang (Abb. 3d, e) [69]. Hierbei wird eine Linie vom Hüftkopfzentrum zu dem Punkt gezogen, an dem der Schenkelhals-Kopf-Übergang an den Kreiszirkel des Femurkopfs angrenzt oder ihn hier überschreitet. Die zweite Linie entspricht der Schenkelhalsachse, die vom Hüftkopfzentrum zur Mitte des Schenkelhalses zieht. Der Schwellenwert liegt in der orthopädischen Literatur meist bei 50° und in der radiologischen Literatur eher bei 55° [85]. Aufgrund der hohen Prävalenz von Werten um 45° empfehlen wir, erst bei Werten ab 55° von einem signifikanten Offsetverlust zu sprechen. Das Pincer-Impingement ist Folge einer knöchernen Formstörung der Pfanne, bei der umschriebene, segmentale oder aber auch weitläufige Prominenzen die Kontur der Gelenkpfanne stören. Hierbei findet sich eine Geschlechterverteilung, wonach die Männer mehr zur Cam-Deformität, die Frauen mehr zu den Pincervarianten mit einem erhöhten Zentrum-Erker-Winkel (engl. center edge angle, CE-Winkel) neigen [76]. Der CE-Winkel wird zwischen der Senkrechten des Rotationszentrums und der Verbindungslinie zwischen Rotationszentrum und lateraler Erkerkante gemessen (Abb. 3a, 4a). Der normale CE-Winkel wurde zwischen 26° und 40° angegeben, Werte < 20° sind für eine Dysplasie typisch, Werte ? 40° charakterisieren einen Pincer (Abb. 3a, 4a) [33, 77]. Liegt bei symptomatischen Hüften hingegen ein Erkerdefizit und eine initiale oder keine Arthrose vor, kann eine Beckenosteotomie in Betracht gezogen werden. Außerhalb dieser Grenzen können weitere radiologische Kriterien wie bspw. ein erweiterter Schenkelhalswinkel oder eine Dezentrierung des Gelenkes für die Indikationsstellung einbezogen werden. Neben der Beurteilung der lateralen Überdachungsstörung ist auch die Pfanneneingangsebene nach vorne, die Anteversion, sowohl bei den Dysplasiehüften als auch beim femoroacetabulären Impingement zu beachten. Im Normalfall ist die Pfanne ein wenig antevertiert. Deshalb projiziert sich der vordere Pfannenrand oberhalb des hinteren, wobei hier auch bei asymptomatischen Patienten eine erhebliche Varianz besteht [4]. Besteht eine zu weit ausladende anteriore und/oder anterolaterale Überdachung, stellt sich der vordere Pfannenrand im lateralen Abschnitt im a.p.-Röntgen kaudal des hinteren dar. Daher können sich die Erkerkonturen ein wenig weiter medial überkreuzen. Dieses crossing-Zeichen ist pathognomonisch für ein segmentales Pincer bspw. bei einem anterolateralen Überhang. Bei einem klinischen Korrelat sind solche Befunde für die Behandlung von Relevanz [77].

