Übersichtsarbeiten - OUP 05/2016

Operationsverfahren bei rheumatisch bedingten Pathologien der Hand und des Handgelenks

Bei bereits eingetretenen Spontanrupturen der Sehnen sind aufgrund des minderwertigen Sehnengewebes primäre Rekonstruktionen nicht erfolgversprechend. Die Wiederherstellung der Funktion erfolgt durch Sehnenkopplung oder Sehnentransfer [10].

Die Ruptur einzelner Sehnen führt nicht zwangsweise zu einer deutlichen Funktionseinschränkung und wird von den meisten Patienten als wenig störend empfunden. So kann z.B. die isolierte Ruptur der Extensor-digiti-minimi-Sehne gut kompensiert werden. Oft sind isolierte Rupturen aber erste Zeichen, dass weitere Sehnenrupturen folgen und somit eine Indikation zur prophylaktischen Synovialektomie und handchirurgischen Intervention.

Auch kann z.B. eine Tendovaginosis stenosans am A1-Ringband eine Erstmanifestation einer rheumatologischen Grunderkrankung darstellen.

Spontanrupturen im Bereich der Beugesehnen treten seltener auf, ausgeprägte Tendosynovialitiden sind jedoch nicht selten Ursache eines Karpaltunnelsyndroms (Abb. 4).

Rekonstruktive und
ersetzende Verfahren

Das Handgelenk

Das Handgelenk ist das am häufigsten und frühesten in der Erkrankung betroffene Gelenk. Die Destruktion der ulnocarpalen Bandstrukturen führt zum sog. Caput-ulnae-Syndrom. Die Entzündung führt zum Verlust der dorsalen Stabilisatoren und Subluxation des Ulnaköpfchens. Durch die stärkeren Flexoren resultiert eine vermehrte Supination des Carpus, und der nach palmar gerichtete Kraftvektor wird durch die Subluxation der ECU-Sehne noch verstärkt. Der entzündliche Befall der radialen Strukturen deformiert das Handgelenk zusätzlich, und der ungehinderte Zug der radialen Handgelenksstrecker führt zur Radialdeviation der Metacarpalia und Ulnardeviation der Phalangen. Im fortgeschrittenen Stadium zeigt sich ein vollständiger radiokarpaler Kollaps mit Luxation des Carpus nach palmar und Dissoziation des distalen Radioulnargelenks.

Das radiologische Erscheinungsbild spiegelt im Einzelfall nicht die Beschwerden des Patienten wieder. Die operativen Verfahren richten sich nach der Beschwerdesymptomatik des Patienten und sind hauptsächlich rekonstruktiv. Eine totale Synovialektomie ist aufgrund der vielen Rezessus technisch nur schwer möglich, eine partielle nur wenig erfolgversprechend.

Der anatomische Aufbau des Handgelenks ist komplex. Die operative Therapieplanung muss das distale Radioulnargelenk (DRUG), das Radiokarpalgelenk und das Mediokarpalgelenk in die Entscheidungsfindung miteinbeziehen.

Für einen isolierten symptomatischen Befall des DRUG kommen die Hemiresektion der distalen Elle nach Bowers oder die vollständige Resektion des Ulnaköpfchens nach Darrach in Betracht. Hierbei kann gleichzeitig eine Synovialektomie als auch eine Repositionierung der ECU-Sehne erfolgen. Entscheidend ist, dass nach Kapselverschluss eine ausreichende Stabilität der distalen Ulna bzw. des Ulnastumpfs besteht, da es ansonsten zu einer fortschreitenden ulnaren Subluxation des Carpus kommt (Abb. 5).

In dieser Situation führt das Operationsverfahren nach Sauve-Kapandji zur besseren Stabilität. Anstelle der Resektion wird dabei eine Arthrodese des DRUG mit gleichzeitiger Resektion eines proximalen Ulnasegements durchgeführt. Leider können auch hierbei Probleme und Instabilitäten im Bereich des proximalen Ulnastumpfs auftreten [11].

Alternativ kommt immer häufiger der prothetische Ersatz des Ulnaköpfchens zum Einsatz (Abb. 6a–b).

