Übersichtsarbeiten - OUP 03/2018

Migration und Outcome des Aesculap-Schraubrings SC
Eine 10-Jahres-NachuntersuchungA 10-year evaluation

In unserer Untersuchung lag die Migrationsrate zwischen 1,1 und 4,1 mm. Sadeghi et al. stellten eine durchschnittliche Migrationsrate von 0,8 mm nach 2 Jahren (in unserer Studie war dieser Wert nicht signifikant) und 1,6 mm nach 5 Jahren fest [18], andere Studien stellten eine Migrationsrate zwischen 1,7 mm und 4,5 mm nach 2,6 (± 1,7) Jahren fest [31]. Mehr als 70 % unserer Patienten zeigten eine Migrationsrate von weniger als 1,7 mm 10 Jahre nach Implantation eines Aesculap-Schraubrings SC.

Vergleicht man die Ergebnisse, die unsere Patienten in EBRA erreicht haben, mit den Daten aus der Literatur, ist festzustellen, dass der Schraubring SC nach 10 Jahren eine ähnlich niedrige bzw. eher niedrigere Migrationsrate im Vergleich zu anderen Pfannensystemen aufweist.

Outcome

Vergleicht man die Migrationsrate mit den Ergebnissen aus dem SF-36-Lebensqualitätsscore und dem Duke-Gesundheitsprofil, ist davon auszugehen, dass eine signifikante Migrationsrate von > 1 mm keinen Einfluss auf das allgemeine Outcome der Patienten zu haben scheint. Tendenziell kann man festhalten, dass die Patienten mit einer signifikanten Migration von mehr als 1 mm sogar ein eher besseres Resultat im SF-36-Lebensqualitätsscore erzielt haben als Patienten ohne signifikante Migration.

Bezüglich des Duke-Gesundheitsprofils konnte beobachtet werden, dass die NMG höhere Werte in den Dimensionen „Schmerz“ und „Depression“ erzielten, weshalb zu überdenken gilt, ob die Migration als Zeichen einer Prothesenlockerung angesehen werden kann, da der in der Literatur als typisch beschriebene Schmerz fehlt [17]. Andererseits muss ebenfalls hinterfragt werden, ob das Duke-Gesundheitsprofil geeignet ist, den Einfluss der Migrationsrate auf das allgemeine Outcome untersuchen zu können. Es gilt also festzuhalten, dass bei den Patienten unserer Studie die Migrationsrate keinen Einfluss auf die Lebensqualität zu haben scheint.

Im Score nach Merle D’Aubigné und Postel ergab sich ebenfalls kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Beide Gruppen erzielten gute Ergebnisse.

Der Harris-Hip-Score zeigte bessere Ergebnisse bei den Patienten mit einer Migration von mehr als 1 mm, auch hier waren die Ergebnisse statistisch nicht signifikant. Ähnliche Ergebnisse wurden im Mayo-Hip-Score evaluiert.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass in unserer Studie kein statistisch signifikanter Unterschied bezüglich des allgemeinen und gelenkspezifischen Outcomes zwischen den Patienten mit und ohne Migration nachweisbar war. Zudem konnte gezeigt werden, dass die gemessene Migrationsrate in unserer Studie keinen (negativen) Einfluss hinsichtlich des gelenkspezifischen Outcomes zu haben scheint.

Limitationen der Studie

Der Umstand, dass kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen der MG und der NMG vorlag, beweist nicht, dass beide Gruppen gleich sind. Es ist wahrscheinlich, dass aufgrund der geringen Stichprobengröße, der statistisch signifikante Unterschied nur noch nicht deutlich wurde. Deshalb muss die statistische Signifikanz unserer Studie bezüglich der Outcome-Ergebnisse als eingeschränkt angesehen und kritisch hinterfragt werden.

Ein anderer limitierender Faktor war die positive Patientenselektion, hierbei ist anzunehmen, dass zufriedene Patienten eher an einer Studie teilnehmen als unzufriedene Patienten. Zudem ist kritisch zu hinterfragen, ob die üblicherweise verwendeten Hüft-Scores geeignet sind, den Einfluss der Migration auf das allgemeine und gelenkspezifische Outcome abbilden zu können.

Die Literatur zeigt viele Studien auf, die sich mit der Migration verschiedener Hüftgelenkersatzsysteme [9, 18, 30, 31] oder mit dem Outcome der Patienten mit Hüftgelenkersatz [13, 14, 16, 29] beschäftigen. Wir konnten keine Studie finden, die den Einfluss der Migrationsrate auf das allgemeine und gelenkspezifische Outcome analysierte. Aufgrund der Limitationen unserer Arbeit sollten weitere Studien mit größeren Stichprobenumfängen hinsichtlich dieser Fragestellung durchgeführt werden.

Interessenkonflikt: keine angegeben.

Korrespondenzadresse:

PD Dr. med. Jens Kelm

Diplom-Sportlehrer

Chirurgisch-Orthopädisches-Zentrum
Illingen

Rathausstraße 2

66557 Illingen/Saar

jk66421@hotmail.de

Literatur

1. BQS- Qualitätsreport 2005, Düsseldorf: Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung GmbH, 2005

2. Buchholz HW, Heinert K, Wargenau M: Follow-up of hip endoprostheses following completion of true stress conditions over a 10-year period. Z Orthop Ihre Grenzgeb 1985; 123: 815–20

3. Bullinger M, Kirchberger I, Morfeld M. SF-36, Fragebogen zum Gesundheitszustand, Handanweisungen. Göttingen: Hogrefe Verlag, 2011

4. Clauss M, Van Der Straeten C, Goossens M: Prospective five-year subsidence analysis of a cementless fully hydroxyapatite-coated femoral hip arthroplasty component. Hip Int. 2014; 24: 91–7

5. Ehmer J: Bevölkerungsgeschichte und historische Demographie 1800–2000. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2004

6. Eingartner C, Ihm A, Maurer F, Volkmann R, Weise K, Weller S: Good long term results with a cemented straight femoral shaft prosthesis made of titanium. Unfallchirurg 2002; 105: 804–10

7. Fabi D, Levine B, Paprosky W et al.: Metal-on-metal hip arthroplasty: causes and high incidence of early failure. Orthopedics 2012; 35: 1009–16

8. Kavanagh BF, Fitzgerald RH Jr.: Clinical and roentgenographic assessment of total hip arthroplasty. A new hip score. Clin Orthop Relat Res 1985; 193: 133–40

9. Kordelle J, Starker M: Migration analysis of cemented Müller polyethylene acetabular cups versus cement-free Zweymüller screw-attached acetabular cups. Z Orthop Ihre Grenzgeb 2000; 138: 46–51

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