Originalarbeiten - OUP 03/2012

Osteoporose – Diagnostik und Therapie gemäß der Leitlinie des DVO
Treatment of osteoporosis in accordance with the guideline
of the DVO

Schmerzen des Bewegungsapparates

Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates

Frakturen

Stürze

Erfassung der Risikofaktoren aus Tabelle 1

Klinischer Befund

Ganzkörperuntersuchung

Untersuchung des Bewegungsapparates

Messung von Körpergröße und erfragen der maximalen Körpergröße.

Eine Größenabnahme von mehr als 3 cm ist bei postmenopausalen Frauen nach einer Studie von Gunnes [12] mit einem fünffach erhöhten Risiko für Wirbelkörperfrakturen verbunden.

Ermittlung des Gewichts

Koordinationstests

Zur Beurteilung der koordinativen Fähigkeiten werden in den Leitlinien 2009 neben dem Timed up and go-Test der Chair rising-Test sowie der Tandemstand empfohlen.

Evtl. geriatrisches erweitertes Assessment

Labor

Calcium

Anorganisches Phosphat

Blutbild

BSG/CRP

Eiweißelektrophorese

Kreatinin-Clearance (z.B. nach Cockroft-Gault)

Alkalische Phosphatase

Gamma-GT

TSH

Testosteron bei Männern (fakultativ)

25-OH-Vitamin D-3 im Einzelfall

 

Knochendichtemessung

Standardverfahren zentrale DXA

Messung am proximalen Femur und L1 bis L4

an der LWS müssen mindestens 2 Wirbelkörper verwertbar sein

am proximalen Femur werden Gesamtfemur und Schenkelhals gemessen, bei Messung beider Seiten ist der Mittelwert zu bilden.

für die Auswertung wird der niedrigste Wert verwendet

 

Röntgenuntersuchung der Wirbelsäule

Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule werden in den Leitlinien des DVO nur bei Verdacht auf Wirbelfrakturen empfohlen.

Hierzu zählen neben Schmerzen in der Wirbelsäule auch Größenverluste von mehreren Zentimetern, ein geringer Rippen-Becken-Abstand und periphere Vorfrakturen.

Folgende Kriterien, die eine frische Wirbelfraktur vermuten lassen, wurden in einem Expertengespräch der OSTAK zur akuten Wirbelkörperfraktur definiert [7]:

1. neu aufgetretene Rückenschmerzen nach inadäquater Belastung

2. relevanter Schmerz (VAS 4/10) oder Verstärkung vorbestehender Schmerzen (VAS um mindestens 3/10 verstärkt)

3. lokaler Klopfschmerz auf dem Dornfortsatz

4. Bewegungsschmerz, insbesondere beim Aufrichten aus dem Liegen

5. Schmerzpersistenz über eine Woche

Bei 4 von 5 dieser Kriterien wird eine Bildgebung empfohlen.

Weitere Diagnostik

Knochenbiopsie bei unklaren Verläufen

MRT, CT, Szintigraphie in Einzelfällen zur Differentialdiagnostik

Prävention und Therapie der Osteoporose

Zur Primärprophylaxe der Osteoporose und der Fraktur gibt die Leitlinie generelle Empfehlungen in drei Bereichen:

1. Muskelkraft, Koordination und Stürze

2. Ernährung, Lebensstil

3. Medikamentenrevision

Diese Empfehlungen gelten auch zur Sekundär- und Tertiärprophylaxe.

Eine spezifische Osteoporosetherapie muss in jedem Fall von diesen Basismaßnahmen begleitet werden.

Grundlage für die Durchführung einer spezifischen Therapie der Osteoporose ist das Risiko, in den nächsten 10 Jahren eine (morphometrische) Wirbelfraktur und/oder eine proximale Femurfraktur zu erleiden. Die Indikation zur spezifischen Therapie besteht ab einem 10-Jahresrisiko über 30% bei gleichzeitig erniedrigter Knochendichte.