Beim Befall des Radiokarpalgelenks konkurrieren die Arthrodese und der prothetische Ersatz. Beide Verfahren sind bei erfolgloser medikamentöser Therapie, therapierefraktären Schmerzen und zunehmender Instabilität indiziert. Allerdings sind bei der prothetischen Versorgung eine noch gut erhaltene Beweglichkeit, eine ausreichende Sehnenfunktion und eine gut erhaltene Knochenstruktur Grundvoraussetzung. Bei der Entscheidung, ob eine prothetische Versorgung erfolgversprechend erscheint, ist die Unterteilung in einen ankylosierenden, sekundär osteoarthrotischen und desintegrativen Verlaufstyp hilfreich [12].

Die Handgelenkarthrodese ist eine verlässliche Operationsmethode mit vorhersehbarem Ergebnis und niedriger Komplikationsrate. Bereits in den 60er Jahren erfolgte die Versteifung des Handgelenks mittels eines über das Metacarpale-3 eingeführten Pins [13]. Später wurden von unterschiedlichen Herstellern sog. Handgelenkarthrodesenplatten angeboten, welche sich an der Anatomie des Handgelenks orientieren (Abb. 7).

Eine relative Kontraindikation besteht bei gleichzeitigem Befall des Schulter- und Ellenbogengelenks, da die Patienten u.U. nicht mit dem Bewegungsausfall aller 3 Gelenke zurechtkommen.

Verglichen mit der Arthrodese ist die Nachbehandlung bei der prothetischen Versorgung des Radiokarpalgelenks deutlich aufwendiger und mit einer höheren Komplikationsrate vergesellschaftet. Hierunter fallen die Infektion, die periprothetische Fraktur sowie die Implantatlockerung und -dislokation [14, 15].

Bei gleichzeitigem Befall beider Handgelenke wird empfohlen, an der dominanten Hand eine Arthrodese zum Erhalt der groben Kraft und an der nicht-dominanten Hand eine prothetische Versorgung zum Erhalt der notwendigen Restbeweglichkeit für die Körperhygiene durchzuführen (Abb. 8).

Sollte ein nahezu isolierter Befall des Radiokarpalgelenks vorliegen, so kann u.U. eine Teilarthrodese (RSL-Fusion) mit Erhalt des Mediokarpalgelenks indiziert sein. Hierdurch kann eine Restbeweglichkeit von ca. 25–50 % erhalten werden [16].

MCP-Gelenke

Das Fingergrundgelenk ist entscheidend für die Finger- und Handfunktion. Jede Greifunktion wird durch die Bewegung in den MCP-Gelenken eingeleitet. Dem Erhalt der Beweglichkeit der Fingergrundgelenke kommt deshalb eine Schlüsselrolle zu. Patienten mit guter Funktion und erträglicher Beschwerdesymptomatik werden deshalb besser konservativ behandelt.

Sollte eine prophylaktische Synovialektomie und Sehnenrezentrierung nicht mehr möglich sein, so ist der prothetischen Versorgung zum Erhalt der Beweglichkeit der Vorzug zu geben. Klassischerweise kommen hierbei Modelle aus Silikon zum Einsatz. Diese Implantate sind zwar relativ leicht einzubringen, Komplikationen wie Implantatbruch jedoch relativ häufig [17]. Deshalb werden zunehmend ähnlich der prothetischen Versorgung der großen Gelenke Implantate aus Titan und Polyethylen eingebracht. Alternative Materialien wie Pyrocarbon oder Keramik sind ebenfalls auf dem Markt erhältlich. Die Komponenten können sowohl zementiert als auch nicht zementiert eingebracht werden (Abbildung 9a–c). Insgesamt bestehen allerdings weiterhin die zuverlässigsten Ergebnisse und längsten Nachbeobachtungszeiten mit den Silikonimplantaten [18].

Entscheidend bei der operativen Versorgung ist das sog. Weichteilbalancing. Um eine zunehmende ulnare Deviation zu vermeiden, müssen die Strecksehnen rezentriert werden und eine ausreichende radiale Stabilität gewährleistet sein. Bei bereits eingetretener Luxation der MCP-Gelenke, oder wenn eine Weichteilstabilisierung nicht mehr möglich ist, können evtl. scharniergeführte Prothesen Abhilfe schaffen (Abb. 10). Bei einer deutlichen Radialabweichung des Handgelenks muss diese zuvor korrigiert werden. Hält man diese Regeln ein, so berichten die Patienten über eine deutlich verbesserte Funktion und Schmerzreduktion [19].

Interphalangealgelenke

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