Korrektur eines
Hüftimpingements

Eine offene chirurgische oder arthroskopische Korrektur der knöchernen Impingementdeformität stellt ein anschlagfreies Bewegungsspiel wieder her [91]. Auch bei mäßigen arthrotischen Gelenkveränderungen ist dies bzgl. der Beschwerden und der Gelenkfunktion ein dankbares Verfahren, zudem kann die Progression der Arthrose aufgehalten werden [28, 38, 70, 83]. Bei höhergradigen, auf den Knochen reichenden Knorpelschäden, zeigt sich im Röntgen im Stand eine Verschmälerung der Gelenkspaltweite. Es stellt sich die Frage, bis zu welcher Ausprägung die Arthroskopie sinnvoll ist. Die Studienlage zeigt, dass der Cut-Off-Wert für die Gelenkspaltweite, bei dem die Erfolgschancen einer Hüftarthroskopie sinken, bei 2 mm liegt (Abb. 1) [23, 72]. Beim isolierten Pincer sind solche Schäden oft deutlich später zu finden als beim Cam oder dem kombinierten Impingement [10, 17, 38]. Die Gelenklippe weist hingegen recht früh degenerative Schäden, Verkalkungen, Ossifikationen etc. auf [10]. Somit findet man beim Pincer häufig im Röntgen und arthroskopisch erhebliche Labrumveränderungen bis hin zu ausgedehnten Verknöcherungen, bei allerdings noch erstaunlich gesunden knorpeligen Gelenkflächen. Später kann es beim Pincer oder dem kombinierten Impingement zu sogenannten Contre-Coup-Schäden, welche aufgrund der Hebelwirkung und einer vermehrten posterioren Translation des Hüftkopfes, postero-inferior entstehen, kommen (Abb. 3) [54]. Auch solche Befunde sind mit einer reduzierten Prognose zu sehen [10]. Um hierzu die Befunde besser zu detektieren, ist das Faux-Profil-Röntgen im Stehen hilfreich. Dies projiziert nicht nur die vordere Überdachung, bspw. bei einer Dysplasie oder einem subspinalen Impingement heraus, v.a. erlaubt dies häufig die Detektion fortgeschrittener Schäden am Gelenkknorpel. Hierbei dringt der Hüftkopf in die zerstörte Knorpelschicht ein und stellt sich dezentriert dar. Eine Dezentrierung nach inferior ist insbesondere bei einem Pincer mit einem Contre-Coup-Mechanismus nachweisbar (Abb. 3b). Ebenso ist eine anterolaterale Verschmälerung des Gelenkspaltes beim Cam-Impingement in den Faux-Profil-Aufnahmen vglw. gut nachweisbar [52]. Daher ist das Faux-Profil-Röntgen im Stehen in vielen Fällen wertvoll, um das Gelenk besser beurteilen zu können. Eine CT- oder MRT-Untersuchung kann zur Beurteilung von subchondralen Zysten und Knochenödemzonen hilfreich sein. Der eigenen Erfahrung nach sind solche Befunde v.a. ungünstig für die Prognose, wenn sie mehr in den zentralen, lasttragenden Zonen liegen. Zudem empfiehlt sich für eine zuverlässige Abwägung das Heranziehen weiterer Befunde, wobei neben dem Allgemeinzustand das biologische Alter, der Patientenanspruch und insbesondere die Schmerzanamnese wichtig ist. Bereiten Rotations- oder Flexionsbewegungen wie das Aufstehen aus dem Sitzen, das Aufsteigen auf ein Fahrrad oder Ausfallschritte Beschwerden, so spricht dies für eine Impingementkorrektur [17]. Weitere mögliche Befunde sind Steifheitsgefühle, ein Gefühl des Verhakens oder ein schmerzhaftes Schnappen [87]. Bewegungsabhängige Schmerzen, die einen eher ziehenden Charakter haben und bspw. im Bereich der lateralen Leiste, an der Flanke und am lateralen Oberschenkel lokalisiert sind, passen eher zu einer vordergründigen Impingementsymptomatik [17]. Treten die Schmerzen hingegen nach langen Gehstrecken belastungsabhängig auf und haben sie eher einen permanenten, weit in der Tiefe liegenden Charakter, so ist dies eher für eine Arthrosesymptomatik typisch. Neben dem Gehstreckenschmerz ist auch der Ruheschmerz eher der Arthrose zuzuordnen [62]. Bei der klinischen Untersuchung sind die Bewegungsumfänge hilfreich zur Differenzierung von Impingementbeschwerden. Ist bspw. die Innenrotation eingeschränkt und die Außenrotation vermehrt möglich, so kann dies auf ein Impingement oder aber eine vermehrte Retroversion des Schenkelhalses hinweisen. Findet sich hingegen eine multidirektionale Einschränkung der Bewegungsmaße, so ist dies eher für eine Arthrose pathognomonisch [62]. Der vordere Impingementtest erfolgt in 90 Grad Beugung. Aus dieser Position wird eine Adduktions- und Innenrotationsbewegung durchgeführt. Ebenso kann dieses Manöver auf periphere Labrum- und/oder Knorpelschäden bspw. nach einer Sportverletzung hinweisen [62]. Bei einer positiven Testung kann es helfen, den Patienten auf die Schmerzstelle zeigen zu lassen. Beim Posterior Rim-Test wird das in der Hüfte hyperextendierte Bein von der Untersuchungsliege abduziert und die Hüfte bei leicht gebeugten Knie außenrotiert. Dorsale und laterale Schmerzen sind typisch für ein posteriores Impingement und/oder periphere Labrum-/Knorpelschäden [63].

Bei geringgradigen degenerativen Gelenkschäden ist der Nutzen der knöchernen Impingementkorrektur erwiesen. Studien, Registerdaten und systematische Reviews zeigen signifikante Verbesserungen für die Hüftfunktion, für die Lebensqualität und Schmerzwahrnehmung sowie auch hohe Return-to-Sports-Raten [7, 38, 59, 65, 83]. Das operative Vorgehen ist hierbei einem konservativen überlegen [38]. Zudem zeigt das arthroskopische gegenüber dem offen-chirurgischen Vorgehen ein etwas besseres klinisches Outcome und niedrigere Komplikationsraten [11, 38, 65]. Eine Matched-Pair-Analyse zum Outcome arthroskopischer Impingementkorrekturen bei einer milden Arthrose im Vergleich zu entsprechenden Patienten ohne Nachweis einer Arthrose zeigte in beiden Gruppen sehr gute Ergebnisse. Interessant ist, dass sich auch nach 5 Jahren kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen fand. Somit sind bei Patienten mit einer niedriggradigen Arthrose zumindest in den ersten 5 Jahren ebenso gute Ergebnisse zu erwarten [22].

