Übersichtsarbeiten - OUP 09/2017

Multiplex-Protein-Microarrays in der Differenzialdiagnose zwischen periprothetischer Infektion und aseptischer Revisionsursache nach künstlichem Kniegelenkersatz

Microarrays oder Multiplex-Micro-ELISAs könnten hier eine Lösung darstellen. Mittels der Verfahren kann auch aus sehr geringen Mengen Punktat (meist weniger als 500 µL) in einem Analyseschritt der Gehalt an multiplen Proteinen quantifiziert werden. Dabei ist ein möglichst breiter Messbereich wichtig, um auch geringe Unterschiede bei niedrigen Konzentrationen zu erkennen, andererseits Vorverdünnungen zur Differenzierung hoher Konzentrationen zu vermeiden. Protein-Microarrays wurden verschiedentlich für Serumproben angewendet, ihr Einsatz für Gelenkpunktate ist bislang aber noch sehr limitiert [1, 6, 8].

In der vorliegenden retrospektiven Studie untersuchten wir die diagnostische Nützlichkeit von 2 Multiplex-Protein-Microarray-Systemen (Ayoxxa Lunaris-Plattform und R&D Systems Luminex-Assay) in der Analyse von Gelenkpunktaten in der Differenzialdiagnostik der schmerzhaften Endoprothese des Kniegelenks. Besonderes Augenmerk lag hierbei auf der Korrelation der Verfahren sowie der diagnostischen Wertigkeit der Parameter nach Korrelation mit den übrigen derzeit standardisiert verwendeten Untersuchungsverfahren.

Material und Methoden

In der Studie wurden 22 Punktate von 22 Patienten aufgenommen, die im Jahr 2015 an einer Endoprothese des Kniegelenks revidiert wurden. Die Punktate wurden im Rahmen von präoperativen oder intraoperativen Punktionen gewonnen; Material, das nicht im Rahmen der Routinediagnostik benötig wurde, wurde mit Einverständnis der Patienten für Studienzwecke verwendet (Genehmigung durch Ethikkommission der Universität Bonn).

Die Punktate wurden nach der Entnahme in eine Lithium-Heparin Monovette überführt (Saarstedt, Deutschland) und bei 4 °C gelagert, bis sie innerhalb von 24 h zentrifugiert (10 min bei 600 g) wurden. Der Überstand wurde in 1 ml Aliquots bei –80 °C tiefgefroren und bis zur Analyse verwahrt.

Zur Analyse wurden die Aliquots einerseits an den „Protein Multiplexing Service“ der Firma Ayoxxa (Köln, Deutschland) versandt. Hierbei wurden die synovialen Biomarker IL-1b, IL-2, IL-4, IL-6, IL-8 und TNF-? mittels Lunatris-Assay (Firma Ayoxxa) untersucht. Der Lunaris-Assay basiert auf einer Bead-Chip-Technologie, die als eine miniaturisierte Version der ELISA-Methode auf Bead die Messung mehrerer Biomarker in geringem Volumen von biologischen Proben ermöglicht. Parallel zu den Messungen durch die Firma Ayoxxa wurden die Aliquots auch mittels R&D Systems Luminex-Assay auf die gleichen Biomarker getestet. Bei dem Luminex-Assay handelt es sich ebenfalls um einen Abwandlung der ELISA-Technologie auf Beads, welche nach der Reaktion des Assays einzeln analysiert werden können.

Bei Messwerten oberhalb des Messbereichs der Verfahren wurden Verdünnungen des Ausgangsmaterials erneut analysiert. Werte unterhalb des Messbereichs wurden zur statistischen Analyse auf den untersten Wert des Messbereiches festgelegt – diese werden in der Darstellung gesondert kenntlich gemacht.

Zur Gruppierung der Proben wurde anhand der verfügbaren klinischen Routinedaten eine Zuordnung zur Diagnose periprothetische Infektion (PPI) oder aseptische Revisionsursache (non-PPI) vorgenommen. Eine periprothetische Infektion galt als gesichert, wenn ein Haupt- oder 3 der 5 Nebenkriterien nach der MSIS-Consensus-Classification vorlagen. Signifikante Unterschiede in den Mittelwerten der Zytokin-Konzentrationen zwischen den Gruppen wurden im Mann-Whitney-U-Test bestimmt, ein p < 0,05 wurde als signifikant angenommen. Zudem wurde für beide Verfahren und alle Analyten der beste Cut-off-Wert mittels Receiver-Operating-Characteristic (ROC) -Kurve bestimmt, die „Area under the Curve“ (AUC) bewertet, und die Sensitivität und Spezifität berechnet. Die Korrelation beider Verfahren wurde mittels Spearman Correlation berechnet.

Ergebnisse

Alle 22 Punktate konnten in der Studie analysiert werden. Die klinischen Informationen zu den Patienten sind in Tabelle 1 aufgelistet. 8 der 22 analysierten Punktate (36,36 %) erfüllten die Kriterien einer PPI gemäß der Definition der MSIS, 14 Punktate (63,63 %) wurden als aseptische Revisionsursache gewertet (non-PPI). Bei allen untersuchten Zytokinen fand sich ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen PPI und non-PPI in beiden Assays (Abb. 1a–j), mit IL-4 im Luminex-Assay als einzige Ausnahme: Hier lagen alle Ergebnisse unterhalb der unteren Nachweisgrenze des Verfahrens. Auch in der Analyse von IL-1b und IL-2 via Luminex zeigte sich teilweise dieses Problem. Bis auf eine Probe lagen alle der non-PPI Proben bei IL-2 im Luminex unterhalb der Nachweisgrenze. Dasselbe gilt auch für eine Probe aus der PPI-Gruppe sowie knapp die Hälfte der non-PPI Proben in der IL-1b Analyse. Alle Analysen – mit Ausnahme von IL-4 im Luminex – zeigten eine annehmbar gute Sensitivität und Spezifität. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammengefasst.

Im Vergleich der beiden Verfahren miteinander schnitt der Ayoxxa-Assay im Hinblick auf die ROC-Analyse bei den meisten Analyten, außer IL-2 und TNF-?, geringfügig besser ab, der Unterschied war jedoch marginal und nicht signifikant. In Bezug auf Sensitivität und Spezifität zeigten sich ebenfalls wenig Unterschiede. In beiden Verfahren zeigte sich eine gute Korrelation zwischen den Parametern IL-1b und IL-6. Bei IL-8 und TNF-? traten deutlichere Unterschiede auf (Abb. 2a–d). Dies spiegelte sich auch in deutlichen Unterschieden in der ROC-Analyse für diese beiden Analyte wieder, was zu unterschiedlichen Empfehlungen für die besten Cut-off-Werte zwischen den Verfahren führt.

Diskussion

Periprothetische Infektionen sind eine schwerwiegende Komplikation nach künstlichem Gelenkersatz. Trotz deutlicher Fortschritte und neuen Entwicklungen in differenzialdiagnostischen Methoden bleibt die Unterscheidung zur aseptischen Revisionsursache oftmals eine diagnostische Herausforderung – mitunter bestehen meist nur subtile, unspezifische Symptome.

Leitsymptom sowohl der periprothetischen Infektion als auch der aseptischen Revisionsursache sind die Schmerzen des Patienten, sodass die Ursachenforschung bei der Diagnose „schmerzhafte Endoprothese“ essenziell wird. Dennoch ist die frühe und erfolgreiche Detektion einer periprothetischen Infektion von entscheidender Bedeutung für das weitere medizinische und chirurgische Procedere [2, 14].

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4