Übersichtsarbeiten - OUP 05/2016

Leitsymptome in der Rheumatologie

Die zu berücksichtigenden Differenzialdiagnosen für eine UPIA sind in Tabelle 1 aufgelistet [5].

Die wichtigsten Differenzialdiagnosen bei Arthritiden der Fingergelenke gehen aus der Abbildung 1 hervor. Charakteristische Merkmale sind bei der rheumatoiden Arthritis ein symmetrischer Gelenkbefall der MCP- und PIP-Gelenke. Hingegen sind bei der Psoriasisarthritis ein Befall im Strahl (MCP-, PIP-, DIP-Gelenk eines Fingers) mit Daktylitis (Abb. 2) und eine Beteiligung der Fingerendgelenke typisch. Eine Abgrenzung zur Fingerpolyarthrose ist ggf. klinisch schwierig und bedarf weiterer Diagnostik. Bei alleinigem Befall der Fingergrundgelenke von Zeige- und Mittelfinger muss differenzialdiagnostisch eine Hämochromatose ausgeschlossen werden. Eine Sonderform stellt die Jaccoud-Arthropathie bei systemischem Lupus erythematodes dar, die durch eine reponible Ulnardeviation von Zeige- bis Kleinfinger gekennzeichnet ist. Ursächlich ist eine Kapsellockerung mit Subluxation in den MCP-Gelenken.

Leitsymptom entzündlicher Rückenschmerz

Beim Rückenschmerz ist es wichtig, zwischen einem akuten und einem chronischen, d.h. über mindestens 3 Monate anhaltenden Verlauf zu unterscheiden.

Bei bestehenden chronischen Rückenschmerzen kommen die ASAS (Assessment of SpondyloArthritis international Society) Experten-Kriterien zur Klassifikation entzündlicher Rückenschmerz zum Einsatz [9]:

Alter bei Beginn < 40 Jahre,

langsamer Beginn,

Besserung bei Bewegung,

keine Besserung durch Ruhe,

nächtliche Schmerzen (mit Besserung durch Aufstehen).

Sind diese Kriterien erfüllt, muss eine axiale Spondyloarthritis differenzialdiagnostisch abgeklärt werden.

Die Klassifikationskriterien der axialen Spondylarthritis berücksichtigen neben klinischen Parametern (Arthritis, Enthesitis, Daktylitis (Abb. 2), Ansprechen auf NSAR) auch extraartikuläre Symptome (Uveitis, Psoriasis, entzündliche Darmerkrankung), Laborwerte (HLA B27, CRP), positive Familienanamnese und radiologische Kriterien (Röntgen, MRT) [10].

Leitsymptom Muskelschmerz

Myalgien stellen hinsichtlich der klinischen Beurteilung und diagnostischen Zuordnung oft eine große Herausforderung dar. Stammnahe Muskelschmerzen sind führendes Symptom bei der Polymyalgia rheumatica.

Auch wenn Myalgien in den Klassifikationskriterien selten erwähnt werden, treten sie bei vielen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen begleitend auf, insbesondere auch bei der Rheumatoiden Arthritis.

Bei ausgeprägten Myalgien mit Bewegungseinschränkung, Kraftminderung und begleitenden Allgemeinsymptomen können eine Vaskulitis oder Kollagenose inklusive Myositis vorliegen. Insbesondere bei diesen Erkrankungsgruppen besteht eine Systemerkrankung (Abb. 4), bei der die Arthritis häufig nur ein Begleitsymptom ist. Führend für die Schwere dieser Erkrankungen ist die Organbeteiligung; es kann zu lebensbedrohlichen Verläufen kommen. Die Komplexität der Kollagenosen und Vaskulitiden unterstreicht die Notwendigkeit einer internistisch-rheumatologischen Beurteilung bei unklarer Arthritis mit extraartikulärer Beteiligung und erhöhten Entzündungswerten.

Weitere wichtige Symptome in der Rheumatologie

Neben den oben aufgeführten Leitsymptomen gibt es auch unspezifischere Symptome, die auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung hinweisen können: Verschlechterung des Allgemeinzustands, Fatigue-Symptomatik, Gewichtsverlust, Nachtschweiß, subfebrile Temperaturen (bis Fieber), polyneuropathische Beschwerden.

Auch eine Osteoporose kann Symptom einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung sein. Sie tritt nicht nur gelenknah, sondern auch systemisch auf. Ursächlich hierfür ist der chronische Entzündungsprozess. Ein Beispiel ist die Osteoporose bei jungen Patienten mit florider axialer Spondyloarthritis.

Kardiovaskuläre Erkrankungen treten häufig begleitend bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen auf. Die erhöhte Entzündungsaktivität ist ein erheblicher kardiovaskulärer Risikofaktor. Die Lebenserwartung ist bei inadäquat behandelter rheumatischer Erkrankung deutlich reduziert [11]. Eine internistisch-kardiologische Untersuchung wird deshalb jährlich empfohlen.

Fazit

Die Symptomatik entzündlich-rheumatischer Erkrankungen ist einerseits vielfältig, andererseits gibt es Leitsymptome bzw. Symptomkonstellationen, bei denen unbedingt eine entzündlich-rheumatische Erkrankung in Betracht gezogen und eine entsprechende Abklärung veranlasst werden muss. So kann eine undifferenzierte Arthritis lediglich die Spitze des Eisbergs einer komplexen Systemerkrankung darstellen, im seltenen Fall auch einer Tumorerkrankung. In diesen Fällen ist eine umfangreiche internistische Systemdiagnostik notwendig und eine frühzeitige interdisziplinäre Kooperation anzustreben.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

Dr. med. Verena Schmitt

Zentrum für Rheumatologie

ATOS Klinik Heidelberg

Bismarckstraße 9–15

69115 Heidelberg

rheumatologie@atos.de

Literatur

1. Röther E, Röther J, Huppertz HI et al.: Kriterien zur Diagnose und Klassifikation rheumatischer Erkrankungen bei Erwachsenen und Kindern. 6. Auflage, 2013. Pfizer

2. Aletaha D et al.: Rheumatoid Arthritis Classification Criteria: an American College of Rheumatology/European League Against Rheumatism collaborative initiative. Arthritis Rheum 2010; 62: 2569–2581

3. Rudwaleit M et al.: The Assessment of SpondyloArthritis international Society classification criteria for peripheral spondyloarthritis in general. Ann Rheuma Dis 2011; 70: 25–31

4. Machado P, Castrejon I, Katchamart W et al.: Multinational evidence-based recommendations on how to investigate and follow-up undifferentiated peripheral inflammatory arthritis: integrating systemic literature research and expert opinion of a broad international panel of rheumatologists in the 3E Initiative. Ann Rheum Dis 2011; 70: 15–24

5. Barrett C, Bird P, Major G et al.: Australian and New Zealand national evidence-based recommendations for investigation and follow-up of undifferentiated peripheral inflammatory arthritis: an integration of systemic literature research and rheumatological expert opinion. International Journal of Rheumatic Diseases 2013; 16: 637–651

6. Sidiropoulos PI, Hatemi G, Song IH et al.: Evidence-based recommendations for the management of ankylosing spondylitis: systemic literature search of the 3E Initiative in Rheumatology involving broad panel experts and practicing rheumatologists. Rheumatology 2008; 47: 355–361

7. Visser K, Katchamart W, Loza E et al.: Multinational evidence-based recommendations for the use of methotrexate in rheumatic disorders with a focus on rheumatoid arthritis: integrating systemic literature research and expert opinion of a broad international panel of rheumatologists in the 3E Initiative. Ann Rheum Dis 2009; 68: 1086–1093

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