Ebenso gibt es Patienten, die bei mittel- und höhergradigen Arthrosen eine vorherrschende Impingementsymptomatik aufweisen. Vor allem bei einer hohen körperlichen Aktivität und einem eher geringen bis mittleren biologischen Alter sollte auch hier die Hüftarthroskopie abgewogen werden. Entsprechend der Studienlage zeigen arthroskopische Impingementkorrekturen bei erst- bis drittgradigen Arthrosen in Nachnutersuchungszeiträumen von 2?5 Jahren gute Outcome-Ergebnisse. Die Raten für im Verlauf dennoch nötigen Prothesenimplantationen liegen zwischen 8 und 20 % [40, 71, 72, 80]. Sansone et al. zeigten die Ergebnisse der Hüftarthroskopie bei mittelgradigen Arthrosen, wobei 60 % einen Arthrosegrad 1 und die restlichen den Grad 2 nach Tönnis aufwiesen; ein Viertel zeigte sogar eine auf weniger als 2 mm geminderte Gelenkspaltweite. Nach 2 Jahren war bei 7 % der Patienten eine Prothese nötig, die anderen zeigten bezüglich Schmerzen, Hüftfunktion, Patientenzufriedenheit, Lebensqualität und der allgemeinen körperlichen Aktivität signifikante Verbesserungen [80]. Haviv et al. untersuchten 564 Patienten, von denen 25 % einen Arthrosegrad 1 nach Tönnis, 55 % einen Grad 2 und 20 % sogar den Maximalbefund einer drittgradigen Arthrose aufwiesen. Bei 16 % der Patienten war 3,2 Jahre nach der Arthroskopie eine Endoprothese nötig [40]. Phillipon et al. beschrieben Patienten mit einem Mindestalter von 50 und einem Durchschnittsalter von 57 Jahren (50–78 Jahre). Zwei Drittel der Patienten hatten eine Arthrose Grad 1 bis 3 nach Tönnis. Nach 4,5 Jahren war in 20 % der Fälle eine Endoprothese erforderlich [72]. Entgegen dieser Studien mit Nachtuntersuchungszeiträumen von bis zu 5 Jahren sehen die Langzeitergebnisse schlechter aus. So zeigen 2 Studien, dass nach ca. 10 Jahren in 37 % bzw. 27 % der Fälle eine Prothese nötig wurde. Risikofaktoren waren fortgeschrittene Knorpelschäden (Outerbridge Grad 3 und 4). [15, 66]. Möglicherweise unterstreichen diese Daten den Wert unserer Bemühungen um knorpelregenerative Verfahren. Die wenigen Daten hierzu zeigen vglw. gute Ergebnisse, umfassen aber nur kurze Follow-up Zeiten [12, 50]. Zusammenfassend zeigt sich, dass eine Hüftarthroskopie, je nach der individuellen Situation, auch bei niedrig- und mittelgradigen Arthrosestadien äußerst erfolgreich sein kann. Auch sprechen die Daten für den Wert einer frühzeitigen Erkennung eines symptomatischen Hüftimpingements. Bei der Beratung, ob und über welchen Zeitraum eine Hüftarthroskopie bei vorhandenen arthrotischen Gelenkschäden sinnvoll ist, sind neben einer zielgerichteten Röntgenbefundung auch die anamnestischen und klinischen Untersuchungsbefunde entscheidend.

Der Oberflächenersatz bei Arthrose

Der Oberflächenersatz (Abb. 1) beruht auf einer metallischen Gleitpaarung, die nur funktioniert, wenn einige Spielregeln eingehalten werden. Eine korrekte Implantationstechnik und die Beachtung einiger Kontraindikationen sind wesentlich, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. Aufgrund des Kopferhaltes bedarf es eines dorsalen Zuganges, für den neuere Studien, u.a. aufgrund der Verbreitung größerer Kopfkomponenten, immerhin signifikant niedrigere Gesamt-Komplikationsraten als bei bspw. für den anterioren oder anterolateren Zugang beschreiben [1, 14]. Die Metall-Gleitpaarungen bestehen aus harten Legierungen und weisen einen äußerst geringen Abrieb von < 0,01 mm/Jahr auf. Dies ist ca. zwanzigmal weniger als bspw. der lineare Abrieb von Keramik/UHMW-Polyehylen-Geitpaarungen [48]. Dennoch sind die Metallabriebe nicht unkritisch. In einigen Fällen werden durch lokale Metallansammlungen Weichteilreaktionen, sog. adverse local tissue reaction (ALTR) und Pseudotumoren beschrieben. Die Ansammlung dieser Metalle in den periprothetischen Geweben können einen Knochenverlust und Implantatlockerungen nach sich ziehen [31, 64]. Auch im Blut und im Urin steigen die Metallionenwerte in den ersten 6 Monaten für Chrom und Kobalt an, um nach einer Einlaufphase wieder auf ein niedrigeres Niveau abzufallen. Dennoch bleiben die Werte im Weiteren in einem erhöhten Bereich [19, 89]. Weil die Metallionen über die Nieren ausgeschieden werden, sollte diese Gleitpaarung bei Nierenerkrankungen nicht eingesetzt werden. Ebenso ist eine Metall-Allergie oder Sensibilität, bspw. gegen Chrom, Kobalt, Nickel, Molybdän etc. eine Kontraindikation.

