Übersichtsarbeiten - OUP 05/2016

Operationsverfahren bei rheumatisch bedingten Pathologien der Hand und des Handgelenks

Bei der Deformität der Fingermittelgelenke kann man 2 Typen unterscheiden: die Schwanenhalsdeformität und die Knopflochdeformität (Abb. 11).

Die Schwanenhalsdeformität ist definiert durch eine Hyperextension im PIP-Gelenk und Flexion im DIP-Gelenk. Die Hyperextension führt hierbei zum Verlust der Greiffunktion. Ursachen sind entweder eine Ruptur der Strecksehne in Zone 1 oder eine degenerative Ruptur der palmaren Platte durch Synovialitis des PIP-Gelenks. Seltener können eine Ruptur der FDS-Sehne oder eine Kontraktur der intrinsischen Muskulatur nach MCP-Dislokation zur Deformität führen. Nachdem die Deformität initial passiv noch korrigierbar ist, kommt es im Verlauf zu fixierten Fehlstellung und fortschreitenden Gelenkzerstörung. In diesem Stadium kommen dann nur noch die Arthrodese (Abb. 12) oder der Gelenkersatz (Abb. 13) als Therapieoptionen in Frage.

Die erfolgreiche Therapie der flexiblen Deformität erfordert eine genaue Analyse der Ursache. Liegt diese im Bereich der PIP-Gelenke, so kann z.B. durch Umlagerung der FDS-Sehne eine vermehrte Flexion des PIP-Gelenks erzielt werden. Bei einer ursächlichen Mallet-Deformität ist eine Arthrodese des DIP-Gelenks die zuverlässigste Methode [20].

Die alleinige Ursache der Knopflochdeformität ist die Ruptur des Strecksehnenmittelzügels. Das Grundgliedköpfchen wandert dabei durch den Defekt (Knopfloch) und führt zusammen mit der zunehmenden Palmarisierung der Seitenzügel zur Flexion des PIP-Gelenks und Überstreckung des DIP-Gelenks. Um Objekte zu greifen, überstreckt der Patient die Grundgelenke kompensatorisch.

Eine frühzeitige Synovialektomie vermag evtl. den Verlauf hinauszuzögern. Kann das Gelenk passiv noch reponiert werden, so reicht oft eine alleinige Tenotomie der Strecksehne über dem DIP aus, um die Deformität zu korrigieren. Das Endgelenk kann weiterhin über die Ligamenta retinaculare obliqua (Landsmeer) extendiert werden.

Patienten mit Knopflochdeformitäten haben oft lediglich geringe Funktionseinschränkungen und kommen gut mit der Deformität zurecht, da durch die Flexionsstellung der Mittelgelenke der Kraftgriff gut erhalten ist. Deshalb muss die Entscheidung zur operativen Versorgung gründlich und eher zurückhaltend gestellt werden.

Bei Patienten mit Schwanenhalsdeformitäten hingegen ist durch die operative Versorgung oft ein deutlicher Funktionsgewinn zu erwarten und die Ergebnisse sind somit zufriedenstellender [21, 22].

Ist das Mittelgelenk aufgebraucht so konkurriert auch hier die Versteifung mit der Gelenkprothese.

Wie bei der prothetischen Versorgung der Grundgelenke bestehen auch bei den Mittelgelenken die meisten Erfahrungen mit den Silikonprothesen. Obwohl in den letzten Jahren zunehmend auch Prothesenmodelle unterschiedlicher Materialien und Werkstoffe (Pyrocarbon, Titan, Keramic) auf den Markt kamen, welche das Konzept der Osseointegration verfolgen, stehen längerfristige Ergebnisse noch aus.

Neben dem Prothesenmodell spielen auch der operative Zugangsweg und die fachmännische Nachbehandlung eine entscheidende Rolle. Neben den bekannten streckseitigen Zugängen nach Chamay mit distal gestielten Strecksehnenmittelzügellappen sowie dem zentralen („central split“) dorsalen Zugang, kann die Prothese auch von palmar eingebracht werden. Der entscheidende Vorteil ist hier, dass weder Bandstrukturen noch die Strecksehne verletzt werden. Dies ermöglicht dann auch eine frühfunktionelle handtherapeutische Nachbehandlung ohne Ruhigstellung. Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Verbesserung der Griffkraft und v.a. eine deutliche Schmerzreduktion [23].

