Originalarbeiten - OUP 03/2012

Osteoporose – Diagnostik und Therapie gemäß der Leitlinie des DVO
Treatment of osteoporosis in accordance with the guideline
of the DVO

Untergewicht (BMI < 20 kg/m²) führt zu Verlust von Muskelmasse und ist ein starker Risikofaktor für osteoporotische Frakturen, es sollte abgeklärt und versucht werden, den BMI anzuheben.

Sturzvermeidung

Stürze haben multifaktorielle Ursachen. Hierzu gehören mangelnde koordinative Fähigkeiten, fehlende Muskelkraft, unzureichende Vitamin D-Versorgung ebenso wie sturzbegünstigende Medikamente und psychische Faktoren (Sturzangst). Mit zunehmendem Alter steigt die Gefahr eines Sturzes und damit auch die Gefahr einer Fraktur.

Ab einem Alter von 70 Jahren wird daher eine jährliche Sturzanamnese in der DVO-Leitlinie empfohlen. In der Leitlinie Physiotherapie und Bewegungstherapie bei Osteoporose wird die Wirksamkeit gezielter Bewegungstherapie zur Verringerung der Sturzinzidenz und Verminderung der Sturzangst mit einem mittleren bis hohen Evidenzgrad erwiesen [8]. Zur Sturzvermeidung trägt auch ein ausreichender Vitamin D-Spiegel im Serum bei, da ein ausreichender Vitamin D-Spiegel für die Muskelkoordination erforderlich ist [15]. Der DVO empfiehlt daher in seiner aktuellen Leitlinie eine Vitamin-D-Konzentration von mindestens 30 ng/ml. Alternativ zum täglichen mindestens 30-minütigen Aufenthalt im Freien mit Sonnenexposition von Armen und Gesicht wird eine Substitution von 800–2000 IE Vitamin D pro Tag bzw. eine mehrwöchentliche äquivalente Dosis empfohlen. Mit dieser Empfehlung wurde die in den Leitlinien von 2006 empfohlene Dosis von 400–1200 IE Vitamin D somit deutlich erhöht.

Eine weitere Möglichkeit zur Verhinderung von Stürzen besteht in der Versorgung der Betroffenen mit adäquaten Hilfsmitteln sowie die Überprüfung der Notwendigkeit sturzfördernder Medikamente wie Antidepressiva, sedierender oder orthostaseauslösender Substanzen.

Vermeidung osteoporosebe-
günstigender Medikamente

Zahlreiche Medikamente haben Einfluss auf die Knochendichte Insbesondere der Einsatz oraler Glucocorticoide sollte genau abgewogen und die Dosis möglichst gering gehalten werden. Die neue Leitlinie berücksichtigt hierbei im Gegensatz zu vorangegangenen Versionen alle oralen Cortisondosierungen, die länger als 3 Monate verabreicht werden. In einigen neueren Arbeiten scheint auch der Einsatz hoher Dosen inhalativer Glucocorticoide einen negativen Einfluss auf die Knochendichte zu haben [16]. Obwohl diese Arbeiten noch nicht in den aktuellen Leitlinie berücksichtigt werden konnten, sollten diese Informationen bei der Behandlung mit inhalativen Glucocorticoiden mit berücksichtigt werden. Auch der längerfristige Einsatz von Protonenpumpenhemmern hat einen negativen Einfluss auf die Knochendichte und sollte vermieden werden.

Da bei niedrigem TSH-Wert das Frakturisiko steigt, sollte bei einer Behandlung mit L-Thyroxin eine Dosis gewählt werden, bei der die TSH-Konzentration mehr als 0,3 U/l beträgt, vorausgesetzt, dass kein differenziertes Schilddrüsenkarzinom vorliegt.

Spezifische medikamentöse
Therapie

Grundlage für die Einleitung einer spezifischen Therapie sind Daten zu Knochendichte, Alter, Geschlecht und vorangegangenen Frakturen. Die Therapiegrenze kann bei Vorliegen von Risikofaktoren angehoben werden und in bestimmten Situationen (z.B. Multimorbidität, kurze Lebenserwartung) auch abgesenkt werden (Tab. 2).