Beim Oberflächenersatz gab es einige nachgeahmte Prothesenmodelle, die Designunterschiede und eine reduzierte Qualität der Metallgleitpaarung aufwiesen. Dies führte zu vermehrten Metallabrieben und hohen Versagerquoten, die in den Medien leider auf alle Oberflächenersatzprothesen übertragen wurden. Sinnvollerweise wurden diese Implantate vom Markt genommen, so dass der gelittene Ruf allmählich wieder besser wird. Bestätigt wird dies durch einen umfassenden Reviewartikel, der deutlich niedrigere Revisionsraten zeigt, sofern die mittlerweile aus dem Markt genommen Oberflächenersatzmodelle aus den Register- und Studiendaten rausgerechnet werden [61]. Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass die erhöhten Metall-ionenwerte bei Fehlimplantationen oder Fehlindikationen zunehmen [41, 57]. Nachdem auch diesbezüglich eine Lernkurve zu verzeichnen ist, wundert es nicht, dass die Häufigkeiten für lokale Metallabriebe und systemisch erhöhte Metallionenkonzentrationen in der Literatur stark variieren [41, 88]. Studien zu den verbliebenen, erfolgreichen Oberflächenersatzendoprothesen zeigen, dass sich bei richtiger Indikationsstellung, der Einhaltung der Implantationskriterien wie bspw. der Verwendung von Femurkomponenten mit einem Mindestdurchmesser von 48 mm zwar erhöhte, aber außerhalb des toxischen Bereiches befindliche Metallionenwerte finden [19, 34, 41, 88, 89]. In einem aktuellen Review werden 11.832 Oberflächenersatzendoprothesen beschrieben. Weichteilreaktionen auf lokale Metallabriebe fanden sich in weniger als 0,1 % der Fälle. Dennoch sind diese Weichteilreaktionen auf Metallabriebe je nach Studie der häufigste bzw. zweithäufigste Grund für Revisionsoperationen [64, 88]. Somit ist die Problematik der Metall-Metall-Gleitpaarung bei den Oberflächenersatzendoprothesen zwar seltener, aber weiterhin vorhanden. Aus diesem Grund muss der Patient auf das Thema Metallabriebe sowie alternative Implantate sorgfältig aufgeklärt werden.

Oberflächenersatzendoprothesen sind bei Frauen nicht nur aufgrund des erforderlichen Mindestdurchmessers der Femurkomponente mit Vorsicht zu sehen. Schwangeren mit und ohne Metall-Metall-Prothesen zeigen im Nabelschnurblut bei beiden Prothesentypen gleiche Spiegel für Kobalt und Chrom. Einen Hinweis, dass das Kind durch eine Metall-Metall-Prothese der Mutter geschädigt wird, gibt es bis dato nicht [96]. Dennoch ist die Datenlage schwach, weshalb wir Frauen im gebährfähigen Alter anstelle des Oberflächenersatzes die Kurzschaftendoprothese empfehlen. Epidemiologischen Daten nach entwickeln 25 % der Frauen ab 50 eine Osteoporose mit einem erhöhten Frakturrisiko [35]. Beim Oberflächenersatz sind Schenkelhalsfrakturen möglich. In der aktuellen Multicenterstudie mit 10.267 Patienten, wobei in über 2900 Fällen Frauen eingeschlossen wurden, zeigt sich im Follow-up von 22 Jahren in 32 Fällen (0,31 %) eine Schenkelhalsfraktur [88]. Häufig liegt hier eine fehlerhafte Implantationstechnik [5, 20], eine Osteonekrose [84], oder aber ein Fehler in der Indikationsstellung zugrunde. Trotz der minimalen Inzidenzen einer Schenkelhalsfraktur ist dieses Thema mit Vorsicht anzugehen. So ist das erhöhte Osteoporoserisiko ein weiterer Grund, warum wir bei Frauen keine Kappe empfehlen. Bei Männern empfiehlt sich eine Knochendichtemessung. Auch bei einer ausgeprägten Varusdeformität und/oder einem deutlichen Übergewicht sind wir zurückhaltend, weil hierdurch hohe Scherkräfte auf den Schenkelhals mit einer erhöhten Bruchgefahr auftreten können. Weitere Kontraindikation sind große Zysten (> 1 cm) im Hüftkopf und eine schwere Hüftdysplasie. Entsprechend den Produktempfehlungen sollte das Patientenalter unter 60, bzw. maximal unter 65 Jahren liegen, wobei wir empfehlen, mehr auf das biologische Alter, die Aktivität in Freizeit und Beruf sowie die Knochenqualität zu achten. In Anbetracht der Thematik rund um die Metallgleitpaarung sollte klargestellt werden, dass auch andere Prothesenmodelle eine Option mit sehr guten Ergebnissen sind.