Auch hier liefert bisher noch kein Implantat bessere Langzeitergebnisse als die Silikonprothese.

An den MCP- und den PIP-Gelenken sollte man, wenn möglich, die Beweglichkeit erhalten und eine prothetische Versorgung bevorzugen. Allerdings ist bei manuell tätigen Männern mit hoher Belastung die Arthrodese der Mittelgelenke weiterhin die Therapie der Wahl. Diese können sowohl mit Platten, Schrauben oder Zuggurtungen/Cerclagen erfolgen.

Die Arthrodese des Daumengrundgelenks oder der Fingerendgelenke hat funktionell keine Auswirkung, im Gegenteil sie verbessern durch eine erhöhte Stabilität die Greiffunktion.

Daumen

Obwohl sich der Daumen mit lediglich 2 Phalangen sowohl anatomisch als auch funktionell grundsätzlich von den 3-gliedrigen Fingern unterscheidet, kann man die rheumatischen Deformitäten in Knopfloch- und Schwanenhalsdeformität unterscheiden.

Bei der Knopflochdeformität führt die Synovialitis des MCP-Gelenks zur dorsalen Instabilität (Extensor pollicis brevis) und Subluxation der Extensor pollicis longus-Sehne, welche nun das MCP-Gelenk beugt. Die Synovialitis und Sehnendysbalancen führen im Gegensatz zur reinen Rhizarthrose zur palmaren Subluxation des ersten Mittelhandknochens im Daumensattelgelenk [24].

Ist die Deformität passiv korrigierbar, kann die alleinige Synovialektomie im Bereich des MCP-Gelenks und Rezentrierung der EPL-Sehne ausreichend sein. Bei fixierter Deformität und noch gut erhaltener Funktion des Daumensattelgelenks und des Interphalangealgelenks ist die Arthrodese des Daumengrundgelenks die Methode der Wahl.

Bei der Schwanenhalsdeformität nimmt die Deformität ähnlich der Rhizarthrose im Daumensattelgelenk ihren Ursprung. Die dorsale Subluxation des 1. Mittelhandknochens führt zur Adduktionskontraktur und kompensatorischen Hyperextension im Grundgelenk. Hier wird die Resektionssuspensionsarthroplastik empfohlen und nur bei degenerativen Veränderungen oder nicht korrigierbarer Deformität des Grundgelenks die zusätzliche Arthrodese [25].

Sehnenrekonstruktionen

Die Tendosynovialits der Fingerstrecksehnen im Bereich des Handrückens ist das Hauptsymptom des Rheumapatienten und häufiger als eine Synovialitis der Beugesehnen. Sie kommt in ca. 30 % der Rheumapatienten vor. Oft konsultieren die Patienten spät einen Arzt, sodass bereits spontane Sehnenrupturen und eine Funktionseinschränkung aufgetreten sind. Die Therapie besteht dann in aller Regel in der operativen Rekonstruktion. Bei der alleinigen Ruptur der Strecksehnen des Kleinfingers erfolgt eine Sehnenkopplung zum Extensor digitorum communis (EDC) des Ringfingers. Bei Ruptur der Strecksehnen zum Klein- und Ringfinger wird ein Extensor-indicis-Transfer zum distalen Sehnenende D4/5 empfohlen. Bei multiplen Sehnenrupturen können u.U. die zusätzliche Umlagerung und der Transfer einer FDS-Sehne notwendig werden.

Beugesehnenrupturen treten im Allgemeinen seltener auf und kommen nur noch selten vor. Die alleinige Ruptur der FDS-Sehne führt i.d.R. nicht zu einer wesentlichen Funktionseinschränkung. Bei fortbestehender Tendosynovialitis ist die alleinige Resektion der FDS-Sehne und Tendosynovialektomie der FDP-Sehne ausreichend.

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