Übersichtsarbeiten - OUP 06/2020

Modernes Kapselmanagement in der hüftgelenkerhaltenden Chirurgie

Frühere Kadaveruntersuchungen zeigten, dass das proximale iliofemorale Ligament im Querschnitt größer und steifer war als die hintere Kapsel [17, 18]. Dieser Befund verdeutlicht, dass die vordere Kapsel stärker ist als die hintere [37]. Des Weiteren scheinen die Struktureigenschaften des iliofemoralen Bandes möglicherweise von altersbedingten Veränderungen abzuhängen [36]. Zusätzlich zu den mechanischen Reaktionen können sich die Gewebedimensionen der Kapselbänder (d.h. Dicke und Länge) auch bei fortschreitender Arthrose anpassen, was wiederum zu größeren Querschnittsflächen und strafferen Kapselbändern führen kann [33, 34, 45]. Nachdem die frühen Erkenntnisse auf Kadaveranalysen ohne Berücksichtigung einer Pathologie basieren, entwickelten sich in den letzten Jahren bildgebende Verfahren zur Quantifizierung der Kapseldicke bei pathologischen Hüftgelenken mittels Magnetresonanztomographie (MRT) [5, 34, 45]. Weidner et al. untersuchten MR-Daten von Patienten mit FAIS und stellten fest, dass die anterosuperiore Kapsel (d.h. das iliofemorale Ligament) die dickste Region war (6 mm im Vergleich zu nicht-pathologischen Dicken von 3,5 bis 4,2 mm), und stellten ferner fest, dass die Zona orbicularis im posterioren Bereich, wo die Kapsel dünner und länger war, sich stärker ausgeprägt zeigte [45]. Vor kurzem wurden in einer MRT-Studie von Rakhra et al. 3 Gruppen verglichen: Hüften mit FAIS Typ CAM, Hüften mit chondrolabraler Pathologie und gesunde Kontrollhüften [34]. Die Autoren konnten zeigen, dass die Kapseldicke der FAIS Typ CAM-Gruppe ähnlich der der Gruppe mit chondrolabraler Pathologie war. Vielmehr zeigten sich die Kapseln in beiden pathologischen Gruppen dicker (6,8 ± 1,6 mm) als die Kontrollen (Mittelwert, 5,3 ± 2,3 mm; p = 0,026), insbesondere in den oberen Regionen der Kapsel.

Um den Einfluss des jeweiligen Bandes auf die Hüftgelenkstabilität zu untersuchen, wurden diverse Testreihen und -modelle in den letzten Jahren entwickelt. Martin et al. analysierte den individuellen Einfluss der Bänder auf die Gelenkfunktion, indem sie diese schrittweise durchtrennten und resezierten [23]. Die Analyse lieferte Erkenntnisse darüber, welches Band für die einzelnen Bewegungsbeschränkungen verantwortlich war. Eine Durchtrennung des lateralen Zügels des iliofemoralen Bandes führte zu einer Zunahme der Außenrotation in Flexion- und Neutralpositionen sowie der Innenrotation in Extension. In einer weiteren Studie kamen van Arkel et al. zu ähnlichen Ergebnissen [40]. Das laterale iliofemorale Band verhindert eine vermehrte Außenrotation, während das pubofemorale Band die Außenrotation und Abduktion während Hüftextension einschränkt. Diese Studien analysierten Hüften ohne Pathologie, wobei sie wichtige Informationen lieferten, welche Bänder für die Rotationsstabilität verantwortlich sind und welche während der Operation möglicherweise reseziert werden können. Auch darf die Rolle des M. iliocapsularis, der dem iliofemorale Band aufliegt, nicht unterschätzt werden, da er insbesondere bei dysplastischen Hüften einen wichtigen Beitrag zur Hüftstabilität leistet [3, 16].