Der wesentliche Grund, warum wir bei sehr aktiven, eher jüngeren Patienten neben Schaftendoprothesen auch den Oberflächenersatz implantieren, sind die trotz eines des Aktivitätsniveaus vglw. langen Standzeiten. Standard-Totalendoprothesen bei jüngeren Patienten bspw. mit einem Alter von bis zu 50 Jahren zeigen sehr eingeschränkte Standzeiten. Das Schwedische Prothesenregister zeigt in dieser Patientengruppe nach 24 Jahren Überlebensraten von 52?57 %. Mit zunehmendem Alter steigen die Standzeiten ein wenig an, wobei allerdings erst ab einem Alter über 75 Jahre Standzeiten von über 90 % erreicht werden [46]. Hingegen zeigt die bereits genannte Multicenterstudie bei 8455 Männern unter 50 mit einem Oberflächenersatz nach 10 und 22 Jahren eine Überlebensrate von 99 % bzw. 92,5 %. Für alle 11.063 Patienten, von denen 2926 weiblich waren, betrug die Überlebensrate nach 10 Jahren 95 % und nach 22 Jahren 90 % [88]. Vier weitere Studien zum Oberflächenersatz bei männlichen Patienten unter 50 bzw. 55 Jahren zeigen nach 4,7 Jahren, 6, 12 und 14 Jahren eine aseptische Überlebensrate von 100 % [13, 29, 34, 64]. In einer Studie wurden 505 Patienten mit einem Oberflächenersatz mit 505 Patienten mit einer zementfreien Schaftprothese verglichen. Alle Patienten waren jünger als 55 Jahre. Nach einem mittleren Follow-up von etwas mehr als 6 Jahren zeigten sich bei den Standardendoprothesen signifikant erhöhte Komplikations- und Revisionsraten. Der häufigste Grund für die Revisionen der Schaftprothesen waren Lockerungen. Zudem zeigte der Oberflächenersatz eine signifikant höhere Zufriedenheitsrate [36]. Als Ursache für die niedrigen Standzeiten wird natürlich die vglw. hohe Aktivität jüngerer Patienten diskutiert. Aus der Sicht vieler Patienten sollte an dieser Variable möglichst wenig geändert werden. Daher ist das Endoprothesenkonzept die interessantere Variable, um hier den hohen Ansprüchen gerecht zu werden. Wahrscheinlich ist dies der Grund, warum bspw. die auf dem Markt verbliebenen Kappen und/oder bestimmte Kurzschäfte mit einer physiologischeren Krafteinleitung und den damit verbundenen verbesserten osteologischen Eigenschaften für viele Kollegen interessant sind. Neben den Standzeiten bei jungen, aktiven Menschen bietet der Oberflächenersatz weitere, nicht unwesentliche Vorteile. So muss der Markkanal nicht eröffnet werden, womit das Fett- und Blutungsembolie-Risiko fällt. Zudem kommt es zu einem nur minimalen Knochenverlust, so dass ein Wechsel bspw. auf einen Kurzschaft sicher möglich ist. Weil nur die Oberfläche ersetzt wird, ist die individuelle Gelenkgeometrie in allen Ebenen erhalten [6]. Dies sichert eine gute Muskelfunktion und eine hohe Luxationssicherheit. Insbesondere für Risikopatienten wie bspw. Kletterer, Ball- oder Kampfsportler etc., die eine ausgesprochen sichere und starke Hüftfunktion benötigen, ist der Oberflächenersatz daher eine abzuwägende Option [3, 18]. Bspw. wurde in einigen Studien gezeigt, dass die Wiederaufnahme von Sport mit dem Oberflächenersatz potenziell besser möglich ist als mit Standard-Hüftendoprothesen [18, 26, 29, 67, 79]. Die anfangs erwähnte Arbeit zu 48 Ironman-Triathleten [29] erscheint spektakulär. Dennoch ist sie ein gutes Beispiel für äußerst aktive Patienten, die trotz Prothese weiterhin solche Herausforderungen suchen möchten. Unseres Erachtens ist es wertvoll, sofern eine sorgfältige Abwägung und insbesondere Aufklärung der Vor- und Nachteile zu den verschiedenen Implantattypen erfolgt, den Patienten bei solchen Ambitionen zu unterstützen. Interessant ist eine Studie, in der Patienten befragt wurden, die, mehrere Jahre zurückliegend, auf der einen Seite einen Oberflächenersatz und auf der anderen Seite eine Schaftprothese erhalten haben. Auf die Frage hin, wie sie erneut entscheiden würden, gaben zwei Drittel den Oberflächenersatz an; die anderen waren indifferent oder sahen es umgekehrt. Dies passt zu den Outcomescores, die auf der Seite mit einem Oberflächenersatz zwar nur minimal, immerhin aber signifikant höher waren [16]. Zusammenfassend ist der Oberflächenersatz ein Nischenprodukt für äußerst aktive Männer jüngeren Alters. Dabei ist eine Reihe an Kontraindikationen zu beachten. Insbesondere hinsichtlich der Metallgleitpaarung sind eine intensive Aufklärung und eine äußerst vorsichtige Indikationsabwägung unumgänglich.

