Übersichtsarbeiten - OUP 06/2020

Modernes Kapselmanagement in der hüftgelenkerhaltenden Chirurgie

Für die postoperative Nachbehandlung verwenden die Autoren Hüft-Orthesen, welche die Beweglichkeit der Hüfte einschränken können. Insgesamt sollte für 4 Wochen eine Hyperextension und eine Außenrotation vermieden werden, um ein Nahtversagen vorzubeugen (Abb. 3–5).

Klinischer Effekt der Kapselnaht

In der Literatur werden zunehmen Ergebnisse präsentiert, die bessere patient related outcome measurements (PROMS) nach erfolgter Kapselnaht sowie geringere Rate an Revisionsoperationen berichten [15, 35]. Unter Verwendung eines nationalen Hüftarthroskopie-Registers verglichen Mygind-Klavsen et al. die Ergebnisse von 247 Hüftarthroskopien zur Therapie des FAIS mit routinemäßigem Kapselverschluss mit 247 Hüften, bei denen die Kapsel nicht genäht wurde [27]. Nach einem Follow-Up von 2 Jahren zeigte die Gruppe mit routinemäßigem Kapselverschluss höhere Ergebnisse im Copenhagen Hip and Groin Outcome Score (HAGOS). Bolia et al. verglich eine kleinere Kohorte von 50 Patienten mit FAIS, die sich einer Hüftarthroskopie mit Kapselverschluss unterzogen, mit 50 Patienten ohne Kapselverschluss [6]. Nach einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 5 Jahren hatte die Gruppe mit Kapselverschluss im Vergleich zur Gruppe ohne Kapselverschluss höhere Werte für den Hip-Outcome-Score (HOS)-Aktivität des täglichen Lebens (HOS-ADL), die HOS-Sport-Subskala (HOS-SS) und den modifizierten Harris-Hip-Score (mHHS). Darüber hinaus zeigte sich die Konversionsrate zur Totalendoprothese in der Kontrollgruppe doppelt so hoch (8 vs. 16 %).

Im Gegensatz dazu konnten Untersuchungen zeigen, dass die nicht genähte Kapsulotomie ähnliche Ergebnisse wie der vollständige Kapselverschluss nach Kapsulotomie liefert. Domb et al. verglichen die 5-Jahres-Ergebnisse von Patienten, die sich einer Hüftarthroskopie mit Kapselnaht unterzogen, mit denen von Patienten ohne Kapselnaht. Ihre Studie ergab, dass Patienten eine signifikante kurzfristige Verbesserung aufweisen, unabhängig davon, ob die Kapsel genäht wurde. Beide Gruppen wiesen auch eine ähnliche Rate an Patienten auf, die die „minimal clinically important difference“ (MCID) und „patient acceptable symptomatic state“ (PASS) erreichten [10]. Auch Atzmon et al. konnten nach einem Follow-Up von durchschnittlich 3 Jahren keinen Unterschied zwischen Kapselverschluss und Kontrollgruppe finden. Die mittleren prä- und postoperativen HOS- und die mHHS Werte unterschieden sich zwischen den Gruppen nicht signifikant. Ebenso unterschied sich die Gesamtzufriedenheit der Patienten nicht signifikant zwischen den Gruppen [2]. Allerdings muss angemerkt werden, dass in Domb`s Studie Unterschiede bzgl. therapierter Pathologie vorlegen, so dass die Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden sollten. Ganz aktuell berichten Filan et al. den Vergleich zwischen zwei Gruppen, die keinen Kapselverschluss bzw. eine routinemäßige Naht nach interportaler Kapsulotomie erhalten haben [14]. Der Nachuntersuchungszeitraum betrug in dieser Studie durchschnittlich 2 Jahre. Es konnte gezeigt werden, dass sich beide Gruppen signifikant in den PROMS verbesserten. Im Vergleich der Gruppen lag zum 2 Jahres-Follow-Up ein statistisch signifikanter Unterschied bzgl. des SF-36 und WOMACs zu Gunsten der Nicht-Naht-Gruppe vor, wobei sich keine klinische Relevanz zeigte (ein vergleichbarer Anteil beider Gruppen erreichte die MCID für SF-36 und WOMAC). Bezüglich der Notwendigkeit einer Revisions-Hüft-Arthroskopie lag die Rate in der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen in der Naht-Gruppe signifikant niedriger (8,6 % vs. 3,9 %, p = 0.047). Diese Gruppe wird als hoch aktiv angesehen, so dass die Autoren für junge aktive Patienten eher eine routinemäßige Kapselnaht empfehlen. Zudem wiesen weibliche Patienten, die eine Kapselnaht erhielten, zum 2-Jahres-Follow-up signifikant geringere mHHS und WOMAC Werte auf als Frauen, deren Kapseln nicht genäht wurden.

Biomechanischer Effekt
der Kapselnaht

Die Hüfte wird ergänzend zur knöchernen Struktur von der umgebenden Muskulatur und den ligamentären Strukturen stabilisiert. Ein FAIS kann ein anteriores Impingement erzeugen, das zu einer posterioren Subluxation führen kann [21]. Obwohl neuere Studien gezeigt haben, dass durch eine gründliche Resektion der CAM-Morphologie ein knöchernes Impingement und eine eventuell resultierende posteriore Hüftinstabilität beseitigt werden kann, kann ein unvollständiges Kapselmanagement zu einer anhaltenden Makro- und Mikroinstabilität der Hüfte führen [7, 12].

Anhand von Kadavermodellen wurden in mehreren Studien die biomechanischen Eigenschaften des Hüftgelenks in Bezug auf die Kapsulotomie-Art und den Kapselverschluss analysiert. Abrams et al. untersuchten die Auswirkung verschiedener Kapsulotomie-Arten und Kapselverschlüssen auf die Außenrotation. Die Ergebnisse zeigten, dass die T-Kapsulotomie im Vergleich zur interportalen Kapsulotomie zu einer erhöhten Außenrotation führt. Darüber hinaus konnte ein vollständiger Verschluss der T-Kapsulotomie den Zustand einer nativen Hüftkapsel wieder herstellen [1]. Myers et al. untersuchten die Auswirkung einer Kapsulotomie auf die Hüfttranslation. Die Autoren zeigten, dass die Kapsel eine wichtige Rolle für die Stabilität des Gelenks spielt, indem sie eine erhöhte anteriore Translation nach einer Durchtrennung des iliofemoralen Ligaments mit anschließender Wiederherstellung der Translation nach erfolgter Naht zeigten [26]. Zuletzt konnten Khair et al. in ähnlicher Weise die Auswirkungen der Kapsulotomie und der Kapselnaht auf die Hüftdistraktion zeigen. Sie kamen zu dem Schluss, dass die für die Hüftdistraktion erforderliche Kraft dosisabhängig mit zunehmender Größe der Kapsulotomie reduziert wird und der vollständige Kapselverschluss die biomechanischen Eigenschaften wiederherstellt [20].

In den letzten Jahren wurde zunehmend eine Plikatur der Kapsel zur Therapie der Mikroinstabilität durchgeführt [38]. Waterman et al. quantifizierten intraartikuläre Hüft-Volumina in Bezug auf intakte Kapseln, Kapselplikatur bei T-Kapsulotomie und Kapselraffung bei interportalen Kapsulotomien. Die Autoren zeigten, dass die Kapselplikatur und die Kapselraffung im Vergleich zur intakten Hüfte zu einer statistisch signifikanten Reduktion des intraartikulären Volumens führten [43].

Schlussfolgerung

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