Eine Verbesserung der Knochenstabilität ist durch eine Hemmung des Knochenabbaus oder durch eine Beschleunigung des Knochenanbaus möglich. Die Empfehlungen des DVO gelten für die Präparate, deren fraktursenkende Eigenschaften entsprechend der zum Erstellungszeitpunkt vorliegenden Studien am besten belegt waren. Die Bisphosphonate Alendronat, Risedronat, Ibandronat und Zoledronat sowie Raloxifen hemmen den Knochenabbau, Teriparatid und Parathyreoidhormon fördern den Knochenaufbau, Strontiumranelat ist sowohl anabol als auch antiresorptiv wirksam. Östrogene sind zur Behandlung der Osteoporose wirksam, werden aufgrund des Nebenwirkungsprofils jedoch nur bei gleichzeitigen Wechseljahrsbeschwerden empfohlen.

Präparate zur Therapie von postmenopausalen Frauen und von Männern, deren fraktursenkende Wirkung am besten belegt ist, sind in Tabelle 3 zu finden.

Nach Fertigstellung der DVO-Leitlinie 2009 wurde mit Denosumab eine weitere Substanz zur Osteoporosebehandlung zugelassen, die die Knochenresorption durch die Osteoklasten bremsen kann. In Anbetracht der Studienergebnisse ist davon auszugehen, dass Denosumab in zukünftigen DVO-Leitlinien als Mittel der ersten Wahl zur Osteoporosebehandlung empfohlen wird [17].

Eine Präferenz für eines der Präparate ergibt sich aus den Leitlinien des DVO nicht. Die Wahl des geeigneten Präparates sollte unter Berücksichtigung von Begleiterkrankungen und Nebenwirkungen erfolgen. Auch die Applikationsformen (oral, parenteral) und die Applikationshäufigkeit (täglich, wöchentlich, monatlich, halbjährlich, jährlich) sind aufgrund der zu erwartenden Compliance bei der Wahl des geeigneten Präparates zu berücksichtigen.

Eine Kombination mehrerer spezifischer Medikamente wird in den Leitlinien nicht empfohlen, da hierfür keine entsprechenden Daten vorliegen. Es gibt jedoch Hinweise dafür, dass nach einer osteoanabolen Therapie eine Weiterbehandlung mit einem antiresorptiven Medikament zur weiteren Verbesserung der Knochendichte führt [18].

Schmerztherapie

Die Leitlinie des DVO nimmt auch Stellung zur Therapie osteoporosebedingter Frakturen und daraus entstehender Schmerzen. Eine rasche Mobilisierung nach Frakturen ist entscheidend zur Vermeidung von Folgeerkrankungen, dauerhafter Immobilität und erhöhter Mortalität.

Sowohl akute als auch chronische Frakturschmerzen sollten multimodal behandelt werden. Als wirksam werden nicht steroidale Antiphlogistika, Paracetamol, Metamizol und Opiate in der Leitlinie empfohlen. Bei Schmerzmedikamenten ist wegen der überwiegend älteren und multimorbiden Patientenklientel besonders auf das Nebenwirkungsprofil zu achten. Die physiotherapeutischen und physikalischen Möglichkeiten zur Schmerzlinderung sollten ausgenutzt werden. Die Studienlage zur Wirksamkeit von Physiotherapie und Ergotherapie ist jedoch relativ schlecht, für die Behandlung mit Interferenzstrom bei chronischen Rückenschmerzen sowie für die Schmerzlinderung und Verbesserung der Wirbelsäulenfunktion durch wirbelsäulenaufrichtende Orthesen liegen gute Studien vor. Der Nutzen einer operativen Behandlung von Wirbelfrakturen bleibt nach Aussage der DVO-Leitlinie fraglich, da nur ein Teil der vorliegenden Studien einen positiven Effekt zeigte und noch keine Langzeiterfahrungen vorliegen. Von Experten werden die Kyphoplastie und Vertebroplastie als Alternative zum konservativen Vorgehen bei einem über 3-wöchigen Versagen einer konservativen Schmerzbehandlung oder bei bestehenden Kontraindikationen für eine konservative Behandlung empfohlen [7].

Verlaufskontrolle

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