Die Kurzschaftendoprothese bei einer Arthrose

Bei einigen konventionellen Schaftprothesen, aber auch einigen Kurzschäften, ist eine genaue Rekonstruktion der individuellen Gelenkgeometrie nicht immer gewährleistet [44, 81]. Derartige Veränderungen führen zu einer veränderten Weichteilspannung, Muskelinsuffizienzen und Schmerzen. Auch zeigen diverse Studien, dass eine ungenügend rekonstruierte Gelenkgeometrie mit einem schlechteren Outcome einhergeht [81]. Die übliche, tiefe Femurosteotomie führt zu einer sog. “Bottom-up-Strategie“, bei der die Hüftgeometrie bspw. durch einen modularen Konus oder etwa eine große Zahl von unterschiedlich geformten Prothesendesigns von unten nach oben wieder aufgebaut wird. Bei einigen Schenkelhals-teilerhaltenden Prothesen ist die Rekonstruktion der individuellen Geometrie über einen anderen Weg möglich (Abb. 2). Bei der Planung wird zunächst das Rotationszentrum festgelegt und hierauf basierend, der Schaft mit einem guten fit-and-fill eingeplant. Hierdurch ergibt sich die individuelle Osteotomiehöhe. Bei einer Valgushüfte kommt es meist zu einer tieferen Resektion, was zu einer Erhöhung des CCD-Winkels und einem geringeren Offset führt (Abb. 2 a?b). Bei einer Varushüfte liegt die Resektion etwas höher, womit sich auch das Offset erhöht (Abb. 2c?d) [45]. Die Einbringung der Impaktoren mit ansteigenden Größen erfolgt entlang des Kalkar. Bei einem guten Sitz des entsprechend der Planung eingebrachten Implantates findet sich eine hohe Primärstabilität [25]. Das Konzept eines Schenkelhals-teilerhaltenden Vorgehens mit individuellen Resektionsniveaus entsprechend der präoperativen Planung wird auch als „Top-down-Konzept“ bezeichnet. Die Prothese folgt dem Schenkelhals, so dass die individuelle Gelenkgeometrie inkl. der Antetorsion wiederhergestellt ist [44, 68]. Windhagen et al. zeigten, dass Schenkelhals-teilerhaltende Kurzschäfte im Vergleich zu Standardschaftprothesen einen Erhalt der Weichteilbalancierung ermöglichen [94]. Dies passt zu dem vglw. guten Outcome Schenkelhals-teilerhaltender Prothesen [21, 82, 90]. Eine Finite-Elemente-Analyse zeigt eine vglw. physiologische proximale Krafteinleitung und eine Verminderung der unerwünschten distalen Krafteinleitung [95]. Dies reduziert das üblicherweise zu beobachtende Stress Shielding und den bei Schaft-endoprothesen oft recht ausgeprägten proximalen Knochenverlust um ein Vielfaches. Eigene Knochendichtemessungen nach 5 Jahren und röntgenologische Untersuchungen nach 10 Jahren sowie weitere DEXA-Studien bestätigen dies [43, 86, 90, 97]. Darüber hinaus zeigte eine Metaanalyse im Vergleich zu den Standardschäften eine verminderte Schaftmigration und eine verminderte Revisionsrate [55].

