Originalarbeiten - OUP 03/2012

Osteoporose – Diagnostik und Therapie gemäß der Leitlinie des DVO
Treatment of osteoporosis in accordance with the guideline
of the DVO

K. M. Peters1, M. Bode1

Zusammenfassung: In den letzten 10 Jahren wurden auf dem Gebiet der Osteoporoseforschung zahlreiche Fortschritte erzielt. Neue Erkenntnisse zur Diagnostik und Behandlung liegen vor. Die Leitlinien des DVO zur Osteoporoseprophylaxe- und Osteoporosetherapie werden regelmäßig überarbeitet und berücksichtigen die aktuelle Forschung. Sie sind somit ein wertvolles Instrument für den Behandler. Die Indikation zur Diagnostik wird bei einem 10-Jahresrisiko für Frakturen von 20%, die Indikation zur Einleitung einer spezifischen Osteoporosetherapie bei einem Frakturrisiko von 30% gesehen. Die ermittelten Risikofaktoren werden in Abhängigkeit von Lebensalter und Geschlecht dargestellt. In der aktuellen Leitlinie von 2009 werden evidenzbasierte Empfehlungen zur Prophylaxe, Diagnostik, Basistherapie, spezifischen Therapie und Verlaufskontrolle der primären und sekundären Osteoporose des Erwachsenen gegeben [1].

Schlüsselwörter: Osteoporose, Leitlinie, DVO

Abstract: There were many advances in research of osteoporosis in the last 10 years. There is new knowledge in diagnosis and treatment. The guidelines of the DVO for the prevention and treatment of osteoporosis are periodically revided and consider topical research. So they are a helpful clinical tool. The indication for diagnostic is given at a 10-year-risc of fracture from 20%, the indication for a specific treatment at a 10-year-risc from 30%. The determined factors of risc are described in dependence on age and gender. The Guideline of 2009 gives evidence based recommendations for prevention, diagnosis, basic therapy and specific therapy of primary and secondary osteoporosis of adults [1].

Keywords: osteoprosis, guideline, DVO

Einleitung

Dass Osteoporose eine häufige, die Lebensqualität erheblich beeinträchtigende Erkrankung ist, gelangt zunehmend in das Bewusstsein von Fachleuten und Betroffenen. Bei steigender Lebenserwartung ist in Zukunft mit einem Anstieg der Osteoporoseerkrankten zu rechnen.

Das Risiko einer 50-jährigen Frau, mindestens eine osteoporotisch bedingte Fraktur in ihrem Leben zu erleiden, liegt bei 46%, das eines 50-jährigen Mannes bei 22% [2]. Insbesondere hüftnahe Frakturen und Wirbelbrüche führen zu gravierenden Einschränkungen und bis zu 20% der Betroffenen überleben das erste Jahr nach dem Frakturereignis nicht [3].

Dennoch ist auch 2012 die Osteoporose trotz ihrer Häufigkeit eine unterdiagnostizierte und untertherapierte Erkrankung.

Um die Qualität der Diagnostik und Versorgung der Osteoporosepatienten zu verbessern, wurden in mehreren europäischen Ländern in den letzten Jahren Leitlinien entwickelt. Der Dachverband der deutschsprachigen Osteologischen Gesellschaften hat erstmals 2003 eine S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Osteoporose publiziert. Hierzu wurden die vorhandenen Studien zur Osteoporose von einer interdisziplinären Expertengruppe nach international anerkannten Kriterien (Oxfordkriterien, SIGN-Kriterien, Pedro-Skala) analysiert und Empfehlungen erarbeitet. 2006 und 2009 wurde die Leitlinie aktualisiert.

Aufbau der DVO-Leitlinie 2009 zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei Erwachsenen

Die Leitlinie des DVO beinhaltet Empfehlungen zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der primären Osteoporose des Erwachsenen sowie der wichtigsten sekundären Osteoporosen (insbesondere der glucocorticoidinduzierten Osteoporose). Ziel der Leitlinie ist es, den Ärzten ein evidenzbasiertes, in der Praxis gut einzusetzendes Tool zur Diagnostik und Behandlung eines Großteils der Osteoporosepatienten an die Hand zu geben und somit die Versorgung zu optimieren. Unter- und Fehlversorgung sollten vermieden und auch die Wirtschaftlichkeit bei der Osteoporosebehandlung sollte berücksichtigt werden.

Zur Osteoporose von Kindern und Jugendlichen sowie bei höhergradiger Niereninsuffizienz werden keine Angaben gemacht, sondern es wird auf die entsprechenden Fachgesellschaften verwiesen.

Die DVO-Leitlinie 2009 besteht aus einer Langversion [1] und zusätzlichen Erläuterungen. Außerdem gilt die Langfassung der Leitlinie 2006 weiterhin bei allen unveränderten Punkten. Für den Praxisalltag wurde eine 4-seitige Kurzversion erstellt. Es werden Empfehlungen für die generelle Osteoporose- und Frakturprophylaxe, die Indikation zur Basisdiagnostik, die Durchführung der Basisdiagnostik, die Therapie der Osteoporose und die Verlaufskontrolle gegeben.

Definitionen

Folgende Definition ist Grundlage der Leitlinie: “Osteoporosis is a systemic skeletal disease characterized by diminished bone mass and deterioration of bone microarchitecture, leading to increased fragility and subsequent increased fracture risk” [4].

Von einer manifesten Osteoporose spricht man dann, wenn bereits osteoporosebedingte Knochenbrüche aufgetreten sind.

Wichtig ist auch die Unterscheidung zwischen primären und sekundären Osteoporosen. Als sekundär wird eine Osteoporose dann bezeichnet, wenn sie dominant und kausal mit bestimmten Erkrankungen oder Konditionen verknüpft ist. Die Grenzen zwischen Risikofaktor und sekundärer Osteoporose können hierbei fließend sein.

Basisdiagnostik

Ermittlung der Risikofaktoren

Grundlage für die Durchführung einer Diagnostik der Osteoporose ist das Risiko, in den nächsten 10 Jahren eine (morphometrische) Wirbelfraktur und/oder eine proximale Femurfraktur zu erleiden. Die Indikation zur Basisdiagnostik besteht ab einem 10-Jahres-risiko über 20%. Die Risikofaktoren betreffen allgemeine Faktoren sowie Risiken durch Grunderkrankungen, jedes dieser Risiken erhöht das Frakturrisiko um mindestens 50%. Ab einem Alter von 70 Jahren bei Frauen und 80 Jahren bei Männern liegt das Risiko generell über 20% und eine Osteoporosediagnostik ist somit indiziert. Mit jeder Dekade verdoppelt sich das Frakturrisiko [1].

Folgende anamnestische und klinische Risikofaktoren werden in der Leitlinie berücksichtigt (Tab. 1)

Weitere in der Leitlinie erwähnte Parameter, die jedoch wegen unzureichender Datenlage nicht bei der Ermittlung der Indikation zur Basisdiagnostik berücksichtigt werden:

· erhöhtes hochsensitives CRP (hsCRP) (5)

· erhöhter Homozysteinspiegel

· erniedrigter Folsäurespiegel

· erniedrigter Vitamin B12-Spiegel

Basisdiagnostik

Die Indikation zur Basisdiagnostik wird in der Regel mit Hilfe der vorangegangenen Risikotabelle gestellt. In Abhängigkeit von Anamnese und Befund kann jedoch auch abweichend von dieser Tabelle im Einzelfall die Einleitung einer Basisdiagnostik sinnvoll sein.

Anamnese

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