Generelle Osteoporose- und Frakturprophylaxe und Basistherapie

Neben der medikamentösen Therapie zur Osteoporosebehandlung gibt die Leitlinie des DVO evidenzbasierte Empfehlungen für allgemeine Maßnahmen, deren Wirksamkeit in Primär-, Sekundär- und Tertiärprophylaxe nachgewiesen wurden. Da eine Wirksamkeit für diese allgemeinen Maßnahmen nur für die Dauer ihrer Durchführung nachgewiesen wurde, ist es erforderlich, dass Osteoporoseerkrankte und –gefährdete über sinnvolle prophylaktische Maßnahmen informiert werden und zu regelmäßiger Durchführung angehalten werden. Ein positiver Effekt von Schulungen auf die Compliance bezüglich der Osteoporoseprophylaxe wurde nachgewiesen.

Förderung von Muskelkraft und Koordination

Die Leitlinie des DVO empfiehlt regelmäßige körperliche Aktivität zum Erhalt von Muskelmasse und Muskelaufbau. Immobilität mit dem daraus resultierenden Verlust an Knochenmasse sollte unbedingt vermieden werden. Der DVO verweist hierbei auch auf die Leitlinie Physiotherapie und Bewegungstherapie bei Osteoporose von 2008 [8]. Als besonders geeignet zur Muskelkräftigung werden Bewegungen mit hoher Krafteinleitung angesehen (z.B. Treppensteigen). Zur Verbesserung der koordinativen Fähigkeiten sind z.B. Tai Chi-Programme nachweislich wirksam [10]

Ernährung, Lebensstil

In den Leitlinien werden als knochenrelevante Ernährungsfaktoren Calcium, Vitamin D, Vitamin B12, Folsäure und Untergewicht beschrieben. Hoher Alkoholkonsum und Nikotin wurden als Risikofaktoren identifiziert und sollten daher vermieden werden.

In früheren Empfehlungen wurde ein täglicher Calciumkonsum von 1200 bis 1500 mg Calcium genannt. Die aktuellen Leitlinien empfehlen nur noch 1000 mg Calcium pro Tag. Eine Calciumzufuhr von mehr als 1500 mg (einschließlich Nahrung) sollte vermieden werden. Grund für diese Änderung der Dosierungsempfehlung sind Hinweise für ein erhöhtes Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen bei höherer Calciumzufuhr [11]. Eine Substitution von Calcium sollte daher nur bei einer Unterversorgung erfolgen. Bei der Substitution wird in der Regel Calciumcarbonat verwendet, jedoch ist bei Einnahme von Protonenpumpenhemmern oder nach Magenoperationen Calciumzitrat wegen einer besseren Bioverfügbarkeit zu bevorzugen.

Vitamin D ist sowohl für die Calciumresorption aus dem Darm als auch für den Einbau im Knochen erforderlich. Außerdem wirkt sich ein ausreichender Vitamin D-Spiegel positiv auf die Muskelfunktion aus. Zur Prophylaxe wird daher ein mindestens 30-minütiger täglicher Aufenthalt im Freien zur Produktion von Vitamin D empfohlen. Jedoch gibt es zahlreiche Personengruppen, bei denen dies im Alltag nicht umsetzbar (Schichtarbeiter, Altersheimbewohner, Gehbehinderte) oder nicht ausreichend ist, da ein erhöhter Vitamin D-Bedarf besteht (Schwangere, Menschen mit dunkler Hautpigmentierung). Zu berücksichtigen sind außerdem veränderte Lebensgewohnheiten wie die regelmäßige Nutzung von Hautpflegeprodukten mit Sonnenschutzfaktoren, da ab einem Lichtschutzfaktor von 8 keine Vitamin D-Produktion über die Haut erfolgt. Die Leitlinie von 2009 empfiehlt gegebenenfalls die Substitution von 800 bis 2000 IE Vitamin D pro Tag. Diese Dosierungsempfehlung wird durch aktuelle Daten gestützt [12].

Da sich Hinweise für eine erhöhte Rate an hüftgelenksnahen Frakturen bei erhöhtem Homozysteinspiegel ergaben, wird eine ausreichende Zufuhr von Vitamin B 12 und Folsäure empfohlen, da hierdurch der Homozysteinspiegel gesenkt werden kann [13]. Niedrige Vitamin B 6- und Vitamin B 12-Konzentrationen sind außerdem moderate Risikofaktoren für eine proximale Femurfraktur, unabhängig vom Homozystein [14]. Da bisher erst wenige Studien dazu vorliegen, gibt es bislang keine Empfehlung zur Supplementierung sondern lediglich eine allgemeine Empfehlung zur ausreichenden Versorgung mit Vitamin B12 und Folsäure mit der Nahrung.

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