Bisher gibt es wenige Langzeituntersuchungen zu den Kurzschäften. Eine eigene Nachuntersuchung zur MiniHip Kurzschaftprothese (Fa. Corin), eine weitere zum CFP Kurzschaft (Fa. Link), sowie 2 Meta-Analysen zu unterschiedlichen Kurzschäften zeigen nach ca. 9?12 Jahren Überlebensraten zwischen 96 % und 98,6 % [56, 90, 92]. Ein Reviewartikel zeigt eine Gesamt-Revisionsrate, bezogen auf 100 Komponentenjahre, von 0,38. In Anbetracht dieser Daten und der guten osteologischen Eigenschaften sind neben den bis dato guten Überlebensraten auch im Langzeit-Follow-up gute Standzeiten zu erwarten [78]. Ein interessanter Aspekt unserer Arbeiten zu den Kurzschäften ist der weite Altersrange von 32–82 Jahren. Eine Subgruppenanalyse zum Alter zeigte weder kurz- noch langfristig Unterschiede bei den erhobenen Outcomescores oder den anderen Parametern [42, 90]. Eine Multicenterstudie verglich Patienten, die unter 60 Jahre alt waren mit über 75-Jährigen über 5 Jahre. Die Überlebensrate zeigte mit 98,81 % und 97,02 % keine signifikanten Unterschiede [30]. Somit scheint die Kurzschaftendoprothese auch bei älteren Menschen eine zuverlässige Alternative zu sein. Aufgrund der kurzen Verankerungsstrecke ist aber Vorsicht geboten. Eine Osteoporose oder eine weit in die Metaphyse reichende Kopfnekrose ist für die Versorgung mit einem Kurzschaft voraussichtlich nicht geeignet. Betrachtet man den Versagensmechanismus bei älteren Patienten, so sind auch bei den Kurzschäften periprothetische Frakturen zu beachten. Es wurde gezeigt, dass bei einem röntgenologisch weiten Markkanal und einer deutlichen Kortikalisausdünnung die Anzahl periprothetischer Frakturen und nachfolgender Revisionen bei den Kurzschäften signifikant ansteigt [47]. Um hier Sicherheit zu gewinnen, ist die Klassifikation nach Dorr hilfreich (Abb. 4). Der Femurtyp A hat einen engen Markkanal und eine dicke Kortikalis; beim Typ B ist nur der Kanal weit; beim Typ C findet sich ein weiter Markkanal und eine dünne Kortikalis. Zu beachten ist, dass beim Typ C auch bei den zementfreien Standardimplantaten wie bspw. den Schäften mit sich verjüngenden Taper-Designs, vermehrt periprothetische Frakturen auftreten [32]. Daher empfehlen wir, um diesem Pitfall aus dem Weg zu gehen, bei einem Typ C eher eine zementierte Schaftverankerung. Zusammenfassend bietet der Kurzschaft sehr gute Möglichkeiten zur Wiederherstellung der individuellen Gelenkgeometrie und ein stabiles Einwachsen. Aufgrund der physiologischen, proximalen Krafteinleitung zeigt sich ein deutlich verminderter Knochenabbau. Somit zeigt der Kurzschaft gute klinische Ergebnisse und vglw. gute Standzeiten. Bei einer guten Knochenqualität kann der Kurzschaft auch bei älteren Patienten implantiert werden.

Fazit für die Praxis

Die einseitige Verwendung eines bestimmten Prothesendesigns wird den unterschiedlichen Voraussetzungen und Ansprüchen der Patienten nicht immer gerecht. Die Erfahrungen in der Endoprothetik zeigen, dass es für das Outcome und die Standzeit vielmehr wichtig ist, wie differenziert verschiedene Prothesenkonzepte angewendet werden. Je nach der individuellen Situation kommt der Oberflächenersatz, der Kurzschaft, ein zementierter oder zementfreier Standardschaft in Frage. Es gilt, je differenzierter desto besser. Dies betrifft natürlich nicht nur die Endoprothetik. Auch der Arthrosepatient bedarf einer individuellen Abwägung eines rein konservativen Vorgehens, einer gelenkerhaltenden Operation oder einer Endoprothese. Auch hierfür ist ein differenziertes, individuell ausgerichtetes Vorgehen entscheidend. Für die gelenkerhaltenden Verfahren gilt, je früher desto besser.

Interessenkonflikte:

Lars Victor von Engelhardt: Aufwandsentschädigungen für Vorträge, Beratungsleistungen und Ausbildungsveranstaltungen von der Firma Corin.

Jörg Jerosch: Aufwandsentschädigungen für Vorträge, Beratungsleistungen und Ausbildungsveranstaltungen von den Firmen Corin, Lima, Implantcast und Smith&Nephew.

Die Autoren versichern, dass keine Verbindungen mit einer anderweitigen Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder mit einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation des Themas ist unabhängig und die Darstellung der Inhalte produktneutral.