Möglichkeiten der Kapselnaht

Nachdem der Patient auf dem Extensionstisch gelagert wurde, wird das zu operierende Bein manuell distrahiert. Die optimale Position der Extremität ist in neutraler Adduktion, 40 bis 45° Innenrotation und leicht Flexion von 15 bis 20°. Als nächstes werden die arthroskopischen Portale angelegt. Das anterolaterale Portal (ALP) wird unter Zuhilfenahme der Fluoroskopie geschaffen. Danach wird das midanteriore Portal (MAP) unter direkter arthroskopischer Visualisierung etabliert.

Über das MAP wird nun ein Kapselmesser eingeführt. Die Kapsulotomie wird zwischen Hüftkopf und Labrum und zunächst so weit medial wie nötig durchgeführt. Hierbei sollte der proximale Kapselanteil min. 1 cm betragen, um für die spätere Naht ausreichend Kapselgewebe zur Verfügung zu haben. Die Kapsulotomie wird dann nach lateral zum ALP hin erweitert. Wenn die Kapsulotomie über das MAP nicht vollständig durchführet werden kann, können die Kamera- und Messerposition gewechselt werden. Die Kapsulotomie kann bei Bedarf nach lateral erweitert werden. Nun können das zentrale Kompartiment, Labrum und Pfanne erreicht und wie geplant behandelt werden. Nach Abschluss der Therapie im zentralen Kompartiment wird die Hüfte reponiert und die Femurpathologie adressiert. Es ist entscheidend, die Integrität des proximalen Kapselanteils während des Eingriffs zu erhalten.

Sehr proximale oder kleine CAM Deformitäten können typischerweise durch diese interportale Kapsulotomie behandelt werden. Liegt eine große CAM Läsion vor, die weit nach distal reicht oder unzureichend visualisiert ist, kann eine additive T-Kapsulotomie hilfreich sein. Zur Durchführung der T-Kapsulotomie kann die Hüfte leicht gebeugt werden, um die vordere Kapsel und das Iliofemoralband zu entspannen. Die Kapsulotomie kann mit dem Kapselmesser über das MAP durchgeführt werden. Alternativ kann ein akzessorisches distales anterolaterales Portal (DALA) angelegt und hierüber die T-Kapsulotomie durchgeführt werden, hierbei kann die Kamera auf das MAP gewechselt werden. Proximal beginnend wird der vertikale Schenkel der Kapsulotomie angelegt, beginnend in der Mitte der interportalen Kapsulotomie. Der Schenkel verläuft distal und wird entlang des Femurhalses zentriert. Die T-Kapsulotomie wird erweitert, um eine adäquate Darstellung des peripheren Kompartiments zu ermöglichen. Die medialen und lateralen Schenkel der Kapsulotomie müssen in der Regel nicht retrahiert werden, aber bei Bedarf kann ein Wechselstab als Retraktor durch das akzessorische Portal genutzt werden.

Nach Abschluss der Therapie im peripheren Kompartiment wird die Kapselnaht durchgeführt. Der Verschluss des vertikalen Schenkels erfolgt von distal nach proximal. Ja nach Vorliebe des Operateurs können hierfür Fadenzangen oder speziell entwickelte Kapselnahtinstrumente Verwendung finden. Die Naht der Kapsel sollte in gebeugter und innenrotierter Position erfolgen, um eine spannungsfreie Naht zu ermöglichen. Wenn eine einfache Naht durchgeführt wird, wird die Fadenzange auf beiden Seiten im selben Abstand eingestochen. Wird eine Plikation der Kapsel gewünscht, kann die Einstichstelle je nach Bedarf erweitert werden. Eine zweite Naht wird dann auf die gleiche Weise etwa 1 cm proximal durchgeführt, gefolgt von einer dritten. Drei Nähte sind in der Regel ausreichend, um einen Verschluss zu gewährleisten, aber bei Bedarf können zusätzliche Nähte verwendet werden. Sobald der T-Teil der Kapsulotomie verschlossen ist, kann der Interportalanteil genäht werden. Die Naht der interportalen Kapsulotomie sollte von medial nach lateral erfolgen. Auch hier empfiehlt sich eine Naht nach jeweils einem Zentimeter, so dass in aller Regel 3 ausreichend sind.

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