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Lars Victor
Baron von Engelhardt

Fakultät für Gesundheit
der Universität Witten/Herdecke

Alfred-Herrhausen-Str. 50

58455 Witten

larsvictor@hotmail.de

Fragen zum CME-Artikel

1. Welches der genannten konservativen Therapieverfahren ist am ehesten langanhaltend wirksam?

Intraartikuläre Injektion von
Kortikosteroiden

Intraartikuläre Injektion von
Hyaluronsäuren

Intraartikuläre Injektion von thrombozytenreichem Plasma (PRP)

Intraartikuläre Injektion von
Lokalanästhetika

Intraartikuläre Injektionen von Opioiden

2. Welche konservativen, nicht-medikamentösen Therapieverfahren werden von führenden Fachgesellschaften bei der Hüftarthrose (ACR - American College of Rheumatology, EULAR - European League Against Rheumatism, etc.) zur Zeit nicht empfohlen?

Ernährungstherapie

Fahrradergometer

Physikalische Therapieverfahren mittels Wärme und Kälte

Schockabsorbierende Einlagen

Stoßwellentherapie

3. Im welchem Fall ist die Einnahme von nicht-steroidalen Antiphlogistika am ehesten noch vertretbar?

Der Patient ist über 65 Jahre alt.

Er berichtet von einer schweren Gastritis vor 2 Jahren; seither ist er beschwerdefrei.

Der Patient berichtet, täglich 3
Gläser Wein zu trinken.

Der Patient berichtet von einem
hohen Suchtpotential gegenüber Schmerzmitteln.

Der Patient nimmt Marcumar ein.

4. Welche dieser Konstellationen ist kein Risikofaktor für ein Versagen einer knöchernen Impingementkorrektur bei einer gleichzeitig vorliegenden moderaten Coxarthrose?

Erhöhter Body Mass Index

Knorpeldefekte

Höheres Patientenalter

Inkongruenzen des Gelenkspaltes im Faux-Profil Röntgen

Alpha Winkel nach Nötzli > 75°

5. Der Alpha-Winkel nach Nötzli quanti?ziert die Taillierungsstörung am Schenkelhals-Kopf-Übergang. Der Schwellenwert für einen
pathologischen Befund zum Nachweis eines Hüftimpingements liegt bei…

größer als 30°?35°

größer als 40°?45°

größer als 50°?55°

größer als 65°?70°

größer als 70°?75°

6. Bei einer moderaten Coxarthrose und Vorliegen eines femoroacetabulären Impingements kann eine Hüftarthroskopie in Betracht ge-
zogen werden. Welcher der
genannten Punkte führt nicht zu einer Verschlechterung der Erfolgschancen
einer solchen OP?

Eine Dezentrierung des Gelenkes im Faux-Profil-Röntgen im Stand.

Eine Gelenkspaltweite < 2 mm im a.p. Röntgen im Stand.

Positives Crossing sign mit Überkreuzung des vorderen und hinteren Pfannenerkers.

Zentral gelegene, subchondrale Zysten im CT.

Contre-Coup-Schäden im MRT.

7. Was ist keine Kontraindikation für die Implantation einer Oberflächenersatzendoprothese?

Schwere Varushüfte

Geplante Kopfgröße < 48 mm

Metallallergie

Niereninsuffizienz

Alter unter 45 Jahre

8. Die Oberflächenersatzendoprothese bietet beim jungen, sportlichen Patienten einige Vorteile. Welcher Aspekt ist kein typischer Vorteil einer solchen Kappenendoprothese?

Gute Muskelfunktion

Zementfreies Verfahren

Gute Rekonstruktion der Gelenkgeometrie

Hohe Luxationssicherheit

Gute knöcherne Ausgangssituation am Femur für einen ggf. anstehenden Wechsel

9. Welche Aussage zum Schenkelhals-teilerhalten-
den Kurzschaft ist richtig?

Er ist bei Patienten älter als
65 Jahre kontraindiziert.

Die Krafteinleitung erfolgt nur in die Diaphyse.

Bei schweren Varushüften ist er nicht indiziert.

Beim Typ C nach Dorr erhöht sich das Risiko für periprothetische Frakturen.

Bei schweren Valgushüften ist er nicht indiziert.

10. Sie besprechen mit einem Patienten, der bildgebend sowohl ein femoroacetabu-läres Impingement als auch eine zweitgradige Arthrose aufweist, das Vorgehen. Welche der genannten Anamnese- und Untersuchungsbefunde spricht am ehesten gegen den Nutzen einer Hüftarthroskopie zur Impingementkorrektur?

Schmerzen beim Aufstehen aus
dem Sitzen

Steifheitsgefühle

Schmerzen im Bereich der
lateralen Leiste

Schmerzen bei Geh- und
Laufstrecken ab 300 Meter

Anlaufschmerz

Die Teilnahme an der CME-Fortbildung ist nur online möglich, auf der Website www.online-oup.de.

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7